Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 21. Kammer | Entscheidungsdatum | 24.02.2022 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 21 Sa 1128/21 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2022:0224.21SA1128.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 4 Abs 4 S 1 EntgFG |
§ 7 des Entgelttarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in Berlin und Brandenburg ist dahin auszulegen, dass bei der Bemessung der Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht nur das im Referenzzeitraum der letzten zwölf abgerechneten Monate gezahlte Stundenentgelt für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden zu berücksichtigen ist, sondern auch Entgelffortzahlungen und Urlaubsengelte.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 10. Juni 2021 - 11 Ca 10392/20 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 20,40 % und die Beklagte 79,60 % zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Ansprüche des Klägers auf weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und weiteres Urlaubsentgelt für die Monate Mai, August, Oktober, November und Dezember 2020 sowie Januar und März 2021, auf Abrechnung der Bruttodifferenzbeträge und in diesem Zusammenhang über die zutreffende Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach den einschlägigen tariflichen Regelungen und die Frage, ob sich der Kläger in den Monaten Mai und August 2020 in Kurzarbeit befand.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. Juni 2016 als Sicherheitsmitarbeiter in Vollzeit mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von mindestens 173 Stunden pro Monat verteilt auf sechs Tage pro Woche beschäftigt und als qualifizierter Sicherheitsmitarbeiter in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in D. in Brandenburg tätig.
In § 3 des Arbeitsvertrages vom 25. Mai 2016 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 27. April 2017 haben die Parteien die Anwendung der vom BDSW Bundesverband der Sicherheitswirtschaft abgeschlossenen einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung vereinbart. Dies sind - soweit hier von Bedeutung - der Mantelrahmentarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland vom 23. August 2018 (im Folgenden: MRTV) sowie die für allgemeinverbindlich erklärten Entgelttarifverträge für Sicherheitsdienstleistungen in Berlin und Brandenburg vom 20. November 2018 und vom 27. Oktober 2020 (im Folgenden: ETV).
Hinsichtlich der Berechnung von Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall enthält § 10 des Änderungsvertrages vom 27. April 2017 auszugsweise folgende Regelungen:
„§ 10 Entgeltfortzahlung
9.1 Urlaubsentgelt
Die Berechnung des Urlaubsentgelts erfolgt nach den tarifvertraglichen Bestimmungen des BDSW, entsprechend dem Bundesurlaubgesetz, aus dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen, geteilt durch die Anzahl der Arbeitstage im Verhältnis zu den geleisteten Stunden.
9.2 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Die Berechnung der Entgeltfortzahlung erfolgt nach den tarifvertraglichen Bestimmungen des BDSW, aus dem Bruttoverdienst der letzten 12 abgerechneten Monate vor Arbeitsunfähigkeit, bestehend aus den tariflichen Stundenlöhnen der Entgeltgruppe des §3 des Entgelttarifvertrages. …“
Wegen des weiteren Inhalts des Änderungsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Blatt 7 ff. (fortfolgende) der Akten) verwiesen.
Die im Wesentlichen übereinstimmenden Entgelttarifverträge regeln in § 3 die Höhe der Stundenlöhne gestaffelt nach Entgeltgruppen, in § 4 Zulagen für bestimmte Tätigkeiten und in § 6 Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit. Weiter enthalten sie auszugsweise folgende übereinstimmende Regelungen:
„§ 7 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Maßgeblich für die Berechnung des fortzuzahlenden Entgeltes im Fall der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ist der Bruttoverdienst der letzten abgerechneten 12 Monate vor der Arbeitsunfähigkeit, bestehend aus den tariflichen Stundenlöhnen der zutreffenden Vergütungs- / Entgeltgruppe des § 3. Dieser wird durch 312 dividiert und ergibt den für die Entgeltfortzahlung maßgeblichen Entgelt-Durchschnittssatz je Werktag im Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit im Krankheitsfall.
…
§ 8 Urlaub
1. Es gilt das Bundesurlaubsgesetz in seiner jeweils gültigen Fassung.
2. Urlaubsstaffel
…
…
§ 9 Abrechnung
Die Abrechnung erfolgt monatlich. Die Entgeltperiode ist der Kalendermonat.
Die Abrechnung ist regelmäßig spätestens bis zum 15. des Folgemonats vorzunehmen. Abweichende betriebliche Regelungen bleiben unberührt.
