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Entscheidung 2 U 72/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Zivilsenat Entscheidungsdatum 10.05.2022
Aktenzeichen 2 U 72/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0510.2U72.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 8. Oktober 2021 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam zum Aktenzeichen 4 O 249/20 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

3.

        

        

Gründe

I.

Die Klägerin betreibt als Teil einer Hotel-Unternehmensgruppe ein Hotel in P… . Sie begehrt Ersatz der Ertragsverluste, die ihr wegen der Corona-bedingten Maßnahmen der Beklagten in den Jahren 2020 und 2021, gerichtet insbesondere auf die zeit- und teilweisen Schließung des Hotels, entstanden seien.

Das Landgericht, auf dessen Urteil im Übrigen gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage insgesamt abgewiesen, und zur Begründung unter wiederholtem Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 1. Juni 2021 (2 U 13/21) ausgeführt:

Die gegen das Land gerichtete Klage sei auch mit Blick auf das erforderliche Feststellungsinteresse zulässig, aber unbegründet. Ein Anspruch aus § 65 IfSG scheide aus, da diese Norm nur Anwendung finde auf Maßnahmen zur Verhütung ansteckender Krankheiten auf der Grundlage von §§ 16 f IfSG. Die Landesverordnungen hätten aber der Bekämpfung einer bereits ausgebrochenen Krankheit gedient unabhängig davon, dass diese nicht auch im Hotel der Klägerin aufgetreten sei. Eine entsprechende Anwendung der Norm widerspräche dem eindeutigen gesetzlichen Regelungskonzept. Entsprechend fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Klägerin habe ferner keinen Anspruch aus § 56 Abs. 1 IfSG, nachdem sie nicht zu dem darin genannten Personenkreis gehört und keinem individuellen krankheitsbedingten Verbot unterlegen habe. Die Entschädigungsregelung des allgemeinen Polizeirechts sei durch das speziellere Infektionsschutzrecht gesperrt. Amtshaftungsansprüche wegen legislativen Unrechts schieden von vornherein aus. Zudem seien die Verordnungen rechtmäßig gewesen, weshalb auch weder Amts- oder Staatshaftungsansprüche noch solche aus enteignungsgleichem Eingriff bestünden. Ein enteignender Eingriff liege angesichts der hohen Zahl der von den Maßnahmen Betroffenen nicht vor.

Der Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten zu 2 sei hingegen bereits unzulässig. Insoweit hätte die Klägerin den ihr durch deren Maßnahmen angeblich entstandenen Schaden durchaus beziffern können, nachdem diese nur sehr kurz wirksam gewesen seien.

Das Urteil ist der Klägerin am 20. Oktober 2021 zugestellt worden. Die Klägerin hat am 18. November 2021 Berufung eingelegt und am 15. Dezember 2021 um Fristverlängerung für die Berufungsbegründung bis zum 17. Januar 2022 gebeten. Die Berufungsbegründung ist innerhalb der antragsgemäß verlängerten Frist eingegangen.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Feststellungsantrag zu 2 sei auch gegenüber der Beklagten zu 2 zulässig, da ihr die Bezifferung der entstandenen Schäden nicht möglich und zumutbar sei. Entgegenstehende Hinweise habe das Landgericht nicht erteilt. Es habe die Klage als unbegründet abweisen können und müssen. Nach Berücksichtigung der ihr zugeflossenen Beihilfen sei ihr für März 2020 ein Schaden von 56.514,55 € verblieben.

