Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 14.06.2022 | |
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Aktenzeichen | 9 A 2.17 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0614.9A2.17.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 47 VwGO, § 6 KAG BB |
§ 4 Abs. 2 der Trinkwassergebührensatzung des Antragsgegners vom 15. Mai 2014 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 6. Dezember 2016 wird für unwirksam erklärt. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte.
Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen Änderungen der Trink- und Schmutzwassergebührensatzungen des Antragsgegners, wonach Beitragszahler und Nichtbeitragszahler eine unterschiedlich hohe Verbrauchsgebühr zu entrichten haben (sog. gespaltene Gebührensätze).
Nach § 1 Abs. 1 der Trinkwassergebührensatzung (TGS) des Wasser- und Abwasserverbandes „Havelland“ vom 15. Mai 2014 erhebt der Antragsgegner eine Benutzungsgebühr gemäß § 6 KAG für die Inanspruchnahme der öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage. Die Trinkwassergebühr wird für alle Grundstücke erhoben, die an die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage angeschlossen sind, und setzt sich aus einer Grund- und einer Verbrauchsgebühr zusammen (§ 1 Abs. 2 TGS). Mit der am 6. Dezember 2016 beschlossenen 2. Änderungssatzung zur TGS wurden die Bestimmungen zur Grundgebühr (§ 2 Abs. 2 TGS) und zur Verbrauchsgebühr (§ 4 TGS) wie folgt neu gefasst:
Artikel 1
Nr. 1:
§ 2 Absatz 2 wird wie folgt neu gefasst:
„(2) Die Höhe der Grundgebühr bemisst sich nach der Dimensionierung des Wasserzählers
und beträgt jährlich pro Hausanschluss:
a) im Versorgungsgebiet des Verbandes bei Wasserzählern mit einer Dimensionierung nach Nenndurchflussleistung:
Nenndurchfluss
Grundgebühr in Euro
bis Qn 2,5
58,00
bis Qn 6
139,00
bis Qn 10
232,00
bis Qn 15
348,00
bis Qn 40
928,00
bis Qn 60
1.392,00
bis Qn 150
3.480,00
größer als > Qn 150
5.800,00
jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer.
Verfügt das Grundstück über keinen Wasserzähler, wird für die Ermittlung der Grundgebühr eine Zählergröße von Qn 2,5 zugrunde gelegt.
b) im Versorgungsgebiet des Verbandes bei Wasserzählern mit einer Dimensionierung nach Dauerdurchflussleistung:
Dauerdurchfluss
Grundgebühr in Euro
bis Q3 4
58,00
bis Q3 10
139,00
bis Q3 16
232,00
bis Q3 25
348,00
bis Q3 63
928,00
bis Q3 100
1.392,00
bis Q3 250
3.480,00
größer als > Q3 250
5.800,00
jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer.
Verfügt das Grundstück über keinen Wasserzähler, wird für die Ermittlung der Grundgebühr eine Zählergröße von Q3 4 zugrunde gelegt.“
Nr. 2:
§ 4 wird wie folgt neu gefasst:
„§ 4 Verbrauchsgebühr
(1) Für die Entnahme von Trinkwasser aus der öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage im Sinne von § 3 Abs. 1 auf Grundstücken, für die ein Beitrag zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung oder Anschaffung der öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage gezahlt wurde, beträgt die Verbrauchsgebühr pro cbm Trinkwasser 1,44 Euro, zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer.
(2) Für die Entnahme von Trinkwasser aus der öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage im Sinne von § 3 Abs. 1 auf Grundstücken, für die kein Beitrag zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung oder Anschaffung der öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage gezahlt wurde, beträgt die Verbrauchsgebühr pro cbm Trinkwasser 1,85 Euro, zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer.“
Die 2. Änderungssatzung wurde am 28. Dezember 2016 im Amtsblatt für den Wasser- und Abwasserverband „Havelland“ bekanntgemacht und trat gemäß ihrem Artikel 2 am 1. Januar 2017 in Kraft.
Weiterhin erhebt der Antragsgegner nach § 1 Abs. 1 der Schmutzwassergebührensatzung (SGS) des Wasser- und Abwasserverbandes „Havelland“ vom 15. Mai 2014 eine Benutzungsgebühr gemäß § 6 KAG für die Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage. Die Schmutzwassergebühr wird für alle Grundstücke erhoben, die an die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossen sind, und setzt sich aus einer Grund- und einer Verbrauchsgebühr zusammen (§ 1 Abs. 2 SGS). § 2 Abs. 2 SGS in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 26. November 2015 bestimmte Folgendes:
„Die Höhe der Grundgebühr bemisst sich nach der Dimensionierung des Wasserzählers und beträgt jährlich pro Hausanschluss:
a) im Versorgungsgebiet des Verbandes bei Wasserzählern mit einer Dimensionierung nach Nenndurchflussleistung:
Nenndurchfluss
Grundgebühr in €
Qn 2,5
54,00
Qn 6
130,00
Qn 10
216,00
Qn 15
324,00
bis Qn 40
864,00
Qn 60
1.296,00
bis Qn 150
3.240,00
> Qn 150
8.100,00
Verfügt das Grundstück über keinen Wasserzähler, wird für die Ermittlung der Grundgebühr eine Zählergröße von Qn 2,5 zugrunde gelegt.
b) im Versorgungsgebiet des Verbandes bei Wasserzählern mit einer Dimensionierung nach Dauerdurchflussleistung:
Dauerdurchfluss
Grundgebühr in €
Q3 4
54,00
Q3 10
130,00
Q3 16
216,00
Q3 25
324,00
Q3 40
864,00
Q3 63
1.296,00
Q3 100
3.240,00
> Q3 100
8.100,00.