Aus der nachvollziehbaren Abrechnung müssen die Höhe des Entgelts, die geleisteten Arbeitsstunden und alle Zuschläge, eventuellen Sonderzahlungen sowie die gesetzlichen Abzüge hervorgegen.“
Ferner sind in § 13 übereinstimmende Ausschlussfristen vorgesehen, wonach sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich oder nach Ablehnung nicht innerhalb von drei Monaten gerichtlich geltend gemacht wurden. Wegen der Einzelheiten der vorstehenden tariflichen Regelungen wird auf die Ablichtung des ETV vom 20. November 2018 (Blatt 185 ff. der Akten) verwiesen. Hinsichtlich der Fälligkeit des Arbeitsentgelts sieht § 8 Ziffer 2 Satz 1 MRTV vor, dass die Auszahlung regelmäßig unbar spätestens bis zum 15. des Folgemonats vorzunehmen ist. Wegen der Einzelheiten und des weiteren Inhalts des MRTV wird auf dessen Ablichtung (Blatt 172 ff. der Akten) verwiesen.
Unter dem 17. März 2020 schloss die Beklagte mit dem „unternehmenseinheitlichen Betriebsrat“ eine „Betriebsvereinbarung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG über die Einführung von Kurzarbeit“. Diese sah vor, dass in der Zeit vom 16. März 2020 bis zum 16. März 2021 Kurzarbeit für alle Betriebe des Unternehmens eingeführt werden kann. Weiter heißt es in der Betriebsvereinbarung, dass von der Kurzarbeit mit bestimmten im einzelnen aufgeführten Ausnahmen alle Arbeitnehmer*innen des Unternehmens betroffen sein können und die Arbeitszeit auf bis zu 0 Stunden abgesenkt werden kann. Wegen der Einzelheiten und des weiteren Inhalts der Betriebsvereinbarung wird auf deren Ablichtung (Blatt 220 ff. der Akten) verwiesen.
In den Einsatzplänen der Erstaufnahmeeinrichtung war für den Kläger während des gesamten Jahres 2020 keine Kurzarbeit geplant. Im März, August, Oktober und November 2020 sowie im März 2021 war der Kläger jeweils zwischen einem und zwölf Werktagen arbeitsunfähig krank. Ferner hatte er im März, Oktober, November und Dezember 2020 sowie im Januar und März 2021 jeweils zwischen einem und 14 Tagen Urlaub.
Die Beklagte rechnete die Vergütung des Klägers monatlich bis zum 15. des Folgemonats auf der Basis des Stundenlohns für qualifizierte Sicherheitsmitarbeiter von 11,00 Euro und ab dem 1. Januar 2021 von 11,20 Euro nach § 3 ETV zuzüglich einer Zulage für Sicherheitsmitarbeiter in Flüchtlingsunterkünften und -einrichtungen von 0,25 Euro brutto pro Stunde nach § 4 Ziffer 4 ETV sowie Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschlägen nach § 6 ETV ab und zahlte den sich aus den Abrechnungen ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus. Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall berechnete sie auf der Grundlage der abgerechneten Stundenlöhne für die in den vorangegangenen zwölf Monaten tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden ohne Berücksichtigung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsentgelt. In der Folgezeit erteilte sie dem Kläger mehrfach Korrekturabrechnungen. Für Mai und August 2020 erhielt der Kläger statt Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Kurzarbeitergeld. Im September 2020 zahlte die Beklagte dem Kläger für Mai 2020 114,44 Euro brutto und für August 2020 59,88 Euro brutto nach. Die zuletzt erteilten Korrekturabrechnungen für die Monate Mai und August 2020 weisen als ausgezahltes Kurzarbeitergeld für Mai 2020 einen Betrag von 225,94 Euro (Blatt 261 der Akten) und für August 2020 einen Betrag von 227,08 Euro (Blatt 264 der Akten) aus. Ferner zog die Beklagte vom Nettoentgelt des Klägers für November 2020 einen Betrag von 38,00 Euro als Kosten für eine Zuverlässigkeitsprüfung ab.