In der Sache wiederholt und vertieft sie ihre bereits erstinstanzlich dargelegte Auffassung, die von ihr angegriffenen Maßnahmen hätten nicht der Bekämpfung eines konkret ortsbezogenen Krankheitsausbruchs gedient. Verhütungsmaßnahmen aber hätten auf die §§ 16 f IfSG gestützt werden müssen und damit einen Entschädigungsanspruch nach § 65 Abs. 1 IfSG ausgelöst. Jedenfalls sei diese Vorschrift nach dem gesetzlichen Plan entsprechend auch auf Maßnahmen anzuwenden, die sowohl die Bekämpfung aufgetretener wie die Verhütung weiterer Erkrankungen bezweckten. Die Entschädigung sei nicht abhängig von gegenstandsbezogenen Maßnahmen. Zudem stehe ihr eine Entschädigung aus § 56 IfSG zu. Hierfür genüge der Verdacht, dass sich das Virus in ihrem Hotel befunden habe, was ja letztlich auch Grund der Beschränkungsmaßnahmen gewesen sei. Zu entschädigen seien auch körperschaftlich verfasste Selbständige. Nötigenfalls müsse die Vorschrift analog angewandt werden. Zudem bestünden Amtshaftungsansprüche auch hinsichtlich der angegriffenen Verordnungen. Sie seien Einzelfall- und Maßnahmegesetze mit (auf das Land) beschränkter Reichweite und einem auf die Gastronomen und Hotelbetreiber beschränkten Adressatenkreis. Sie seien rechtswidrig wegen der Wahl der falschen Ermächtigungsgrundlage, ihrer zu großen, allein Gesetzen vorbehaltenen Eingriffstiefe und der fehlenden Erforderlichkeit der Maßnahmen, sowie schließlich wegen des Fehlens einer grundrechtlich gebotenen Entschädigungsregelung. Schließlich liege ein enteignender Eingriff in den von ihr betriebenen Hotelbetrieb vor. Die Maßnahmen gefährdeten ihre Existenz, wie sie bereits erstinstanzlich ausführlich belegt habe.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

I. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1 der Klägerin die Ertragsverluste zu ersetzen hat, die die Klägerin aufgrund der Maßnahmen des Beklagten zu 1 im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erlitten hat, insbesondere durch die

a) Allgemeinverfügung zum Umgang mit größeren Veranstaltungen im Zuge der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 vom 12.03.2020;

b) Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – SARS-CoV-2-EindV) vom 17.03.2020;

c) Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – SARS-CoV-2-EindV) vom 22.03.2020 nebst Änderungsverordnung vom 31.03.2020;

d) Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – SARS-CoV-2-EindV) vom 17.04.2020;

e) Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg (SARS-C0V-2-Eindämmungsverordnung) vom 08.05.2020 nebst Änderungsverordnungen vom 19.05.2020 und vom 27.05.2020;

f) Verordnung über den Umgang mit dem SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Umgangsverordnung – SARS-CoV-2-UmgV) vom 12.06.2020 nebst Änderungsverordnungen vom 26.06.2020, 28.07.2020, 11.08.2020, 03.09.2020, 08.10.2020 und vom 20.10.2020;

g) Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – SARS-CoV-2-EindV) vom 30.10.2020;

h) Zweite Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (Zweite SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – 2. SARS-CoV-2-EindV) vom 30.11.2020;

i) Dritte Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (Dritte SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – 3. SARS-CoV-2-EindV) vom 15.12.2020;

j) Vierte Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (Vierte SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – 4. SARS-CoV-2-EindV) vom 08.01.2021;

k) Fünfte Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (Fünfte SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – 5. SARS-CoV-2-EindV) vom 22.01.2021;

l) Sechste Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (Sechste SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – 6. SARS-CoV-2-EindV) vom 12.02.2021;

m) Siebte Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (Siebte SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – 7. SARS-CoV-2-EindV) vom 06.03.2021 nebst ihren Änderungen insbesondere vom 30.03.2021, 08.04.2021, 15.04.2021, 18.04.2021, 23.04.2021, 11.05.2021, 25.05.2021 und vom 01.06.2021;

n) Verordnung über den Umgang mit dem SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Umgangsverordnung – SARS-CoV-2- UmgV) vom 15.06.2021;

o) Zweite Verordnung über den Umgang mit dem SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg (Zweite SARS-CoV-2-Umgangsverordnung – 2. SARS-CoV-2-UmgV) vom 29.07.2021.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2 der Klägerin die Ertragsverluste zu ersetzen hat, die die Klägerin aufgrund der Maßnahmen der Beklagten zu 2 im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erlitten hat, insbesondere durch die

a) Allgemeinverfügung zum Umgang mit größeren Veranstaltungen im Zuge der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 vom 13.03.2020;

b) Allgemeinverfügung zum Umgang mit größeren Veranstaltungen und Einrichtungen des gesellschaftlichen Lebens im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 vom 16.03.2020;

c) Allgemeinverfügung zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 durch die vorübergehende Einschränkung des öffentlichen Lebens in der Landeshauptstadt Potsdam vom 21.03.2020.

