Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 14.04.2022 | |
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Aktenzeichen | OVG 10 S 38/21 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0414.OVG10S38.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 33 Abs 2 GG, § 24 Abs 1 BLV |
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Juli 2021 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Antragstellerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin steht als Oberamtsrätin (Besoldungsgruppe A 13g) im gehobenen Dienst der Antragsgegnerin. Sie konkurriert mit dem Beigeladenen, einem Regierungsoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10), der ebenfalls im gehobenen Dienst der Antragsgegnerin steht, um die im Februar 2021 für vier Wochen (Bewerbungsschluss am 3. März 2021) ausgeschriebene Stelle einer Referentin / eines Referenten im Referat E () der Abteilung E (Eisenbahnen) des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur (BMVI). Als zwingende Anforderungskriterien legt die Stellenausschreibung „Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst oder abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium in den Fachrichtungen der Wirtschafts- oder Geisteswissenschaften (Master bzw. Diplom/Universität)“ fest (Unterstr. im Original). Ferner führt die Ausschreibung als wichtige Anforderungen u.a. aus: „Im Rahmen der Fachkenntnisse sind wichtig:
o Berufserfahrung in der öffentlichen Verwaltung mit ihren Abläufen und Abstimmungserfordernissen
o allgemeine Kenntnisse in Haushalts- und Zuwendungsrecht
o Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens (Betrieb und Technik)“.
Als Bewertung ist für diese Stelle die Entgeltgruppe 14 TVöD vorgesehen. Die Ausschreibung weist darauf hin, dass eine Verbeamtung bei Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen möglich sei. Beamtinnen und Beamte „in ihrem bisherigen Amt (max. Besoldungsgruppe A 14)“ würden „nach einer vorherigen Abordnung versetzt“ werden und könnten „im BMVI bei Vorliegen der Voraussetzungen die Besoldungsgruppe A 15 BBesO erreichen“.
Die Ausschreibung wurde sowohl extern veröffentlicht als auch intern bekanntgegeben. Es bewarben sich 31 Personen, die nach der tabellarischen Übersicht des Bewerberfeldes in den Verwaltungsvorgängen (VVG Bl. 9 – 12) jeweils eine der beiden alternativ zwingenden Anforderungen erfüllten. Unter den Bewerbern befanden sich neben Beamten verschiedener Besoldungsgruppen und Angestellten im öffentlichen Dienst auch Beschäftigte privater Unternehmen und Bewerber, die aktuell weder einen Dienstherrn noch einen Arbeitgeber haben (Bewerber Fo... und V...), sowie ein „Postdoctoral Research Fellow“ und Dozent an einer französischen Universität (Bewerber Fi...).
Nach Ablauf der Bewerbungsfrist traf die Antragsgegnerin anhand der Bewerbungsunterlagen und des Anforderungsprofils eine Vorauswahl. Im Auswahlvermerk vom 9. April 2021 (VVG Bl. 26 – 34) heißt es dazu, sie habe nach dem Prinzip der Bestenauslese eine Reihung der Bewerber unter Berücksichtigung der wichtigen Anforderungskriterien vorgenommen. Dazu habe sie die Beurteilungen, Leistungseinschätzungen und Arbeitszeugnisse herangezogen und, soweit erforderlich, in das Notensystem der aktuellen Beurteilungsrichtlinien des BMVI übertragen und bewertet. Soweit die Bewerber – auch nach Anforderung – keine Arbeitszeugnisse, Beurteilungen oder Leistungseinschätzungen vorgelegt hätten, sei eine Reihung nach den Noten der Studienabschlüsse erfolgt (Auswahlvermerk S. 3). Danach wurden sechs Bewerber – die Antragstellerin, der Beigeladene und eine weitere interne Mitbewerberin aus dem BMVI sowie drei externe Bewerber (ein Referent der D...AG, eine Regierungsamtfrau aus dem Bundesministerium der Verteidigung und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität B...) – zu Auswahlgesprächen eingeladen, die am 7. April 2021 als WebEx-Konferenz stattfanden und in der Form eines strukturierten Interviews geführt wurden. Zur Begründung dieser Vorgehensweise führt der Auswahlvermerk (S. 3) aus:
„Aufgrund des laufbahnübergreifenden Bewerberfelds war eine Vergleichbarkeit der vorliegenden dienstlichen Beurteilungen im Sinne einer aussagekräftigen und zuverlässigen Auswahlgrundlage zur Bestenauslese im vorliegenden Fall … nicht gegeben. In Ermangelung dieser Grundlage wurde auf ein strukturiertes Auswahlgespräch zur Bestenauslese zurückgegriffen.“
Nach Auswertung der Gespräche durch eine Auswahlkommission des BMVI erzielten der Beigeladene 7,9 Punkte und die interne Mitbewerberin 5,6 Punkte, während die anderen vier Bewerber die vorgesehene Mindestpunktzahl vom 5 Punkten (Auswahlvermerk S. 4) nicht erreichten. Zwei Mitbewerber erhielten 4,1 bzw. 4,0 Punkte, die Antragstellerin und eine weitere Mitbewerberin jeweils 3,8 Punkte.
