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Entscheidung 5 K 641/18.A


Metadaten

Gericht VG Cottbus 5. Kammer Entscheidungsdatum 03.03.2020
Aktenzeichen 5 K 641/18.A ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2020:0303.5K641.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 29 Abs 1 Nr 2 AsylVfG 1992, § 29 Abs 2 S 1 AsylVfG 1992, § 37 Abs 1 AsylVfG 1992, § 46 VwVfG

Leitsatz

1. Die Lebensbedingungen für alleinstehende und arbeitsfähige international Schutzberecchtigte in Griechenland weisen keine gegen Art. 3 EMRK verstoßenden systemischen Mängel auf.

2. Hat das Bundesamt den Antragsteller entgegen § 29 Abs. 2 S. 1 AsylG nicht zur Unzulässigkeit des Asylantrages angehört, ist ein solcher Fehler nach § 46 VwVfG unbeachtlich, wenn dem Antragsteller im gerichtlichen Verfahren Gelegenheit gegeben worden ist, sich persönlich zur Frage der Unzulässigkeit des Asylantrages zu äußern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2019 - 1 C 26.16 -, juris).

3. Keine analoge Anwendung von § 37 Abs. 1 AsylG in Fällen, in denen das Bundesamt entgegen § 36 Abs. 1 AsylG eine 30-tägige Ausreisefrist festsetzt (entgegen VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Januar 2019 - A 4 K 9894/17 -, juris)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig.

Der nach eigenen Angaben aus Syrien stammende und am 1. Januar 2001 geborene Kläger beantragte am 28. November 2017 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) Asyl.

Die im Rahmen des Asylverfahrens durchgeführte EURODAC-Abfrage ergab für den Kläger einen Treffer der Kategorie 1 zu Griechenland vom 26. April 2016 und eine Schutzgewährung vom 10. Januar 2017.

In seiner Anhörung nach § 25 des Asylgesetzes gab der Kläger gegenüber dem Bundesamt an, am 1. Januar 2016 aus Syrien ausgereist und am 5. Juli 2017 in die Bundesrepublik eingereist zu sein. Von Syrien sei er über die Türkei, Griechenland, Italien und die Schweiz gereist. Auf Nachfrage, ob er in einem dieser Länder einen längeren Aufenthalt gehabt habe, gab der Kläger an, sich in Griechenland etwa ein Jahr lang und in Italien zwei Monate aufgehalten zu haben. Weiter führte der Kläger auf Nachfrage aus, in Griechenland „nichts gemacht“ zu haben. Er habe gesucht, wie er weiter komme. Er habe in einem Flüchtlingslager gelebt. Es hätte Hilfsorganisationen gegeben. Geld hätte er keins gehabt. Einen Asylantrag habe er in keinem der genannten Länder gestellt, weil er gezielt nach Deutschland habe kommen wollen. In Griechenland hätte er auch keine Gelegenheit gehabt, zur Schule zu gehen.

Mit Bescheid vom 15. März 2018 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen (Ziffer 2). Weiter forderte es den Kläger zur Ausreise binnen 30 Tagen nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung auf und drohte ihm für den Fall des Nichteinhaltens dieser Frist die Abschiebung nach Griechenland an (Ziffer 3). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde zudem auf 6 Monate nach dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Klage, die der Kläger im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Bescheid sei bereits deshalb rechtswidrig, weil er in Griechenland gar keinen internationalen Schutz erhalten habe. Er habe schon keinen Asylantrag gestellt. Im Übrigen drohe ihm im Falle einer Rückkehr nach Griechenland eine unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Anerkannt Schutzberechtigte seien vielfach von Arbeits- und Wohnungslosigkeit betroffen und profitierten faktisch auch nicht von den in Griechenland zur Verfügung stehenden Sozialleistungen. Es sei daher davon auszugehen, dass er im Falle der Rückkehr in eine Situation extremer materieller Not geriete. Insoweit sei auch die Annahme lebensfremd, dass Hilfsorganisationen die Kapazität hätten, anerkannt Schutzberechtigte flächendeckend mit den nötigen Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs zu versorgen. Zu der Auskunft des Auswärtigen Amtes, wonach Obdachlosigkeit in Griechenland kein augenscheinliches Massenphänomen darstelle, habe das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) in dem dortigen Verfahren VG 7 K 122/16.A nunmehr einen Beweisbeschluss erlassen. Hierzu sei mit Schreiben vom 31. Januar 2020 bereits die – dem Klagebegründungsschriftsatz beigefügte – Antwort der Stiftung Pro Asyl eingegangen, in der nochmals bestätigt werde, dass die Wohnsituation für anerkannt Schutzberechtigte katastrophal sei und die Mehrheit der anerkannt Schutzberechtigten in prekären oder unsicheren Unterkünften lebe und unter Obdachlosigkeit leide.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. das Verfahren analog § 94 der Verwaltungsgerichtsordnung auszusetzen, um das Vorliegen der von dem Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) in dem Verfahren VG 7 K 122/16.A mit Schreiben vom 28. November 2019 angeforderten Auskunft des Auswärtigen Amtes abzuwarten,