Nunmehr hat die Klägerin angekündigt zu beantragen,

ergänzend zu den Anträgen in der ersten Instanz des Weiteren:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1 der Klägerin die Ertragsverluste zu ersetzen hat, die die Klägerin aufgrund der Maßnahmen des beklagten Landes im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erlitten hat, insbesondere durch die

– Änderungen der Zweiten SARS-CoV-2-Umgangsverordnung vom 24.08.2021;

– Dritte Verordnung über den Umgang mit dem SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg (Dritte SARS-CoV-2-Umgangsverordnung – 3. SARS-CoV-2-UmgV) vom 15.09.2021;

– Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – SARS-CoV-2-EindV) vom 12.11.2021;

– Zweite Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (Zweite SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – 2. SARS-CoV-2-EindV) vom 23.11.2021 nebst Änderungen vom 14.12.2021 und vom 22.12.2021.

Für den Fall, dass der Senat den Feststellungsantrag bezüglich der Beklagten zu 2 für unzulässig halte, hat die Klägerin angekündigt, hilfsweise zu beantragen, die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an sie 56.514,56 EUR zu zahlen.

Die Beklagten beantragen jeweils

Berufungszurückweisung.

Der Beklagte zu 1 hält die zweitinstanzliche Klageerweiterung für unzulässig. Die Erweiterung des Klagegrundes wie vorliegend auf jede weitere Verordnung sei nicht durch § 264 ZPO privilegiert und auch nicht sachdienlich gemäß § 533 Abs. 1 ZPO. Jedenfalls aber sei die Berufung unbegründet. Das Landgericht habe die geltend gemachten Ansprüche zutreffend für nicht gegeben erachtet. Das entspreche der Rechtsprechung des Senats wie der des Bundesgerichtshofs.

Die Beklagte zu 2 hält die gegen sie gerichtete Feststellungsklage weiterhin für unzulässig. Die Klägerin hätte bereits erstinstanzlich, wie nun in II. Instanz hilfsweise, den ihr vermeintlich entstandenen Schaden beziffern können. Hierauf sei sie schon durch die Beklagte zu 2 selbst hingewiesen worden, weshalb es eines weiteren gerichtlichen Hinweises nicht bedurft habe. Der Klageänderung widerspreche sie.

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die zulässige Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Das Landgericht hat die Klagen zu Recht und mit jeweils zutreffender Begründung abgewiesen.

1.

a)

Die Klage gegen den Beklagten zu 1 ist zulässig. Die Zulässigkeit der zweitinstanzlichen Klageerweiterung, insbesondere ihre Sachdienlichkeit im Sinne des § 533 Nr. 1 ZPO und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO, erscheint aus den von dem Beklagten zu 1 in seiner Berufungserwiderung dargelegten Gründen zweifelhaft. Das aber kann angesichts der gebotenen entsprechenden Anwendung von § 524 Abs. 4 ZPO dahinstehen (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 2016 – III ZR 84/15 –, NJW-RR 2017, 56 Rdnr. 14 ff; Beschluss vom 10. Februar 2022 – III ZR 87/21 –, Rdnr. 5 bei juris).

b)

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1 weder ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz noch ein Anspruch aus Amtshaftung bzw. Staatshaftung auch im weiteren Sinne zu. Zur Begründung wird auf die ausführliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. März 2022 zum Az. III ZR 79/21 betreffend einen vergleichbaren Fall verwiesen, mit der dieser die auch durch das Landgericht wiederholt zitierte Entscheidung des Senats vom 1. Juni 2021 (2 U 13/21) bestätigte. Mit Blick auf den weiteren Vortrag der Klägerin bedarf es nur folgender Hinweise:

i) Ein Entschädigungsanspruch aus § 56 IfSG steht der Klägerin aus den von dem Beklagten zu 1 in seiner Berufungserwiderung dargelegten Gründen von vornherein nicht zu. Die Vorschrift erfasst allein natürliche Personen, die gezielt personenbezogen als infektionsschutzrechtlicher Störer in Anspruch genommen wurden (BGH, Urteil vom 17. März 2022 – III ZR 79/21 –, Rdnr. 19 bei juris). Hierzu zählt die Klägerin nicht. Ihr darüber weit hinausgehendes Verständnis der Norm überdehnt deren Wortlaut.