Mit Schreiben vom 15. April 2021, das er der Antragstellerin am selben Tag mit dienstlicher E-Mail um 20.31 Uhr übermittelte, teilte der Antragsgegner ihr mit, dass der Dienstposten einem anderen Bewerber übertragen werden solle.
Mit Schreiben vom 28. April 2021 an den Beigeladenen, das sie ihm vorab per E-Mail am 30. April 2021 um 11.01 Uhr übermittelte, übertrug die Antragsgegnerin ihm mit Wirkung vom 1. Mai 2021 den in Rede stehenden Dienstposten. Das Schreiben weist darauf hin, dass der Beigeladene über die für die Laufbahn des höheren nichttechnischen Dienstes erforderliche Hochschulausbildung verfüge. Für das Erlangen der Laufbahnbefähigung sei eine hauptberufliche Tätigkeit von zwei Jahren und sechs Monaten erforderlich. Während dieser Zeit – bis zum 1. November 2023 – verbleibe er in seinem beamtenrechtlichen Status als Beamter des gehobenen nichttechnischen Dienstes. Danach sei noch eine Bewährungszeit von sechs Monaten zu absolvieren.
Auf den bei ihm am 30. April 2021 nachmittags eingegangenen Antrag der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. Juli 2021 der Antragsgegnerin im Wege einstweiligen Anordnung aufgegeben, den ausgeschriebenen Dienstposten nicht vor Ablauf einer Frist von zwei Wochen ab Mitteilung über die neuerliche Bescheidung der Stellenbewerbung der Antragstellerin mit einer/einem ausgewählten Bewerber(in) endgültig zu besetzen. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Die von ihr dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Oberverwaltungsgerichts nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, rechtfertigen es, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückzuweisen.
Allerdings hält die Antragsgegnerin den Antrag zu Unrecht für „unzulässig“, weil sich „weder das Gericht noch die Antragstellerin“ vor Ablauf des 30. April 2021 „an die Antragsgegnerin in einer Weise gewandt hatten, dass die zuständige Behörde von dem Eilantrag Kenntnis erlangen konnte“ (Beschwerdebegründung vom 10. August 2021, S. 2). Obwohl die Antragsgegnerin selbst einräumt, es sei ihr bewusst, dass eine zweiwöchige Frist vor einer endgültigen Umsetzung der Auswahlentscheidung einzuhalten und diese Frist hier „unstreitig“ am 30. April 2021 abgelaufen sei (ebd.), hat sie ihre Zuweisung des Dienstpostens vom 28. April 2021 bereits am 30. April 2021 um 11.01 Uhr per E-Mail an den Beigeladenen übermittelt. Damit hat sie ihre aus Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG folgende Wartepflicht verletzt, mit der ein entsprechender Anspruch der Antragstellerin korrespondiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 – BVerwG 2 C 16.09 – juris Rn. 33 f.). Maßgebend ist insoweit, ob der unterlegene Bewerber – wie hier die Antragstellerin – rechtzeitig innerhalb der vom Dienstherrn einzuhaltenden Frist den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt (BVerwG, a.a.O., Rn. 34). Es kommt nicht darauf an, wann und wie der Dienstherr von dem rechtzeitigen Antrag bei Gericht erfährt.