2. den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. März 2018 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat das Gericht den Kläger gebeten mitzuteilen, ob Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren besteht. Auf die offenbar vor diesem Hintergrund erfolgte Nachfrage der Prozessbevollmächtigten des Klägers, wie sich die Kammer zur Frage „der Anerkannten in Griechenland“ verhalte, hat das Gericht ihr mit Schreiben vom 27. Februar 2020 mitgeteilt, dass es eine Anhörung des Klägers zum Unzulässigkeitsverdikt in der mündlichen Verhandlung für geboten halte. Mit Schriftsatz vom 29. Februar 2020, bei Gericht eingegangen am 2. März 2020, hat die Prozessbevollmächtigte darauf hin mitgeteilt, sie sei von einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ausgegangen und rege daher an, den Termin zur mündlichen Verhandlung im Sinne eines fairen Verfahrens zu verlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers und der Beklagten verhandeln und entscheiden, weil die Beteiligten in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.

Die Kammer sah sich nicht veranlasst, den Termin zur mündlichen Verhandlung entsprechend der Anregung der klägerischen Prozessbevollmächtigten zu verlegen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens liegt nicht vor. Insbesondere durften weder der Kläger noch seine Prozessbevollmächtigte allein aufgrund der Anfrage des Gerichts, ob Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung besteht, davon ausgehen, dass die mündliche Verhandlung nicht stattfinden würde. Eine solche Anfrage bindet das Gericht selbst dann nicht, wenn alle Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt haben (vgl. Ortloff/Riese, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 101 Rn. 13). Ist ein entsprechendes Einverständnis – wie vorliegend – bis zum anberaumten Termin von keiner Seite erteilt, sondern allenfalls in Aussicht gestellt worden, so ist eine Aufhebung des Termins erst recht nicht geboten.

Die von dem Kläger mit Blick auf einen Beweisbeschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) beantragte Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO kommt schon mangels Vorgreiflichkeit nicht in Betracht. Für eine entsprechende Anwendung der Norm fehlt es zudem jedenfalls in der vorliegenden Konstellation an einer planwidrigen Regelungslücke.

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

Die Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamtes ist zunächst nicht bereits deshalb klarstellend aufzuheben, weil der Bescheid etwa nach § 37 Abs. 1 AsylG unwirksam geworden wäre.

§ 37 Abs. 1 AsylG bestimmt, dass die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit eines Asylantrages nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam werden, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht.

Die direkte Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG scheidet aus, da es vorliegend keinen stattgebenden Eilbeschluss gibt.

Auch eine analoge Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG kommt nicht in Betracht.

Soweit das Verwaltungsgericht Freiburg im Breisgau § 37 Abs. 1 AsylG analog für anwendbar hält, wenn das Bundesamt entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 36 Abs. 1 AsylG eine 30-tägige Ausreisefrist festsetzt, um die aus seiner Sicht unerwünschten Rechtsfolgen des § 37 Abs. 1 AsylG zu umgehen und eine Aussetzung der gesetzlich angeordneten Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO nicht möglich gewesen wäre (vgl. VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Januar 2020 - A 4 K 9894/17 -, juris; bestätigt durch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. September 2019 - A 4 S 788/19 -, juris), vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen.

