Gericht | FG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 14.06.2021 | |
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Aktenzeichen | 7 K 7011/19 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2021:0614.7K7011.19.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Es wird festgestellt, dass die Klägerin in den Streitjahren Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG war und dass nur die Vorsteuer bei ihr ab-zugsfähig ist, die ihr in Rechnung gestellt oder von ihr nach § 13b UStG geschuldet wurde, soweit die Vorsteuer auf Eingangsleistungen in 2015 entfällt, mit denen die Klägerin die am 07.02.2017 der D… UG & Co. KG in Rechnung gestellten Leistungen erbracht hat, ferner zu 19 Hundertstel die Vorsteuer auf Eingangsleistungen in 2015, mit denen die Klägerin ihre eigenen steuerlichen Pflichten erfüllt und ihre eigenen gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten verfolgt hat sowie die in Aufwendungen für Kommunikation und (sofern nicht zuvor bereits berücksichtigt) anderen ordentlichen/ nicht zuordenbaren sonstigen betrieblichen Aufwendungen und anderen sonstigen betrieblichen Aufwendungen (GKV; entsprechend den Konten der E-Bilanz) bestehen, die durch den originären Geschäftsbetrieb der Klägerin veranlasst sind.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin der geltend gemachte Vorsteuerabzug aus bestimmten Eingangsrechnungen über Beratungsleistungen zusteht.
Die Klägerin wurde Ende November 2011 als E… GmbH gegründet. Sie ist im Handelsregister des Amtsgerichts F… unter HRB … eingetragen. Der Gegenstand ihres Unternehmens bestand zunächst in der Verwaltung eigenen Vermögens. Am 10.01.2012 wurde im Handelsregister G… als Geschäftsführer der Klägerin eingetragen und die vormalige Geschäftsführerin gelöscht. Am 09.08.2013 wurde H… als Geschäftsführer eingetragen. Beide Geschäftsführer waren allein vertretungsberechtigt und hatten die Befugnis, Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen. Sie waren auch in den Streitjahren die Geschäftsführer der Klägerin.
Die Klägerin versteuerte ihre Umsätze gemäß § 20 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz -UStG- nach vereinnahmten Entgelten.
Die Klägerin ist die Obergesellschaft der I…-Gruppe. Sie ist an Tochter- und Enkelgesellschaften beteiligt, die in Deutschland ansässig sind. Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe war der Aufbau und das Betreiben internetbasierter Geschäftsmodelle in verschiedenen Ländern Asiens. Diese internetbasierten Geschäftsmodelle wurden durch operativ tätige lokale Gesellschaften in den jeweiligen asiatischen Ländern betrieben. An diesen war die Klägerin mittelbar über ihre deutschen Tochter- und Enkelgesellschaften beteiligt.
Die Tätigkeit der Klägerin im Streitzeitraum bestand im Wesentlichen darin, das operative Geschäft der Gruppe in Asien durch die Bereitstellung erforderlicher Finanzmittel aufzubauen und zu fördern. Dazu gewährte die Klägerin deutschen Tochtergesellschaften verzinsliche Darlehen. Das dazu erforderliche Kapital warb sie von Investoren ein. Das eingeworbene Kapital reichte die Klägerin als verzinsliche Darlehen an ihre in Deutschland ansässigen und unternehmerisch tätigen Tochtergesellschaften weiter, und zwar nahezu ausschließlich an ihre in Deutschland ansässigen und unternehmerisch tätigen Tochtergesellschaften J… GmbH, K… UG und L… UG. Diese reichten die Darlehensmittel wiederum (mittelbar) an die in Asien ansässigen operativ tätigen Beteiligungsgesellschaften weiter. In sehr geringem Umfang gewährte die Klägerin auch Darlehen an weitere Tochtergesellschaften, zum Beispiel die M… UG & Co. KG. Der Zinsertrag aus diesen Darlehen betrug im Streitzeitraum weniger als ein Prozent der gesamten Zinserträge der Klägerin. Dabei entwickelten sich die Forderungen der Klägerin aus Darlehen und Zinsen wie folgt:
Gesellschaft | Darl. 0,5 % | Darl. 4,0 % | Darl. | Ford. Zi. |
31.12.2015 | ||||
J… GmbH | 6.871.600,00 | 9.189.000,00 | 309.274,07 | |
L… UG | 383.330,00 | 1.454.000,00 | 18.909,28 | |
K… UG | 869.275,00 | 3.878.000,00 | 50.709,53 | |
N… UG | 299.400,00 | 3.000,00 | 1.431,84 | 3.366,80 |
M… UG & Co. KG | 49.565,00 | 4.000,00 | 503,60 | |
O… GmbH | 1.000,00 | 0,39 | ||
Summe | 382.763,67 | |||
31.12.2016 | ||||
J… GmbH | 14.830.600,00 | 9.189.000,00 | 409.176,90 | |
L… UG | 1.042.330,00 | 1.454.000,00 | 29.961,69 | |
K… UG | 3.010.275,00 | 3.878.000,00 | 80.462,70 | |
N… UG | 299.400,00 | 3.000,00 | 6.415,64 | |
M… UG & Co. KG | 50.565,00 | 4.000,00 | 915,57 | |
O… GmbH | 1.000,00 | 5,39 | ||
Summe | 526.937,89 |
Darüber hinaus verbuchte die Klägerin zum 31.12.2015 einen Rechnungsbetrag in Höhe von 89.945,11 € (netto) als Umsatzerlöse. In der E-Bilanz ist dieser Betrag zum 31.12.2015 als Vorräte (unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen) und zum 31.12.2016 als Forderung gegenüber der D… UG & Co. KG, einer Tochtergesellschaft der J… GmbH, erfasst. An die D… UG & Co. KG hatte die Klägerin unmittelbar keine Darlehen gegeben.
Nach den Eintragungen im Handelsregister stellen sich die Beteiligungs- und Vertretungsverhältnisse an der D… UG & Co. KG (Handelsregister des Amtsgerichts F… HRA …) in den Streitjahren wie folgt dar: Komplementärin war die P… UG, Kommanditisten waren die Q… UG mit 10,00 € von 100,00 € und die J… GmbH mit 90,00 € von 100,00 € Kommanditeinlage. Noch im Jahr 2012 trat die J… GmbH einen Teilbetrag ihrer Kommanditeinlage von 1,50 € an die R… UG ab, so dass sie nunmehr mit 88,50 € Kommanditeinlage an der D… UG & Co. KG beteiligt war.
Die S… UG (Handelsregister des Amtsgerichts F… HRB …) war als Komplementärin zur Vertretung der D… UG & Co. KG berechtigt und hatte die Befugnis, Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen. Ihre alleinige Gesellschafterin war nach der Gesellschafterliste mit dem Stand 19.04.2012 die J… GmbH. Am 13.11.2012 wurde H… als Geschäftsführer der S… UG im Handelsregister eingetragen. Am 06.08.2013 wurde G… als weiterer Geschäftsführer eingetragen und der zuvor als Geschäftsführer noch eingetragene T… als Geschäftsführer gelöscht. Beide Geschäftsführer waren allein vertretungsberechtigt und hatten die Befugnis, Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen.
Alleinige Gesellschafterin der Kommanditistin J… GmbH (Handelsregister des Amtsgerichts F… HRB …) war nach der Gesellschafterliste vom 27.08.2013 die Klägerin. Am 29.10.2012 wurde H… als Geschäftsführer der J… GmbH im Handelsregister eingetragen. Am 14.08.2013 wurde G… als weiterer Geschäftsführer eingetragen und der zuvor als Geschäftsführer noch eingetragene T… als Geschäftsführer gelöscht. Beide Geschäftsführer waren allein vertretungsberechtigt und hatten die Befugnis, Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen.
Alleinige Gesellschafterin der Kommanditistin Q… UG (Handelsregister des Amtsgerichts F… HRB …) war nach der Gesellschafterliste vom 19.04.2011 die Y… GmbH. Diese wurde nach der Gesellschafterliste vom 17.05.2015 formwechselnd in die U… SE umgewandelt. Am 24.05.2011 wurde G… als Geschäftsführer der Q… UG im Handelsregister eingetragen. Am 28.08.2012 wurde der weitere Geschäftsführer V… im Handelsregister gelöscht. Am 17.09.2012 wurde H… als weiterer Geschäftsführer eingetragen. Beide Geschäftsführer waren allein vertretungsberechtigt und hatten die Befugnis, Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen.
Alleinige Gesellschafterin der Kommanditistin R… UG (Handelsregister des Amtsgerichts F… HRB …) war die J… GmbH. Am 23.10.2012 wurden G… und H… als Geschäftsführer der R… UG eingetragen und die bisherige Geschäftsführerin gelöscht. Beide Geschäftsführer waren allein vertretungsberechtigt und hatten die Befugnis, Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen.
