Gericht | SG Potsdam 12. Kammer | Entscheidungsdatum | 22.09.2021 | |
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Aktenzeichen | S 12 U 25/21 ER | ECLI | ECLI:DE:SGPOTSD:2021:0922.S12U25.21ER.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 86b Abs 1 S 1 N 2 SGG, § 86a Abs 2 Nr 1 SGG, § 153 Abs 1 SGB 7, § 168 Abs 2 Nr 2 SGB, § 165 Abs 3 SGB 7, § 28p SGB 4, § 197a Abs 1 S 1 SGB 7, § 162 Abs 3 VwGO |
1. Bedient sich ein Bauunternehmen zur Verschleierung von Schwarzarbeit sogenannter Schein- oder „Abdeckrechungen“, darf der Unfallversicherungsträger bei der nach § 165 Abs. 3 SGB VII vorzunehmenden Schätzung der für die Beitragsnacherhebung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelte von einer Lohnquote von bis zu 80% der Nettorechnungssummen der „Abdeckrechnungen“ ausgehen.
2. Allein die Zahlungsunfähigkeit eines Beitragsschuldners begründet keine die Bewilligung von einstweiligem Rechtsschutz nach §§ 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG rechtfertigende unbillige Härte.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 26. April 2021 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. April 2021 wird insoweit angeordnet, als in dem Bescheid vom 21. April 2021 Säumniszuschläge für den Monat Dezember 2020 über einen Betrag von 5.650,00 hinaus festgesetzt werden. Im Übrigen wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Der Streitwert wird auf 148.852,46 € festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Nachtragsbeitragsbescheid und geänderte Beitragsbescheide zur Berufsgenossenschaft und zum Arbeitsmedizinisch-Sicherheitstechnischer Dienst (ASD) für die Jahre 2015 bis 2017, mit welchen die Antragsgegnerin nach zwischenzeitlich abgegebenem Teilanerkenntnis noch eine Beitragsnachforderung i. H. v. 584.252,34 € geltend macht (ursprünglich: 595.409,83 €).
Die Antragstellerin, ein in Rechtsform einer GmbH betriebenes und am 21. Februar 2013 in das Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam eingetragenes Unternehmen (Az.:) des Hoch- und Tiefbaus mit Sitz in S, ist seit dem 4. Februar 2013 Mitgliedsunternehmen der Antragsgegnerin (Bescheid vom 21. März 2013) und gemäß § 41 Abs. 4 der Satzung der Antragsgegnerin seit dem 1. Januar 2014 an den ASD der Antragsgegnerin angeschlossen. Im streitbefangenen Zeitraum war die Antragstellerin bundesweit bei Bauvorhaben mit Rohbauarbeiten ohne Materialeinsatz tätig. Ausweislich der Gewerbeanmeldung vom 19. Februar 2013 und der bei der Antragsgegnerin am 1. März 2013 eingereichten Betriebsbeschreibung ist die Antragstellerin in folgenden Gewerbezweigen tätig: Trockenbau, Eisenflechterarbeiten, Holz- und Bautenschutz, Fliesenleger- und Estricharbeiten, Vergabe von Beton- Stahlbeton- und Maurerarbeiten an Dritte sowie Import und Export von Baumaschinen, Last- und Personenkraftwagen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Antragstellerin ist seit deren Errichtung Herr E M.
Für das Jahr 2013 setzte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 15. April 2014 den von der Antragstellerin für das Jahr 2013 zu erbringenden Beitrag zur Berufsgenossenschaft auf 13.577,85 € fest. Grundlage der Festsetzung war der am 12. Februar 2014 von der Antragstellerin eingereichte Lohnnachweis für das Jahr 2013 über Arbeitsentgelte i. H. v. 202.620,00 € für 17.413 Arbeitsstunden im Bauwerksbau (Büroteil: 6.075,00 € für 521 Arbeitsstunden).
Für das Jahr 2014 setzte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. April 2015 den Beitrag zur Berufsgenossenschaft auf 55.434,01 € fest. Grundlage der Festsetzung war der von der Antragstellerin am 10. Februar 2015 eingereichte Lohnnachweis für das Jahr 2014 über 654.179,00 € für 41.666 Arbeitsstunden im Bauwerksbau (Büroteil: 47.416,00 € für 2.501 Arbeitsstunden).
Für das Jahr 2015 setzte die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 26. April 2016 den Beitrag zur Berufsgenossenschaft auf 77.309,65 € und den Beitrag für des ASD auf 3.251,82 € (brutto) fest. Grundlage der Festsetzung war der am 16. März 2016 von der Antragstellerin eingereichte geänderte Lohnnachweis für das Jahr 2015 über 885.690,00 € für 55.906 Arbeitsstunden im Bauwerksbau (Büroteil: 172.362,00 € für 8.618 Arbeitsstunden).
Für das Jahr 2016 setzte die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 27. November 2017 den Beitrag zur Berufsgenossenschaft auf 54.654,94 € und Beitrag zum ASD auf 2.039,37 € (brutto) fest. Grundlage der Festsetzung war der von der Antragstellerin am 10. Februar 2017 eingereichte Lohnnachweis für das Jahr 2016 über 622.962,00 € für 37.113 Arbeitsstunden im Bauwerksbau (Büroteil: 54.000,00 € für 3.776 Arbeitsstunden).
Für das Jahr 2017 setzte die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 25. April 2018 den Beitrag zur Berufsgenossenschaft auf 33.566,16 € und den Beitrag zum ASD auf 1.473,03 € (brutto) fest. Grundlage war der von der Antragstellerin am 12. Februar 2018 eingereichte Lohnnachweis für das Jahr 2017 über 429.300,00 € für das Jahr 2016 über 429.300,00 € für 30.774 Arbeitsstunden im Bauwerksbau (Büroteil: 139.875,00 € für 9.533 Arbeitsstunden).
Die festgesetzten Beiträge wurden von der Antragstellerin vollständig entrichtet und die Antragsgegnerin erteilte der Antragstellerin fortlaufend Unbedenklichkeitsbescheinigungen.