Dabei kann dann dahinstehen, ob eine solche Konstellation vorliegend anzunehmen wäre. Zur Überzeugung der Kammer ist § 37 Abs. 1 AsylG einer erweiterten Anwendung schon von vorn herein nicht zugänglich. Die zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung bestimmten Rechtsfolgen des § 37 Abs. 1 AsylG gehen über die allgemeinen Wirkungen einer verwaltungsgerichtlichen Eilentscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO, mit der die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsandrohung angeordnet, die Entscheidung in der Hauptsache aber nicht vorweggenommen wird, weit hinaus. Es handelt sich mithin um eine – an sich systemfremde – Ausnahmevorschrift, deren Anwendungsbereich schon aus diesem Grund (Singularia non sunt extendenda) auf die ausdrücklich geregelten Fälle beschränkt bleiben muss (vgl. Funke/Kaiser, GK-AsylG, § 37 Rn. 16; zu § 37 Abs. 1 AsylVfG in der damaligen Fassung vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 -, juris Rn. 13; zur Unzulässigkeit einer teleologischen Reduktion des § 37 Abs. 1 AsylG vgl. zudem BVerwG; Urteil vom 15. Januar 2019 - 1 C 15.18 -, juris Rn. 17 ff.).

Im Übrigen liegen aber auch die Voraussetzungen für eine Analogie nicht vor. Durch eine Analogie wird die durch eine Norm angeordnete Rechtsfolge auf einen Sachverhalt übertragen, der nicht dem Tatbestand der Norm unterfällt. Als Unterfall der richterlichen Rechtsfortbildung setzt die Annahme einer Analogie eine Regelungslücke voraus. Darunter ist eine Unvollständigkeit des Tatbestandes einer Norm wegen eines versehentlichen, dem Normzweck zuwiderlaufenden Regelungsversäumnisses des Normgebers zu verstehen. Eine solche Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er ihn bedacht hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2018 - 5 C 14.18 -, juris Rn. 24; Beschluss vom 11. September 2008 - 2 B 43.08 -, juris Rn. 7 m.w.N.).

Für den hier in Rede stehenden Fall, dass das Bundesamt die Ausreisefrist für den Asylbewerber entgegen § 36 Abs. 1 AsylG auf 30 Tage nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens festsetzt, kann dies nicht angenommen werden. Zu Recht mag das Verwaltungsgericht Freiburg im Breisgau zwar davon ausgehen, dass dieses Vorgehen den Beschleunigungszwecken des § 37 Abs. 1 AsylG zuwiderläuft. Für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke reicht dies allein indes nicht aus. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG explizit von einer positiven gerichtlichen Entscheidung im Eilverfahren abhängig gemacht hat, die nach dem Maßstab des § 36 Abs. 4 S. 1 AsylG nur dann erfolgen darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung bestehen, mithin erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Überprüfung wahrscheinlich nicht standhält (zu diesem Maßstab vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 -, juris Rn. 99). Setzt die Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG nach dem Willen des Gesetzgebers damit aber gerade voraus, dass ein Verwaltungsgericht im Rahmen einer frühzeitigen Befassung mit der Sache zu der Auffassung gelangt ist, dass ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Regelung auch dann zur Anwendung hätte bringen wollen, wenn es an einer solchen gerichtlichen Befassung in der Sache fehlt. Eher erscheint das Gegenteil naheliegend, zumal der Umstand, dass das Bundesamt in den in Betracht kommenden Fallkonstellationen selbst Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Entscheidung haben mag, einer gerichtlichen Entscheidung am Maßstab des § 36 Abs. 4 S. 1 AsylG nicht annähernd gleich kommt.