Indessen erschüttert das Beschwerdevorbringen die beiden selbständig tragenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses. Zurecht rügt die Antragsgegnerin, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung damit begründet hat, die Antragsgegnerin hätte ihre Auswahlentscheidung vorrangig auf eine inhaltliche Auswertung der dienstlichen Beurteilungen stützen müssen, die zumindest bei den internen Bewerbern ohne weiteres möglich gewesen wäre, während sie hinsichtlich der weiteren Bewerber eine Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen hätte herstellen können und müssen (1.). Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Beschwerde gegen die Begründung des Verwaltungsgerichts, die Antragsgegnerin habe die aus den Auswahlgesprächen gewonnenen Erkenntnisse nicht hinreichend nachvollziehbar dokumentiert (2.). Der angefochtene Beschluss erweist sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (3.)
1. Für die weitere Auswahl nach dem Prinzip der Bestenauslese unter den sechs vorausgewählten Bewerbern war die Antragsgegnerin aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht verpflichtet, eine Auswahl auf der Grundlage der dienstlichen Beurteilungen der drei internen Bewerber aus dem BMVI bzw. der externen Bewerberin aus dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und vergleichbarer Arbeitszeugnisse der beiden anderen externen Bewerber von der D...AG und von der Universität B... vorzunehmen.
a) Zurecht macht die Beschwerde geltend, dass der Dienstposten extern unter Zuordnung lediglich zur Laufbahngruppe des höheren Dienstes und ohne Beschränkung auf ein bestimmtes laufbahnrechtliches Amt ausgeschrieben worden ist und sich hier Besonderheiten daraus ergäben, dass keine klassische Beförderungskonkurrenz, sondern zugleich auch eine Aufstiegsbewerbersituation im Sinne von § 24 Abs. 1 BLV vorliege (Beschwerdebegründung vom 10. August 2021, S. 4 – 6). Ist – wie hier für die Antragstellerin, den Beigeladenen, die weitere interne Bewerberin aus dem BMVI und die Bewerberin aus dem BMVg – mit der Dienstpostenvergabe die Erwartung des Aufstiegs in eine höhere Laufbahngruppe verbunden, so muss der Dienstherr – anders als bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahngruppe – den dienstlichen Beurteilungen keine vorrangige Bedeutung gegenüber weiteren Auswahlinstrumenten zumessen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2019 – OVG 10 S 45.17 – juris Rn. 10 f. m.w.N.). Das Bestenausleseprinzip nach Art. 33 Abs. 2 GG gibt nicht vor, auf welche Weise die Qualifikationsfeststellung für die Aufstiegsauswahl zu erfolgen hat. Vielmehr kommt dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, inwieweit er solche möglichen weiteren anerkannten Auswahlinstrumente, wie z.B. strukturierte Auswahlgespräche, ergänzend zur dienstlichen Beurteilung heranzieht und wie er diese gewichtet (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. August 2017 – 6 B 830/17 – juris Rn. 25 m.w.N.). Dabei kann diesen Auswahlinstrumenten bei entsprechender sachlicher Rechtfertigung im Einzelfall auch überwiegendes Gewicht zukommen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. August 2017, a.a.O., Rn. 31).