Verfügt das Grundstück über keinen Wasserzähler, wird für die Ermittlung der Grundgebühr eine Zählergröße von Q3 4 zugrunde gelegt.“
Mit Artikel 1 der am 6. Dezember 2016 beschlossenen 2. Änderungssatzung zur SGS wurde die Bestimmung zur Verbrauchsgebühr (§ 4 SGS) wie folgt neu gefasst:
„Verbrauchsgebühr
(1) Soweit Schmutzwasser auf einem angeschlossenen Grundstück, für das ein Beitrag zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung oder Anschaffung der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage gezahlt wurde, anfällt und von dort gemäß § 3 in die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt, beträgt die Verbrauchsgebühr pro cbm Schmutzwasser 3,30 Euro.
(2) Soweit Schmutzwasser auf einem angeschlossenen Grundstück, für das kein Beitrag zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung oder Anschaffung der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage gezahlt wurde, anfällt und von dort gemäß § 3 in die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt, beträgt die Verbrauchsgebühr pro cbm Schmutzwasser 4,35 Euro.“
Die 2. Änderungssatzung wurde am 28. Dezember 2016 im Amtsblatt für den Wasser- und Abwasserverband „Havelland“ bekanntgemacht und trat gemäß ihrem Artikel 2 am 1. Januar 2017 in Kraft.
Der Antragsteller ist Eigentümer von im Verbandsgebiet belegenen Grundstücken, die an die vom Antragsgegner betriebenen Anlagen zur öffentlichen Wasserversorgung und Schmutzwasserbeseitigung angeschlossen sind.
Mit seinem am 9. März 2017 gestellten Normenkontrollantrag macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend: Er sei vom Antragsgegner zu Trink- und Schmutzwasserbeiträgen herangezogen worden, wogegen er sich erfolgreich gewehrt habe. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 12. November 2015 (- 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/16 -, juris) und den Urteilen des erkennenden Senats vom 11. Februar 2016 (- OVG 9 B 1.16 und OVG 9 B 43.15 -, juris) habe der Antragsgegner die betreffenden Bescheide aufgehoben und die Beiträge zurückgezahlt. Mit den angegriffenen Änderungssatzungen werde er nunmehr als Nichtbeitragszahler zu höheren Verbrauchsgebühren herangezogen. Dies verstoße gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG und Art. 12 Verfassung des Landes Brandenburg) und das Äquivalenzprinzip. Für die gebührenrechtliche Ungleichbehandlung von Beitragszahlern und Nichtbeitragszahlern gebe es keine sachliche Rechtfertigung. Dass er keine Beiträge geleistet habe, liege allein im Verantwortungsbereich des Antragsgegners. Der Festsetzungsverjährung unterliegende Beiträge könnten nicht im Nachhinein durch höhere Gebühren umgelegt werden. Eine Beitragspflicht, die aus Rechtsgründen nicht mehr durchgesetzt werden könne, dürfe nicht in die Gebührenkalkulation einbezogen werden. Zu einer Ungleichbehandlung führten die gespaltenen Gebührensätze auch im Verhältnis von Nichtbeitragszahlern, die Vermieter seien, und solchen, die keine Vermieter seien. Während Letztere die höheren Gebühren selbst zahlen müssten, könnten Erstere die Gebühren auf ihre Mieter umwälzen und würden deshalb wirtschaftlich nicht in Anspruch genommen. Es gebe auch keine zeitliche Begrenzung für die unterschiedlich hohen Gebühren. Dadurch erfolge langfristig eine Überkompensation der nicht gezahlten Beiträge, so dass er und andere Nichtbeitragszahler unverhältnismäßig in Anspruch genommen würden.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
1. § 4 Abs. 2 der Trinkwassergebührensatzung des Antragsgegners vom 15. Mai 2014 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 6. Dezember 2016 für unwirksam zu erklären,
2. § 4 Abs. 2 der Schmutzwassergebührensatzung des Antragsgegners vom 15. Mai 2014 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 6. Dezember 2016 für unwirksam zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Nach der Entscheidung des BVerfG vom 12. November 2015 habe er die noch nicht bestandskräftigen Anschlussbeitragsbescheide aufgehoben, soweit diese gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstoßen hätten. Dies sei auch im Fall des Antragstellers geschehen. Durch die Beitragserstattungen seien zwei Gruppen von Gebührenpflichtigen entstanden. Eine Gruppe sei zu einem Anschlussbeitrag herangezogen worden und habe diesen auch bezahlt. Die zweite Gruppe könne mit Blick auf die Rechtsprechung des BVerfG endgültig nicht mehr zu einem Anschlussbeitrag herangezogen werden. Zur letzteren Gruppe gehöre der Antragsteller. Unter diesen Umständen würde die von ihm geforderte Fortsetzung einer undifferenzierten Gebührenerhebung im Verbandsgebiet den behaupteten Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht beseitigen, sondern erst herbeiführen. Anders als der Antragsteller meine, ergebe sich die unterschiedliche Höhe der Gebührensätze kalkulatorisch betrachtet nicht aus einer Erhöhung des Gebührensatzes für die Nichtbeitragszahler, sondern aus einer Ermäßigung des Gebührensatzes für die Beitragszahler. Dies folge aus der differenzierten Behandlung der vereinnahmten Herstellungsbeiträge als Abzugskapital nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG. Dieses Abzugskapital dürfe nur den Beitragszahlern zugute kommen. Dem sei im Rahmen der Gebührenkalkulation Rechnung getragen worden.