ii) Die angeführten Maßnahmen des Beklagten zu 1 vermögen keinen Anspruch aus Amts- oder Staatshaftung im Sinne von § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG bzw. § 1 StHG zu begründen. Diese Haftungstatbestände haben allein den Zweck, individuelle Schadensfälle zu regulieren und erfassen daher von vornherein prinzipiell weder legislatives noch normatives Unrecht (BGH, Urteil vom 17. März 2022 – III ZR 79/21 –, Rdnr. 65 bei juris; Urteil vom 28. Januar 2021 – III ZR 25/20 –, NVwZ 2021, 1315, Rdnr. 21). Anders kann dies ausnahmsweise bei einem Maßnahme- oder Einzelfallgesetz liegen, das ähnlich einem Bebauungsplan Belange bestimmter Einzelner so unmittelbar berührt, dass sie als „Dritte“ im Sinne des § 839 BGB angesehen werden können. Daran fehlt es, wenn alle Mitglieder einer größeren, nach abstrakt-generellen Merkmalen bestimmten Gruppe betroffen sind und die Regelung keine besondere räumliche und/oder sachliche Individualisierung der Rechtsadressaten vorsieht, die eine besondere Beziehung zwischen dem Rechtsetzungsakt und den geschützten Interessen bestimmter Betroffener schafft (BGH, Beschluss vom 11. März 1993 – III ZR 110/92 –, NVwZ-RR 1993, 450, Rdnr. 7 bei juris). Hierzu gehören die angegriffenen Verordnungen nicht. Sie sind in ihrem Geltungsbereich nicht räumlich und personell beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2021 – III ZR 25/20 –, NVwZ 2021, 1315, Rdnr. 17), sondern erfassen räumlich das gesamte Land Brandenburg und personell nicht nur alle Beherbergungs- und Bewirtungsbetriebe, sondern zielen vielmehr auf weite Teile des öffentlichen Lebens im gesamten Land Brandenburg.

Die Verordnungen sind zudem nicht rechtswidrig. Dies hat der Senat bezogen auf die SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnungen vom 22. März 2020 (GVBl. II Nr. 11/2020), 17. April 2020 (GVBl. II Nr. 21/2020) und 24. April 2020 (GVBl. II Nr. 25/2020) bereits ausgesprochen (Senat, Urteil vom 1. Juni 2021 – 2 U 13/21 –, Rdnr. 24 bei juris). Auch hinsichtlich der weiteren, durch die Klägerin hier angegriffenen Verordnungen lässt der Vortrag der Klägerin keine hinreichenden Gründe für deren Rechtswidrigkeit erkennen. Sie beruhen auf einer ausreichenden, zutreffend in Anspruch genommenen Ermächtigungsgrundlage und verletzen nicht den Vorbehalt des Gesetzes. Angesichts dessen kann auch hier offen bleiben, ob und – mit Blick nicht zuletzt auf den jeweiligen Zeitablauf – in welchem Ausmaß es der Klägerin möglich und zumutbar gewesen wäre, den ihr angeblich entstandenen Schaden durch Gebrauch von verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Rechtsmitteln abzuwenden, § 839 Abs. 3 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 2021 – 2 U 13/21 –, Rdnr. 36 bei juris).

Die im Antrag zu I. f) genannte „Änderungsverordnung vom 28. Juli 2020“ existiert im Übrigen im Brandenburgischen Landesrecht nicht.

2.