Durch eine Mitteilung der gemeinsamen Ermittlungsgruppe „scheinbar“ des Hauptzollamts Potsdam und des Finanzamts Potsdam – Steuerfahndung – (nachfolgend einheitlich bezeichnet als Hauptzollamt) vom 27. Juli 2018 sowie einen Zwischenbericht des Hauptzollamts vom 24. Juli 2018 und den Schlussbericht des Hauptzollamts vom 4. Dezember 2020 für die Staatsanwaltschaft Potsdam erlangte die Antragsgegnerin davon Kenntnis, dass gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin und 13 weitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren, u. a. wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in einem besonders schweren Fall (§ 266a Abs. 1, Abs. 2 Strafgesetzbuch [StGB]), Steuerhinterziehung (§ 370 Abgabenordnung [AO]) und Betrug zu Lasten der SOKA Bau (§ 263 StGB) in den Jahren 2013 bis 2017, geführt wird.
Aus dem 259-seitigen Schlussbericht (zzgl. Anlagen) des Hauptzollamts Potsdam vom 4. Dezember 2020 für die Staatsanwaltschaft ergibt sich, mit Bezug auf den Geschäftsführer der Antragstellerin im Wesentlichen folgender Tatvorwurf:
„… 2.4 Zusammenfassung Tathergang
Der Beschuldigte meldete in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Baufirma S die auf den Bauvorhaben der S eingesetzten Arbeitnehmer nicht oder nicht mit dem vollen Umfang der Lohnzahlungen zur Sozialversicherung und Lohnsteuer an. Zur Verschleierung der tatsächlichen Lohnzahlungen manipulierte der Beschuldigte zu 1. die Lohn- und Finanzbuchhaltung der Gesellschaft.
Mit Auskunft der Sozialkasse des Baugewerbes (SOKA Bau) vom 30.5.2014 und der Auswertung der Lohnmeldungen ist festzustellen, dass die Arbeitnehmer der S GmbH im verfahrensrelevanten Zeitraum in Teilzeit angemeldet sind.
Trotz dieser Teilzeitbeschäftigung der Mitarbeiter sollen dann aber Nachunternehmer zu Einsatz gekommen sein. Durch diese Nachunternehmer wurden aber keine andersgearteten Leistungen erbracht, sondern die gleichen Betonroh- und Hochbauarbeiten wie sie die S GmbH im Kerngeschäft erbringt.
In der Lohnbuchhaltung zeichnete der Beschuldigte M entweder für die Arbeitnehmer zu wenig Stunden auf oder rechnete sie gar nicht ab. Die über die Anmeldungen hinausgehenden, geleisteten Stunden wurden in bar „schwarz“ gezahlt.
Um diesen Aufwand buchhalterisch auszugleichen, täuschte er buchhalterisch den Einsatz von Nachunternehmen auf seinen Bauvorhaben vor. In Relation zu den zu zahlenden Schwarzlöhnen kaufte er Scheinrechnungen gegen eine Gebühr von eigens zu diesem Zwecke errichteten Servicefirmen. Diese konnte der Beschuldigte zum Schein einer seriösen Geschäftsbeziehung auf das Konto der rechnungsausstellenden Servicefirma überweisen. Insgesamt kaufte der Besch. M solche Scheinrechnungen von Folgenden Servicefirmen: …“
(Nachfolgend werden in dem Schlussbericht sechs Firmen benannt, denen für die Jahre 2013 bis 2017 jahresbezogene Rechnungssummen i. H. v. insgesamt 8.643.110,48 € zugeordnet sind. Wegen der Einzelheiten der Aufstellung wird auf den Schlussbericht des Hauptzollamtes [Bl. 1055 des Verwaltungsvorgangs] Bezug genommen.)
„… Alle diese Servicefirmen wurden formal errichtet, wobei die entsprechenden Anmeldungen lediglich eine deklaratorische Wirkung hatten, die eigenständige Ausführung von Bauleistungen im Auftrag der S ist im Ergebnis der Ermittlungen auszuschließen. Sie sind bereits als Scheinrechnungssteller in Erscheinung getreten, wurden mit hoher krimineller Energie professionell betrieben und dienten ausschließlich dazu, Kunden mit ebenso hoher krimineller Energie mit Scheinrechnungen zu versorgen.
Die Beschuldigten zu 2.-14. Sollen den Besch. zu 1. bei der Organisation und/oder Ausführung seines Tatplans unterstützt haben, indem sie ihm Scheinrechnungen verkauften bzw. an deren Herstellung beteiligt waren und/oder die Rückführung von Schwarzgeldern zum Beschuldigten M organisierten. Gegen einen Teil dieser Beschuldigten wurde als kriminelle Vereinigung gem. § 129 StGB ermittelt.
Der Nachweis des umfangreichen Einsatzes von Schwarzarbeit durch M konnte sowohl konkret als auch strukturell erbracht werden.
Sowohl die Auswertung diverser Baustellenkontrollen gem. §§ 2 ff. SchwarArbG als auch die Auswertung der im Rahmen der strafprozessualen Maßnahmen sichergestellten Unterlagen belegen, das M sowohl „Teil-Schwarzarbeiter“ als auch „Ganz-Schwarzarbeiter“ beschäftigte. Da die Baustellenkontrollen durch den Zoll nur stichprobenartige Momentaufnahmen darstellen, sind sie per se nicht dazu geeignet, den tatsächlichen Umfang von Schwarzlohnzahlungen im Mindestmaß zu quantifizieren, sie belegen lediglich exemplarisch, dass nicht richtig angemeldete Arbeitnehmer eingesetzt wurden. Genauso verhält es sich mit der bauprojektbezogenen Auswertung der sichergestellten Unterlagen.
Der Beschuldigte M reichte die Anmeldungen zur Sozialversicherung und die Lohnsteueranmeldungen der S bewusst bei den Trägern der Sozialversicherung und der Finanzbehörde ein.
Der sich aus seinen Taten ergebende sozialversicherungsrechtliche Schaden beträgt mehr als 4 Mio EUR, der gleiche Lebenssachverhalt führt zu einem lohnsteuerrechtlichen Schaden von mehr als 970.000 €. …“
In dem Schlussbericht des Hauptzollamtes befinden sich weitere detaillierte Aufstellungen zu den gestellten Scheinrechnungen bezogen auf die einzelnen Bauvorhaben der Antragstellerin.
