Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Leistungsklage - Außenwohnbereichsentschädigung nach dem PFB BER

Leistungsklage - Außenwohnbereichsentschädigung nach dem PFB BER


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 10.03.2022
Aktenzeichen OVG 6 A 8/21 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0310.OVG6A8.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 87a VwGO

Leitsatz

Die Entschädigung für den Außenwohnbereich nach dem PFB BER setzt voraus, dass der Außenwohnbereich selbst innerhalb des entsprechenden Entschädigungsgebiets liegt bzw. von diesem zumindest angeschnitten wird

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Außenwohnbereichsentschädigung nach dem Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen BER.

Sie ist Eigentümerin einer Eigentumswohnung in der G.... Ihre Wohnung ist im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses belegen und verfügt über eine in ihrem Sondereigentum stehende Terrasse mit privater Gartenfläche. Das Grundstück ist insgesamt rund 82.000 m² groß. Es befindet sich ausschließlich mit einer verhältnismäßig wenige Quadratmeter umfassenden dreieckigen Teilfläche des gemeinschaftlichen Eigentums im Entschädigungsgebiet „Außenwohnbereich“ des Planfeststellungsbeschusses. Auf dieser Teilfläche befinden sich Pkw-Stellplätze und Verkehrsflächen.

Am 26. Oktober 2017 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Entschädigung des Außenwohnbereichs nach den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 9. April 2018 ab. Zur Begründung verwies sie auf einen im Jahr 2011 gestellten Antrag der Hausverwaltung des Gemeinschaftseigentums auf Außenwohnbereichsentschädigung, der mit der Begründung abgelehnt worden sei, keiner der Außenwohnbereiche der auf dem Grundstück befindlichen Wohnobjekte liege im Entschädigungsgebiet, das für den Außenwohnbereich festgesetzt worden sei.

Nachdem der weitere vorgerichtliche Schriftverkehr zu keiner Anerkennung eines Anspruchs durch die Beklagte geführt hat, hat die Klägerin am 5. Februar 2021 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung macht sie geltend, sie sei für die Klage aktivlegitimiert. Anders als beim baulichen Schallschutz, bei dem es um die Reduzierung des Lärms in Gebäuden bzw. im Falle der Entschädigung um das Surrogat hierfür gehe, stehe bei der Außenwohnbereichsentschädigung eine Nutzungsbeeinträchtigung im Vordergrund. Der Planfeststellungsbeschluss spreche diese Entschädigung für die Nutzungsbeeinträchtigung dem jeweiligen Wohnungseigentümer zu. Daher könne jeder Wohnungseigentümer für die im Eigentum der Gemeinschaft stehenden Außenwohnbereiche die entsprechende Entschädigung nach dem Planfeststellungsbeschluss beanspruchen. Würde es sich bei der Außenwohnbereichsentschädigung um einen Anspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handeln, hätte diese die Befugnis zu entscheiden, wie mit dieser Entschädigung umzugehen sei. Sie könnte zum Beispiel auch entscheiden, diese Entschädigung nicht an die einzelnen Wohnungseigentümer auszukehren. Das widerspräche Sinn und Zweck der Entschädigung. Das Grundstück verfüge über mehrere gemeinschaftliche Außenwohnbereiche. Zu diesen gehörten neben einer großen Grünfläche mit eingezäunter Hundefreilaufzone, mehrere Spielplätze und ein Waldstück. Jeder Wohnungseigentümer sei berechtigt, die gemeinschaftlichen Grundstücksflächen zu nutzen. Würde man auf eine individuelle Nutzungsmöglichkeit dieser Außenwohnbereiche abstellen, würden Eigentümer von Einfamilienhäusern gegenüber Wohnungseigentümern ungerechtfertigt privilegiert.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage bereits für unzulässig. Die Klägerin sei nicht prozessführungsbefugt. Sie mache mit der Klage Rechte für Grundstücksteilflächen gelten, die im Gemeinschaftseigentum im Sinne des § 1 Abs. 5 WEG stünden. Die Prozessführungsbefugnis für diese Rechte obliege der Wohnungseigentümergemeinschaft. Darüber hinaus sei die Klägerin auch nicht klagebefugt. Selbst wenn für die von ihr bezeichneten Freiflächen ein Entschädigungsanspruch nach dem Planfeststellungsbeschluss bestünde, könnte sie diesen Anspruch nicht als eigenes subjektives Recht geltend machen. Überdies sei die Klage unbegründet. Die Klägerin sei weder Allein- noch Sondereigentümerin der im Entschädigungsgebiet Außenwohnbereich gelegenen Freiflächen. Überdies handele es sich bei den Freiflächen nicht um Außenwohnbereiche im Sinne des Planfeststellungsbeschlusses.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte verwiesen, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

