Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 31.05.2022 | |
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Aktenzeichen | 3 U 131/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0531.3U131.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 05.11.2021, Az. 4 O 76/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sich die Räumungsanträge (Ziffer 1 und 2 des Tenors des angefochtenen Urteils) erledigt haben, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
1.
Die erstinstanzlich gestellten Räumungsanträge waren zulässig und begründet und haben sich durch die im Dezember 2021 erfolgte Räumung erledigt.
a)
Die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin ist auch in der Berufungsinstanz statthaft (Zöller/Althammer, ZPO, 34. Aufl., § 91 a Rn. 37). Obwohl es sich dabei um eine Klageänderung im Wege einer Klagebeschränkung handelt, kann hier eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO ergehen. Zwar ist über eine einseitige Erledigungserklärung - also über die Frage, ob die zunächst zulässige und begründete Klage nachträglich gegenstandslos geworden ist - durch streitiges Sachurteil zu entscheiden. Diese Feststellungen können aber auch - wenn die Berufung wie hier gegen ein klagestattgebendes Urteil offensichtlich unbegründet ist - nach § 522 Abs. 2 ZPO getroffen werden (OLG Rostock, Beschluss vom 01.02.2006 - 6 U 164/05, BeckRS 2006, 4269; OLG München, Beschluss vom 24.01.2011 - 5 U 4010/10, Rn. 4, juris; Zöller/Heßler, a. a. O., § 522 Rn. 37).
b)
Die Räumungsanträge waren begründet. Das streitgegenständliche Mietverhältnis ist zum 30.04.2021 geendet. Mit ihrem Schreiben vom 04.09.2020 hat die Klägerin einer Verlängerung des Mietverhältnisses über den 30.04.2021 hinaus wirksam widersprochen.
Das Mietverhältnis, dessen Ende zunächst gemäß § 3 Ziffer 1 des Mietvertrages für den 30.04.2020 bestimmt war, hatte sich bis zum 30.04.2021 verlängert. Denn § 3 Ziffer 2 des Mietvertrages sieht eine selbständige Verlängerung des Mietverhältnisses um jeweils ein Jahr vor, sofern nicht ein Vertragspartner unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist widerspricht.
Eine erneute Verlängerung zum 30.04.2022 ist hingegen nicht eingetreten. Denn die Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom 04.09.2020 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie das Mietverhältnis ab dem 01.05.2021 nur zu geänderten Konditionen, namentlich einer erhöhten Kaltmiete und einer Staffelmietvereinbarung, fortsetzen wolle und für den Fall, dass die Beklagte mit den vorgeschlagenen geänderten Konditionen nicht einverstanden sein sollte, die Gewerberäume zum 30.04.2021 kündige.
Die Verwendung des Wortes „kündigen“ steht der Wirksamkeit des Widerspruchs nicht entgegen. Denn es ist unschädlich, wenn der Widerspruch als „Kündigung“ bezeichnet wird, auch wenn es sich rechtlich nicht um eine Kündigung handelt (BGH, NJW 1975, 40; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.5.2002 – 24 U 139/01, BeckRS 2002, 30259367; BeckOGK/Mehle, BGB, Stand: 01.01.2022, § 542 Rn. 125; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts-und Wohnraummiete, 5. Aufl., Kapitel IV Rn. 483).
Die Erklärung der Klägerin stand auch nicht unter einer (unzulässigen) Bedingung. Die Klägerin hat bereits mit Schreiben vom 04.09.2020 eindeutig und bedingungslos erklärt, das Mietverhältnis nicht zu den bestehenden Konditionen fortsetzen zu wollen. Das Mietverhältnis wird aber nur mit demselben Vertragsinhalt fortgesetzt, wenn ein Widerspruch unterbleibt (BGH, NZM 2022, 604). Mit der Erklärung des Widerspruchs wird das in der Verlängerungsklausel liegende Angebot der Gegenseite auf Vertragsfortsetzung abgelehnt (Bub/Treier, a. a. O.).