Die vorgenannten Beteiligungs- und Vertretungsverhältnisse bestanden in den Streitjahren fort.
Für das Jahr 2011 reichte die Klägerin eine Umsatzsteuerjahreserklärung ein, in der sie weder Umsätze noch Vorsteuerbeträge erklärte. Mit der Umsatzsteuerjahreserklärung 2012 erklärte sie lediglich Vorsteuerbeträge im mittleren vierstelligen Bereich. Für das Jahr 2013 erklärte sie regelbesteuerte Umsätze im mittleren vierstelligen Bereich und Vorsteuerbeträge, die geringfügig hinter der erklärten Umsatzsteuer zurückblieben. Insoweit erfolgten die Festsetzungen erklärungsgemäß. Für das Jahr 2014 machte die Klägerin lediglich Vorsteuervergütungen geltend. Ob die für eine Festsetzung erforderliche Zustimmung erteilt wurde, lässt sich den Akten nicht entnehmen.
In den Streitjahren bezog die Klägerin Eingangsleistungen, die im Zusammenhang mit Beratungsleistungen für die Einwerbung von Kapital von Investoren und mit der nachfolgenden Bereitstellung der erforderlichen Finanzmittel in der I…-Gruppe standen. In diesem Zusammenhang bezog sie den größeren Teil der streitigen Eingangsleistungen. Darüber hinaus betraf ein geringerer Teil der Eingangsleistungen ihre eigenen rechtlichen und steuerlichen Belange als Obergesellschaft der I…-Gruppe. Die Vorsteuer aus den Beratungsleistungen machte sie unter anderem im Rahmen ihrer Umsatzsteuervoranmeldungen in den Jahren 2015 und 2016 geltend.
Ab dem Jahr 2015 reichte die Klägerin vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldungen ein, mit denen sie Vorsteuervergütungen geltend machte, ohne jedoch Umsätze zu erklären. Darüber hinaus erklärte sie teilweise Umsatzsteuer als Leistungsempfängerin für steuerpflichtige sonstige Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers gemäß § 13b Abs. 1 UStG und für andere Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers gemäß § 13b Abs. 2 Nr. 1 und 5 Buchstabe a) UStG. Die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge machte die Klägerin gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG ebenfalls als Vorsteuer geltend. In ihren Anmeldungen zur Umsatzsteuer ging die Klägerin davon aus, dass zu ihren unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungsgesellschaften keine umsatzsteuerliche Organschaft bestand.
Der Beklagte zu 1. stimmte den Voranmeldungen für das erste Quartal 2015 bis einschließlich für das zweite Quartal 2016 jeweils zu, die Zustimmung zu den Voranmeldungen für das dritte und das vierte Quartal 2016 erteilte er nicht.
Mit Rechnung vom 07.02.2017 (Blatt 180 Gerichtsakte) rechnete die Klägerin gegenüber der D… UG & Co. KG über die in der Bilanz aufgeführten Leistungen ab. In der Rechnung sind die Leistungen als „Consultancy Services“ bezeichnet, was das Gericht mit „Beratungsleistungen“ übersetzt. Nach Rechnungstellung wurde der Betrag beglichen. Die Klägerin erklärte diesen Umsatz in der Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2017.
Anfang 2017 führte der Beklagte zu 1. für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2016 eine Umsatzsteuersonderprüfung bei der Klägerin durch. Der Prüfer stellte fest, dass die Klägerin im Prüfungszeitraum keine Zuflüsse oder als Zufluss geltende Aufrechnungslagen erzielt hatte. Die aus der Darlehenshingabe resultierenden Zinsforderungen seien nicht getilgt worden. Der Prüfer hielt diese für umsatzsteuerfrei gemäß § 4 Nr. 8 Buchstabe a) UStG. Andere Ausgangsleistungen als die Darlehensvergabe stellte der Prüfer nicht fest.
Der Prüfer verneinte die Vorsteuerabzugsberechtigung, weil er für die Kreditgewährungsumsätze einen Vorsteuerausschluss gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG annahm. Nichtwirtschaftliche Holdingtätigkeiten hielt er nach Auslegung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG in
Verbindung mit Abschnitt 15.2b Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 Umsatzsteueranwendungserlass
–UStAE– für vorsteuerschädlich für die direkt und unmittelbar in Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen. Er sah darüber hinaus keine Darlegung durch die Klägerin, in welcher Form gegebenenfalls unter das Umsatzsteuergesetz fallende Leistungen ausgeführt worden seien oder hätten ausgeführt werden sollen und welche Eingangsleistungen diesen etwaigen Umsätzen zugeordnet werden könnten. Auch sei nicht an eine Aufteilung der Vorsteuer auf vorsteuerschädliche und vorsteuerunschädliche Umsätze gedacht worden. Darüber hinaus hielt er die Klägerin auch nicht zum Sofortabzug der Vorsteuern nach den Grundsätzen des Abschnitts 15.12 Abs. 1 UStAE für berechtigt. Es sei nicht objektiv belegt und in gutem Glauben erklärt, dass die Klägerin dazu berechtigt sei. Weder seien auf das operative Geschäft bezogene Leistungen bezogen worden, die für die Tochtergesellschaften bestimmt gewesen und von denen genutzt worden seien, noch sei eine ernsthafte Erlöserzielungsabsicht gegeben. Denn eine Weiterberechnung sei bisher nicht erfolgt und die Klägerin habe eingeräumt, dass intern diskutiert werde, ob und in welchem Umfang diese Weiterberechnung vorgenommen werden könne. Daraus ergebe sich zum einen, dass eine Weiterberechnung an sich noch nicht feststehe, und zum anderen, dass die Klägerin selbst die eingekauften Leistungen oder zumindest Teile hiervon als nicht weitergabefähig ansehe oder sogar eine nichtwirtschaftliche Verwaltungstätigkeit gegeben sei.
Den angenommenen Vorsteuerausschluss sah der Prüfer auch für die gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG geltend gemachten Beträge als gegeben an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 10.02.2017 (in der Akte Berichte über Umsatzsteuer-Sonderprüfungen) verwiesen.
Der Beklagte zu 1. folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am 23.05.2017 gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung -AO- geänderte Bescheide zu den Umsatzsteuervorauszahlungen für das erste bis vierte Quartal 2015 sowie das erste und zweite Quartal 2016. Den Vorbehalt der Nachprüfung ließ er jeweils bestehen. Darüber hinaus setzte er mit Bescheiden vom 23.05.2017 die Umsatzsteuervorauszahlungen für das dritte und das vierte Quartal 2016 abweichend von den Voranmeldungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO fest. In allen Bescheiden berücksichtigte er nunmehr weder Vorsteuern gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG noch - soweit erklärt - gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG. Aus allen Bescheiden vom 23.05.2017 ergaben sich Nachforderungen zur Umsatzsteuer, die sich für 2015 auf 58.306,40 € und für 2016 auf 49.064,76 € beliefen.
Am 13.06.2017 legte die Klägerin jeweils Einspruch gegen die Bescheide vom 23.05.2017 ein.
Am 06.10.2017 reichte die Klägerin ihre Umsatzsteuerjahreserklärung 2015 beim Beklagten zu 1. ein. Diese kam unter Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in Höhe von 48.208,60 € und Vorsteuerbeträgen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG in Höhe von 9.791,49 € insgesamt zu einer Vergütung in Höhe von 48.208,60 €. Der Beklagte zu 1. stimmte dieser Erklärung nach Aktenlage nicht zu und setzte die Umsatzsteuer 2015 zunächst auch nicht abweichend fest (Blatt 26 ff. Umsatzsteuerakte).
Zur Begründung der Fristverlängerungsanträge zur Begründung der Einsprüche teilte die Klägerin mit, dass sie Umsätze an eine Vielzahl von Gesellschaften der W… Unternehmensgruppe und der X… Unternehmensgruppe erbracht habe, die den Verzicht auf eine Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 UStG ermöglichen würden. Sie habe sich entschieden, für steuerfreie Darlehensumsätze auf die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 8 UStG zu verzichten. Die Unterlagen dazu (insbesondere Rechnungen mit Steuerausweis, Zahlungsnachweise) werde sie zusammenstellen und übersenden. Dabei bat die Klägerin zunächst um die Berücksichtigung von Zinsumsätzen bei den Vorauszahlungen für das vierte Quartal 2015 und 2016, teilte dann aber mit, dass in Bezug auf die geltende Ist-Besteuerung und im Hinblick darauf, dass sie bislang keine Zinszahlungen erhalten habe, dies nicht geschehen dürfe. Sie werde stattdessen bei Erhalt der Zinszahlungen diese im Voranmeldungszeitraum der Zahlung als Umsätze erfassen.