Die Ermittlungsergebnisse beruhen auf den Ergebnissen mehrerer Durchsuchungen, Observationsmaßnahmen von Beschuldigten, Telekommunikationsüberwachungen (Mobilfunkgeräte und E-Mail-Konten), Kontenanforderungen, Auswertung der Buchhaltung der Antragstellerin und Zeugenaussagen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schlussberichts wird auf Bl. 1012-1284 des Verwaltungsvorgangs verwiesen.
Der Mitteilung des Hauptzollamts an die Antragsgegnerin vom 27. Juli 2018 war eine auf Grundlage von § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) erstellte Schadensberechnung der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) vom 4. Juni 2018 beigefügt, in welcher unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 24. September 1986 – 3 StR 336/86; Beschluss vom 10. November 2011 – 1 StR 283/09; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/19) und obergerichtliche Rechtsprechung (Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Januar 2011 – L 8 R 929- 10 B ER) für die Beitragsberechnung einen Lohnkostenanteil von 80% der Nettorechnungssumme der Scheinrechnungen von Fremdfirmen zugrunde gelegt wird. Auf dieser Grundlage nahm die DRV Bund zur Errechnung der monatlichen Beitragsnachforderungen eine Hochrechnung unter Zugrundelegung des Eingangssteuersatzes der Steuerklasse VI vor und errechnete für die Jahre 2013 bis 2017 einen Beitragsschaden i. H. v. 4.310.753,89 € (2.092.891,88 € Arbeitgeberanteile und 2.217.862,01 € Arbeitnehmeranteile) zuzüglich nicht gezahlter Umlagen (Lohnfortzahlung, Mutterschaft, Insolvenz) i. H. v.100.844,80 € und aufgelaufener Säumniszuschläge i. H. v. 1.293.116,00 €. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berechnung des Beitragsschadens durch die DRV Bund wird auf Bl. 290-312 des Verwaltungsvorgangs verwiesen.
Mit Schreiben vom 6. August 2018 teilte die Antragsgegnerin dem Hauptzollamt Potsdam nach Auswertung der Berechnungen der DRV Bund und des Zwischenberichts des Hauptzollamts Potsdam vom 24. Juli 2018 mit, dass bei ihr für die Jahre 2013 bis 2017 ein Beitragsschaden i. H. v. 950.560,66 € entstanden sei. Bezogen auf die einzelnen Beitragsjahre ergebe sich folgende Aufstellung:
Jahr 2013 = 20.253,08 €
Jahr 2014 = 123.380,22 €
Jahr 2015 = 264.212,10 €
Jahr 2016 = 152.984,06 €
Jahr 2017 = 389.731,20 €
Mit Schreiben vom 26. März 2019 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Bezugnahme auf die Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamts Potsdam wegen der beabsichtigten Beitragsnachforderung i. H. v. 950.560,66 € für die Jahre 2013 bis 2017 an. Auf Grundlage der von der DRV Bund ermittelten Brutto-Arbeitsentgelte ergäben sich folgende Entgeltdifferenzen:
Jahr 2013 = 293.200,00 €
Jahr 2014 = 1.899.426,00 €
Jahr 2015 = 4.054.306,00 €
Jahr 2015 = 1.881.125,00 €
Jahr 2017 = 2.693.647,00 €
Mit Schreiben vom 26. März 2019 teilte die Antragsgegnerin dem Hauptzollamt Potsdam mit, dass ihr für das Jahr 2017 bei der Ermittlung der Schadenssumme ein Ablesefehler unterlaufen sei. Für das Jahr 2017 sei tatsächlich nur ein Beitragsschaden i. H. v. 182.126,47 € entstanden.
Mit Schreiben vom 27. März 2019 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin als „Nachtrag zur Anhörung“ mit, dass sich wegen eines Additionsfehlers für die Jahre 2013-2017 ein Beitragsschaden i. H. v. 742.955,93 € ergebe.
Die Antragstellerin ließ sich mit Anwaltsschriftsatz vom 28. Mai 2019 dahingehend ein, dass sich nach durchgeführter Akteneinsicht keine Grundlage für die Beitragsnachforderung ergebe. Der Geschäftsführer der Antragstellerin bestreite die Tatvorwürfe. Das Hauptzollamt sei unzutreffend davon ausgegangen, dass ihre Arbeitnehmer lediglich eine durchschnittliche Arbeitszeit von 100 Stunden/Monat gearbeitet hätten. Dies sei wegen Anlaufschwierigkeiten nur in den Jahren 2013/2014 der Fall gewesen. Nachfolgend hätten ihre Arbeitnehmer in der Regel zwischen 150 und 174 Stunden monatlich gearbeitet und die durchschnittliche Arbeitszeit alle Arbeitnehmer liege bei über 140 Stunden im Monat. Der Zwischenbericht des Hauptzollamtes vom 24. Juli 2018 stelle lediglich einen Zwischenstand der Ermittlungen dar und weise zahlreiche Fehler auf. Mit den Machenschaften der in dem Zwischenbericht genannten weiteren Firmen habe sie, die Antragstellerin, nichts zu tun. Demzufolge seien auch keine konkreten Anhaltspunkte, Indizien oder gar Beweise für ihre Beteiligung an diesen Machenschaften vorhanden. Bis zur Gewährung vollständige Akteneinsicht im Strafverfahren sei ihr Geschäftsführer außer Stande, detailliert Stellung zu nehmen, weil dies sein Recht auf effektive Verteidigung konterkarieren würde.
Mit Schreiben vom 20. September 2020 teilte das Hauptzollamt Potsdam der Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf eine weitere dem Schreiben beigefügte Schadensberechnung der Bund DRV mit, dass sich im Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen und eines erweiterten Schadenszeitraums bis zum 31. Januar 2018 eine geänderte Bruttolohnsumme ergebe.