Eine erweiterte Anwendung ist schließlich auch nicht aus Gründen der Billigkeit oder unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben geboten, der der Rechtsausübung dort eine Grenze setzt, wo diese zu untragbaren und mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führen würde. Von solchen Ergebnissen kann vorliegend keine Rede sein. Denn der Antragsteller erfährt durch die Nichtanwendung des § 37 Abs. 1 AsylG in Fällen, in denen das Bundesamt die Ausreisefrist auf 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens festsetzt, keine rechtlich relevanten Nachteile (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 25. April 2019 - 1 C 51.18 -, juris Rn. 21, wonach eine verlängerte Ausreisefrist den Betroffenen nicht in seinen Rechten verletzet). Soweit die mit der Verfahrensvorschrift des § 37 Abs. 1 AsylG bezweckte Verfahrensbeschleunigung verfehlt wird, beschwert ihn dies nicht, weil diese allein dem öffentlichen Interesse dient. Dass der Gesetzgeber dem Betroffenen mit § 37 Abs. 1 AsylG zugleich subjektive Rechte verleihen wollte, ist nicht ersichtlich und ergibt sich insbesondere auch nicht aus den Gesetzesmaterialien (vgl. VG Köln, Beschluss vom 9. Mai 2018 - 14 L 826/18.A -, juris Rn. 5 ff.). Vor diesem Hintergrund wird dem Interesse des Antragstellers hinreichend damit Rechnung getragen, dass ihm eine Abschiebung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht droht. Dies gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass auch eine stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Eilverfahren und die Anwendbarkeit des § 37 Abs. 1 AsylG das Bundesamt nicht daran hindert, beim Vorliegen der Voraussetzungen erneut eine Unzulässigkeitsentscheidung zu treffen (BVerwG, Urteil vom 25. April 2019 - 1 C 51.18 -, juris Rn. 12 ff.), so dass der Asylantragsteller im Ergebnis auch bei Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG nicht unbedingt etwas gewinnt.

Der Bescheid des Bundesamtes vom 15. März 2018 ist überwiegend rechtmäßig. Soweit er rechtswidrig ist, verletzt er den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Zunächst liegen keine durchgreifenden formellen Fehler vor.

Dass das Bundesamt den Kläger ausweislich des Verwaltungsvorgangs nur nach § 25 AsylG und nicht – wie in § 29 Abs. 2 S. 1 vorgesehen – gesondert zur Unzulässigkeit des Asylantrages angehört hat, erweist sich im Ergebnis als unbeachtlich.

Dabei kann dahinstehen, ob insofern ein Anhörungsmangel vorliegt oder die Anhörung nach § 25 AsylG dem Zweck des § 29 Abs. 2 S. 1 AsylG Genüge getan hat. Letzteres kann der Fall sein, wenn die Anhörung umfassend erfolgt und der Antragsteller insbesondere zu seinem Reiseweg, der Stellung eines Asylantrages und der Zuerkennung von Asyl und Flüchtlingseigenschaft sowie zu möglichen Gründen, die einer Abschiebung in sein Heimatland oder einen anderen Staat entgegenstehen, befragt worden ist (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 21. November 2017 - 1 C 39.16 -, juris Rn. 31 ff.; EuGH-Vorlage vom 2. August 2017 - 1 C 37.16 -, juris Rn. 31).

Jedenfalls ist ein etwaiger Anhörungsmangel nach § 46 des Verwaltungsverfahrengesetzes (VwVfG) unbeachtlich. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, u.a. nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. So liegt es hier, da die Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eine gebundene Entscheidung darstellt. In derartigen Fällen kann sich ein Anhörungsmangel im Ergebnis nicht auswirken, weil das Bundesamt und nachfolgend die Verwaltungsgerichte aufgrund der ihnen jeweils obliegenden Amtsermittlungspflicht verpflichtet sind, alle Tatbestandsvoraussetzungen der Norm von Amts wegen aufzuklären (vgl. schon BVerwG, EuGH-Vorlage vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 -, juris Rn. 42 und Rn. 45).

Auch Art. 14 Abs. 1 bzw. Art. 34 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie) stehen der Anwendung des § 46 VwVfG jedenfalls vorliegend nicht entgegen, da ein etwaiger Anhörungsmangel im gerichtlichen Verfahren kompensiert worden ist. Dem Kläger ist nämlich seitens des Gerichts die Möglichkeit gegeben worden, sich in der mündlichen Verhandlung insbesondere auch zum Unzulässigkeitsverdikt umfassend persönlich zu äußern, auch wenn er diese Gelegenheit ungenutzt hat verstreichen lassen.