Dass die nach den angegriffenen Vorschriften zu zahlenden Gebühren innerhalb eines überschaubaren Zeitraums den erstatteten Beitrag im Einzelfall übersteigen könnten, stelle die Wirksamkeit dieser Regelungen nicht in Frage. Dieser mögliche Effekt sei Folge der unterschiedlichen Anknüpfungspunkte für die Bemessung von Beitrag und Gebühr. Die Umstellung von einer Mischfinanzierung aus Beiträgen und Gebühren auf eine reine Gebührenfinanzierung führe naturgemäß zu einer Verschiebung der Finanzierungslast hin zu denjenigen Nutzern, die bei relativ kleiner Grundstücksfläche einen relativ hohen Wasserverbrauch verzeichneten. Dies wirke sich vorliegend besonders deutlich aus, da er – der Antragsgegner – in seinen Beitragssatzungen vom 28. November 2012, die auch der Heranziehung des Antragstellers zugrunde gelegen hätten, vom sog. Optionsmodell gemäß § 8 Abs. 4a KAG Gebrauch gemacht und für Eigentümer altangeschlossener Grundstücke spürbar niedrigere Beitragssätze festgelegt habe.
Auch der Umstand, dass der satzungsrechtliche Gebührenschuldner im Einzelfall de facto nicht der Gebührenbelastete sei, weil er die Gebührenforderung auf einen Dritten, etwa einen Mieter, abwälzen könne, sei entgegen der Auffassung des Antragstellers kein tauglicher Einwand gegen die Festlegung gespaltener Gebührensätze. Der vom Antragsteller beschriebene wirtschaftliche Effekt bei vermieteten Wohngrundstücken trete auch bei einer einheitlichen Gebührenerhebung ein.
Auf Nachfrage des Senats zur Verteilung der Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie des Grundgebührenaufkommens auf Beitrags- und Nichtbeitragszahler hat der Antragsgegner vorgetragen: Die Aufteilung der Anschaffungs- und Herstellungskosten sei auf der Ebene des einzelnen Anlageguts erfolgt, wobei drei verschiedene Kriterien zur Anwendung gekommen seien, nämlich Wasser- bzw. Schmutzwassermenge, Einwohnerwerte/Schmutzfracht und Zähler/Kundenzahl. Dabei habe man das Ziel verfolgt, auf der Ebene des Anlageguts eine möglichst verursachungsgerechte Aufteilung der Anschaffungs- und Herstellungskosten auf die Gruppen der Beitragszahler und Nichtbeitragszahler zu gewährleisten. Im Regelfall seien die Anschaffungs- und Herstellungskosten nach der prognostizierten Menge des Trinkwassers oder Schmutzwassers aufgeteilt worden. Die teilweise erfolgte Aufteilung nach den beiden anderen Kriterien wirke sich jedenfalls bis zur zweiten Nachkommastelle nicht auf die Gesamtzuordnung der Anschaffungs- und Herstellungskosten zu den Gruppen der Beitragszahler und Nichtbeitragszahler aus. Dies erkläre sich etwa daraus, dass die besonders werthaltigen oder kostenintensiven Anlagenteile (z. B. Leitungsnetze) ausschließlich nach dem Kriterium der Trink- bzw. Schmutzwassermenge aufgeteilt worden seien. Die prozentualen Anteile der Beitragszahler und Nichtbeitragszahler am Grundgebührenaufkommen sei anhand der auf die jeweilige Gruppe entfallenden Zahl der Wasserzähler ermittelt worden. Die Kalkulation zeichne insoweit den satzungsrechtlichen Verteilungsmaßstab aus § 2 Abs. 2 TGS bzw. § 2 Abs. 2 SGS nach. Damit werde die Solidargemeinschaft zwischen Beitragszahlern und Nichtbeitragszahlern nicht in Frage gestellt. Dieser werde im Rahmen der sachgerechten Verteilung der gebührenfähigen Kosten Rechnung getragen. Demgegenüber müsse das Grundgebührenaufkommen beiden Gruppen nach dem in der Satzung verankerten Maßstab zugeordnet werden. Welche Zählergrößen in den beiden Gruppen mit welcher Zahl vertreten seien, habe er als Satzungsgeber nicht in der Hand.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vom Antragsgegner vorgelegten Satzungs- und Kalkulationsunterlagen verwiesen.
Der Senat entscheidet durch Beschluss, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 47 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz VwGO); die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Die Anträge sind nach § 47 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Der Antragsteller ist Eigentümer von im Verbandsgebiet des Antragsgegners belegenen Grundstücken. Damit ist er gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 TGS und § 7 Abs. 1 Satz 1 SGS Gebührenschuldner und antragsbefugt. Er verfügt auch über das erforderliche Interesse an der Prüfung der angegriffenen Satzungsvorschriften, die gegenüber dem Antragsteller ergangenen Gebührenbescheide für die Jahre 2017 und 2018 sind noch nicht bestandskräftig.
Der Normenkontrollantrag gegen § 4 Abs. 2 TGS in der Fassung der 2. Änderungssatzung ist auch begründet (1.). Ohne Erfolg bleibt hingegen der Normenkontrollantrag gegen § 4 Abs. 2 SGS in der Fassung der 2. Änderungssatzung (2.).