Mit Ergänzungsvereinbarungen vom 23.10.2017 hatte die Klägerin mit den Darlehensnehmern J… GmbH (Blatt 15 ff. Rechtsbehelfsakte), K… UG (Blatt 22 ff. Rechtsbehelfsakte) und L… UG (Blatt 29 ff. Rechtsbehelfsakte) vereinbart, für die Zinsen rückwirkend seit dem 01.01.2015 nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerfreiheit dieser Umsätze zu verzichten. Sie hatte diesen Darlehensnehmern mit Rechnungen vom 31.10.2017 entsprechend der Ergänzungsvereinbarungen für die ausgegebenen Darlehen für die Jahre 2015 bis 2017 die Zinsen zuzüglich offen ausgewiesener Umsatzsteuer von 19 % in Rechnung gestellt.
Mit der am 11.05.2018 elektronisch übertragenen Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2018 meldete die Klägerin ihre als steuerpflichtig angesehenen Zinsumsätze an.
Der Prüfer hielt den Vorsteuerabzug weiterhin für ausgeschlossen. Er ließ dahingestellt, ob die Vorsteuer auslösenden Eingangsleistungen in ausschließlichem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den Kreditgewährungsumsätzen gestellt werden könnten. Er sah es als möglich an, dass die Eingangsleistungen im Zusammenhang mit nichtwirtschaftlichen Holdingleistungen oder beabsichtigten Weiterberechnungen stehen könnten. Jedenfalls scheide ein Abzug der Vorsteuern im Prüfungszeitraum aus, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Leistungsbezüge nicht die Absicht gehabt habe, diese Eingangsleistungen vorsteuerunschädlich zu verwenden. Aus den vorgelegten Ergänzungsvereinbarungen und den Ausgangsrechnungen, die sämtlich aus Oktober 2017 stammen würden, lasse sich schließen, dass die Klägerin erst zu diesem Zeitpunkt ihre Verwendungsabsicht geändert habe. Die Optionsentscheidung könne zwar noch nachträglich getroffen werden. Dies ändere aber nichts daran, dass der Vorsteuerabzug anhand des Sofortabzugs zu beurteilen und nur zu gewähren sei, wenn bei Leistungsbezug die Voraussetzungen für einen Abzug bereits vorliegen würden.
Dieser Ansicht schloss sich der Beklagte zu 1. an. Die Klägerin vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die Optionserklärungen für die Zinsumsätze der Streitjahre auf das Jahr der Ausführung der Umsätze zurückwirken würden. Die Steuerfreiheit entfalle rückwirkend. Damit entstehe gleichzeitig der Vorsteuerabzug, mithin ebenfalls rückwirkend.
Der Beklagte zu 1. wies die Einsprüche mit seiner Einspruchsentscheidung vom 18.12.2018 als unbegründet zurück. Es sei endgültig im Zeitpunkt des Leistungsbezugs über den Vorsteuerabzug zu entscheiden. Danach wirke eine nachträgliche Ausübung der Option zur Umsatzsteuerpflicht nicht auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs für Vorsteuer auslösende Eingangsleistungen zurück. Im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu den streitigen Eingangsleistungen habe noch keine Optionsabsicht bestanden. Diese sei erst nach Abschluss der Umsatzsteuersonderprüfung Ende des Jahres 2017 getroffen worden. Dies stelle eine spätere Änderung der Verwendungsabsicht in Bezug auf die Eingangsleistungen dar und wirke nicht zurück. Darin liege auch kein Verstoß gegen das umsatzsteuerrechtliche Neutralitätsprinzip, weil der Leistungsempfänger (hier die Darlehensnehmerinnen) die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer auf die Zinsen als Vorsteuer geltend machen könnten und dies zum Abzug führen würde.
Am 18.01.2019 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie geltend macht, dass sie im Hinblick auf die Darlehenshingaben als Unternehmerin anzusehen sei.
Sie habe als Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG gehandelt. Dies sei zwischen den Beteiligten bislang nicht streitig gewesen. So sei in dem Bericht zur Umsatzsteuersonderprüfung erwähnt, dass sie, die Klägerin, Umsätze ausgeführt habe, die nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei sein dürften. Der Beklagte zu 1. habe in seiner Einspruchsentscheidung vom 18.12.2018 ausgeführt, dass die aufgrund der Option geschuldete Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger als Vorsteuer abgezogen werden könne. Dies setze gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass die Klägerin die Umsatzsteuer als Unternehmer für eine steuerbare Leistung geschuldet habe.
Dass es sich bei der Hingabe der Darlehen um eine unternehmerische Tätigkeit - und nicht um Vermögensverwaltung - handele, ergebe sich auch aus einer Zusammenschau der zu solchen und ähnlichen Fragen ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes -BFH- und des Gerichtshofes der Europäischen Union -EuGH-, insbesondere BFH, Beschluss vom 13.11.2019 - V R 30/18, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2020, 111; EuGH, Urteile vom 14.11.2000 - C-142/99 - Floridienne und Berginvest, Deutsches Steuerrecht - Entscheidungsdienst -DStRE- 2000, 1268 Rn. 30; vom 29.04.2004 - C-77/01 - Empresa de Desenvolvimento Mineiro SGPS SA -EDM-, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2004, 292 Rn. 68; BFH, Urteil vom 19.01.2016 - XI R 38/12, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2017, 567 Rn. 54; EuGH, Urteil vom 05.07.2018 - C-320/17 - Marle Participations, DStR 2018, 1713.
Es sei auch unerheblich, ob die Tätigkeit der Klägerin durch die Vergabe verzinslicher Darlehen an ihre Beteiligungsgesellschaften einer Darlehensvergabe durch Kreditinstitute geähnelt habe. Sie habe auch ohne diese Vergleichbarkeit eine nachhaltige gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die alle Merkmale einer unternehmerischen Tätigkeit erfüllen würde. Denn sie habe mit ihrer Tätigkeit über mehrere Jahre entgeltliche Leistungen in erheblichem Umfang erbracht, die für ihre Beteiligungen wirtschaftlich existenziell gewesen seien. Es habe aufgrund des hohen Risikos keine Möglichkeit der Finanzierung von Unternehmensgründungen („Startups“) in Südostasien durch Banken gegeben. Dieses hohe Risiko habe sie, die Klägerin, durch die Darlehensvergabe mitgetragen. Sie habe sich auch nicht auf die Verwaltung eigenen Vermögens beschränkt. Ihre Tätigkeit sei nicht auf die Darlehensvergabe aus eigenem Vermögen beschränkt gewesen. Sie habe vielmehr auch das Einwerben von Kapital bei Investoren umfasst.
Sie halte es für denkbar, dass im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des EuGH (insbesondere im Urteil vom 15.04.2021 - C-868/19 - Finanzamt für Körperschaften Berlin, DStR 2021, 915) eine Organschaft zwischen ihr, der Klägerin, als Organträger und ihren Enkel- oder sogar Urenkelgesellschaften bestanden habe.
Den vorläufigen Abschluss habe ihre, der Klägerin, aktive Tätigkeit durch den Verkauf der erfolgreich etablierten Unternehmen an einen Investor in Asien im Jahr 2018 gefunden. Dabei habe sie ihre unmittelbaren Tochterunternehmen zwar nicht veräußert. Diese stünden weiterhin in ihrem Anteilseigentum. Es seien aber Beteiligungen auf darunterliegenden Ebenen veräußert worden. Dies habe zu im Inland nicht steuerbaren Umsätzen in Höhe von etwa 18 Millionen Euro geführt, welche sie in der Umsatzsteuererklärung 2018 erfasst habe. Sie habe in jedem Fall die Sphäre privater, nichtwirtschaftlicher Vermögensverwaltung verlassen und eine Tätigkeit ausgeübt, bei der die Merkmale einer unternehmerischen Tätigkeit vollumfänglich ausgeprägt seien.
Sie sei auch kein passiver Investor. Die Finanzierung eines Geschäftsbetriebes sei ein wesentlicher Bestandteil jeder unternehmerischen Tätigkeit. Der Umstand, dass sie, die Klägerin, diese unternehmerische Kernfunktion für alle Unternehmen der I…-Unternehmensgruppe zentral ausgeübt habe, dürfe nicht dazu führen, dass diese entsprechenden Tätigkeiten in eine nichtunternehmerische Vermögensverwaltung umqualifiziert würden. Dies widerspreche der Rechtsformneutralität der Umsatzsteuer und würde sowohl die Klägerin als auch die anderen Unternehmen der Gruppe unangemessen gegenüber solchen Unternehmen benachteiligen, die für eigene Beratungsaufwendungen im Zusammenhang mit der Finanzierung ihres Geschäftsbetriebes grundsätzlich einen Vorsteuerabzug geltend machen könnten. Eine Vielzahl der Beratungsleistungen würden die gesellschaftsrechtlichen Vorgänge auf der Ebene der Tochter-, Enkel-, Urenkelgesellschaften usw. betreffen.