Zwar hat der EuGH eine entsprechende Vorlagefrage des Bundesverwaltungsgerichts (EuGH-Vorlage vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 -, juris Rn. 38 ff., aufrechterhalten mit Beschluss vom 17. April 2019 – 1 C 26.16 -, juris und auf Nachfrage des EuGH ergänzt mit Beschluss vom 24. Oktober 2019 - 1 C 26.16 -, juris) bisher nicht beantwortet. Aus einer zwischenzeitlich zu Art. 46 Abs. 3 der Verfahrensrichtlinie ergangenen Entscheidung ergibt sich jedoch, dass es europarechtlich gestattet ist, eine zu Unrecht unterlassene persönliche Anhörung (etwa zu dem jeweils greifenden Unzulässigkeitsgrund) im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren nachzuholen und damit de facto zu heilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2019 - 1 C 26.16 -, juris Rn. 6). Nach Auffassung des EuGH ist es in diesem Fall sogar zulässig, dass das Gericht seine Entscheidung auf einen Unzulässigkeitsgrund stützt, der von der Asylbehörde überhaupt nicht geprüft wurde (Urteil vom 25. Juli 2018 - C-585/16 -, juris Rn. 127 ff.).

Materiell ist die Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamtes nicht zu beanstanden.

Insbesondere ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass der Asylantrag des Klägers nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig ist, weil dem Kläger bereits in Griechenland internationaler Schutz gewährt wurde. Dies ergibt sich aus der im Verwaltungsvorgang des Bundesamtes befindlichen EURODAC-Abfrage (Bl. 35 VV) sowie einer IFM-Nachricht (Bl. 52 VV). Anlass, an diesen Informationen zu zweifeln, besteht nicht. Soweit der Kläger selbst behauptet, in Griechenland nicht einmal einen Asylantrag gestellt zu haben, handelt es sich zur Überzeugung der Kammer um eine verfahrenstaktisch veranlasste Schutzbehauptung, der zum einen der EURDODAC-Treffer der Kategorie 1 entgegensteht und die im Übrigen schon deshalb wenig glaubhaft erscheint, weil der Kläger selbst angegeben hat, in Griechenland einem Flüchtlingslager untergebracht gewesen zu sein.

Der Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamtes stehen auch keine unionsrechtlichen Gründe entgegen.

Nach der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verbietet allerdings Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Verfahrensrichtlinie den Mitgliedstaaten eine Ablehnung des Asylantrages als unzulässig, wenn die Lebensverhältnisse, die den Antragsteller in dem Mitgliedstaat, der ihm internationalen Schutz gewährt hat, erwarten, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) oder Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu erfahren (EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 -, juris).

Dabei ist für die Beantwortung der Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne der genannten Vorschriften vorliegt, auf Grundlage der Rechtsprechung des EuGH von folgenden Maßstäben auszugehen:

Gegen eine Verletzung von Art. 4 GR-Charta streitet zunächst die im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems geltende Vermutung, dass die Behandlung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der GR-Charta, der Genfer Konvention und der EMRK steht. Dies gilt insbesondere bei der Anwendung von Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Verfahrensrichtlinie, in dem im Rahmen des gemeinsamen Asylverfahrens der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zum Ausdruck kommt (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. -, juris Rn. 85).

Andererseits kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass die Gefahr besteht, dass Personen in diesem Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist. Verfügt das Gericht über Angaben, die der Antragsteller vorgelegt hat, um das Vorliegen eines solchen Risikos nachzuweisen, ist es deshalb verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen, die die Gefahr einer menschenunwürdigen Behandlung mit sich bringen (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 -, juris Rn. 86).

Auch erkennbare Schwachstellen vermögen dabei nur dann einen Verstoß gegen Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK zu begründen, wenn die drohende Behandlung eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht. Diese Schwelle ist nach der Rechtsprechung des EuGH erst dann erreicht, wenn aufgrund der Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats die reale Gefahr besteht, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden („Bett, Brot, Seife“), und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist (EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 -, juris Rn. 89/90 und - C-163/17 - juris, Rn. 92).