Mit der am 3. September 2020 beim Arbeitsgericht Cottbus eingegangenen, der Beklagten am 11. September 2020 zugestellten, mit Schriftsätzen vom 29. September 2020, 29. Dezember 2020, 17. Februar 2021 und 15. April 2021 erweiterten und in der Folgezeit zum Teil wieder zurückgenommenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf weiteres Entgelt für die Monate Mai, August, Oktober, November und Dezember 2020 sowie Januar und März 2021 in Höhe von zuletzt insgesamt 1.907,15 Euro brutto abzüglich des zuletzt für die Monate Mai und August 2020 ausgezahlten Kurzarbeitergeldes sowie auf Abrechnung der Bruttoentgeltdifferenzen und auf Auszahlung von weiteren 23,00 Euro für November 2020 in Anspruch genommen. Zuvor hatte der Kläger mehrfach vergeblich Nachzahlungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtungen der Geltendmachungsschreiben vom 26. Juni 2020 (Blatt 13 der Akten), vom 29. September 2020 (Blatt 47 f. (folgende) der Akten), vom 18. November 2020 (Blatt 106 f. der Akten), 22. Dezember 2020 (Blatt 111 f. der Akten) und vom 15. Januar 2021 (Blatt 130 der Akten) verwiesen. Die Klageerweiterungen sind der Beklagten am 2. Oktober 2020, 12. Januar 2021, 1. März 2021 beziehungsweise 22. April 2021 zugestellt worden. In Höhe des im September 2020 für die Monate Mai und August 2020 nachgezahlten Betrages von insgesamt von 174,60 Euro brutto haben die Parteien den Rechtsstreit erstinstanzlich in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Kläger hat - soweit für die Berufung von Bedeutung - geltend gemacht, die ihm für die streitgegenständlichen Monate erteilten Entgelt- bzw. Korrekturabrechnungen seien unzutreffend. Nach § 7 ETV berechne sich die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auf der Grundlage des durchschnittlichen Stundenentgelts einschließlich Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall des vorangegangenen Jahres ohne Zulagen und Zuschläge. Auch sei die Arbeit während seiner Arbeitsunfähigkeit im März und August 2020 nicht wegen Kurzarbeit ausgefallen. Wegen der fehlerhaften Berechnung der Entgeltfortzahlung habe er auch zu wenig Urlaubsentgelt erhalten. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der zuletzt geltend gemachten Bruttoentgeltdifferenzen wird auf Seite 3 bis 10 des Schriftsatzes des Klägers vom 8. April 2021 (Blatt 246 ff. der Akten) und Seite 2 bis 4 des Schriftsatzes vom 15. April 2021 (Blatt 278 ff. der Akten) verwiesen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.907,15 Euro brutto abzüglich des gezahlten Kurzarbeitergeldes in Höhe von 453,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB
aus 919,07 Euro seit dem 16. Juni 2020,
aus 804,56 Euro seit dem 16. September 2020,
aus 20,52 Euro seit dem 16. November 2020,
aus 135,75 Euro seit dem 16. Dezember 2020,
aus 9,63 Euro seit dem 16. Januar 2021,
aus 6,70 Euro seit dem 16. Februar 2021,
aus 10,92 Euro seit dem 16. April 2021
zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 23,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 16. Dezember 2020 zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, eine Abrechnung für den Monat Mai 2020 an den Kläger herauszugeben, welche einen weiteren Betrag in Höhe von 919,07 Euro brutto ausweist;
4. die Beklagte zu verurteilen, eine Abrechnung für den Monat August 2020 an den Kläger herauszugeben, welche einen weiteren Betrag in Höhe von 804,56 Euro brutto ausweist;
5. die Beklagte zu verurteilen, eine Abrechnung für den Monat Oktober 2020 an den Kläger herauszugeben, welche einen weiteren. Betrag in Höhe von 20,52 Euro brutto ausweist;
6. die Beklagte zu verurteilen, eine Abrechnung für den Monat November 2020 an den Kläger herauszugeben, welche einen weiteren Betrag in Höhe von 135,75 Euro brutto ausweist;
7. die Beklagte zu verurteilten, eine Abrechnung für den Monat Dezember 2020 an den Kläger herauszugeben, welche einen weiteren Betrag in Höhe von 9,63 Euro brutto ausweist;
8. die Beklagte zu verurteilen, eine Abrechnung für den Monat Januar 2021 an den Kläger herauszugeben, welche einen weiteren Betrag in Höhe von 6,70 Euro brutto ausweist;
9. die Beklagte zu verurteilen, eine Abrechnung für den Monat März 2021 an den Kläger herauszugeben, welche einen weiteren Betrag in Höhe von 10,92 Euro brutto ausweist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat - soweit für die Berufung von Bedeutung - die Auffassung vertreten, die Entgeltabrechnungen seien zutreffend. § 7 ETV sei dahin auszulegen, dass in die Berechnung der Entgeltfortzahlung grundsätzlich nur die tatsächlich geleisteten Stunden einzustellen seien. Dafür spreche bereits der Wortlaut der Tarifnorm, die ausdrücklich auf den tariflichen Stundenlohn nach § 3 ETV abstelle. Das Urlaubsentgelt werde aber gerade nicht nur anhand der Stundenlöhne, sondern unter Einbeziehung der Zulagen und Zuschläge und weiterer Lohnbestandteile ermittelt. Ebenso würde die Einbeziehung von Entgeltfortzahlungen im Referenzzeitraum, wenn diese wiederum (teilweise) auf dem Urlaubsgelt beruhe, dazu führen, dass in die Berechnung der Entgeltfortzahlung entgegen § 7 ETV mittelbar auch nicht stundenlohnbezogene Bestandteile einbezogen würden. Zudem nehme § 7 ETV nur auf § 3 ETV und nicht auf § 8 ETV Bezug. Die Auslegung entspreche auch dem von den Tarifvertragsparteien intendierten Zweck der Regelung, dass Arbeitnehmer*innen mit hohen Einsatz- und geringen Abwesenheitszeiten einen hohen Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall haben.