Der Annahme einer unternehmerischen Tätigkeit stehe nicht entgegen, dass sie, die
Klägerin, zunächst keine Zinseinnahmen vereinnahmt habe. Die Zinsen seien verspätet vereinnahmt worden, weil die Tochtergesellschaften keine eigenen Einnahmen gehabt hätten. Dies habe an der für Zinszahlungen nicht ausreichenden Finanzausstattung gelegen. Hätten die Tochtergesellschaften die vereinbarten Zinsen zahlen müssen, hätte sie, die Klägerin, diese mit Geldmitteln dafür ausstatten müssen. Die Zinsen für die Jahre 2015 und 2016 seien daher erst im Jahr 2017 in Rechnung gestellt und im Jahr 2018 bezahlt worden.
Sie, die Klägerin, habe im Jahr 2015 neben der Darlehenshingabe weitere entgeltliche Dienstleistungen (Beratungsleistungen) an die D… UG & Co. KG erbracht. Diese habe von der Klägerin keine Darlehen erhalten. Die J… GmbH habe allerdings die von ihr, der Klägerin, erhaltenen Darlehen zum überwiegenden Teil selbst als Darlehen an die D… UG & Co. KG weitergegeben. Im Jahr 2015 seien diese Darlehen zum Teil in Eigenkapital gewandelt worden. Sowohl ihre, der Klägerin, Darlehen als auch die Darlehen der J… GmbH seien mit unterschiedlichen Zinssätzen (0,5 % und 4 %) verzinst worden. Sowohl die Rechnungstellung als auch die Zahlung dieser Summe sei erst im Jahr 2017 erfolgt. Dieser Umsatz sei bereits in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung für das Jahr 2015 als Umsatzerlös erfasst. Damit sei klargestellt, dass die Erbringung dieser Leistung bereits in 2015 geplant gewesen sei. Aufgrund der Ist-Versteuerung seien diese Umsätze aus dem Jahr 2015 erst im Jahr der Vereinnahmung, 2017, angemeldet worden. Der Beklagte zu 1. habe insoweit nach Einspruch durch die Klägerin mit Bescheid vom 31.01.2018 die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das erste Quartal 2017 unter Berücksichtigung steuerpflichtiger Umsätze in Höhe von 89.945,00 € festgesetzt.
Sie, die Klägerin, habe darüber hinaus weitere, zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistungen im Jahr 2018 durch die Veräußerung von Beteiligungen erbracht, deren operative Geschäfte mit den Darlehen aufgebaut worden seien. Aufgrund des bestehenden Zusammenhangs müssten diese Umsätze im Rahmen der Beteiligungsveräußerung trotz des Prinzips der Abschnittsbesteuerung in die Beurteilung der Frage einbezogen werden, ob sie, die Klägerin, in den Jahren 2015 und 2016 unternehmerisch tätig geworden sei.
Die geltend gemachte Vorsteuer hänge im Wesentlichen mit der Einwerbung von Kapital zusammen, welches sie als verzinsliche Darlehen an ihre in Deutschland tätigen Tochtergesellschaften weitergereicht habe. Der Vorsteuerabzug sei auch nicht wegen einer Verwendung für umsatzsteuerfreie Umsätze gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Sie habe im Jahr 2017 rückwirkend gemäß § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerfreiheit der Zinsumsätze nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a) UStG verzichtet. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG seien sowohl zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs als auch zum Verzichtszeitpunkt gegeben gewesen. Die Darlehensnehmer seien Unternehmer, welche die streitigen Leistungen für ihr Unternehmen bezogen und genutzt hätten. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung sei auch im Oktober 2017 noch möglich gewesen. Denn die Steuerfestsetzungen hätten unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden und seien daher gemäß § 164 Abs. 2 AO jederzeit änderbar gewesen.
Auch die übrigen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug seien gegeben. Sie sei Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG, weil sie im Streitzeitraum verzinsliche Darlehen vergeben habe. Sie habe damit durch finanzielle Dienstleistungen gegen Entgelt in die Verwaltung ihrer Tochterunternehmen eingegriffen. Die Beratungsleistungen habe sie auch für ihr Unternehmen bezogen, weil sie der Einwerbung von Kapital gedient hätten.
Mit dem Verzicht sei die Steuerpflicht der Umsätze rückwirkend entstanden. Gleichzeitig sei die Möglichkeit entstanden, die für die Eingangsleistungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen. Ein Ausschluss des Vorsteuerabzuges greife daher nicht.
Daher sei der Vorsteuerabzug aus den fraglichen Eingangsleistungen (Beratungsleistungen) nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen.
Die Verwendungsabsicht habe sich nicht geändert. Die bei Leistungsbezug beabsichtigte Verwendung entspreche der späteren tatsächlichen Verwendung. Sie habe die streitigen Eingangsleistungen wie beabsichtigt bezogen, um Kapital einzuwerben, welches sodann als Darlehen an andere unternehmerisch tätige Gesellschaften der Gruppe weitergegeben werden sollte und auch gegeben worden sei. Eine Änderung habe sich durch die spätere Option zur Umsatzsteuerpflicht lediglich hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Bewertung der Ausgangsleistungen, der Zinsumsätze, ergeben. Dies sei jedoch keine Frage der Verwendungsabsicht. Die Voraussetzungen des Verzichts auf die Steuerbefreiung seien von der anfänglichen Verwendungsabsicht umfasst gewesen.
Die abweichende Rechtsauffassung der Beklagten verletze den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Dieser wäre verletzt, wenn die Zinsumsätze zwar rückwirkend umsatzsteuerpflichtig würden, der Vorsteuerabzug aus den von der Klägerin bezogenen Eingangsleistungen aber nicht ebenfalls rückwirkend gewährt werde. Der Einwand des Beklagten zu 1., die Neutralität werde dadurch gewahrt, dass die Umsatzsteuer auf die Zinsumsätze bei der Darlehensnehmerin als Vorsteuer abgezogen werden könne, gehe fehl, weil dieser Vorsteuerabzug bereits die nächste Stufe der Wertschöpfungskette betreffe. Im System der Allphasen-Netto-Umsatzsteuer müsse auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette im Grundsatz steuerliche Neutralität gewährleistet sein. Dies werde dadurch bewirkt, dass jeder Unternehmer die Vorsteuer auf die von ihm bezogenen Eingangsleistungen abziehen können müsse. Erst der Endverbraucher sei dazu nicht mehr berechtigt, so dass diesen die Belastung mit Umsatzsteuer tatsächlich treffe.
Sie habe zudem eine Nichtabziehbarkeit der Vorsteuer nicht in die Preise (Zinssätze) einkalkuliert, weil sie von der Abziehbarkeit der Umsatzsteuer auf Eingangsleistungen als Vorsteuer ausgegangen sei.
Aus dem Grundsatz, dass bei einer späteren tatsächlichen Verwendung abweichend von der zunächst gefassten Verwendungsabsicht der Vorsteuerabzug im Jahr der erstmaligen tatsächlichen Verwendung so zu berichtigen sei, wie der Steuerpflichtige ihn aufgrund der tatsächlichen Verwendung hätte vornehmen können, ergebe sich, dass die tatsächliche Verwendung maßgeblich sei. Im Streitfall sei dies die Verwendung zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze nach rückwirkender Option. Auch der rückwirkende Vorsteuerabzug müsse gewährleistet sein. Die tatsächliche Verwendung müsse Vorrang habe, da anderenfalls das Funktionieren des Mehrwertsteuersystems gefährdet werden könne (EuGH, Urteile vom 17.09.2020 - C-791/18 - Stichting Schonzicht, UR 2020, 927 Rn 23, 30 f.; vom 12.11.2020 - C-42/19 - Sonaecom SGPS, DStR 2020, 2601). Diese Urteile stellten unmissverständlich klar, dass sich die Beurteilung des Rechts auf Vorsteuerabzug an dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer auszurichten habe. Daraus resultiere ein Vorrang der tatsächlichen Verwendung. Sie seien daher einschlägig und würden die Rechtsauffassung der Klägerin bestätigen.