Die Antragsgegnerin führte hierauf hin unter Zugrundelegung der Berechnungen der DRV Bund eine erneute Schadensberechnung durch, welche zu folgenden Ergebnissen führte:
Jahr 2013: Entgeltdifferenz = 296.569,00/ Schadenssumme = 20.485,81 €
Jahr 2014: Entgeltdifferenz = 1.909.472,00 €/ Schadenssumme = 124.091,41 €
Jahr 2015: Entgeltdifferenz = 4.095.501,00 €/ Schadenssumme = 267.077,99 €
Jahr 2016: Entgeltdifferenz = 2.049.577,00 €/ Schadenssumme = 163.144,63 €
Jahr 2017: Entgeltdifferenz = 2.449.386,00 €/ Schadenssumme = 165.187,2 €
Jahr 2018: Entgeltdifferenz = 62.076,00 €/Schadenssumme 4.797,58 €
Mit Schreiben vom 11. November 2020 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf Grundlage der durchgeführten Nachberechnung wegen der Nacherhebung von Beiträgen für die Jahre 2013-2018 i. H. v. 744.784,63 € an.
Mit Schreiben vom 11. November 2020 setzte die Antragsgegnerin das Hauptzollamt Potsdam vom Ergebnis ihrer Nachberechnungen in Kenntnis.
Mit Nachtragsbeitragsbescheid vom 24. November 2020 machte die Antragsgegnerin auf Grundlage der geänderten Schadensberechnung gegen die Antragstellerin für die Jahre 2015-2017 eine Beitragsforderung i. H. v. 595.409,83 € geltend. Zu Begründung bezog sich die Antragsgegnerin auf die Ermittlungen des Hauptzollamtes Potsdam und bezog sich auf Ihr Schreiben vom 11. November 2020. Als Grundlage für die Berechnung der Beitragsnachforderung seien die durch die DRV Bund festgestellten Brutto-Arbeitsentgelte zu Grunde gelegt worden. Als Anlage waren dem Nachtragsbeitragsbescheid für die Jahre 2015-2017 drei geänderte Beitragsbescheide für die Beiträge zu Berufsgenossenschaft vom 23. November 2020 und drei geänderte Beitragsbescheide für die Beiträge zum ASD vom 23. November 2020 beigefügt, mit denen die in den Jahren 2016-2018 ergangenen Beitragsbescheide jeweils unter Bezugnahme auf § 168 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) aufgehoben und der jeweilige Beitrag neu festgesetzt wurde.
Mit E-Mail vom 26. November 2020 teilte das Hauptzollamt Potsdam der Antragsgegnerin mit, dass sich wegen des Abzugs eines gewährten Skontos von den Scheinrechnungen eine geringfügig geänderte Schadensberechnung durch die DRV Bund ergeben habe. Aus der beigefügten Schadensberechnung der DRV Bund ergibt sich ein Beitragsschaden i. H. v. 4.301.215,50 € (2.088.339,94 € Arbeitgeberanteile und 2.212.875,56 € Arbeitnehmeranteile).
Hierauf hin nahm auch die Antragsgegnerin eine geänderte Schadensberechnung vor, in welcher sie für die Jahre 2013-2018 eine Schadenssumme i. H. v. insgesamt 742.186,88 € ermittelte, wobei sich für die einzelnen Jahre folgende Beträge ergaben:
Jahr 2013: 14.829,58 €
Jahr 2014: 118.723,07 €
Jahr 2015: 270.450,31 €
Jahr 2016: 151.987,15 €
Jahr 2017: 178.426,08 €
Jahr 2018: 7.770,69 €
Das Ergebnis ihrer Nachberechnungen teilte die Antragsgegnerin dem Hauptzollamt Potsdam mit Schreiben vom 30. November 2020 mit.
Am 15. Dezember 2020 legte die Antragstellerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Widerspruch gegen den Nachtragsbeitragsbescheid vom 24. November 2020 und die sechs geänderten Beitragsbescheide vom 23. November 2020 ein und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung bzw. Stundung der Forderung. Zur Begründung führte sie aus, der angegriffene Bescheid genüge nicht den Anforderungen der §§ 33-35 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Es werde in den angefochtenen Bescheiden nicht dargelegt, auf welche angeblichen Scheinrechnungen die Antragsgegnerin ihre Annahmen konkret stütze. Auch sei nicht nachvollziehbar, wie die für die Beitragsberechnung zugrunde gelegten Arbeitsentgelte ermittelt worden seien und es fehlten Angaben dazu, wie viele Arbeitsstunden und welche Stundenlöhne berücksichtigt worden seien. Die im Bescheid in Bezug genommenen Berechnungen der DRV Bund seien ihr unbekannt. Es sei im Übrigen nicht nachgewiesen, dass tatsächlich Schwarzarbeit vorgelegen habe. Das Ermittlungsverfahren gegen ihren Geschäftsführer sei noch nicht abgeschlossen. Wegen der bestehenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide sei deren sofortige Vollziehung auszusetzen. Darüber hinaus liege eine unbillige Härte vor, weil sie die Beitragsnachforderung nicht begleichen könne.
Mit Schreiben vom 27. Januar 2021 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung ab. Begründend führte sie aus, es lägen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide im Sinne von § 86a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und auch die Vollziehung habe für die Antragstellerin keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sei es zulässig, dass der Versicherungsträger das Ergebnis von durch das Hauptzollamt durchgeführten Prüfungen ohne eigene Ermittlungen seine Beitragsnacherhebung zugrunde lege. Rechtsgrundlage der Beitragsänderungsbescheide sei § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII. Nach § 165 Abs. 3 SGB VII habe auch einer Schätzung der Arbeitsentgelte erfolgen dürfen, welche sie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Wege der Tatsachenfeststellung durch Beweiswürdigung unter Auswertung des Prüfberichts der DRV Bund und der Berichte des Hauptzollamtes vorgenommen habe. Gründe für die Annahme einer unbilligen Härte habe die Antragstellerin nicht dargelegt.
Am 2. März 2021 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Potsdam den Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz gestellt.