1. § 4 TGS legt für die Trinkwasserversorgung unterschiedlich hohe Verbrauchsgebühren für Beitragszahler und Nichtbeitragszahler fest. Die angegriffene Regelung verstößt zwar nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (a.). Auch begegnet es im Grundsatz keinen rechtlichen Bedenken, dass hinsichtlich der Höhe der Verbrauchsgebühr danach unterschieden wird, ob für das betreffende Grundstück ein Beitrag entrichtet wurde oder nicht (b.). Zu beanstanden ist allerdings die konkrete Ausgestaltung der Gebührensätze (c.).
a. Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert nicht, dass jeder Zweifel über das Auslegungsergebnis ausgeschlossen ist. Es genügt den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Satzungsvorschrift, wenn Auslegungsschwierigkeiten mit herkömmlichen juristischen Auslegungsmethoden bewältigt werden können (vgl. Urteil des Senats vom 13. August 2019 - OVG 9 A 5.17 -, juris Rn. 36).
Hiervon ausgehend lässt § 4 TGS zunächst erkennen, dass es für die Eingruppierung als Beitragszahler bzw. Nichtbeitragszahler allein auf die tatsächliche Zahlung eines Trinkwasseranschlussbeitrags ankommt („gezahlt wurde“). Als Nichtbeitragszahler gilt demnach auch, wer zwar noch zu einem Beitrag herangezogen werden kann, diesen aber noch nicht entrichtet hat. Umgekehrt gilt, dass man so lange als Beitragszahler anzusehen ist, bis man einen in der Vergangenheit gezahlten Beitrag zurückerhalten hat.
Die Antwort auf die weitere Frage, wie mit Ratenzahlungs- oder Stundungsfällen zu verfahren ist, lässt sich der Satzung durch Auslegung entnehmen, und zwar dahin, dass jede Teilzahlung ausreicht, um als Beitragszahler nach § 4 Abs. 1 TGS eingruppiert zu werden. Die Satzung verlangt gerade nicht, dass ein bestimmter Beitrag vollständig entrichtet wurde, vielmehr unterscheidet sie allein danach, ob „ein Beitrag“ oder „kein Beitrag“ gezahlt worden ist (§ 4 Abs. 1 und 2 TGS). Auch mit einer Teilzahlung ist zumindest „ein Beitrag“ geleistet worden und jedenfalls mehr als „kein Beitrag“. Der Antragsgegner hat auf Nachfrage mit Schriftsatz vom 30. Juni 2020 mitgeteilt, dass dieses Auslegungsergebnis auch seinem Verständnis und seiner Verwaltungspraxis entspricht.
Auch die Frage, ab welchem Zeitpunkt sich die Zahlung oder Rückzahlung eines Beitrags auf die Eingruppierung als Beitragszahler oder Nichtbeitragszahler auswirkt, lässt sich der Satzung im Wege der Auslegung entnehmen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 TGS wird die Verbrauchsgebühr nach der Trinkwassermenge bemessen, die auf dem Grundstück aus der öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage entnommen wird. Erhebungszeitraum für die Trinkwassergebühr ist das Kalenderjahr, an dessen Ende sie durch Gebührenbescheid festgesetzt wird (§ 6 Abs. 1 TGS). Da die Höhe des Gebührensatzes nach § 4 TGS – wie dargelegt – von der Zahlung bzw. Rückzahlung des Beitrags abhängt, ist davon auszugehen, dass sich eine Beitragszahlung bzw. -rückzahlung im Erhebungszeitraum ab diesem Zeitpunkt – mithin taggenau – auf die Eingruppierung auswirkt. Eine vergleichbare Regelung beinhaltet § 7 Abs. 3 TGS für den Fall des Wechsels des Gebührenpflichtigen. Welche Verbrauchsmenge bei einer Veränderung im Erhebungszeitraum auf den höheren oder niedrigeren Gebührensatz entfällt, lässt sich entweder durch eine Zwischenablesung des Wasserzählers (so wird dies auch bei einem Eigentümerwechsel gehandhabt, vgl. hierzu das vom Antragsgegner auf seiner Homepage vorgehaltene Formular) oder durch eine Schätzung entsprechend § 3 Abs. 2 TGS ermitteln.
b. Nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG bleibt bei der Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen der aus Beiträgen aufgebrachte Eigenkapitalanteil außer Betracht. Damit sind Beitrags- und Gebührenerhebung in der Weise miteinander verknüpft, dass sich das aus Beiträgen aufgebrachte Eigenkapital gebührenmindernd auswirkt. Dieser Bestimmung liegt die Annahme zugrunde, dass letztlich für alle angeschlossenen - und insoweit „gebührenpflichtigen“ - Grundstücke auch ein Anschlussbeitrag gezahlt wird. Steht indessen abweichend vom Normalfall endgültig fest, dass eine bestimmte (nicht zahlenmäßig zu vernachlässigende) Gruppe von Gebührenzahler keine Beiträge zahlt, so entspricht es § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG in Verbindung mit dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, diese Gruppe von der gebührenmindernden Wirkung der dann nur von anderen gezahlten Beiträge auszunehmen, also sogenannte gespaltene Gebührensätze vorzusehen. Andernfalls würden die Beitragszahler doppelt belastet, indem sie - einerseits - durch ihre Beiträge eine Gebührenreduzierung auch für die endgültigen Nichtbeitragszahler bewirken und andererseits über ihre Gebühren zusätzlich noch an Kosten beteiligt werden, die aus beitragsrechtlicher Sicht den endgültigen Nichtbeitragszahlern zuzuordnen wären. Sind gespaltene Gebührensätze festzulegen, dann haben die Nichtbeitragszahler die Gebühr zu entrichten, die alle zahlen würden, wenn es überhaupt kein durch Beiträge aufgebrachtes Abzugskapital gäbe (vgl. Urteil des Senats vom 13. August 2019 - OVG 9 A 5.17 -, juris Rn.47).