Danach ergibt sich eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nicht bereits aufgrund von Mängeln bei der Durchführung von Programmen zur Integration von Schutzberechtigten. Selbst eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse oder gar große Armut reichen für sich genommen nicht aus um einen Verstoß gegen Art. 4 GR-Charta anzunehmen. Gleiches gilt für den Umstand, dass Schutzberechtigte in einem Mitliedstaat keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in sehr eingeschränktem Umfang existenzsichernde Leistungen erhalten (EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 -, juris Rn. 91 ff. und - C-163/17 -, juris Rn. 93). Auch Art. 3 EMRK gewährt von einer Überstellung betroffenen Ausländern keinen Anspruch auf Verbleib in einem Mitgliedstaat, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Ebenso wenig folgt aus der Menschenrechtskonvention die allgemeine Verpflichtung, Flüchtlinge finanziell zu unterstützen oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen, geschweige denn, dass die Vertragsstaaten verpflichtet wären, jeder Person innerhalb ihres Hoheitsgebietes Obdach bzw. finanzielle Leistungen zu gewähren (vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – Nr. 27725/10 -, Mohammed Hussein u.a. v. die Niederlande und Italien -, juris Rn. 70 f.; Urteil vom 21. Januar 2011 – Nr. 30696/09 - M.S.S. v. Belgien und Griechenland -, juris Rn. 249).

Ob ein Verstoß gegen Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK vorliegt, hängt danach auch und gerade in den Fällen, in denen in dem betroffenen Mitgliedstaat allgemein schlechte Lebensbedingungen herrschen, entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist zunächst auf den Willen und die Möglichkeiten des Einzelnen abzustellen. Insbesondere in Ländern, in denen der Zugang zu „Bett, Brot und Seife“ dem Betroffenen ein hohes Maß an Eigeninitiative abverlangt, kann die Wahrscheinlichkeit unabhängig vom eigenen Willen eine Situation extremer materieller Not zu geraten, bei bestimmten Personen wesentlich größer sein als bei anderen. So wird bei nicht besonders schutzbedürftigen Personen erst dann eine Existenzbedrohung angenommen werden können, wenn davon auszugehen ist, dass sie es auch unter Zuhilfenahme aller vorhandenen Möglichkeiten und gegebenenfalls unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in dem betroffenen Mitgliedstaat nicht schaffen, eine – auch nur bescheidene – Existenz aufzubauen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Dezember 2019 - 11 A 228/15.A -, juris Rn. 47). Für andere Personen, die aufgrund besonderer Umstände wie beispielsweise der familiären Situation, Krankheit, etc. besondere Bedürfnisse mitbringen und/oder eine entsprechende Eigeninitiative nicht entfalten können, wird demgegenüber im Einzelfall bereits die Verweigerung staatlicher Hilfeleistungen eine existenzbedrohende Gefahr auslösen können (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 20. September 2019 - 3 K 2100/18 -, juris Rn. 22; VG Regensburg, Urteil vom 3.Januar 2019 - RN 11 K 18.31292 -, juris Rn. 25).

Dies zugrunde gelegt ist die Unzulässigkeitsentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden.

Dass arbeitsfähigen und gesunden Schutzberechtigten in Griechenland unabhängig von deren Willen und eigenen Entscheidungen gleichsam automatisch Verelendung und damit eine gegen Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung droht, lässt sich aufgrund der der Kammer vorliegenden Erkenntnisse zur Behandlung anerkannt Schutzbedürftiger weder positiv feststellen noch scheint es beachtlich wahrscheinlich (wie hier im Ergebnis auch: VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. September 2019 - 12 L 1326/19.A -, juris; VG des Saarlandes, Urteil vom 20. September 2019 - 3 K 1222/18 -, juris; VG Osnabrück, Urteil vom 2. September 2019 - 5 A 326/18 -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 3. Januar 2019 - RN 11 K 18.31292 -, juris; VG Berlin, Beschluss vom 6. Dezember 2018 - 9 L 703.18 A -, juris; VG Ansbach, Beschluss vom 26. September 2018 - AN 14 S 18.50697 -, juris).

Allerdings ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen, dass der Kläger eine Versorgung mit den nötigsten Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs voraussichtlich zunächst über Hilfsorganisationen wird sicherstellen müssen, da ihm eigene finanzielle Mittel nicht zur Verfügung stehen werden.