Sie wiederholt und vertieft ihr Widerspruchsvorbringen und führt ergänzend aus, dass die Art und Weise der Berechnung der Beitragsnachforderungen in keinerlei Weise nachvollziehbar sei. Es erschließe sich in keiner Weise, warum die Antragsgegnerin davon ausgehe, dass „zu wenig“ Arbeitskräfte abgerechnet worden sein sollen. Auch sei die Darlegung der Antragsgegnerin in dem Nachtragsbeitragsbescheid vom 24. November 2020 in keinerlei Weise bestimmt und auch nicht bestimmbar, es seien völlig unübliche Arbeitsstunden abgerechnet worden. Gleiches gelte auch für die Angaben zu den in Bezug genommenen Eingangsrechnungen mehrerer Firmen. Diese seien in den Nachtragsbeitragsbescheid noch nicht einmal vom Datum her bezeichnet worden und es fehlten notwendige Angaben dazu, von welchen Firmen diese Rechnungen stammen sollen. Auch die Bezugnahme auf die Berechnungen der DRV Bund führe nicht dazu, dass die Erfordernisse der §§ 33 und 35 SGB X erfüllt seien, weil diese dem Bescheid der Antragsgegnerin nicht beigefügt gewesen sei. Die Antragsgegnerin habe damit bei der von ihr vorgenommenen Schätzungen nicht dargelegt, auf welchen tatsächlichen Grundlagen ihrer Schätzungen beruhten. Die von der Antragsgegnerin ermittelten Summen seien bereits angesichts der Auftragsvolumina, welche sie, die Antragstellerin, in den streitgegenständlichen Jahren abgewickelt habe, völlig unverständlich. Im Übrigen stütze sich die Antragsgegnerin auf die Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens und nicht auf feststehende Tatsachen. Es läge zudem eine unbillige Härte vor, da sie über keine ausreichenden finanziellen Reserven verfüge, um sofort die gesamte Beitragsforderung mit Säumniszuschlägen zu begleichen. Ihr drohe die Zahlungsunfähigkeit, wodurch auch die durch sie geschaffenen Arbeitsplätze (fünf Vollzeitarbeitsplätze) bedroht seien. Wegen ihrer finanziellen Situation bezieht sie sich auf eine Bescheinigung ihrer Steuerberaterin vom 2. März 2021 und eine BWA vom 27. Juli 2021. Im Übrigen verweist sie darauf, dass sie außergerichtlich angeboten habe, an einer moderaten Zahlung der Beitragsrückstände mitzuwirken. Sie sei zudem faktisch handlungsunfähig, da die Antragsgegnerin ihr die Ausstellung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen verweigere.
Nachdem die Antragsgegnerin am 21. April 2021 einen Bescheid über Säumniszuschläge für den Monat Dezember 2020, ausgehend von einer abgerundeten Forderung von 576.200,00 €, i. H. v. 5.762,00 € erließ, hat die Antragstellerin diesen am 27. April 2021 antragserweiternd in das Verfahren einbezogen.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 15. Dezember 2020 gegen die Bescheide vom 23. und 24. November 2020 sowie auch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 26. April 2021 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. April 2021 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Zu Begründung trägt sie vor, die von ihr vorgenommene Schätzung sei unter Zugrundelegung der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zu beanstanden. Sie sei nicht verpflichtet, den mehrere 100 Seiten starken Bericht des Hauptzollamtes im Bescheid vollständig wiederzugeben. Sie habe sich vielmehr darauf beschränken können, das Ermittlungsergebnis zu benennen. Die Antragstellerin sei hierdurch in die Lage versetzt worden, die Zusammensetzung der geänderten Beiträge sachlich und rechnerisch nachzuvollziehen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer unbilligen Härte lägen weiterhin nicht vor.
Auf schriftlichen Hinweis der Kammer vom 13. August 2021 hat die Antragsgegnerin unter Zugrundelegung ihrer geänderten Schadensberechnung vom 30. November 2020 am 18. August 2021 geänderte Beitragsänderungsbescheide für das Jahr 2016 (BG-Beitrag und ASD-Beitrag) erlassen, mit welchem sie die Beitragsnachforderung zur BG für das Jahr 2016 auf 201.698,88 € und den Beitrag zum ASD auf 6.738,15 € reduziert hat (Minderungsbetrag insgesamt: 11.157,48 €).
Auf Antrag der M A K Bauunternehmung GmbH, welche von der Antragsgegnerin wegen der streitbefangenen Beitragsnachforderungen teilweise in Haftung genommen wird, hat die Kammer diese mit Beschluss vom 5. Juli 2021 gem. § 75 Abs. 1 SGG zum Verfahren beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands, insbesondere wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen, wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen, welche der Entscheidung zugrunde lagen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 insbesondere bei der Entscheidung über Beiträge und Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenforderungen, wie sie die Antragsgegnerin hier mit dem Nachtragsbeitragsbescheid vom 24. November 2020, den geänderten Beitragsbescheiden vom 23. November 2020, dem geänderten Beitragsbescheid vom 18. August 2021, der gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, und den Bescheid über Festsetzung eines Säumniszuschlags vom 21. April 2021 getroffen hat (vgl. zur Qualifizierung von Säumniszuschlägen als Nebenkosten i. S. v. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage, 2020, § 86a, Rn. 13a m. w. N.).
Ob die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung, wobei die privaten Interessen an der Aussatzung der Vollziehung und die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes gegeneinander abzuwägen sind. Maßstab ist hierbei § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG. Danach soll bei der Anforderung von Beiträgen die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Hierbei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG ein Regel-Ausnahmeverhältnis statuiert, wonach die sofortige Vollziehung die Regel und die Aussetzung der Vollziehung eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme ist (Keller, a. a. O. § 86b, Rn. 12b m. w. N.). Denn der Gesetzgeber hat das Vollzugsrisiko in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bewusst dem Bescheidadressaten auferlegt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes liegen daher nur vor, wenn nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutze gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg des Widerspruchs wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. März 2021 – L 8 BA 36/20 B ER – juris, Rn. 5).
Gemessen an diesen Vorgaben kommt hier die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht. Denn vorliegend ergeben sich nach summarischer Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Bescheide.
Rechtsgrundlage für den Nachtragsbeitragsbescheid vom 24. November 2020 und die geänderten Beitragsbescheide vom 24. November 2020 und 18. August 2021 ist § 168 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 i. V. m. § 153ff. SGB VII.
Die genannten Bescheide sind zunächst formell rechtmäßig.
Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin insbesondere vor Erlass des Nachtragsbeitragsbescheides vom 24. November 2021 und der geänderten Beitragsbescheide vom 23. November 2020 gem. § 24 Abs. 1 SGB X angehört.
Der Nachtragsbescheid und die geänderten Beitragsbescheide ergingen auch formgerecht und enthalten entgegen der Auffassung der Antragstellerin eine den Vorgaben des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X genügende Begründung. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X sind in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die wesentlichen Gründe sind hierbei die entscheidungserheblichen Gründe. Die Behörde kann hierbei auch auf andere Unterlagen Bezug nehmen, wenn Sie dem Bescheidadressaten bekannt bzw. zugänglich gemacht sind (vgl. Mutschler in Kasseler Kommentar, Werkstand: 114. EL, Mai 2021, § 35 SGB X, Rn 7 m. w. N.; Schütze, SGB X, 9. Auflage, 2020, § 35, Rn. 9 m. w. N.). Die Begründung muss sich nicht ausdrücklich mit allen in Betracht kommenden Umständen und Einzelüberlegungen auseinanderzusetzen. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Art und Weise bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß wahrnehmen kann (BSG, Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R – juris; Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA44/03 R – juris). Soweit Berechnungsfaktoren dargelegt werden, ist es nicht erforderlich, jeden Teilrechenschritt darzulegen (BSG, Urteil vom 22. September 1981 – 1 RA 109/76 – juris).
Gemessen an diesen Maßstäben ist sind die o. a. Bescheide hinreichend begründet. Die Antragsgegnerin hat in dem Nachtragsbeitragsbescheid vom 24. November 2020, welcher die geänderten Beitragsbescheide zu einer Einheit verklammert, dargelegt, dass sie die Beitragsnachforderung in tatsächlicher Hinsicht auf die Ergebnisse der Ermittlungen des Hauptzollamts und die Nachberechnungen der DRV Bund stützt. Die Antragstellerin war durch diese Begründung in die Lage gesetzt, ihre Rechte sachgerecht wahrzunehmen. Denn sie hat nach Zustellung der Anhörung in den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Einsicht nehmen lassen, so dass ihr die Berichte des Hauptzollamts und die Nachberechnungen der DRV Bund bekannt waren. Es konnte bei der Antragstellerin damit kein Zweifel entstehen, auf welche Erkenntnisse die Antragsgegnerin ihre Beitragsnachforderung im Einzelnen stützt. In den geänderten Beitragsbescheiden hat die Antragsgegnerin zudem die der Beitragsnachforderung zugrunde gelegten Arbeitsentgelte dargelegt sowie die bisher gezahlten Beiträge den nachgeforderten Beiträgen gegenübergestellt.
Bei der gebotenen summarischen Prüfung erweisen sich der Nachtragsbeitragsbescheid und die geänderten Beitragsbescheide für die Jahre 2015 bis 2017, nach dem auf Hinweis der Kammer erfolgten Erlass des geänderten Beitragsbescheides vom 18. August 2021 für das Jahr 2016, auch als materiell rechtmäßig.
Die Bescheide sind zunächst entgegen der Auffassung der Antragstellerin i. S. v. § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt. Das Erfordernis der Bestimmtheit bezieht sich allein auf den Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes (vgl. z. B. Müller in juris-PK, SGB X, Stand: 8. Juni 2021, § 33, Rn. 16). Erforderlich ist hiernach, dass die von einem Verwaltungsakt getroffene Regelung, die verfügte Rechtsfolge, vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist (BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 5 R 16/12 R – juris, Rn. 15 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind für die o. a. Bescheide, aus denen sich ergibt, in welcher Höhe Beitragsnachforderungen wann fällig sind, ohne weiteres erfüllt.
Im Übrigen liegen auch die Voraussetzungen des § 168 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 i. V. m. § 153ff. SGB VII für eine Aufhebung der Beitragsbescheide für die Jahre 2015-2017 vom 26. April 2016, 27. November 2017 und vom 25. April 2018 vor.
Nach § 168 Abs. 2 Nr. 2 ist der Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zuungunsten der Beitragspflichtigen nur dann aufzuheben, wenn die Meldung nach § 165 Absatz 1 unrichtige Angaben enthält oder sich die Schätzung als unrichtig erweist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die von der Antragstellerin eingereichten Lohnnachweise nach § 165 Absatz 1 SGB VII vom 16. März 2016, vom 10. Februar 2017 und vom 12. Februar 2018 enthalten unrichtige Angaben, welche die Antragsgegnerin für die Beitragsfestsetzung zugrunde gelegt und deshalb jeweils zu niedrige Beitrags-Höchstsätze festgesetzt hat. Sie musste daher, ohne dass ihr das Gesetz insoweit Ermessen einräumen würde (BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 – B 2 U 2/12 R – juris, Rn. 14; Urteil vom 22. September 2009 – B 2 U 32/08 R – juris, Rn. 18; Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, Werkstand: 3/2021, § 168 SGB VII, Rn. 18) die o. a. Beitragsbescheide für die Jahre 2015 bis 2018 aufheben. Zugleich durfte sie bei der nach § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII getroffenen Entscheidung nach §§ 168 Abs. 1, 153 SGB VII die Beiträge für die betroffenen Jahre 2015-2017 neu feststellen.
Dabei durfte sich die Antragsgegnerin im Rahmen der ihr nach § 20 Abs. 1 SGB X obliegenden Amtsermittlungspflichten auch auf die Berichte des Hauptzollamtes und die Berechnungen der DRV Bund stützen. Denn nach § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X bedient sie sich hierbei der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, wobei sie sich nach Satz 2 Nr. und Nr. 3 Auskünfte jeder Art einholen sowie Urkunden und Akten beiziehen kann. Weitergehende Ermittlungen wären nur erforderlich gewesen, wenn sich hierdurch ohne großen Verwaltungsaufwand weitergehende Erkenntnisse hätten ergeben könnten (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Februar 2021 – L 21 U 140/20 B ER – m. w. N., von der Antragsgegnerin anonymisiert zur Gerichtsakte gereicht). Dies war hier angesichts der umfangreichen Ermittlungen des Hauptzollamts nicht der Fall. Weitere Ermittlungsansätze sind nicht vorgetragen und ersichtlich.