Die Regelung sei auch mit dem Gesetz vereinbar. Für Arbeit auf Abruf habe der Gesetzgeber zwischenzeitlich in § 12 Absatz 4 Satz 3 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) eine ausdrückliche Regelung getroffen, dass Urlaub und Arbeitsausfälle im Referenzzeitraum bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung außer Betracht zu bleiben hätten. Nach § 4 Absatz 4 Satz 1 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) seien die Tarifvertragsparteien lediglich an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (100 %) gebunden. Dazu enthalte § 7 ETV zwar keine ausdrückliche Regelung. Jedoch entspreche es dem Willen der Tarifvertragsparteien, eine etwaige Unterschreitung dieser Schwelle durch eine fiktive Entgeltberechnung - hier auf der Basis der mit dem Kläger vereinbarten Mindestarbeitszeit von 173 Stunden monatlich - auszugleichen. Diese Berechnungsweise werde dem Gedanken einer (nur) stundenlohnbezogenen Berechnungsweise gerecht, schließe im Hinblick auf einen Betrachtungszeitraum von zwölf Monaten Zufälle weitgehend aus und bilde zudem Entgeltänderungen in der zwölfmonatigen Referenzperiode ab.
Mit Urteil vom 10. Juni 2021, auf dessen Tatbestand (Blatt 310 - 313 der Akten) wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es - soweit für die Berufung von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt, soweit die Beklagte bei der Entgeltfortzahlung in die Durchschnittsberechnung der letzten zwölf Monate nur Entgelte aus produktiver Tätigkeit habe einfließen lassen, entsprechende dies nicht § 7 ETV. Als „Bruttoverdienst" im Sinne der Tarifvorschrift seien auch im Referenzzeitraum geleistete Entgeltfortzahlungen und gezahltes Urlaubsentgelt anzusehen. Dies ergebe sich bereits aus dem gewählten Teiler 312 und der Formulierung, dass nur abgerechnete Monate einfließen sollen. Daran ändere auch der Zusatz „bestehend aus den tariflichen Stundenlöhnen der zutreffenden Vergütungs- / Entgeltgruppe des § 3“ nichts. Mit dieser Formulierung werde lediglich klargestellt, dass Zulagen und Zuschläge nicht in die Berechnung einfließen sollen. Etwas anders ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. August 2014 - 10 AZR 583/13. Nach der Entscheidung müsste, wenn man der Auslegung der Beklagten folgte, der Divisor um die Ausfalltage reduziert werden, was im Ergebnis zu noch höheren Tagessätzen führen würde. In die Berechnung des Urlaubsentgelts seien im Referenzzeitraum der vorangegangenen 13 Wochen sowohl gezahlte Zulagen nach § 4 ETV und Zuschläge nach § 6 ETV als auch Entgeltfortzahlungen und Urlaubsentgelte einzubeziehen. Der Kläger habe seine Ansprüche schlüssig, im Einzelnen nachvollziehbar und rechnerisch zutreffend berechnet. Für die Monate Mai und August 2020 schulde die Beklagte dem Kläger auch nicht lediglich Kurzarbeitergeld, da sie nicht schlüssig dargelegt habe, dass für den Kläger Kurzarbeit angeordnet worden sei. Schließlich habe der Kläger nach § 108 Absatz 1 GewO (Gewerbeordnung) auch einen Anspruch auf Abrechnung der noch zu zahlenden Beträge. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Blatt 314 - 317 der Akten) verwiesen.