Die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 25.11.2004 - V R 38/03, BStBl. II 2005, 414) sei überholt. Diese stütze sich auf das Urteil des EuGH vom 08.06.2000 (C-400/98 - Breitsohl, BStBl. II 2003, 452), nach dem ein aufgrund der Verwendungsabsicht gewährter Vorsteuerabzug nachträglich nicht wieder entzogen werden könne, wenn geplante vorsteuerunschädliche Ausgangsumsätze aufgrund von Umständen nicht hätten verwirklicht werden können, die vom Willen des Unternehmers unabhängig gewesen seien. Der daraus gezogene Schluss, es komme für den Vorsteuerabzug allein auf die Verwendungsabsicht an, gehe fehl. Maßgeblich müsse die tatsächliche Verwendung sein. Ein Unternehmer müsse daher von der Belastung mit Mehrwertsteuer (durch Vorsteuerabzug) befreit werden, sofern die unternehmerische Tätigkeit selbst der Erzielung steuerpflichtiger Umsätze diene. Ein Recht auf Vorsteuerabzug entstehe, sofern bei zunächst beabsichtigten vorsteuerschädlichen Umsätzen später infolge einer Absichtsänderung statt einem steuerfreien doch ein steuerpflichtiger Umsatz ausgeführt werde. Zudem verbiete der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass Wirtschaftsteilnehmer, die die gleichen Umsätze bewirken, im Rahmen der Erhebung der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt würden. Dieses Prinzip würde verletzt, wenn sich das Vorsteuerabzugsrecht allein nach der Verwendungsabsicht des Steuerpflichtigen richten würde. Komme es nach Bezug der Eingangsleistungen zu einer von der ursprünglichen Verwendungsabsicht abweichenden Verwendung, so sei die tatsächliche Verwendung maßgeblich. Dies entspreche dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass Unternehmen bei gleichartigen Umsätzen auch umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln seien, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Im Streitfall habe sie, die Klägerin, die Eingangsumsätze für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet. Dies sei das entscheidende Kriterium und müsse daher den Vorsteuerabzug ermöglichen. Anderenfalls entstünde ihr gegenüber anderen Unternehmen, die von Anfang an auf die Steuerbefreiung ihrer Zinsumsätze verzichtet hätten, ein Wettbewerbsnachteil, der den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verletzen würde.
Der Vorsteuerabzug aufgrund der Option müsse auch nicht im Jahr 2017 als dem Jahr des Verzichts auf die Steuerbefreiung, sondern bereits in den Streitjahren vorgenommen werden. Eine gegenteilige Sichtweise würde im Ergebnis bei der Berechnung der Steuernach vereinnahmten Entgelten dazu führen, dass die rückwirkende Ausübung der Option regelmäßig mit der Entstehung von Nachzahlungszinsen verbunden wäre, weil die Umsätze auf der Ausgangsseite rückwirkend steuerpflichtig würden ohne dass gleichzeitig eine Kompensation über den Vorsteuerabzug eintreten könnte. Dies würde den Verzicht auf die Steuerfreiheit und damit den Vorsteuerabzug behindern. Da die Belastung der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmers mit Nachzahlungszinsen nicht mit der Neutralität der Mehrwertsteuer vereinbar sei die durch das gemeinsame Mehrwertsteuersystem garantiert werde (EuGH, Urteil vom 15.09.2016 - C-518/14 - Senatex, DStR 2016, 2211 Rn. 37), müsse der rückwirkende Verzicht auf die Steuerfreiheit auch die rückwirkende Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts zur Folge haben.
Die Klägerin beantragt,
abweichend von dem Umsatzsteuerbescheid 2015 vom 06.02.2020 und dem Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 27.01.2021 die Umsatzsteuer jeweils unter Berücksichtigung der erklärten Vorsteuer geändert festzusetzen und
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären,
hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist der Beklagte zu 1. auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, dass die Option nicht zu einer zusätzlichen Belastung der Klägerin geführt habe. Denn diese sei in der Lage gewesen, die entstehende Umsatzsteuer den Darlehensnehmerinnen zusätzlich in Rechnung zu stellen und so auf diese abzuwälzen. Die wegen der ursprünglich steuerfreien Umsätze nicht abziehbaren Vorsteuern seien typischerweise in dem nicht umsatzsteuerbelasteten Leistungsentgelt eingepreist. Daran habe sich durch die nachträglich ausgeübte Option nichts geändert. Damit sei der Neutralitätsgrundsatz nicht verletzt.
Für den Fall, dass die steuerlich beratene Klägerin tatsächlich entgegen der Rechtslage ursprünglich bei der Preisgestaltung von einer Abziehbarkeit der Vorsteuern ausgegangen sei, könne dieser Irrtum nicht zu einem nachträglichen Vorsteuerabzug führen. Die Nichtabziehbarkeit der Vorsteuern auf Eingangsleistungen sei bei einer Steuerfreiheit der Ausgangsumsätze keine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes.
Der rückwirkende Verzicht auf eine Steuerbefreiung führe nicht zu einer rückwirkenden Vorsteuerabzugsberechtigung. Dies entspreche der Rechtsprechung des BFH.
Die von der Klägerin angeführten Urteile des EuGH (C-791/18 - Stichting Schoonzicht - und C-42/19 - Sonaecom, a.a.O.) seien nicht einschlägig. Denn in beiden Verfahren sei es zu einer Änderung der Verhältnisse hinsichtlich der Verwendungsabsicht gekommen und nicht - wie im Streitfall - zu einer Option zur Steuerpflicht. Auch der EuGH stelle im Übrigen (im Urteil vom 12.11.2020 - C-42/19 - Sonaecom, DStR 2020, 2601 Rn. 44) weiterhin ausdrücklich auf die Absicht des Steuerpflichtigen ab, steuerpflichtige Dienstleistungen erbringen zu wollen und sei nur deshalb zur Versagung des Vorsteuerabzuges gekommen, weil sich die Verhältnisse im selben Besteuerungszeitraum geändert hätten. Gleiches gelte für das Urteil vom 15.09.2016 (C-518/14 - Senatex, DStR 2016, 2211), weil die Klägerin Ausgangsleistungen erst bei Vereinnahmung in einem späteren Besteuerungszeitraum erklärt habe.
Unter diesen Umständen komme es aus ihrer, der Beklagten Sicht nicht auf die Frage an, ob die Klägerin in den Streitjahren als Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG anzusehen sei.
Der Beklagte zu 1. hat im Jahr 2019 eine Außenprüfung betreffend die Jahre 2013 bis 2015 bei der Klägerin durchgeführt, aufgrund derer er nicht zu abweichenden Ergebnissen und Auffassungen gekommen ist.
Am 06.02.2020 hat der Beklagte zu 1. einen Umsatzsteuerbescheid 2015 erlassen, mit dem er die Umsatzsteuer 2015 auf 10.097,79 € festgesetzt hat. Diese Festsetzung ist einen Cent niedriger als die Summe der Festsetzungen der Vorauszahlungen für 2015 mit Bescheiden vom 23.05.2017 und enthält im Übrigen keine Änderungen im Vergleich zu diesen.
Am 11.01.2021 hat die Klägerin ihre Umsatzsteuerjahreserklärung 2016 eingereicht. Daraufhin hat der Beklagte zu 2. mit Bescheid vom 27.01.2021 die Umsatzsteuer 2016 auf 13.468,55 € festgesetzt, ohne einen Vorsteuerabzug zu berücksichtigen. Die Festsetzung übersteigt die festgesetzten Vorauszahlungen um 103,10 €, die nach der Abrechnung im Bescheid noch zu zahlen sind.
Dem Gericht haben bei der Entscheidung neben der Verfahrensakte und der Gerichtsakte 7 V 7097/19 fünf Bände Akten (Umsatzsteuer-Voranmeldungen, Umsatzsteuer, Berichte über Umsatzsteuer-Sonderprüfungen, USt-Sonderprüfung, Rechtsbehelf) des Beklagten zu 1. zur Steuernummer … vorgelegen, die dieser für die Klägerin führt.
I. Die Klage der Klägerin richtet sich für das Jahr 2016 nunmehr gegen den Beklagten zu 2., das Finanzamt C…. Hinsichtlich des Jahres 2016 ist ein Wechsel auf Seiten des Beklagten dadurch eingetreten, dass der Beklagte zu 2. den Jahresbescheid zur Umsatzsteuer 2016 erlassen hat. Der Umsatzsteuerbescheid 2016 ist gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung -FGO- zum Gegenstand des hiesigen Klageverfahrens geworden. Dadurch ist ein Beteiligtenwechsel erfolgt (Gräber/Herbert, FGO, 9. Auflage München 2019, § 63 Rn. 22 mit weiteren Nachweisen).
Für das Jahr 2015 verbleibt es bei dem Beklagten zu 1. als Beklagtem, der nunmehr den Beklagten zu 2. bevollmächtigt hat.
II. Die Klage ist zulässig, und in dem, im Tenor genannten Umfang dem Grunde nach begründet, ohne dass der Vorsteueranspruch bereits bezifferbar ist.