Zwar haben anerkannt Schutzberechtigte rechtlich in gleicher Weise wie Einheimische Zugang zu den vom griechischen Staat bereit gestellten Sozialhilfeleistungen. Anerkannt Schutzberechtigte, die das Land verlassen haben, sind aber jedenfalls in den ersten Jahren nach ihrer Rückkehr faktisch von dem Erhalt dieser Leistungen ausgeschlossen. Dies gilt sowohl für die zum Februar 2017 neu eingeführte soziale Grundsicherung in Höhe von 200 Euro als auch das zum 1. Januar 2019 eingeführte Wohngeld in Höhe von 70 Euro (jeweils pro Einzelperson), da die für deren Beantragung erforderlichen Unterlagen in der Praxis kaum zu erlangen sind. Abgesehen von weiteren Schwierigkeiten kann insbesondere der durch eine entsprechende Steuererklärung zu erbringende Nachweis eines mindestens zwei- (soziale Grundsicherung) bzw. fünfjährigen (Wohngeld) legalen Inlandsaufenthalts zurückkehrenden anerkannt Schutzberechtigen nicht gelingen (AA, Auskunft an das VG Berlin vom 4. Dezember 2019).

Zum Cash Card-Programm des UNHCR, in dessen Rahmen Asylbewerber finanziell unterstützt werden, haben Rückkehrer mit Schutzstatus ebenfalls keinen Zugang (AA, Auskunft an das VG Berlin vom 4. Dezember 2019; Auskunft an das VG Stade vom 6. Dezember 2018).

Auch spricht wenig dafür, dass der Kläger allein durch Erwerbstätigkeit ein ausreichendes Einkommen erzielen kann, um sein Existenzminimum vollständig zu sichern. Die Sicherung des Lebensunterhalts durch Erwerbstätigkeit in Griechenland ist generell schwierig. Zwar steht der Zugang zum Arbeitsmarkt rechtlich allen dauerhaft und legal im Land lebenden Personen, also auch anerkannt Schutzberechtigten, offen. Aufgrund der hohen allgemeinen Arbeitslosigkeit (16,9 % im zweiten Quartal 2019) haben zurückkehrende Schutzberechtigte aber faktisch schlechte Chancen, in Griechenland Arbeit zu finden (AA, Auskunft an das VG Berlin vom 4. Dezember 2019, Auskunft an das VG Greifswald vom 26. September 2018). Auch die Aussicht, von staatlicher Seite einen Arbeitsplatz vermittelt zu bekommen, ist gering (AA, Auskunft an das VG Schwerin vom 26. September 2018). Vor allem durch Nichtregierungsorganisationen bestehen zwar punktuelle Initiativen zur Arbeitsvermittlung; diese sind allerdings auch nur zum Teil erfolgreich (AA, Auskunft an das VG Berlin vom 4. Dezember 2019).

Gleichwohl kann zur Überzeugung der Kammer nicht davon ausgegangen werden, dass der junge, gesunde und kinderlose Kläger es mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auch unter Inanspruchnahme vorhandener Hilfsangebote nicht schaffen wird, sich in Griechenland mit den Nötigsten zu versorgen, um seine elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen.

Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass in Griechenland mit Schwerpunkt in Athen und Thessaloniki, wo auch die meisten Schutzberechtigten leben, zahlreiche internationale und lokale Nichtregierungsorganisationen aktiv sind, die Unterstützungsleistungen anbieten. Sie helfen bei der Beschaffung der für die Beantragung von Sozialhilfe erforderlichen Dokumente, bieten Sprachkurse an, und unterstützen bei der Arbeitssuche. Viele Nichtregierungsorganisationen unterhalten zudem Suppenküchen, in denen Bedürftige – auch anerkannt Schutzberechtigte – warme Mahlzeiten erhalten. Diese Hilfsmaßnahmen bilden ein „elementares Auffangnetz gegen Hunger und Entbehrungen“ (vgl. AA, Auskunft an das VG Schwerin vom 26. September 2018).

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entsprechende Hilfsangebote nicht wird in Anspruch nehmen können, fehlen. Zwar mögen auch Nichtregierungsorganisationen nur über endliche Ressourcen verfügen. Dass das humanitäre und soziale Auffangnetz allerdings bereits derzeit und außerdem dauerhaft an seine Kapazitätsgrenzen gekommen wäre, lässt sich den der Kammer vorliegenden Erkenntnissen an keiner Stelle entnehmen. Auch der Kläger hat diesbezüglich nichts vorgelegt.