Gegen dieses der Beklagten am 14. Juli 2021 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, den 16. August 2021, beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Beklagten, welche sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14. Oktober 2021 mit am 14. Oktober 2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2022 hat der Kläger die Klage außerhalb der Anschlussberufungsfrist um weitere 387,23 Euro brutto erweitert und die Klageerweiterung auf gerichtlichen Hinweis mit Schriftsatz vom 31. Januar 2022 wieder zurückgenommen.
Die Beklagte setzt sich - unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Sie hält daran fest, dass die von ihr vorgenommene Berechnung der Tagessätze für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zutreffend sei. Aus der Aufnahme des Divisors 312 ließe sich nichts herleiten. Es sei auch nicht richtig, dass sie bei der Berechnung des Urlaubsentgelts Zulagen, Zuschläge, Entgeltfortzahlungen und Urlaubsentgelte nicht einbezogen habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 10. Juni 2021 - 11 Ca 10392/20 - abzuändern, soweit die Beklagte unter 1. und 3. zur Zahlung von 1.907,15 Euro brutto abzüglich 453,02 Euro gezahltem Kurzarbeitergeld nebst Zinsen sowie zur Herausgabe von Verdienstabrechnungen verurteilt worden ist, und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend zur Berechnung der Ansprüche vor.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 14. Oktober 2021 (Blatt 337 - 343 der Akten), den Schriftsatz des Klägers vom 21. Dezember 2021 (Blatt 355 - 374 der Akten) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2022 (Blatt 432 f. der Akten) verwiesen.
Die Berufung hat keinen Erfolg.
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Absatz 1 und 2 Buchstabe b ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne von § 66 Absatz 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 Absatz 1 und 3 ZPO (Zivilprozessordnung) eingelegt und begründet worden.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte nach § 3 Absatz 1 Satz 1 EFZG in Verbindung mit § 7 ETV sowie § 8 ETV in Verbindung mit den §§ 1 und 11 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) Anspruch auf Zahlung für die Monate Mai, August, Oktober, November und Dezember 2020 sowie Januar und März 2021 von insgesamt weiteren 1.907,15 Euro brutto abzüglich des in den Monaten Mai und August 2020 ausgezahlten Kurzarbeitergeldes. Die Nachzahlungsansprüche ergeben sich im Wesentlichen aus einer unzutreffenden Berechnung der Entgeltfortzahlungsansprüche des Klägers durch die Beklagte.
a) Maßgeblich für die Berechnung der Höhe der dem Kläger im Krankheitsfall zustehenden Entgeltfortzahlung ist § 7 ETV. Nach dieser Vorschrift berechnet sich der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem „maßgeblichen Entgelt-Durchschnittssatz“ multipliziert mit der Anzahl der in den Zeitraum einer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit fallenden Werktage. Hierüber gibt es zwischen den Parteien auch keinen Streit. Der „maßgebliche Entgelt-Durchschnittssatz“ berechnet nach dem „Bruttoverdienst“ der letzten abgerechneten zwölf Monate vor der Arbeitsunfähigkeit, bestehend aus den tariflichen Stundenlöhnen der zutreffenden Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe des § 3 ETV. Dabei gehören entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten zum „Bruttoverdienst“ im Sinne des § 7 ETV nicht nur der Stundenlohn für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, sondern auch geleistete Entgeltfortzahlungen und Urlaubsentgelte. Das ergibt sich aus der Auslegung der Tarifnorm.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (siehe zum Beispiel BAG (Bundesarbeitsgericht) 20. Juni 2018 - 4 AZR 339/17 - Rn. (Randnummer) 19 mwN (mit weiteren Nachweisen)).
bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist § 7 ETV dahin auszulegen, dass bei der Ermittlung des Bruttoverdienstes im Referenzzeitraum der letzten zwölf abgerechneten Monate auch geleistete Entgeltfortzahlungen und Urlaubsentgelte zu berücksichtigen sind.