Bei den von der Klägerin vorgeschlagenen geänderten Mietvertragskonditionen ab dem 01.05.2021 handelt es sich rechtlich um das Angebot auf Neuabschluss eines Mietvertrages, der mangels Annahme durch die Beklagte nicht zustande gekommen ist.
Mit Beendigung des Mietvertrages zum 30.04.2021 ist zugleich die in § 23 Ziffer 12 des Mietvertrages geregelte Berechtigung der Beklagten, die Stellplätze Nr. 6 und 10 kostenlos nutzen zu dürfen, entfallen.
2.
Auch soweit sich die Berufung gegen die in Ziffer 3 des angegriffenen Urteils titulierte Nutzungsentschädigung richtet, ist sie offensichtlich unbegründet.
Die für vergleichbare Sachen ortsübliche Miete, die der Vermieter gemäß § 546 a Abs. 1 Alt. 2 BGB für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache verlangen kann, wenn der Mieter diese nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, ist anhand der bei Neuabschluss eines Mietvertrags ortsüblichen Miete (Marktmiete) zu bestimmen (BGH, NJW 2017, 1022). Maßstab für die Marktmiete ist, zu welchem Preis ein vergleichbares Objekt während der Zeit der Vorenthaltung weiterzuvermieten bzw. anzumieten wäre bzw. welche Miete für vergleichbare Geschäfts- und Gewerberäume gezahlt wird (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 15. Aufl., 2021, BGB § 546a Rn. 60; Guhling/Günter/Krüger, Gewerberaummiete, 2. Aufl., 2019, BGB § 546a Rn. 22; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kapitel 16 Rn. 72). Es spielt dabei keine Rolle, ob es dem Vermieter tatsächlich gelungen wäre, die konkret vorenthaltene Mietsache überhaupt oder zu dem marktüblichen Mietzins zu vermieten, entscheidend ist das herrschende Mietniveau. Die bei einer Neu- bzw. Weitervermietung erzielbare Marktmiete muss sich nach dem Wortlaut von § 546a Abs. 1 BGB an vergleichbaren Mietobjekten orientieren, die am Ort der Mietsache existieren. Der Begriff der Ortsüblichkeit bedeutet dabei, dass nicht vereinzelte Spitzenwerte (nach oben oder unten) maßgeblich sind, sondern ein gewisser Durchschnitt (Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 546a Rn. 60). Danach richtet sich die Höhe der Nutzungsentschädigung ausschließlich und allein anhand derjenigen Miete, die für Vergleichsobjekte als Miete im Zeitpunkt der Vorenthaltung durchschnittlich vereinbart worden ist. Ob diese Miete objektiv betrachtet angemessen ist oder nicht, ist rechtlich ohne Belang (OLG Celle, Urteil vom 10.03.2016 – 2 U 128/15, BeckRS 2016, 103454 Rn. 19).
Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass sie im selben Gewerbeobjekt durch Vertragsabschlüsse vom 18.11.2020, 14.12.2020 bzw. 02.02.2021 Geschäftsräume zu einer Nettokaltmiete in Höhe von 12 €/qm bzw. 8,50 €/qm vermieten konnte (wegen der Einzelheiten siehe Anlage K 8, Bl. 56 ff.). Dem ist die Beklagte nur mit der unzutreffenden Rechtsauffassung entgegengetreten, wonach es in der Regel unwahrscheinlich sei, dass drei Mietverträge im selben Mietobjekt die ortsübliche Vergleichsmiete widerspiegelten, wobei sie sich dabei auf eine Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth zu einem Mieterhöhungsverlangen beruft. Um ein solches geht es hier aber nicht. Auch ist unerheblich, ob die von der Klägerin erzielten Mieten aus einer Neuvermietung oder Weitervermietung resultieren. Dass sich die von der Klägerin herangezogenen Mietverträge zur Begründung der Marktmiete auf Gewerberäume im selben Mietobjekt beziehen, stellt gerade die Vergleichbarkeit her. Die Miete in Höhe von 9 €/qm; die die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geltend macht, bewegt sich in der Spanne der vorgelegten Verträge und stellt damit eine durchschnittliche Marktmiete dar.