Das Gericht übt sein ihm gemäß § 99 Abs. 2 FGO eingeräumtes Ermessen dahingehend aus, dass es durch Zwischenurteil über die im Tenor wiedergegebenen dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Rechtsfragen vorab entscheidet. Es ist entscheidungsreif, in welchem Umfang der Klägerin ein Vorsteuerabzug zusteht und welche zuzuordnenden Vorsteuern der Klägerin davon abstrakt betroffen sind, ohne dass diese bislang beziffert werden könnten. Es ist auch sachgerecht, über den Grund, den abstrakten Anspruch auf Vorsteuerabzug, vorab durch Zwischenurteil zu entscheiden. Die Angabe der abzugsfähigen Vorsteuerbeträge ausgehend von der abstrakten Abzugsberechtigung setzt erhebliche weitere Ermittlungen zu den einzelnen Vorsteuerbeträgen und deren Zurechnung zu den für die Erbringung der Leistung an die D… UG & Co. KG bezogenen Eingangsleistungen, die in 2015 bezogen sein können, und zu den in 2015 von der Klägerin bezogenen Eingangsleistungen, mit denen sie ihre eigenen steuerlichen Pflichten erfüllt und ihre eigenen gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten verfolgt hat, sowie zu den in 2015 bezogenen Eingangsleistungen, die in Aufwendungen für Kommunikation und anderen ordentlichen / nicht zuordenbaren sonstigen betrieblichen Aufwendungen und anderen sonstigen betrieblichen Aufwendungen (GKV; entsprechend den Konten der E-Bilanz) bestehen, voraus. Soweit die vorgenannten Leistungen in 2016 abgerechnet wurden, kommt auch insoweit ein Vorsteuerabzug in Betracht.
Angesichts des gesamten Streitstoffs erscheint es zweckmäßig, zunächst über die Abzugsberechtigung dem Grunde nach zu entscheiden und erst in einem zweiten Schritt, nach weiteren Ermittlungen zur jeweiligen Höhe der Vorsteuern für die im Tenor genannten Bereiche der Abzugsfähigkeit, über die konkret abzugsfähigen Beträge, weil die betroffenen Vorsteuern teilweise nicht, teilweise vollständig und teilweise nur anteilig abzugsfähig sind.
Die Beteiligten sind in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden, dass das Gericht eine solche Verfahrensweise prüfen werde und haben keine Einwendungen dagegen erhoben.
III. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 sind in dem Umfang rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), wie die im Tenor genannten Vorsteuerbeträge nicht zum Abzug zugelassen sind. Insoweit steht der Klägerin ein Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 UStG zu.
1.) Für die Eingangsleistungen, mit denen die Klägerin die am 07.02.2017 der D… UG & Co. KG in Rechnung gestellten Leistungen erbracht hat, steht der Klägerin der vollständige Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 UStG zu.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Abs. 1 UStG).
a) Bei der Klägerin handelt es sich im Hinblick auf die gegenüber der D… UG & Co. KG erbrachten und mit Rechnung vom 07.02.2017 abgerechneten Leistungen um eine Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG.
Ein Steuerpflichtiger handelt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG unternehmerisch, wenn er eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Nach Satz 3 der Vorschrift ist eine Tätigkeit gewerblich oder beruflich, wenn es sich um eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen handelt, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Ob unternehmerisch und dabei insbesondere nachhaltig sowie gegen Entgelt erbrachte Leistungen nach § 2 Abs. 1 UStG vorliegen, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung nach der Dauer und der Intensität des Tätigwerdens, der Höhe der Entgelte, der Beteiligung am Markt, der Zahl der ausgeführten Umsätze, dem planmäßigen Tätigwerden und dem Unterhalten eines Geschäftslokals. Ausgehend davon sind Leistungen, die in der Rechnung mit „consultancy services“ (Beratungsleistungen) bezeichnet sind, solche Leistungen gegen Entgelt. Bei dieser Tätigkeit der Klägerin handelt es sich um eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Dies war auch nachhaltig, obwohl nur eine Abrechnung darüber existiert. Ausreichend ist insoweit, dass ein Steuerpflichtiger eine Leistung wiederholen wird, wenn sich die Gelegenheit dafür bietet. Es kommt nicht auf die tatsächliche Wiederholung an. Im Übrigen handelte es sich ausweislich der Rechnungssumme um eine größere Zahl von Tätigkeiten.
Dabei handelt es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - Mehrwertsteuersystemrichtlinie-, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -ABL.- L 347 vom 11.12.2006, 1, -MwStSystRL-. Danach gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Herstellers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe als wirtschaftliche „Tätigkeit“. Beratungsleistungen erfüllen diese Voraussetzungen ohne weiteres. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin diese Tätigkeit von vorn herein auf diesen einen Fall beschränken wollte. Auch ist davon auszugehen, dass diese Tätigkeiten nicht nur als einer einzigen Handlung bestanden, so dass es sich bei den abgerechneten Tätigkeiten selbst schon um nachhaltig erbrachte Leistungen handelte.
Die Vorsteuer aus Eingangsleistungen, die die Klägerin zur Ausführung der Beratungsleistungen bezogen hat, sind diesen Leistungen direkt zuzurechnen und daher gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG im Umkehrschluss vollständig abziehbar. Dies kann sowohl das Jahr 2015 als auch das Jahr 2016 betreffen, wenn Eingangsleistungen, die die Klägerin in 2015 bezogen hat, erst im Jahr 2016 in Rechnung gestellt wurden.
b) Dieser unternehmerische Bereich der Klägerin erstreckt sich nicht auch auf die Tätigkeiten der D… UG & Co. KG. Diese Gesellschaft ist nicht als Organgesellschaft der Klägerin als Organträgerin anzusehen.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Dabei ist eine Personengesellschaft wie die D… UG & Co. KG grundsätzlich ebenfalls geeignet, eine „juristische Person“ in diesem Sinne zu sein. Denn nach Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL kann jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln. Diese Regelung ist nach der MwStSystRL nicht auf juristische Personen beschränkt. Es ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch nicht zulässig, über die in Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL genannten Voraussetzungen hinaus eine Voraussetzung hinzuzufügen (EuGH, Urteil vom 15.04.2021 - C-868/19 - Finanzamt für Körperschaften Berlin, DStR 2021, 915 mit weiteren Nachweisen). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Ausgehend davon kann die D… UG & Co. KG eine Organgesellschaft sein.
Es kann dahinstehen, ob die D… UG & Co. KG finanziell und organisatorisch in die Klägerin eingegliedert ist. Dafür sprechen die dargestellten Beteiligungsverhältnisse und die Vertretungsverhältnisse durch dieselben Personen als Geschäftsführer bei der Klägerin, der D… UG & Co. KG und bei den an der D… UG & Co. KG als Komplementärin und als Kommanditistinnen beteiligten Gesellschaften.
Letztlich kommt es darauf aber nicht an, weil die D… UG & Co. KG nicht wirtschaftlich in die Klägerin eingegliedert ist. Eine wirtschaftliche Eingliederung zeigt sich in der Regel durch eine Verflechtung der Geschäftstätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft. Ausreichend ist insoweit, wenn zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung besteht. Eine dienende Funktion, mithin eine wirtschaftliche Zweckabhängigkeit der Organgesellschaft ist nicht erforderlich (Bunjes/Korn, UStG 19. Auflage München 2020, § 2 Rn. 123 mit weiteren Nachweisen auf die Rechtsprechung des BFH). Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen sich fördern und ergänzen. Ausreichend ist das Bestehen von mehr als nur unerheblichen Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft (Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, UStG, Loseblatt, Lieferung 8/19 - XI/19, § 2 Rn. 405 mit weiteren Nachweisen). Voraussetzung ist, dass die Erbringung entgeltlicher Leistungen durch das Unternehmen des Organträgers für das Unternehmen der Organgesellschaft zu einer mehr als nur unbedeutenden Entlastung führt (Bunjes/Korn, a.a.O., § 2 Rn. 124).
Für eine wirtschaftliche Eingliederung der D… UG & Co. KG in die Klägerin reichen die nur im Jahr 2015 erbrachten Beratungsleistungen nicht aus. Dieser einmalige Vorgang erreicht nicht die Bedeutung für die D… UG & Co. KG, dass schon ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung besteht. Er geht in seiner Bedeutung nicht über unerhebliche Beziehungen zwischen der Klägerin und der D… UG & Co. KG hinaus.
Die Darlehensgewährung der Klägerin an die J… GmbH, die wiederum Darlehen an die D… UG & Co. KG gegeben hat, führt ebenfalls nicht dazu, dass die D… UG & Co. KG eine Organgesellschaft der Klägerin ist. Denn die Darlehensgewährung gehört nicht zum unternehmerischen Bereich der Klägerin (siehe dazu unten c) und d)), sodass durch solche Leistungen keine wirtschaftliche Eingliederung erfolgen kann.
c) Die Vorsteuer aus Eingangsleistungen, die die Klägerin für Leistungen durch Hingabe von Darlehen verwendet hat, ist nicht abziehbar. Denn diese Ausgangsleistungen sind nicht dem unternehmerischen Bereich der Klägerin zuzuordnen.