(1) Nach seinem Wortlaut knüpft § 7 ETV - anders als der Tarifvertrag, um den es bei der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. August 2014 - 10 AZR 583/13 - ging, nicht an die Arbeitszeit, sondern an den Bruttoverdienst im Referenzzeitraum an. Der Begriff Bruttoverdienst ist nach dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch jedoch umfassend zu verstehen und bezeichnet sämtliche Bestandteile des Arbeitsentgelts unabhängig davon, aus welchen Gründen und auf welcher Rechtsgrundlage es gezahlt wird (vergleiche BAG 20. August 2014 - 10 AZR 583/13 - Rn. 15). Auch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsentgelt sind Teil des Verdienstes. Das ergibt sich schon daraus, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und das Urlaubsentgelt gerade dazu dienen, zu verhindern, dass Arbeitnehmer*innen während einer Arbeitsunfähigkeit oder ihres Urlaubs Verdiensteinbußen hinnehmen müssen. Indem sie während einer Arbeitsunfähigkeit im Rahmen des § 3 in Verbindung mit § 4 EFZG und während ihres Urlaubs nach § 1 in Verbindung mit § 11 BUrlG Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts haben, sollen sie grundsätzlich so gestellt sein, wie sie stehen würden, wenn sie tatsächlich gearbeitet hätten. Dementsprechend ändert sich am Rechtscharakter des Arbeitsentgelts nicht deshalb etwas, weil es nicht für tatsächlich geleistete Arbeit, sondern für andernfalls tatsächlich zu leistende Arbeit gezahlt wird (vergleiche zum Rechtscharakter der Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz BAG 23. Februar 2021 - 3 AZR 53/20 - Rn. 26).
(2) Dem steht auch nicht entgegen, dass § 7 ETV nicht auf den gesamten Bruttoverdienst, sondern nur auf das Stundenentgelt der letzten zwölf abgerechneten Monate abstellt. Damit bringen die Tarifvertragsparteien lediglich zum Ausdruck, dass für die Bemessung der Entgeltfortzahlung allein der in § 3 ETV geregelte Stundenlohn maßgeblich sein soll und die Zulagen und Zuschläge nach den §§ 4, 6 ETV nicht zu berücksichtigen sind. Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich daraus aber nicht ableiten, dass im Referenzzeitraum gezahlte Entgeltfortzahlungen und Urlaubsentgelte in die Berechnung des Tagessatzes für die Entgeltfortzahlung nicht mit einzubeziehen wären. Mit dem in § 7 Satz 2 ETV vorgesehenen Tagessatz wird für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowohl ein Zeitfaktor, nämlich die im Referenzzeitraum geleisteten Arbeitsstunden, als auch ein Geldfaktor, nämlich der nach § 3 ETV maßgebliche Stundenlohn, abgebildet und pauschaliert. Bezieht man in die Berechnung des Tagessatzes im Referenzzeitraum geleistete Entgeltfortzahlungen mit ein, bleibt das Verhältnis von Zeit- und Geldfaktor unangetastet und damit auch der Bezug zum tariflichen Stundenlohn erhalten. Folgt man hingegen der von der Beklagten favorisierten Auslegung, würde sich im Fall von Entgeltfortzahlungszeiten im Referenzzeitraum der Geldfaktor gegenüber dem Zeitfaktor verringern und damit auch der für zukünftige Entgeltfortzahlungszeiten fortzuzahlende Stundenlohn vermindern. Entsprechendes gilt für das Urlaubsentgelt, wobei aufgrund der Beschränkung des Bruttoverdienstes auf den in § 3 ETV geregelten Stundenlohn nur der als Urlaubsentgelt abgerechnete tarifliche Stundenlohn zu berücksichtigen ist.
(3) Bestätigt wird dieses Verständnis des Begriffs Bruttoverdienst in § 7 Satz 1 ETV durch den in § 7 Satz 2 ETV für die Berechnung des Tagessatzes vorgesehenen Divisor von 312. Dieser entspricht abgerundet der durchschnittlichen Anzahl der Werktage des im Satz 1 vorgesehenen Referenzzeitraums von zwölf Monaten und damit bezogen auf die der Regelung zugrundeliegende Sechs-Tage-Woche der durchschnittlichen Anzahl der möglichen Arbeitstage einschließlich Urlaubs- und Arbeitsunfähigkeitszeiten.