I. Die Sache konnte im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch den Berichterstatter verhandelt und entschieden werden.

II. Ob die Klage bereits unzulässig ist, kann offenbleiben. Bedenken an der Zulässigkeit bestehen jedenfalls, soweit die Klägerin Entschädigung für im Gemeinschaftseigentum stehende Außenwohnbereiche des fraglichen Grundstücks beansprucht. Die Klägerin ist grundsätzlich nicht befugt, die Rechte der Gesamthandseigentümergemeinschaft im eigenen Namen geltend zu machen. Ob insoweit etwas anderes gilt, weil die Klägerin meint, hinsichtlich der im Gemeinschaftseigentum stehenden Außenbereichsflächen könne jedes nutzungsberechtigte Mitglied der Gemeinschaft eine gesonderte Außenwohnbereichsentschädigung erhalten, bedarf dabei keiner Entscheidung. Insbesondere kann offenbleiben, ob dieser Auffassung die Regelung in Teil A II 5.1.7 Nr. 5 Satz 2 und 3 des Planfeststellungsbeschlusses entgegensteht. Danach haben Wohnungseigentümer für Sondereigentum Ansprüche aus den Auflagen 5.1.2 bis 5.1.6. Für das gemeinschaftliche Eigentum werden die Ansprüche durch die Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht.

III. Jedenfalls ist die Klage unbegründet. Die Klägerin kann eine Außenwohnbereichsentschädigung in Höhe von 3.000 Euro nicht beanspruchen.

Anspruchsgrundlage für ihr Begehren ist Ziffer 5.1.5 der Auflagen unter Abschnitt A II des Planfeststellungsbeschlusses „Ausbau Verkehrsflughaften Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004 in seiner derzeit gültigen Fassung. Danach haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines innerhalb des Entschädigungsgebietes Außenwohnbereich gelegenen Grundstücks, das am 15. Mai 2000 mit Wohngebäuden bebaut oder bebaubar war und über Außenwohnbereiche (Balkon, Terrassen etc.) verfügt, Entschädigung für die Nutzungsbeeinträchtigung des Außenwohnbereichs zu leisten. Die Entschädigung beträgt für Eigentumswohnungen pauschal mindestens 3.000 Euro pro Wohnung.

Die Voraussetzungen dieses Anspruchs liegen nicht vor. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums als auch hinsichtlich des der Klägerin zustehenden Sondereigentums.

Die Entschädigung für den Außenwohnbereich nach dem PFB BER setzt voraus, dass der Außenwohnbereich selbst innerhalb des entsprechenden Entschädigungsgebiets liegt bzw. von diesem zumindest angeschnitten wird. Das ergibt sich aus Ziffer 5.1.5 Nr. 3 PFB, wonach lediglich Außenwohnbereiche als solche, die durch die Grenzlinie des Entschädigungsgebiets Außenwohnbereich angeschnitten werden, den Außenwohnbereichen gleichstehen, die vollständig innerhalb des Entschädigungsgebietes liegen. Dass es insoweit nicht auf die Lage des Grundstücks, sondern auf die Lage der Außenwohnbereiche ankommt, verdeutlicht auch der Umkehrschluss zu den Lärmschutzauflagen für baulichen Schallschutz an Gebäuden, wonach es ausreicht, dass Grundstücke, die durch die entsprechende Grenzlinie für den Tagschutz bzw. für den Nachtschutz angeschnitten werden, den Grundstücken gleichstehen, die vollständig innerhalb des Schutzgebiets liegen (vgl. Teil A II Ziffer 5.1.2 Nr. 3 bzw. 5.1.3. Nr. 3).