Diese sachliche Rechtfertigung liegt hier in der besonderen Fallkonstellation eines externen Bewerbungsverfahrens, d.h. eines Verfahrens für einen öffentlich ausgeschriebenen Dienstposten, das nicht auf Bewerber aus dem BMVI bzw. dessen Geschäftsbereich beschränkt ist und das somit ein Auswahlverfahren im Sinne von § 24 Abs. 1 BLV darstellt. Danach ist es nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin hier unter den sechs vorausgewählten Bewerbern, bei denen es sich um vier Aufstiegs- und zwei Einstellungsbewerber handelt, eine Auswahlentscheidung aufgrund der strukturierten Auswahlgespräche trifft. Sie trägt damit dem Zweck der Sonderregelung des § 24 Abs. 1 BLV Rechnung, der die sachliche Gleichheit der Einstellungs- und Befähigungsvoraussetzungen in den beiden Fällen des Einstellungsbewerbers und des Beamten, der eine Zulassung nach § 24 Abs. 1 BLV begehrt, sicherstellen soll (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. August 2020 – 1 B 363/20 – juris Rn. 45).
b) Ungeachtet dieser besonderen Fallkonstellation macht die Beschwerde außerdem zutreffend geltend, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise die dienstlichen Beurteilungen nicht weiter berücksichtigt werden müssen und die Auswahlentscheidung – auch hinsichtlich der beurteilten Bewerber – allein anhand des Hilfskriteriums des strukturierten Auswahlgesprächs getroffen werden darf, weil diese Entscheidung hier nicht insgesamt auf dienstliche Beurteilungen gestützt werden kann.
Denn mit den zwingenden Anforderungen, die als einziges konstitutives Merkmal neben der Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst alternativ auch einen bestimmten Hochschulabschluss ausreichen lassen, zielt die externe Ausschreibung des Dienstpostens auf ein Bewerberfeld, das sog. Quer- oder Seiteneinsteiger umfasst, also auch Bewerber, die nicht – oder jedenfalls nicht aktuell – über eine mit der Tätigkeit von Beamten und Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes vergleichbare Berufserfahrung verfügen und für die dementsprechend auch nicht ohne weiteres ein mit einer – aktuellen – dienstlichen Beurteilung vergleichbarer Leistungsnachweis erstellt werden kann.
So gehörten hier auf der ersten Stufe des Auswahlverfahrens zu den 31 Bewerbern, welche die zwingenden Anforderungen erfüllten und unter denen der Antragsgegner die Reihung für die weitere Auswahl vorzunehmen hatte, der Bewerber F..., dessen Beschäftigungen in mehreren jeweils mehrmonatigen Praktika innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes bestanden und im April 2020 endeten, ferner der Bewerber Fi..., ein „Postdoctoral Research Fellow“ der Pariser Universität „S... Paris“, und der Bewerber V..., für den die Spalten „derzeitiger Arbeitgeber“, „Arbeitgeber von“ und „Arbeitgeber bis“ keinen Eintrag enthalten. Wer auf welche Weise für diese Bewerber einen Leistungsnachweis hätte erstellen können, der etwa einen den Beurteilungen des Beigeladenen und der Antragstellerin entsprechenden Zeitraum erfasst und ihnen nach Art und Inhalt vergleichbar wäre, ist nicht ersichtlich.
In der Folge war die Antragsgegnerin auch auf der zweiten Stufe des Auswahlverfahrens für die Auswahlentscheidung unter den in die engere Auswahl einbezogenen sechs Bewerbern nicht verpflichtet, vorrangig die jeweils aktuelle dienstliche Beurteilung für die drei internen Bewerber des BMVI und die externe Bewerberin aus dem BMVg und jeweils einen entsprechenden Leistungsnachweis für die beiden anderen externen Bewerber zugrunde zu legen, sondern durfte sich nach dem Ergebnis des strukturierten Auswahlgesprächs richten, das sich an den „wichtigen“ Anforderungen des Anforderungsprofils orientierte. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, welche die Antragsgegnerin in der Beschwerde zitiert (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 4 und 6) und bereits im erstinstanzlichen Verfahren angeführt hat (Schriftsatz vom 17. Juni 2021, S. 2 und 6) und auf die das Verwaltungsgericht dennoch nicht näher eigegangen ist, was die Beschwerde zurecht als die entsprechenden erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin „nicht erkennbar bewertet“ rügt (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 3), darf die Antragsgegnerin für die Auswahl ausnahmsweise dann auf ein strukturiertes Auswahlgespräch zurückgreifen, wenn sie angesichts des Bewerberfeldes nicht die Möglichkeit hatte, für alle Bewerber eine dienstliche Beurteilung oder ein vergleichbares Zeugnis einzuholen und sich auf diese Weise eine verlässliche Entscheidungsgrundlage für einen fundierten Eignungs- und Leistungsvergleich zu schaffen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2019 – OVG 10 S 45.17 – juris Rn. 12).