(4) Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelung. Indem § 7 ETV einerseits auf einen Referenzzeitraum der letzten zwölf Monate und andererseits auf den Durchschnittsverdienst pro Werktag abstellt, berücksichtigt die tarifliche Regelung, dass im Sicherheitsgewerbe die täglichen und wöchentlichen Arbeitszeiten häufig starken Schwankungen unterliegen (vergleiche dazu BAG 20. August 2014 - 10 AZR 583/13 - Rn. 24) und stellt eine rechtssichere, verlässliche, von Zufällen weitgehend unabhängige, einfache und auch für die Arbeitnehmer*innen nachvollziehbare Methode für die Berechnung der Entgeltfortzahlung zur Verfügung. Dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht nur hohe Einsatzzeiten in der Vergangenheit, die entsprechend hohe Ausfallzeiten während der Arbeitsunfähigkeit vermuten lassen, berücksichtigt, sondern darüber hinaus auch geringe Abwesenheitszeiten honoriert werden sollen, lässt sich der tariflichen Regelung hingegen nicht entnehmen.
(5) Schließlich spricht für das Ergebnis auch das Gebot der gesetzeskonformen Auslegung von Tarifverträgen, dem zufolge Tarifnormen, soweit sie dies zulassen, grundsätzlich so auszulegen sind, dass sie nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht stehen und damit Bestand haben (BAG 1. Dezember 2020 - 9 AZR 104/20 - Rn. 29 mwN).
(a) Nach § 4 Absatz 4 Satz 1 EFZG kann durch Tarifvertrag eine von § 4 Absatz 1, Absatz 1a und Absatz 3 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden. Dazu gehören sowohl die Berechnungsmethode (Ausfall- oder Referenzprinzip) als auch die Berechnungsgrundlage. Bei der Gestaltung der Bemessungsgrundlage müssen die Tarifvertragsparteien darauf achten, dass sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen die anderen, nach § 12 EFZG zwingenden und nicht tarifdispositiven Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes verstoßen. Die Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien findet dort ihre Grenze, wo der Anspruch auf Entgeltfortzahlung in seiner Substanz angetastet wird (BAG 20. August 2014 - 10 AZR 583/13 - Rn. 23 mwN). Insbesondere sind die Tarifvertragsparteien an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (100 %) im Krankheitsfall gebunden (BAG 16. Juli 2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 18 mwN).
(b) Ließe man bei der Bestimmung des für den Tagessatz maßgeblichen Bruttoverdienstes im Referenzzeitraum gezahlte Entgeltfortzahlungen und Urlaubsentgelte unberücksichtigt, ohne gleichzeitig den Divisor an die Anzahl der Arbeitstage anzupassen, an denen tatsächlich gearbeitet worden ist, würde der Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung verletzt, weil sich - wie bereits oben unter (2) ausgeführt worden ist - das Verhältnis zwischen dem Geld- und dem Zeitfaktor zum Nachteil des oder der Arbeitnehmer*in ändern würde mit der Folge, dass der oder die Arbeitnehmer*in für Entgeltfortzahlungszeiten einen geringeren Stundenlohn als den in § 3 ETV vorgesehenen Stundenlohn erhalten würde (vergleiche dazu auch BAG 20. August 2014 - 10 AZR 583/13 - Rn. 24). Das entspricht nicht einmal pauschal dem nicht tarifdispositiven Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung.
(c) Die von der Beklagten als Korrektiv zu der von ihr favorisierten Auslegung des § 7 ETV angedachte fiktive Berechnung des Bruttoverdienstes auf der Basis der vereinbarten monatliche Mindestarbeitszeit hat im Tarifvertrag schon keinen Niederschlag gefunden. Abgesehen davon würde in Fällen, in denen die regelmäßige Arbeitszeit eines oder einer Arbeitnehmer*in höher als die vertraglich vereinbarte Mindestarbeitszeit ist, die von der Beklagten angedachte gegebenenfalls korrigierende fiktive Entgeltberechnung keinen vollständigen Ausgleich einer Unterschreitung der vollen Entgeltfortzahlung bedeuten. Vielmehr würde es dabei bleiben, dass der oder die Arbeitnehmer*in im Krankheitsfall weniger als hundert Prozent Entgeltfortzahlung erhielte und damit der Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung weiterhin verletzt wäre.