Die Einnahmeerzielung durch Zufluss von Zinsen und anderen Erträgen aus Kapitalanlagen und -beteiligungen beruht nicht auf einer nachhaltigen gewerblichen oder beruflichen Betätigung, wenn sie die Kriterien für eine solche Tätigkeit nicht erfüllt. Kriterien sind insbesondere die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßigen Tätigwerden und das Unterhalten eines Geschäftslokals. Im Hinblick auf die Rechtsformneutralität der Umsatzsteuer, nach der auch juristische Personen nur unter den Bedingungen des § 2 Abs. 1 UStG Unternehmer sind, gilt dies nicht nur für die Darlehensgewährung durch Letztverbraucher, die verzinsliche Bankkonten unterhalten, sondern auch für die Kapitalgesellschaften, die - wie im Streitfall die Klägerin - Darlehen an Tochtergesellschaften vergeben. Auch hier führt die verzinsliche Darlehensgewährung nur dann zu einer unternehmerischen Tätigkeit, wenn sie den vorstehenden Kriterien unternehmerischer Tätigkeit entspricht. Damit entspricht die höchstrichterliche Rechtsprechung den Vorgaben des Unionsrechts (Art. 9 MwStSystRL; BFH, Urteil vom 13.11.2019 - V R 30/18, DStR 2020, 111).
Eine unternehmerische Darlehensvergabe ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Steuerpflichtiger in einer Art und Weise Darlehen gewährt, dass dies der Kreditvergabe durch Kreditinstitute ähnelt, oder die Darlehensvergabe eine unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung seiner steuerbaren Tätigkeit darstellt (EuGH, Urteil vom 11.07.1996 - C-306/94 - Regié dauphinoise, UR 1996, 304 Rn. 18).
Dass die Darlehensvergabe trotz des erheblichen Umfangs und der beachtlichen Zahl von Geschäftsvorfällen über mehrere Jahre auch nicht entfernt der Darlehensvergabe durch Kreditinstitute ähnelte, weil die Darlehensnehmer nur wenige Tochtergesellschaften der Klägerin waren (vgl. BFH, Beschluss vom 13.11.2019 - V R 30/18, DStR 2020, 111 Rn. 23), ist unstreitig. Gegen eine Banküblichkeit spricht zudem, dass die Klägerin in keinem der Streitjahre Zinsen vereinnahmt hat.
d) Die Darlehensvergabe durch die Klägerin stellte keine unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung ihrer steuerbaren Tätigkeit dar.
Nach der Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 14.11.2000 (C-142/99 - Floridienne und Berginvest, BFH/NV 2001, Beilage 1, 37 Rn. 28) ist die Tätigkeit einer Holdinggesellschaft, die im Überlassen von Kapital an ihre Tochtergesellschaften besteht, nur dann eine wirtschaftliche Tätigkeit in Gestalt der Nutzung dieses Kapitals zur nahhaltigen Erzielung von Einnahmen in Form von Zinsen, wenn sie nicht nur gelegentlich ausgeübt wird und sich nicht wie die eines privaten Anlegers auf die Verwaltung eigenen Vermögens beschränkt, sondern im Rahmen eines Unternehmensziels oder zu einem geschäftlichen Zweck erfolgt, der insbesondere durch das Interesse an der Rentabilisierung des investierten Kapitals geprägt ist. Diese Kriterien gelten auch bei Holdinggesellschaften, so dass eine Darlehensvergabe insoweit in erster Linie als unternehmerische Tätigkeit anzusehen ist, wenn die Holdinggesellschaft Darlehen an Tochtergesellschaften vergibt, denen sie als sogenannte geschäftsleitende Holding andere entgeltliche Leistungen erbringt (Herbert in Hartmann/Metzenmacher, UStG, Stand: Lfg. 7/20 - X/20, E § 4 Nr. 8 Rn. 77 f. mit weiteren Nachweisen).
Bei einer Holdinggesellschaft, die Kapital an ihre Tochtergesellschaften überlässt, kommt es danach darauf an, dass die Darlehensgewährung nicht nur gelegentlich ausgeübt wird und sich nicht wie die eines privaten Anlegers auf die Verwaltung von Anlagen beschränkt, sondern im Rahmen eines Unternehmensziels oder zu einem geschäftlichen Zweck erfolgt, der insbesondere durch das Interesse an der Rentabilisierung des investierten Kapitals geprägt ist (EuGH, Urteile vom 14.11.2000 - C-142/99 - Floridienne und Berginvest, BFH/NV 2001, Beilage 1, 37 Rn 27 f.; vom 20.06.1996 - C-155/94 - Wellcome Trust, Sammlung -Slg.- 1996, I-3013 Rn. 36 und vom 26.09.1996 - C-230/94 - Enkler, Slg. 1996, I-4517 Rn. 20). In Abgrenzung zur Geldanlage durch eine Immobilienverwaltung unterliegt dabei die Gewährung von Darlehen an Tochtergesellschaften, für die die Holdinggesellschaft Dienstleistungen insbesondere im Bereich der Verwaltung, Buchführung und Informatik erbringt, nicht deshalb der Mehrwertsteuer, weil es sich um die unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung dieser Dienstleistungen handelt, da die Darlehen weder notwendig noch unmittelbar mit den Dienstleistungen verbunden sind (EuGH, Urteil vom 14.11.2000 - C-142/99 - Floridienne und Berginvest, BFH/NV 2001, Beilage 1, 37 Rn 29). Dementsprechend stellt es keine steuerbare Tätigkeit dar, wenn eine Holdinggesellschaft Dividenden, die sie von ihren Tochtergesellschaften bezieht und die selbst nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen, lediglich als Darlehen stehen lässt und bei diesen Tochtergesellschaften anlegt (EuGH, Urteil vom 14.11.2000 - C-142/99 - Floridienne und Berginvest, BFH/NV 2001, Beilage 1, 37 Rn 30; vgl. auch EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-77/01 - EDM, UR 2004, 292 Rn 67 f.).
Ausgehend von dieser Beurteilung war die Darlehensgewährung durch die Klägerin in den Streitjahren keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 und 2 MwStSystRL / keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG. Die Klägerin übte mit der Darlehenshingabe an Tochterunternehmen im Streitfall keine unternehmerische Tätigkeit aus.
Die Klägerin verfolgte im Streitfall nicht das Ziel, eigenes oder von Dritten beschafftes Geld bei den Tochtergesellschaften rentabel anzulegen. Es ist daher nicht mit dem Anlegen von verfügbaren Geldern im Sinne der Verwaltung eigenen Vermögens vergleichbar, sondern geht darüber hinaus. Die Klägerin verfolgte den Zweck, die Tochtergesellschaften mit Kapital auszustatten, damit diese selbst oder durch Enkelgesellschaften etc. ein operatives Geschäft aufbauen konnten. Dieses Einwerben von Geldmitteln geht über das Verwalten eigenen Vermögens hinaus. Es ist Bestandteil der gesellschaftsrechtlichen Stellung der Klägerin als Muttergesellschaft, die ihre Tochtergesellschaften mit Kapital ausstattet. Dadurch werden die Leistungen der Klägerin durch Hingabe von Darlehen allerdings nicht zu wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne der MwStSystRL / zu einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Sinne des UStG.
Denn bei der Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob solche Handlungen bei Unternehmen üblich sind, sondern darauf, ob es sich um erbrachte Leistungen handelt. Bei der Beurteilung von Tätigkeiten als unternehmerisch im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG ist nicht auf die Üblichkeit des Empfangs von Eingangsleistungen (Einwerben von Kapital) abzustellen, sondern auf die ausgeübte Tätigkeit des Steuerpflichtigen - hier der Klägerin - als Leistende. Nur wenn die ausgeführten Leistungen eines Steuerpflichtigen unternehmerisch sind, ist dieser ein umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG. Das Einwerben von Eigen- und Fremdkapital durch den Steuerpflichtigen wird nicht dadurch zu einer unternehmerischen Tätigkeit, dass jeder Unternehmer die für seine Tätigkeiten erforderliche Kapitalausstattung durch Eigen- und Fremdkapital beschaffen muss. Denn beim Einwerben von Kapital handelt es sich um empfangene, nicht um erbrachte Leistungen. Die Ausstattung von Tochtergesellschaften mit Kapital ist keine unternehmerische Tätigkeit im Sinne eines Ausgangsumsatzes, sondern eine Tätigkeit, die sich auf das Schaffen eigenen Vermögens durch eine mit Finanzmitteln ausgestatteten Beteiligung beschränkt ist.