Der Verwertung der genannten Unterlagen des Hauptzollamts und der DRV Bund steht auch nicht entgegen, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin und seine Mitbeschuldigten nicht abgeschlossen ist. Denn im von der Antragsgegnerin durchgeführten Verwaltungsverfahren geht es nicht um die strafrechtliche Verantwortlichkeit und persönliche Schuld der Beteiligten. Das Verwaltungsverfahren ist vielmehr allein auf eine rechtmäßige Aufgabenerfüllung und Beitragserhebung durch die Antragsgegnerin gerichtet. Hierfür erscheinen die Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamts und Berechnungen der DRV Bund aber als tragfähige Grundlage.
Im Ergebnis der vom Hauptzollamt durchgeführten Ermittlungen bestehen zur Überzeugung der Kammer keine begründeten Zweifel daran, dass die Antragstellerin für die Jahre 2015-2017 unrichtige, nämlich zu niedrige, Lohnnachweise bei der Antragsgegnerin eingereicht hat. Die Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamts beruhen u. a. auf den Ergebnissen mehrerer Durchsuchungen, Observationsmaßnahmen von Beschuldigten, Telekommunikationsüberwachungen (Mobilfunkgeräte und E-Mail-Konten), Kontenanforderungen und Auswertung der Buchhaltung der Antragstellerin und Zeugenaussagen. Es findet sich in dem Schlussbericht vom 4. Dezember 2020 eine akribische Darstellung der von den Beschuldigten vorgenommenen Manipulationen, eine detaillierte Aufstellung von gefertigten Scheinrechnungen für Bauvorhaben der Antragstellerin und eine umfangreiche Aufstellung sichergestellter Beweismittel. Bei diesem Sachverhalt erhärten sich die gegen die Antragstellerin (bzw. ihren Geschäftsführer) erhobenen Vorwürfe angesichts von deren bloß unsubstantiiertem Bestreiten der Vorwürfe zu einem Maß der Gewissheit, das vernünftigen Zweifeln Einhalt gebietet.
Die Antragsgegnerin durfte die Beiträge auch gestützt auf § 168 Abs. 1, 165 Abs. 3, 153ff. SGB VII auf die Berechnung der DRV Bund schätzen. § 165 Abs. 3 SGB VII ermächtigt die Unfallversicherungsträger, soweit die Unternehmer die Angaben nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig machen, kann eine Schätzung vornehmen.
Es ist hierbei zunächst nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Schätzung die im Vorjahr geleisteten Arbeitsstunden (Lohnsumme) zu Grunde gelegt hat, vgl. § 153 Abs. 1 SGB VII. Eine arbeitnehmerbezogene Lohnfeststellung, wie sie § 28d SGB IV für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag vorschreibt, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin im Bereich der Unfallversicherung gerade nicht erforderlich (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.).
Die auf Grundlage von § 165 Abs. 3 SGB VII unter Zugrundelegung der Berechnungen der DRV Bund von der Antragsgegnerin vorgenommene Schätzung der Lohnsummen ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
Bei der Schätzung handelt es sich um keine Ermessensausübung, sondern um eine Tatsachenfeststellung durch Beweiswürdigung (BSG, Urteil vom 25. Februar 1965 – 2 RU 36/60 – juris). Sie ist daher mit Erfahrungswerten an den wahrscheinlichen tatsächlichen Verhältnissen auszurichten (Spellbrink in Kasseler Kommentar, Werkstand: 114. EL, Mai 2021, § 165, Rn. m. w. N. aus der Rechtsprechung), muss auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründen sowie nachvollziehbar sein und darf insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen (BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 R 4/17 R – juris; Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 12 R 11/14 R) sowie nicht der Lebenserfahrung widersprechen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Januar 2021 – L 28 BA68/20 B ER – juris, Rn. 11). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es grundsätzlich zulässig, bei Fehlen von Anhaltspunkten für eine konkrete Bestimmung, aus dem Nettoumsatz eines Unternehmens auf eine Nettolohnquote zu schließen (BSG, Urteil vom 27. August 1987 – 2 RU 41/85 – juris, Rn. 20; BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09 – juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Mai 2020 – L 15 U 191/18 – juris, LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26. Juni 2019 – L 3 U 194/16 – juris, Rn. 51; Sächsisches LSG, Beschluss vom 24. September 2019 – L 9 KR 506/17 B ER – juris, Rn. 48). Hierbei wird in beschäftigungsintensiven Bereichen – wie dem Baugewerbe – überwiegend eine Lohnquote von jedenfalls zwei Dritteln des Nettoumsatze zugrunde gelegt (anders BSG, a.a.O.: sogar 70%). Im Falle von Abdeckrechnungen hat das LSG Nordrhein-Westfalen in dem in den Schadensberechnungen der DRV Bund zitierten Beschluss vom 7. Januar 2011 (L 8 R 929/10 B ER – juris, Rn. 7) für einen Fall der Verwendung von Abdeckrechnungen – wie hier – sogar die Zugrundelegung einer Nettolohnquote von 85% der Beträge der Abdeckrechnungen für zulässig erachtet.
Im konkreten Einzelfall erachtet die Kammer den von der Antragsgegnerin und der DRV Bund vorgenommenen Ansatz einer Lohnquote von 80% der Nettorechnungssummen der Abdeckrechnungen als zulässig und überzeugend. Denn im Rahmen der vorzunehmenden Schätzung ist auf die Besonderheiten des Einzelfalls abzustellen, wobei stets die Besonderheiten einer illegalen Beschäftigung zu berücksichtigen sind (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 577/12 – juris, Rn. 55). Vorliegend dienten die „Service-Rechnungen“ von „Nachunternehmern“ nach den sorgfältigen und umfassenden Ermittlungen des Hauptzollamtes allein dazu, die von den eigenen Arbeitnehmern der Antragstellerin geleistete Schwarzarbeit zu verschleiern und die tatsächlich geleisteten „schwarzen“ Arbeitsstunden zu entlohnen. Über die Rechnungsstellung und die Rückführung von Geldern zur Antragstellerin hinaus wurden von den „Service-Firmen“ keine weiteren Leistungen erbracht. Mit Ausnahme einer „Provision“ für die Rechnungsstellung durch die „Service-Firmen“ können bei diesem kriminellen Geschäftsmodell neben den Provisionszahlungen denklogisch keine ins Gewicht fallenden Material- oder sonstige Nebenkosten angefallen sein. Aus den Feststellungen des Hauptzollamtes ergibt sich zudem, dass die Provisionssummen in einigen Fällen konkret mit 5-9% beziffert werden konnten. Höhere Provisionszahlungen konnten vom Hauptzollamt hingegen in keinem Fall ermittelt werden und hätten wohl auch die Lukrativität des von der Antragsgegnerin wohl betriebenen kriminellen Geschäftsmodells in Frage gestellt.