(d) Auf die Regelung § 12 Absatz 4 Satz 3 TzBfG, wonach bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung bei Arbeit auf Abruf nach § 12 Absatz 4 Satz 1 TzBfG Zeiten von Kurzarbeit, unverschuldeter Arbeitsversäumnis, Arbeitsausfällen und Urlaub im Referenzzeitraum außer Betracht bleiben, kann sich die Beklagte schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil dies Regelung mit § 7 ETV nicht vergleichbar ist. § 12 Absatz 4 Satz 1 EFZG knüpft für die Berechnung der Entgeltfortzahlung an die durchschnittliche Arbeitszeit und nicht wie § 7 ETV an den durchschnittlichen Bruttoverdienst im Referenzzeitraum an und berücksichtigt bei der Ermittlung der durchschnittlichen Arbeitszeit pro Arbeitstag nach § 12 Absatz 4 Satz 3 TzBfG auch nur die Anzahl der Arbeitstage, an denen tatsächlich gearbeitet worden ist (näher zur Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei Abrufarbeit MüKo (Münchener Kommentar)/Müller-Glöge, 8. Auflage EFZG § 4 Rn. 7).
b) Die Ansprüche sind auch der Höhe nach gegeben. Der Kläger hat die Nachzahlungsansprüche unter Zugrundelegung der zutreffenden Rechtsauffassung und unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Zahlungen nachvollziehbar berechnet. Das Arbeitsgericht ist dem im Ergebnis gefolgt. Rechenfehler auf der Basis der Rechtsansicht des Klägers hat die Beklagte nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, weitere Zahlungen geleistet zu haben. Darauf, dass das Arbeitsgericht fälschlicherweise angenommen hat, die Zulagen und Zuschläge sowie Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall und Urlaubsentgelte seien auch bei der Berechnung des Urlaubsentgelts unberücksichtigt geblieben, kommt es nicht an. Dies ist rechnerisch unerheblich. Das Arbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte dem Kläger für die Monate Mai und August 2020 als Entgeltfortzahlung nicht lediglich Kurzarbeitergeld schuldet, da nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte für den Kläger in den beiden Monaten Kurzarbeit vorgesehen hatte. Gegenteiliges hat die Beklagte in der Berufungsinstanz auch nicht mehr behauptet. Deshalb ist es auch - gleichwohl höchst zweifelhaft - im Ergebnis ohne Belang, ob eine wirksame Einführung von Kurzarbeit auf der Grundlage der „Betriebsvereinbarung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG über die Einführung von Kurzarbeit“ vom 17. März 2020 überhaupt möglich gewesen wäre (zu den Anforderungen an eine solche Betriebsvereinbarung BAG 18. November 2015 - 5 AZR 491/14 - Rn. 15).
c) Die erste und zweite Stufe der Ausschlussfristen des § 13 ETV sind gewahrt. Gegenteiliges hat auch die Beklagte nicht eingewandt.
d) Die Zinsansprüche folgen aus § 286 Absatz 1 und 2 Nr. 1, § 288 Absatz 1 in Verbindung mit § 247 BGB. Die Nachzahlungsansprüche für die einzelnen Monate sind spätestens am 15. des Folgemonats fällig geworden. Dementsprechend schuldet die Beklagte dem Kläger Verzugszinsen ab dem 16. des Folgemonats.
2. Ferner hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Abrechnung der Nachzahlungsansprüche. Der Anspruch folgt zwar nicht aus § 108 Absatz 1 Satz 1 GewO (Gewerbeordnung), da diese Vorschrift einen Anspruch auf Abrechnung erst „bei Zahlung“ begründet (BAG 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 35) und eine Zahlung vorliegend gerade nicht erfolgt ist. Jedoch ergibt sich der Anspruch aus § 9 ETV, wonach das Entgelt monatlich spätestens bis zum 15. des Folgemonats abzurechnen ist.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 92 Absatz 2 Nr. 1, § 97 Absatz 1 ZPO, § 269 Absatz 3 Satz 2 ZPO. Danach konnte es, weil die erstinstanzlichen Zuvielforderungen des Klägers verhältnismäßig geringfügig waren und keine höheren Kosten verursacht haben, dabei verbleiben, dass die Beklagte die erstinstanzlichen Kosten zu tragen hat. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren ebenfalls der Beklagten aufzulegen mit Ausnahme der Kosten, die durch die zurückgenommene als Anschlussberufung anzusehende Erweiterung der Klage entstanden sind. Diese hat der Kläger zu tragen.
IV. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Absatz 2 ArbGG liegen nicht vor.