Allerdings umfasst das Erfordernis, der Auswahlentscheidung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG im Wesentlichen gleichermaßen aussagekräftige Beurteilungen zugrunde zu legen, auch einen Anspruch der Bewerber gegen die Auswahlbehörde, im Vorfeld ihrer Entscheidungen Verhältnisse herzustellen, die einen rechtlich einwandfreien Vergleich der Bewerber ermöglichen. Mit der hiernach bestehenden Obliegenheit des Dienstherrn, derartige Verhältnisse im Vorfeld seiner Entscheidung herzustellen, ist nicht nur - wie erstinstanzlich hervorgehoben - die Anforderung verbunden, dass an sich nicht vergleichbare dienstliche Beurteilungen grundsätzlich anhand eines einheitlich gebildeten Vergleichsmaßstabes vergleichbar gemacht werden müssen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2019 – OVG 10 S 45.17 – juris Rn. 13 m.w.N.). Sondern der Versuch, die Auswahlentscheidung auf der Grundlage schriftlicher Leistungseinschätzungen zu ermöglichen, ist grundsätzlich auch dann erforderlich, wenn Tarifbeschäftigte oder außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigte zum Bewerberfeld gehören. Darüber hinaus besteht auch die Verpflichtung, für jeden Bewerber eine dienstliche Beurteilung oder - soweit der Bewerber kein Beamter ist - eine aussagekräftige Leistungseinschätzung, insbesondere ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, einzuholen, die den dienstlichen Beurteilungen der Konkurrenten nach Art, Inhalt und betrachtetem Zeitraum vergleichbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2010 - BVerwG 1 WB 39.09 -, juris Rn. 36 – 38; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2019, a.a.O., Rn. 13 m.w.N.). Wenn sich aber - orientiert an diesen Anforderungen - keine verlässliche Grundlage für einen Leistungsvergleich bilden lässt, etwa weil für einen oder mehrere Bewerber keine Leistungseinschätzungen herangezogen werden können, so kommen indessen auch andere geeignete Erkenntnismittel wie insbesondere strukturierte Auswahlgespräche in Betracht. Auf sie darf der Dienstherr dann seine Auswahlentscheidung maßgeblich stützen, wenn er sie denn gleichmäßig und nach einheitlichen Maßstäben auf alle Bewerber (unter Umständen nach einer anhand des Anforderungsprofils durchgeführten Vorauswahl) angewendet hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2010, a.a.O., juris Rn. 39; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2019, a.a.O., Rn. 13 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist es hier aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin für die zweite Stufe des Auswahlverfahrens unter den sechs vorausgewählten Bewerbern auf ein strukturiertes Auswahlgespräch zurückgegriffen hat. Für die beiden Arbeitnehmer unter den drei externen Bewerbern lagen nämlich keine einer dienstlichen Beurteilung nach Art, Inhalt und betrachtetem Zeitraum vergleichbaren Arbeitszeugnisse vor und ist auch nicht ersichtlich, wer wie entsprechende Leistungsnachweise hätte erstellen können. Für den Bewerber L..., der bei der D... AG tätig ist, gab es nur zwei Arbeitszeugnisse über seine frühere Tätigkeit als studentische Hilfskraft an den Universitäten F... (. Februar 2013 bis . Juni 2014) und D... (. Dezember 2014 bis . März 2016), aber noch kein aktuelles Arbeitszeugnis. Für den Bewerber S..., der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität B... arbeitet, gab es neben einem Zwischenzeugnis der D... AG vom 9. Mai 2012 über seine Tätigkeit dort vor der Aufnahme des Masterstudiums nur ein