Für Fehler bei der konkreten Berechnung der nachgeforderten Beiträge bestehen keine Anhaltspunkte. Die Antragstellerin hat insoweit auch keine Einwände erhoben.
Aus den von der Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 27. Januar 2021 angeführten Gründen sind die Beitragsforderungen, auch für das Jahr 2015, noch nicht verjährt. Darüber hinaus dürften aber ohnehin auch die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, welche zu einer dreißigjährigen Verjährungsfrist führen, vorliegen.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen aber hinsichtlich der Höhe der mit dem Bescheid vom 21. April 2021 für den Monat Dezember 2020 festgesetzten Säumniszuschläge. Der bei der Berechnung der Säumniszuschläge zugrunde gelegte Forderungsbetrag i. H. v. 576.200,00 €, hat, soweit ersichtlich, die um 11.157,48 € ermäßigte Beitragsnachforderung für das Jahr 2016 nicht berücksichtigt. Auf dieser Grundlage war der Forderungsbetrag um 11.157,48 € zu reduzieren, was zu einem für die Berechnung der Säumniszuschläge (nach Abrundung) einen Forderungsbetrag von 565.000,00 € ergibt. Dies zu Grunde gelegt, waren die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 26. April 2021 gegen den Bescheid vom 21. April 2021 insoweit teilweise anzuordnen, als die Säumniszuschläge einen Betrag von 5.650,00 € übersteigen.
Darüber hinaus erweist sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Widersprüche auch nicht wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte als geboten.
Das Gesetz sieht vielmehr bei Beitragsschulden vor, dass im Regelfall das Interesse an der Vollziehung des Beitragsbescheides das Interesse des in Anspruch Genommenen, vor der endgültigen Zahlung eine Beitragspflicht in einem Widerspruchsverfahren und gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen, überwiegt. Allein die Höhe der Beitragsforderung und die mit der Zahlung für die Antragstellerin verbundenen ökonomischen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen unbilligen Härte, da es sich lediglich um die Erfüllung der gesetzlich auferlegten Pflichten handelt (LSG NRW, Beschluss vom 28. April 2006 – L 16 B 9/06 KR ER, juris, Rn. 5).
Zwar kann eine drohende Insolvenz unter besonderen Umständen eine besondere Härte begründen. Zu berücksichtigen ist hier aber auch, dass die Beitragsnachforderung aus mit einem sehr hohen Maß von Wahrscheinlichkeit begangenen Straftaten stammt, mit welchen sich die Antragstellerin im Geschäftsverkehr bereits über Jahre illegitime Wettbewerbsvorteile zu Lasten von gesetzestreuen Wettbewerbern und deren Beschäftigten verschafft hat. Diese illegitimen Wettbewerbsvorteile würden bei Annahme einer unbilligen Härte und einer deshalb vorgenommenen Anordnung der aufschiebenden Wirkung sogar noch perpetuiert. Vor diesem Hintergrund kann eine unbillige Härte auch nicht damit begründet werden, dass möglicherweise fünf Beschäftigten der Antragstellerin die Arbeitslosigkeit droht. Zu berücksichtigen ist zudem vor dem Hintergrund des anzunehmenden kriminellen Geschäftsmodells der Antragstellerin auch, dass gerade wegen der ihr möglicherweise drohenden Insolvenz der Antragstellerin ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, dass die Antragsgegnerin die bestehende Beitragsforderung noch schnellstmöglich realisieren kann.
Im Übrigen hat die Antragstellerin auch nicht schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass sich ihre Insolvenz bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung tatsächlich vermeiden lassen würde. Hieran hat die Kammer wegen der zu erwartenden Nachforderung auch von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen, deren Summe die Beitragsforderung der Antragsgegnerin bei weitem übersteigen dürfte, erhebliche Zweifel. Auch aus diesem Grund lässt sich hier keine unbillige Härte annehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO können einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Die Entscheidung nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO steht im Ermessen des Gerichts (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage, 2017, § 155, Rn. 5). Vorliegend entspricht es billigem Ermessen, die Antragsgegnerin mit keinerlei Kosten zu belasten. Denn die Antragstellerin hatte lediglich mit einem ganz untergeordneten Teil ihres Begehren Erfolg (Reduzierung der Säumniszuschläge um 112,00 € und Reduzierung der Beitragsnachforderung um 11.157,48 € = 11.269,48 €). Dem steht ein Obsiegen der Antragsgegnerin i. H. v. 589.902,34 € entgegen. Der sich hiernach ergebende geringe Erfolgsanteil der Antragstellerin von 1,9% rechtfertigt nach Gesamtwürdigung des Sach- und Streitstandes keine verhältnismäßige Kostentragung der Antragsgegnerin durch die Antragsgegnerin. Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten nach § 162 Abs. 3 VwGO selbst zu tragen. Dies entspricht der Billigkeit, weil die Beigeladene mangels eigener Antragstellung kein eigenes Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist (vgl. z. B.: BVerwG, Beschluss vom 20. März 2006 – 6 B 81/05 – juris).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 63 Gerichtskostengesetz (GKG): Die Höhe des Streitwerts richtet nach § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG nach der Höhe der ursprünglich angegriffenen Beitragsforderung von 595.409,83 €. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war der Streitwert i. H. v. einem Viertel dieser Beitragsforderung, also i. H. v. 148.852,46 € festzusetzen. Dies entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 29. August 2011 – B 6 KA 18/11 R – juris) und dem Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit. Gründe hiervon abzuweichen, liegen nicht vor.