Zu den endgültigen Nichtbeitragszahlern in diesem Sinne gehören auch diejenigen, für die keine Beitragspflichten mehr entstehen können, weil sie im Lichte des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 (- 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/16 -, juris) Vertrauensschutz gegenüber der Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG n. F. genießen. Ein etwaiges Vertrauen eines nicht beitragsbelasteten Nutzers darauf, zu einem Beitrag nicht mehr herangezogen zu werden, rechtfertigt es nicht, diesen gleich einem beitragsbelasteten Nutzer zu behandeln. Dies geht - ebenso wie bei „echt“ verjährten Anschlussbeiträgen - nicht mit dem Anspruch einher, im Rahmen der Gebührenerhebung kalkulatorisch von dem Beitragsaufkommen zu profitieren, das andere Grundstückseigentümer aufgebracht haben. Hierin liegt auch keine Umgehung des genannten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts. Der angenommene Vertrauensschutz gegenüber einer Beitragserhebung erstreckt sich nicht auf andere Entgelte (vgl. hierzu etwa Urteile des Senats vom 13. August 2019, a. a. O., Rn. 41 ff. und vom 19. Februar 2020 - OVG 9 A 4.17 -, juris Rn. 46; ferner Beschluss des Senats vom 24. September 2020 - OVG 9 A 6.17 -, juris Rn. 55 f.).
Ebenso wenig führt die Festlegung gespaltener Gebührensätze zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung zwischen Selbstnutzern und Vermietern. Richtig ist zwar, dass letztere die nicht ermäßigte Gebühr als Betriebskosten auf die Mieter umlegen können, während erstere sie selbst tragen müssen. Dieser wirtschaftliche Effekt ist aber schon keine Besonderheit gespaltener Gebührensätze, sondern tritt auch bei einheitlichen Gebührensätzen auf. Im Übrigen steht er der Festlegung gespaltener Gebührensätze, wenn diese nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG und dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit zulässig oder geboten sind, nicht entgegen. Es ist abgabenrechtlich ohne Belang, ob der satzungsrechtliche Gebührenschuldner die daraus resultierende Gebührenforderung ganz oder teilweise zivilrechtlich auf Dritte abwälzen kann.
Rechtliche Bedenken dagegen, dass bereits Teilzahler als Beitragszahler nach § 4 Abs. 1 TGS eingruppiert werden (vgl. oben a.), bestehen ebenfalls nicht. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Gebührenermäßigung nicht individuell im Verhältnis zu den gezahlten Beiträgen erfolgen muss (vgl. Urteil vom 13. August 2019 - OVG 9 A 5.17 -, juris Rn. 48) und dass es genügt, von der gebührenmindernden Wirkung der gezahlten Beiträge nur diejenigen auszunehmen, die endgültig keine Beiträge mehr zahlen werden; im Übrigen könne es der Satzungsgeber dabei belassen, dass von den gezahlten Beiträgen alle profitieren, die schon Beiträge gezahlt haben oder noch zahlen werden (vgl. Urteil vom 24. September 2020 - OVG 9 A 6.17 -, juris Rn. 58).
Der weitere Einwand der Antragstellers, Beitragszahler und Nichtbeitragszahler würden zeitlich unbegrenzt zu unterschiedlich hohen Gebühren herangezogen, ist im Hinblick auf die Auflösung des Abzugskapitals - die nach § 6 Abs. 2 Satz 5 und 6 Nr. 2 KAG den gesetzlichen Regelfall darstellt, von dem der Antragsgegner nicht abweicht - unzutreffend. Nach der vollständigen Auflösung der Beiträge wird sich keine kalkulatorische Entlastung der Beitragszahler mehr ergeben, so dass sie wieder die gleiche Gebühr wie die Nichtbeitragszahler zu entrichten haben. Diese Selbstverständlichkeit muss in der Satzung weder klargestellt noch angekündigt werden (vgl. Urteil des Senats vom 13. August 2019 - OVG 9 A 5.17 -, juris Rn. 50).
c. Allerdings ist die konkrete Ausgestaltung der Gebührensätze für Beitragszahler und Nichtbeitragszahler fehlerhaft erfolgt. Der für den Antragsteller als Nichtbeitragszahler maßgebliche Gebührensatz (§ 4 Abs. 2 TGS) verstößt gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 KAG und ist daher unwirksam.