Weder die von der Klägerin angeführten, im Gemeinschaftseigentum stehenden Freiflächen (Grünfläche mit eingezäunter Hundefreilaufzone, Spielplätze, Waldstück) noch die in ihrem Sondereigentum stehende Terrasse und die zugehörige private Gartenfläche liegen innerhalb des im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Entschädigungsgebiets für den Außenwohnbereich. Derjenige Teil des Gesamtgrundstücks, der in diesem Entschädigungsgebiet belegen ist, ist nicht Teil eines Außenwohnbereichs, sondern eine Stellplatzfläche für Pkw. Zudem befindet sich dort nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten eine Freileitung der das Gebiet querenden Freileitungstrasse. Die Beklagte macht insoweit zu Recht geltend, die Fläche sei als Außenwohnbereich zum „Wohnen im Freien“ objektiv ungeeignet und auch nicht entsprechend bestimmt oder tatsächlich genutzt. Die Klägerin ist dieser Einschätzung nicht entgegengetreten.

Auf die Frage, ob es sich bei den von der Klägerin angeführten, im Gemeinschaftseigentum stehenden Freiflächen um Außenwohnbereiche im Sinne des Planfeststellungsbeschlusses handelt, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr entscheidungserheblich an. Allerdings ist anzumerken, dass die dem Vortrag der Klägerin zugrunde liegende Vorstellung, jede Grünfläche und jede andere, der Freizeitgestaltung dienende oder hierfür geeignete Fläche sei Außenwohnbereich, unzutreffend sein dürfte. Gegen ein solches Verständnis spricht schon die vom Plangeber verwendete Begrifflichkeit, der nicht auf den „Außenbereich“ eines Grundstücks, sondern auf dessen „Außenwohnbereich“ abstellt. Es wird zudem durch die in der Auflage in Ziffer 5.1.5 Nr. 1 aufgeführte Umschreibung des Außenwohnbereichs „(Balkon, Terrassen etc.)“ bestätigt. Überdies heißt es es in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses: „Ob Freiflächen als Außenwohnbereich anzusehen sind, bestimmt sich danach, ob nach Umgebung, Zuschnitt und Zweckbestimmung der Freifläche von einem `Wohnen im Freien´ gesprochen werden kann. […] Zum Außenwohnbereich gehören demnach zum dauerhaften Aufenthalt geeignete, bestimmte und genutzte Terrassen, Balkone sowie Hausgärten und Rasenflächen in unmittelbarer Nähe des Wohngebäudes“ (Teil C Ziffer 10.1.8.4.1, S. 662, 2. Absatz). Die von der Klägerin beschriebenen Grünflächen und Spielplätze dürften diese Anforderungen nicht erfüllen. Sie mögen für die Freizeitgestaltung geeignet, bestimmt und genutzt werden, nicht aber einer Erweiterung des Wohnbereichs im Sinne eines „Wohnens im Freien“ dienen, wie dies etwa bei einem Balkon oder einer Terrasse der Fall ist.

Die weitere zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Klägerin hinsichtlich der Außenwohnbereichsentschädigung, soweit es Gemeinschaftseigentum betrifft, aktivlegitimiert ist, bedarf vor diesem Hintergrund ebenfalls keiner Entscheidung. Auch insoweit kann daher offenbleiben, ob bei Außenwohnbereichen auf Gemeinschaftsflächen jeder der Teileigentümer eine gesonderte Außenwohnbereichsentschädigung beanspruchen kann oder ob diese nur für die Gemeinschaft der Gesamthandseigentümer insgesamt einmal geltend gemacht werden kann.

Der Hinweis der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wonach für die anderen Eigentümergemeinschaften in der G... mit den Hausnummern eine Außenwohnbereichsentschädigung in Höhe von 3.000 Euro pro Miteigentümer ausgezahlt worden sei, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Einmal unterstellt, dieser - von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht bestätigte - Vortrag träfe in der Sache zu, wären die fraglichen Außenwohnbereichsentschädigungen unter Missachtung der Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses gewährt worden. In einem solchen Fall könnte die Klägerin nicht verlangen, ebenfalls rechtswidrig eine solche Entschädigung zu erhalten.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ff. ZPO.

Die Revision wird nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO nicht vorliegen.