knapp zwei Seiten langes Zwischenzeugnis vom 18. Mai 2020 über seine Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter, das weder mit seinem Bezugszeitraum (seit . Juli 2014) dem Zeitraum der dienstlichen Beurteilungen der drei internen Bewerber des BMVI oder der Bewerberin aus dem BMVg entspricht noch nach Art und Inhalt einer dienstlichen Beurteilung ähnelt. Zwar mag die Antragsgegnerin die Ausführungen des Zwischenzeugnisses, Herr S... habe die „Erwartungen stets in jeder Hinsicht erfüllt und alle Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit erledigt“, man sei „mit seinen Leistungen jederzeit äußerst zufrieden“, in der tabellarischen Übersicht des Bewerberfeldes als dem Gesamturteil „A“ einer dienstlichen Beurteilung des BMVI entsprechend übersetzen können (VVG Bl. 11). Doch erscheinen die weiteren einzelnen Leistungsbeschreibungen und -bewertungen des knapp zwei Seiten langen Zwischenzeugnisses – selbst wenn der für Arbeitszeugnisse typische Sprachgebrauch für personalbearbeitende Stellen „übersetzbar“ sein mag (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2010 – 1 WB 39.09 – juris Rn. 38) – einer mindestens sechs und teilweise mehr als zehn Seiten langen und nach einer Vielzahl von Leistungsmerkmalen ausdifferenzierten dienstlichen Beurteilung wie jener der vier dienstlich beurteilten Bewerber nicht ohne weiteres vergleichbar. Ob die Antragsgegnerin insoweit im Sinne des angefochtenen Beschlusses „eine Vergleichbarkeit der Dienstlichen Beurteilungen“ bzw. der Arbeitszeugnisse mit den dienstlichen Beurteilungen hätte „herstellen können und müssen und diese dann auf dieser Grundlage mit den Beurteilungen der internen Bewerber/innen“ hätte „vergleichen“ sollen (BA S. 6), bezweifelt die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung (a.a.O., S. 6 f.) zurecht. Das Verwaltungsgericht führt dazu nichts Näheres aus, und es erschließt sich für den Senat in dem konkreten Fall des Bewerbers S... auch sonst nicht, wer wie insoweit für ihn einen den dienstlichen Beurteilungen der vier Bewerber aus dem BMVI und dem BMVg vergleichbaren Leistungsnachweis hätte erstellen können. Insbesondere kommt bei ihm als einem externen Bewerber ein von der Antragsgegnerin selbst und nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erstellter Leistungsnachweis, wie er für interne Tarifbeschäftigte möglich sein kann (vgl. BayVGH, Beschluss vom 24. März 2016 – 3 CE 16.290 – juris Rn. 2, 4 und 29), kaum in Betracht. Ähnliches dürfte hier für den Bewerber L... gelten, für den noch kein aktuelles Arbeitszeugnis der D... AG vorliegt. Ob diese beiden Bewerber etwa hinsichtlich der im Anforderungsprofil der Ausschreibung unter „Fachkenntnisse“ als wichtig angeführten „Berufserfahrungen in der öffentlichen Verwaltung mit ihren Abläufen und Abstimmungserfordernissen“ Vergleichbares zu bieten hatten wie die vier beurteilten Bewerber, konnten nur ihre Antworten auf die für das strukturierte Auswahlgespräch vorgesehenen und für alle sechs Bewerber gleichen Fragen des Personalreferates Z (S. 7 – 11; VVG Bl. 20 – 24) aufzeigen, bei denen im Übrigen jeder dieser beiden Bewerber ein besseres Ergebnis erzielte als die Antragstellerin (VVG Bl. 34, Spalte „Σ Fragen Z “).
2. Mit Erfolg wendet sich die Beschwerde auch gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Dokumentation der strukturierten Auswahlgespräche nicht den anerkannten Anforderungen des Oberverwaltungsgerichts genüge (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 7 – 10).