Wie bereits ausgeführt, geht es bei den gespaltenen Gebührensätzen für Beitragszahler und Nichtbeitragszahler darum, dass allein die Beitragszahler in den Genuss der Gebührenermäßigung gelangen, der sich daraus ergibt, dass die gezahlten Beiträge die gebührenrechtlich ansatzfähige kalkulatorische Abschreibung und die gebührenrechtlich ansatzfähige kalkulatorische Verzinsung vermindern. Dieser Verminderungseffekt muss in Gestalt eines Abschlages exklusiv den Beitragszahlern (als Gruppe) zu Gute kommen und darf sich nicht teilweise auch zu Gunsten der Nichtbeitragszahler auswirken (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 6. Juni 2007 - OVG 9 A 77.05 -, juris Rn. 40). Umgekehrt müssen die Nichtbeitragszahler zwar hinnehmen, dass sie nicht in den Genuss der (von anderen gezahlten) Beiträge gelangen, dürfen aber auch nicht darüber hinaus zu Gunsten der Beitragszahler belastet werden. Dieses Ergebnis wird erreicht, indem zunächst der Gebührensatz ermittelt wird, den alle zu zahlen hätten, wenn es überhaupt nie Beiträge gegeben hätte oder alle gezahlten Beiträge erstattet würden. Das ist derjenige Gebührensatz, der sich nach allgemeinen Grundsätzen ergibt, wenn die (gebührenfähigen) kalkulatorischen Abschreibungen und die (gebührenfähige) kalkulatorische Verzinsung nicht durch Beiträge vermindert werden. Dieser Gebührensatz gilt für die Nichtbeitragszahler. Den Beitragszahlern ist demgegenüber ein Abschlag zu gewähren. Dazu wird ermittelt, welche Maßstabseinheiten - und damit auch welcher Anteil an den Kosten - auf die Beitragszahler entfallen. Die entsprechenden Kosten sind dann durch Ansatz der gezahlten Beiträge als Abzugskapital bei der kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung zu vermindern und auf die angesprochenen Maßstabseinheiten umzulegen.
Die vorgenannten Anforderungen sind vom Antragsgegner im Ausgangspunkt auch beachtet worden. Ausweislich des Kalkulationsberichts sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten im Trinkwasserbereich zu 96,32 % den Beitragszahlern und zu 3,68 % den Nichtbeitragszahlern zugeordnet worden. Dies entspricht nach den weiteren Angaben im Kalkulationsbericht und den Darlegungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 28. August 2019 im Ergebnis dem prozentualen Verhältnis der voraussichtlich im Kalkulationszeitraum (2017 und 2018) auf die beiden Gruppen entfallenden Trinkwassermengen und begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken. Im Rahmen der auf dieser Grundlage erfolgten Berechnung der kalkulatorischen Kosten (Abschreibung und Zinsen) ist das Beitragsaufkommen nur hinsichtlich der Beitragszahler als Abzugskapital (§ 6 Abs. 2 Satz 5 und 6) berücksichtigt worden. Schließlich ist auch die Aufteilung der weiteren ansatzfähigen Kosten und der Maßstabseinheiten auf die Beitragszahler und Nichtbeitragszahler jedenfalls im Ergebnis nach dem sich aus dem prognostizierten Anteil an der Trinkwassermenge ergebenden Verteilungsschlüssel erfolgt (vgl. zu diesem Erfordernis etwa Urteil des Senats vom 13. August 2019 - OVG 9 A 5.17 -, juris Rn. 47), d. h. die vom Antragsgegner – unzulässigerweise – herangezogenen weiteren Kriterien haben sich insoweit nicht in nennenswerter Weise ausgewirkt. Damit ist - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats - sichergestellt worden, dass die vereinnahmten Beiträge zu einer Reduzierung der kalkulatorischen Kosten führen und dies allein den beitragsbelasteten Nutzern zu Gute kommt.
Zu beanstanden ist jedoch die Verteilung des Grundgebührenaufkommens auf die beiden Gruppen Beitragszahler und Nichtbeitragszahler. Ausweislich der Seite 1 der „Zusammenfassung Einzelkalkulation 2017-18“ ist das prognostizierte Grundgebührenaufkommen im Bereich der Trinkwasserversorgung den Nichtbeitragszahlern nicht mit dem oben genannten prozentualen Anteil (3,68 %), sondern nur mit einem Anteil von 2,93 % zugeordnet worden. Dies beruht nach den Angaben des Antragsgegners darauf, dass die Anteile der Beitragszahler und Nichtbeitragszahler am Grundgebührenaufkommen mittels der auf die jeweilige Gruppe entfallenden Wasserzähler und unter Berücksichtigung des in § 2 Abs. 2 TGS für die Grundgebühr festgelegten Zählermaßstabs ermittelt worden sind. Gewichtet man die auf die beiden Gruppen entfallenden Zähler entsprechend diesem Zählermaßstab, dann ergibt sich daraus der in der Kalkulation zugrunde gelegte prozentuale Anteil der Nichtbeitragszahler von 2,93 %.