Die Darlehenshingabe durch die Klägerin ist auch unter dem Gesichtspunkt der Ergänzung oder Erweiterung einer ansonsten bereits ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit keine unternehmerische Tätigkeit. Es liegt keine Ergänzung oder Erweiterung einer ansonsten durchgeführten wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin vor.
Im Jahr 2016 hat die Klägerin überhaupt keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt. Sie hat in diesem Jahr lediglich die Darlehenshingaben erbracht. Sie hat keine Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften oder an andere Personen erbracht oder zu erbringen beabsichtigt, zu denen die Darlehenshingabe eine Ergänzung und notwendige Erweiterung hätte sein können.
Im Jahr 2015 hat die Klägerin ebenfalls keine Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften oder an andere Personen erbracht oder zu erbringen beabsichtigt, zu denen die Darlehenshingabe eine Ergänzung und notwendige Erweiterung hätte sein können.
Sie hat aber neben den Darlehenshingaben Beratungsleistungen an die D… UG & Co. KG, eine Enkelgesellschaft, erbracht. Diese Beratungsleistungen sind Dienstleistungen gegen Entgelt, nämlich Beratungsleistungen, die steuerbar und steuerpflichtig waren und von der Klägerin nach Erhalt der Zahlung im Jahr 2017 auch erklärt und versteuert worden sind.
Die an die Tochtergesellschaften erbrachten Darlehen stellen keine notwendige Erweiterung dieser Beratungstätigkeit gegenüber der Enkelgesellschaft dar. Die Gewährung von Darlehen an Tochtergesellschaften, für die die Holdinggesellschaft Dienstleistungen insbesondere im Bereich der Verwaltung, Buchführung und Informatik erbringt, unterliegt nicht deshalb der Mehrwertsteuer, weil es sich um die unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung dieser Dienstleistungen handelte; solche Darlehen sind weder notwendig noch unmittelbar mit den erbrachten Dienstleistungen verbunden. (EuGH, Urteil vom 14.11.2000 - C-142/99 - Floridienne und Berginvest, BFH/NV 2001, Beilage 1, 37 Rn. 29). Nichts anderes kann gelten, wenn die erbrachten Leistungen nicht an die Gesellschaft erbracht werden, an die der Steuerpflichtige Darlehen gewährt. Insoweit liegt es noch ferner, die Darlehensgewährung als notwendig oder unmittelbar mit den erbrachten Dienstleistungen verbunden zu beurteilen.
Dies gilt auch im Streitfall. Die Klägerin hat an die D… UG & Co. KG selbst keine Darlehen vergeben. Sie hat an die J… GmbH, die die Muttergesellschaft der D… UG & Co. KG ist, Darlehen gewährt, die die J… GmbH zum überwiegenden Teil an die D… UG & Co. KG weitergereicht hat. Diese Darlehen wurden im Jahr 2015 zum Teil in Eigenkapital gewandelt. Es ist kein Zusammenhang der Beratungsleistungen an die D… UG & Co. KG mit der Darlehensgewährung an die J… GmbH ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass insoweit ergänzende Leistungen vorliegen könnten.
Die Klägerin hat auch ansonsten mit der Darlehensgewährung kein unternehmerisches Ziel im Sinne eines unternehmerischen Zwecks verfolgt. Ein Ziel des Rentabilisierens des investierten Kapitals ist angesichts der geringen Zinshöhe von 0,5 und 4 % nicht ersichtlich, zumal es sich dabei auch um Fremdkapital gehandelt hat, dessen Kosten bei der Rentabilitätsbeurteilung noch in Abzug zu bringen sind.
Ein Vorsteuerabzug für die Eingangsleistungen, die die Klägerin für die Darlehenshingabe bezogen hat, scheidet demnach gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG vollständig aus.
e) Für die weiteren, in 2015 bezogenen Eingangsleistungen, die die eigenen rechtlichen und steuerlichen Belange der Klägerin betrafen, sowie für die in 2015 bezogenen Eingangsleistungen, die in Aufwendungen für Kommunikation und anderen ordentlichen / nicht zuordenbaren sonstigen betrieblichen Aufwendungen und anderen sonstigen betrieblichen Aufwendungen (GKV; entsprechend den Konten der E-Bilanz) bestehen, steht der Klägerin in 2015 der Vorsteuerabzug zu 19 % analog § 15 Abs. 4 UStG zu.
Über die für Leistungen an die D… UG & Co. KG bezogenen Eingangsleistungen hinaus ist ein Vorsteuerabzug für solche Eingangsleistungen in 2015 zu gewähren, die zu den allgemeinen Aufwendungen der Klägerin gehören und - als solche - Bestandteil des Preises der von der Klägerin ausgeführten Leistungen sind. Denn solche Kosten hängen direkt mit der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen zusammen (Bunjes/Heidner, UStG, 19. Auflage München 2020, § 15 Rn. 19 mit umfangreichen Nachweisen).
Dazu gehört die Vorsteuer, die auf Eingangsleistungen in 2015 entfallen, mit denen die Klägerin ihre eigenen steuerlichen Pflichten erfüllt und ihre eigenen gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten verfolgt hat sowie die in Aufwendungen für Kommunikation und (sofern nicht zuvor bereits berücksichtigt) anderen ordentlichen/ nicht zuordenbaren sonstigen betrieblichen Aufwendungen und anderen sonstigen betrieblichen Aufwendungen (GKV; entsprechend den Konten der E-Bilanz) bestehen, die durch den originären Geschäftsbetrieb der Klägerin veranlasst sind. Denn bei diesen Aufwendungen handelt es sich um Aufwendungen für den allgemeinen Geschäftsbetrieb der Klägerin, die als solche Bestandteile des Preises der von der Klägerin ausgeführten Leistungen sind. Von diesen Vorsteuern, die bislang noch nicht beziffert werden können, ist im Jahr 2015 ein Anteil von 19 % analog § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG abzugsfähig (BFH, Urteil vom 06.04.2016 – V R 6/14, BStBl. II 2017, 577). Denn die den Vorsteuerabzug vermittelnden Beratungsleistungen in Höhe von 89.945,11 € machen 19 % der gesamten steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze der Klägerin im Jahr 2015 aus, die sich aus den erwirtschafteten Zinsen in Höhe von 382.763,67 € und den Beratungsleistungen in Höhe von 89.945,11 € zusammensetzen und insgesamt 472.708,78 € betragen.
Für das Jahr 2016 scheidet der Vorsteuerabzug eines Anteils der auf die Eingangsleistungen für den allgemeinen Geschäftsbetrieb der Klägerin entfallenden Eingangsleistungen aus. Denn in diesem Jahr hatte die Klägerin keine Leistungen erbracht, die den Vorsteuerabzug vermitteln. Damit stehen die gesamten Vorsteuern auf die Kosten des allgemeinen Geschäftsbetriebs mit den Leistungen der Klägerin im Zusammenhang, für die kein Vorsteuerabzug besteht. Eine Aufteilung gemäß § 15 Abs. 4 UStG findet für das Jahr 2016 nicht statt.
f) Ein weiterer Vorsteuerabzug ist nicht eröffnet. Insbesondere ergibt sich kein Vorsteuerabzug aus einer tatsächlichen oder beabsichtigten Veräußerung von Beteiligungen in den Streitjahren. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin in den Streitjahren beabsichtigte, Beteiligungen zu veräußern und dabei auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchstabe f) UStG zu verzichten. Sie hat auch in der Folgezeit ihre Beteiligungen an den Tochtergesellschaften nicht veräußert.
g) Auf die Frage, ob bei einem erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums gefassten und umgesetzten Entschlusses zur Option gemäß § 9 Abs. 1 UStG in Bezug auf zunächst steuerfreie Umsätze der Vorsteuerabzug trotz der entstehenden Steuerpflicht der Umsätze deshalb ausgeschlossen bleibt, weil im Veranlagungszeitraum bei Bezug der Eingangsleistungen tatsächlich weder beabsichtigt war, diese Eingangsleistungen zur Erzielung von umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen zu verwenden, noch diese Eingangsleistungen im Veranlagungszeitraum tatsächlich für umsatzsteuerpflichtige Umsätze verwendet worden sind, kommt es danach im Streitfall mangels Unternehmereigenschaft der Klägerin in Bezug auf die Darlehensgewährung nicht mehr an.
IV. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, weil bislang höchstrichterlich ungeklärt ist, ob eine Darlehensgewährung der Muttergesellschaft an Tochtergesellschaften auch dann für die Beurteilung der Muttergesellschaft als umsatzsteuerrechtliche Unternehmerin ausreicht, wenn die Muttergesellschaft gegenüber den Tochtergesellschaften keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausübt, deren Ergänzung die Darlehensgewährung sein kann.
Eine Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.