Die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Feststellungsklage ist bereits nicht zulässig.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die behauptete Entschädigungs- bzw. Schadensersatzpflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger ist zwar ein feststellfähiges Rechtsverhältnis in diesem Sinne (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 – VII ZR 245/90 –, NJW 1992, 697 = MDR 1992, 519; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 256 ZPO Rdnr. 4). Ein rechtlich geschütztes Interesse an alsbaldiger Feststellung hat der Kläger bei Verletzung einer Norm zum Schutz des Vermögens wie hier, soweit eine Vermögensgefährdung dargelegt ist, das heißt die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens (Greger ebd. Rdnr. 9 m. w. N.), der Beklagte die Einstandspflicht aber ernstlich bestreitet (Greger ebd. Rdnr. 7). Das Feststellungsinteresse fehlt aber, wenn dem Kläger eine bessere Rechtsschutzmöglichkeit offensteht und zumutbar ist, namentlich die Klage auf Leistung. Das ist nicht der Fall, wenn der Kläger seinen Anspruch zum Beispiel auf Schadensersatz noch nicht oder nicht ohne Durchführung einer aufwendigen Begutachtung beziffern kann. Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt wie zum Beispiel der Schaden zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, so ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte; der Geschädigte kann aber auch bezüglich des bereits bezifferbaren Teils des Schadens Leistungsklage und im Übrigen Feststellungsklage erheben (BGH, Urteil vom 19. April 2016 – VI ZR 506/14 –, NJW-RR 2016, 759 = MDR 2016, 786; Greger ebd. Rdnr. 7a).

Nach diesen Maßstäben fehlt der Klägerin das erforderliche Feststellungsinteresse. Ihr ist es erkennbar möglich und zumutbar, den ihr vermeintlich entstandenen Schaden zu beziffern und sogleich auf Leistung zu klagen. Das zeigt der nun zweitinstanzlich – hilfsweise – formulierte Leistungsantrag. Es ist nichts dafür erkennbar, warum ihr diese Möglichkeit nicht bereits bei Klageeinreichung am 21. September 2020 offenstand. Die Schadensentwicklung ist abgeschlossen. Die Maßnahmen der Beklagten zu 2 erlangten Wirksamkeit erst und allein am 17. März 2020. Im Folgenden wurden sie durch die Maßnahmen des Beklagten zu 1 überlagert. Warum die an diesem einzelnen Kalendertag der Klägerin erwachsenen Schäden nicht abschließend beziffert werden könnten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Eines gerichtlichen Hinweises hierauf bedurfte es angesichts der ausdrücklichen Rüge der Beklagten zu 2 in ihrer Klageerwiderung vom 21. Dezember 2020 nicht. Denn Hinweise des Gerichts sind entbehrlich, wenn die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat (BGH, Urteil vom 22. November 2006 – VIII ZR 72/06 –, BGHZ 170, 67, Rdnr. 19; BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 – IX ZR 207/05 –, NJW-RR 2008, 581, Rdnr. 2; von Selle, Beck’scher Online-Kommentar zur ZPO ebd., § 139 ZPO Rdnr. 19). Hier hat die Beklagte zu 2 sich bereits zu Beginn ihrer Klageerwiderung ausführlich und konkret zur Frage des Rechtsschutzinteresses und der Möglichkeit der Klägerin verhalten, Leistungsklage zu erheben.

Die Zulässigkeit der zweitinstanzlichen Klageerweiterung, insbesondere ihre Sachdienlichkeit im Sinne des § 533 Nr. 1 ZPO und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO, kann auch hier entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO dahinstehen.

3.

Die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen ebenfalls vor. Die Rechtssache ist nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. März 2022 (III ZR 79/21) nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung. Zugleich erfordert nunmehr weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

4.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert auf 500.000 € festzusetzen. Nach den Angaben der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 24. August 2021 (S. 9 f) macht sie nicht lediglich ihren Verlust von „ca. 365 TEUR“ geltend, sondern beklagt entgangenen Verlust von „über 2 Mio. EUR“, dem allerdings wohl Staatshilfen in Höhe von etwa 1,2 Mio. Euro entgegenstehen. Zu berücksichtigen ist ferner die übliche Minderung um 20 % wegen der lediglich begehrten Feststellung (vgl. BGH, Beschluss vom 30. April 2008 – III ZR 202/07 –, MDR 2008, 829).