Diese Vorgehensweise ist indessen nach dem oben Gesagten unzulässig. Der Senat hat hierzu im Urteil vom 19. Februar 2020 (- OVG 9 A 4.17 -, juris Rn. 54) ausgeführt (der Fall betraf eine „gespaltene“ Grundgebühr):
„Die sachgerechte Verteilung des nur von einer bestimmten Gruppe (hier von zwei Gruppen) aufgebrachten Abzugskapitals bildet Grund und Grenze für die Regelung „gespaltener“ Gebührensätze. Diese sollen – wie dargelegt – allein dem Umstand Rechnung tragen, dass die Vollbeitragszahler, Teilbeitragszahler und Nichtbeitragszahler in unterschiedlichem Maße beitragsfinanziertes Eigenkapital aufgebracht haben. Dies ändert aber nichts daran, dass diese Gruppen im Übrigen weiterhin eine Solidargemeinschaft bilden (vgl. Beschluss des Senats vom 3. September 2019 - OVG 9 S 13.19 -, juris Rn. 14). Wird deshalb – wie vorliegend – hinsichtlich des Gebührensatzes für die Grundgebühr zwischen Vollbeitragszahlern, Teilbeitragszahlern und Nichtbeitragszahlern unterschieden, dann hat auch die (zur Berechnung der Grundgebühr erforderliche) Verteilung der prognostizierten Einnahmen aus der zusätzlich erhobenen Mengengebühr auf die drei Gruppen nach dem prozentualen Anteil zu erfolgen, der sich für die jeweilige Gruppe aus dem festgelegten Grundgebührenmaßstab ergibt (hier also nach ihrem Anteil an den gewichteten Zählern). Die anzustrebende Entlastung der (Teil-)Beitragszahler ist bereits durch die auf diese Weise berechneten Grundgebührensätze gewährleistet, da sie das durch die Beiträge aufgebrachte Abzugskapital berücksichtigen. Es gibt deshalb keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass daneben etwa eine der Gruppen davon profitiert, dass ihr überproportional viele Gebührenschuldner angehören, die eine besonders hohe Mengengebühr zu entrichten haben. Der den Beitragszahlern zustehende „Gebührenrabatt“ würde dadurch aufgrund von Zufälligkeiten möglicherweise entweder in unzulässiger Weise verstärkt oder konterkariert. Dies widerspräche sowohl dem Sinn und Zweck „gespaltener“ Gebührensätze als auch der fortbestehenden Solidargemeinschaft zwischen Beitragszahlern und Nichtbeitragszahlern.“
Diese Erwägungen gelten auch für das vorliegende Verfahren. Wird – wie hier – hinsichtlich des Gebührensatzes für die Verbrauchsgebühr zwischen Beitragszahlern und Nichtbeitragszahlern unterschieden, indem (allein) zugunsten der Beitragszahler das durch Beiträge aufgebrachte Abzugskapital in die Gebührenkalkulation eingestellt wird, dann schließt dies eine weitere Differenzierung zwischen den beiden Gruppen im Rahmen der Grundgebühr aus. Es entspricht vielmehr der fortbestehenden Solidargemeinschaft zwischen Beitragszahlern und Nichtbeitragszahlern, dass das Grundgebührenaufkommen gleichmäßig auf beide Gruppen verteilt wird. Dementsprechend hätte den Nichtbeitragszahlern das Grundgebührenaufkommen ebenfalls mit einem Anteil von 3,68 % zugeordnet werden müssen. Dadurch reduzieren sich für sie die durch die Mengengebühren zu deckenden Kosten um 14.378,- Euro, so dass sich unter Zugrundelegung der weiteren Angaben in der „Zusammenfassung Einzelkalkulation 2017-18“ (Anlage A, Seite 1 des Kalkulationsberichts) für die Nichtbeitragszahler ein Mengengebührensatz von nur noch 1,76 Euro/ m³ ergibt.
Dass es sich hierbei um die (von den Nichtbeitragszahlern zu entrichtende) Gebühr handelt, die alle zahlen würden, wenn es überhaupt kein durch Beiträge aufgebrachtes Abzugskapital gäbe, wird durch die folgende Kontrollüberlegung bestätigt: Ermittelt man vorliegend eine einheitliche Verbrauchsgebühr für alle Gebührenschuldner auf der Grundlage des vom Antragsgegner vorgelegten Kalkulationsberichts, aber ohne Berücksichtigung der dort eingestellten Beitragseinnahmen, dann ergibt sich ebenfalls der vorgenannte Gebührensatz von 1,76 Euro/ m³ Trinkwasser.
Damit verstößt der für den Antragsteller maßgebliche Verbrauchsgebührensatz für Nichtbeitragszahler (1,85 Euro/m³) gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG. Die fehlerhafte Verteilung des Grundgebührenaufkommens führt zu einer Überhöhung des Satzes um mehr als 3 % und überschreitet damit die Bagatellgrenze (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 29. Januar 2020 - OVG 9 A 3.17 -, juris Rn. 56).
2. Dagegen ist der Normenkontrollantrag unbegründet, soweit er sich gegen § 4 Abs. 2 SGS richtet.
Der durch die 2. Änderungssatzung neu gefasste § 4 SGS sieht eine nach Beitragszahlern und Nichtbeitragszahlern differenzierende Verbrauchsgebühr für die Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage vor. Gegen die angegriffene Vorschrift bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a. Hinsichtlich der Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes und der grundsätzlichen Zulässigkeit gespaltener Gebührensätze ergeben sich keine nennenswerten Unterschiede zu § 4 TGS, so dass auf die diesbezüglichen Ausführungen zu oben 1.a.und b. verwiesen werden kann.
b. Auch bezüglich der SGS ist festzustellen, dass die konkrete Ausgestaltung der Gebührensätze methodisch fehlerhaft erfolgt ist. Dieser Fehler erweist sich aber als im Ergebnis unerheblich.
Ausweislich des Kalkulationsberichts sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten im Schmutzwasserbereich zu 96,33 % den Beitragszahlern und zu 3,67 % den Nichtbeitragszahlern zugeordnet worden. Dies entspricht nach den weiteren Angaben im Kalkulationsbericht und den Darlegungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 28. August 2019 im Ergebnis dem prozentualen Verhältnis der voraussichtlich im Kalkulationszeitraum (2017 und 2018) auf die beiden Gruppen entfallenden Schmutzwassermengen und begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken. Im Rahmen der auf dieser Grundlage erfolgten Berechnung der kalkulatorischen Kosten (Abschreibung und Zinsen) ist das Beitragsaufkommen – zutreffend - nur hinsichtlich der Beitragszahler als Abzugskapital berücksichtigt worden.