Das Verwaltungsgericht hat bemängelt, die Ergebnisse der Auswahlgespräche seien nicht hinreichend dokumentiert. Der Auswahlvermerk enthalte zwar die den Bewerbern gestellten Fragen, aber nur die zusammengefassten Bewertungen der Antworten. Die eigentlichen Antworten der Antragstellerin, des Beigeladenen und der übrigen Bewerber auf die gestellten Fragen seien nur äußerst lückenhaft mitgeteilt. Damit sei eine Überprüfung der Auswahlentscheidung insgesamt nicht möglich, da nur das Ergebnis der Bewertung der Auswahlgespräche mitgeteilt werde, nicht aber die hierfür maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen (BA S. 7).
Die Rechtsprechung des erkennenden Senats verlangt, dass das Verfahren hinreichend dokumentiert sein muss, um die gebotene Nachprüfbarkeit zu gewährleisten. Dies erfordert keine detaillierte Niederschrift, insbesondere kein Wortprotokoll der Gespräche. Notwendig, aber auch ausreichend ist, dass die an die Bewerber gerichteten Fragen bzw. die besprochenen Themen, die Antworten der Bewerber, die Bewertung dieser Antworten durch die Auswahlkommission sowie der persönliche Eindruck von den Bewerbern zumindest in den Grundzügen festgehalten werden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Mai 2018 – OVG 10 S 66.16 –, juris Rn. 21 m.w.N.).
Diesen Anforderungen entsprechen jedenfalls die im Beschwerdeverfahren von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen. Zurecht verweist sie auf die bereits im Verwaltungsvorgang dokumentierte und jedem Auswahlgespräch zugrunde gelegte zwölfseitige und dreispaltige Tabelle, die in der linken Spalte sowohl die Fragen als auch die erwarteten Antworten aufführt, in der mittleren Spalte die nach dem Grad der Erfüllung der Erwartungen zu vergebenden Punkte aufzeigt und in der rechten Spalte Raum für Beobachtungen bietet (VVG Bl. 14 bis 25), sowie auf das mit der Beschwerdebegründung eingereichte Anlagenkonvolut BF 1 mit den von drei Mitgliedern der Auswahlkommission für jeden der sechs Bewerber jeweils handschriftlich ausgefüllten Tabellen und mit der Abschrift der ergänzenden handschriftlichen Notizen, die das vierte Kommissionsmitglied für jeden der sechs Bewerber jeweils zu den beiden Teilen des Auswahlgesprächs und zu seinen allgemeinen Eindrücken gefertigt hat. Jedenfalls in der Zusammenschau der Vorgaben aus der Tabelle im Verwaltungsvorgang und der handschriftlichen Notizen der Mitglieder der Auswahlkommission im nachgereichten Konvolut BF 1 ergeben sich mit hinreichender Genauigkeit und für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar sowohl die Antworten der Bewerber als auch die Bewertung der Antworten sowie der sonstige Eindruck, den die Auswahlkommission von den Bewerbern gewonnen hat.
3. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist im Ergebnis auch nicht aus anderen Gründen richtig. Die in den Verwaltungsvorgängen ausführlich dokumentierten strukturierten Auswahlgespräche und die daran anknüpfende Rangfolge der Bewerber, das weitere Auswahlverfahren sowie die schließlich getroffene Auswahlentscheidung lassen nach dem vorliegenden Auswahlvorgang und auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin keine durchgreifenden Fehler erkennen. Insbesondere ist auch weder von der Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung (Schriftsatz vom 30. April 2021, S. 4) näher dargetan worden noch sonst ersichtlich, warum die Gleichstellungsbeauftragte durch ihre Vertretung im Auswahlgespräch nicht ordnungsgemäß beteiligt gewesen sein soll, zumal nicht ersichtlich ist, dass die Gleichstellungsbeauftragte selbst dies beanstandet hat (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. März 2022 – 2 B 10062/22.OVG – juris Rn. 12 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Beigeladene im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt hat und sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG und folgt der Rechtsprechung des Senats in Konkurrentenstreitigkeiten bei Anträgen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die - wie hier - auf das vorläufige Freihalten einer zu besetzenden Stelle gerichtet sind (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. März 2020 - OVG 10 S 31.19 -, juris Rn. 50 m.w.N.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).