Zu beanstanden ist allerdings auch hier die Verteilung des Grundgebührenaufkommens auf die beiden Gruppen Beitragszahler und Nichtbeitragszahler. Ausweislich der Seite 1 der „Zusammenfassung Einzelkalkulation 2017-18“ ist das prognostizierte Grundgebührenaufkommen im Bereich der Schmutzwasserentsorgung den Nichtbeitragszahlern nicht mit dem oben genannten prozentualen Anteil (3,67 %), sondern nur mit einem Anteil von 2,91 % zugeordnet worden, entsprechend der auf ihre Gruppe entfallenden Wasserzähler und unter Berücksichtigung des in § 2 Abs. 2 SGS für die Grundgebühr festgelegten Zählermaßstabs. Diese Aufteilung ist – wie oben unter 1.c dargelegt - unzulässig. Den Nichtbeitragszahlern hätte das Grundgebührenaufkommen ebenfalls mit einem Anteil von 3,67 % zugeordnet werden müssen. Dadurch reduzieren sich für sie die durch die Mengengebühren zu deckenden Kosten um 11.957,- Euro.
Anders als im Trinkwasserbereich wirkt sich dieser Fehler hier aber im Ergebnis nicht zu Lasten der Nichtbeitragszahler aus. Denn ihnen wurden zugleich die Kosten für die laufenden betrieblichen Aufwendungen (Zwischensumme A) mit einem zu geringen prozentualen Anteil (3,47% statt 3,67%) zugeordnet. Richtigerweise hätte den Nichtbeitragszahlern hinsichtlich der „Zwischensumme A“ ein Betrag von 317.263,- Euro (entspricht 3,67 %) zugeordnet werden müssen, d. h. ein Mehrbetrag von 17.421,- Euro. Zieht man hiervon das zu wenig zugeordnete Grundgebührenaufkommen (11.957,- Euro) ab, dann verbleibt ein Mehrbetrag von 5.465,- Euro, um den sich für die Nichtbeitragszahler die durch Mengengebühren zu deckenden Kosten erhöhen, mithin 597.283,- Euro (591.818,- Euro + 5.465,- Euro).
Geteilt durch die Maßstabseinheiten (NBZ) von 135.906 m³ ergibt dies einen Mengengebührensatz von 4,39 Euro/m³, der über dem in § 4 Abs. 2 SGS festgelegten Gebührensatz liegt.
Für die Beitragszahler wirken sich die vorgenannten Fehler mithin nicht gebührensatzrelevant aus. Trotz Reduzierung der durch Mengengebühren zu deckenden Kosten um 5.465,- Euro verbleibt es beim Satz von 3,30 Euro/m³.
c. Die Behauptung des Antragstellers, durch die unterschiedlich hohen Gebühren erfolge langfristig eine Überkompensation der nicht gezahlten Beiträge, trifft nicht zu. Dies ist – bezieht man den Einwand „global“ auf die Einnahmen des Antragsgegners - schon deshalb nicht richtig, weil die von den Nichtbeitragszahlern zu entrichtende Gebühr – wenn sie zutreffend ermittelt wird – gerade keinen wie auch immer gearteten „Kompensationszuschlag“ für entgangene Beiträge beinhaltet. Die Nichtbeitragszahler profitieren lediglich nicht (mehr) von dem durch andere Gebührenschuldner bewirkten Beitragsaufkommen, worauf sie – wie oben dargelegt – auch keinen Anspruch haben. Der Rabatt für die Beitragszahler „läuft“ im Übrigen auch nur so lange, wie die gezahlten Beiträge überhaupt als Abzugskapital anzusetzen sind, also nicht „ewig“. Dass sich die gebührenrechtliche Eingruppierung als Nichtbeitragszahler im Einzelfall auch unter Berücksichtigung der ersparten Beitragsleistung als „schlechtes Geschäft“ erweisen kann, ist unbeachtlich. Es liegt auf der Hand, dass im Fall einer Umstellung auf eine reine Gebührenfinanzierung nur noch das Gerechtigkeitsmodell der Gebühr mit allen seinen Vor- und Nachteilen gelten würde und - wie auch immer zu ermittelnde - hypothetische Beiträge keine gebührenbegrenzende Funktion haben könnten. So liegt es auch hier, wo für die Gruppe der Nichtbeitragszahler eine Umstellung auf eine reine Gebührenfinanzierung erfolgt ist, in dem sie keine Beiträge zahlen, aber auch nicht von den Beiträgen anderer profitieren. Wer keinen Beitrag zahlen muss, kann nicht von Beiträgen anderer profitieren und auch sonst nicht verlangen, dass die von ihm zu zahlende Gebühr in irgendeiner Weise in Anknüpfung an das Gerechtigkeitsmodell des Beitrages begrenzt wird. (vgl. Beschluss des Senats vom 20. Dezember 2021 - OVG 9 S 65/21 -, juris Rn. 9).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Insbesondere hat die Rechtssache entgegen der Auffassung des Antragstellers keine grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2018 - 6 B 49.18 -, juris Rn. 3). Hierfür ist nichts dargetan oder sonst ersichtlich.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.