Danach mag der Kläger bei einer Rückkehr nach Griechenland möglicherweise sehr arm und gegebenenfalls auch über einen längeren Zeitraum auf die Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen angewiesen sein, um sich mit dem Nötigsten an Lebensmitteln und den Dingen des täglichen Bedarfs zu versorgen. Daneben kann von dem jungen und arbeitsfähigen Kläger erwartet werden, eine hohe Eigeninitiative zu entfalten, um sein Leben in Griechenland zu organisieren und durch Hilfs- und Gelegenheitstätigkeiten jedenfalls einen Teil seines Lebensunterhalts selbstständig sichern zu können. Anhaltspunkte dafür, dass ihm dies bei ernsthaftem Bemühen auch nach einer Übergangszeit nicht gelingen wird, liegen der Kammer nicht vor.

Die vorliegenden Erkenntnisse tragen auch nicht die Annahme, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Griechenland gezwungen sein wird, für einen längeren Zeitraum ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen auf der Straße zu leben.

Richtig ist allerdings, dass ein Schutzstatusinhaber bei einer Rückführung nach Griechenland nicht mit staatlicher Unterstützung bei der Wohnungssuche rechnen kann. Die Maßnahmen des griechischen Staates beschränken sich nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vielmehr im Wesentlichen darauf, der Rückführung zuzustimmen, die Ankunft des Betroffenen am Flughafen Athen zu bestätigen und Informationen zur nächsten Ausländerbehörde zu erteilen (AA, Auskunft an das VG Stade vom 6. Dezember 2018).

Allgemeine und insbesondere staatlich geleitete Einrichtungen zur Unterbringung anerkannt Schutzberechtigter gibt es in Griechenland nicht, (teil-)staatliche Unterbringungsstrukturen beschränken sich für griechische Staatsangehörige wie für Ausländer gleichermaßen auf die Unterbringung in Obdachlosenunterkünften. Es ist allerdings extrem schwer, in einer solchen Unterkunft aufgenommen zu werden, da die wenigen in Athen und Umgebung vorhanden Unterkünfte dauerhaft überfüllt sind und lange Wartelisten haben (vgl. AA, Auskunft an das VG Stade vom 6. Dezember 2018). Nach Recherchen von Pro Asyl stehen die Obdachlosenunterkünfte zudem teils nur bestimmten Personengruppen offen bzw. verlangen das Beherrschen der griechischen oder englischen Sprache, was die Aufnahme für anerkannt Schutzberechtigte zusätzlich erschwert (Pro Asyl, Stellungnahme Lebensbedingungen anerkannt Schutzberechtigter in Griechenland, Update 30. August 2018, S. 6 ff.; aida, Country Report: Greece, Update 2018, S. 185).

Auch über das von dem UNHCR durchgeführte und von der EU finanzierte Hilfsprogramm „ESTIA“, das insbesondere die Unterbringung von besonders vulnerablen Asylbewerbern in Wohnungen, Gastfamilien und Hotels beinhaltet, können zurückkehrende anerkannt Schutzberechtigte keine Unterkunft erlangen. Denn das Programm ist auf Asylbewerber ausgelegt. Zwar konnten anerkannt Schutzberechtigte, die bereits während des Asylverfahrens in einer Unterkunft des ESTIA-Programms wohnten, bisher auch nach ihrer Anerkennung für eine Übergangszeit in den entsprechenden Unterkünften verbleiben; Schutzberechtigte, die aus Griechenland ausgereist sind und von den Mitgliedstaaten dorthin zurückgeführt werden, werden indes nicht (erneut) in eine ESTIA-Unterkunft aufgenommen (AA, Auskunft an das VG Potsdam vom 23. August 2019).

Auch von dem Anfang September 2019 gestarteten Integrationsprogramm „Helios II“, in dessen Rahmen eine Bereitstellung von maximal 5.000 Wohnungen für anerkannt Schutzberechtigte geplant ist, profitieren zurückkehrende Schutzberechtigte letztlich nicht. Zielgruppe des Programms sind Schutzberechtigte mit einer Anerkennung ab 1. Januar 2018, wobei solche mit einer Anerkennung ab dem 1. Januar 2019 und nach einer Übergangszeit in einer ESTIA-Unterkunft bevorzugt werden sollen. Das Programm Helios II richtet sich mithin zunächst an Personen, die während ihres Asylverfahrens in ESTIA-Unterkünften untergekommen sind und diese bisher nicht verlassen mussten. Für die entsprechende Personengruppe soll eine Anschlussunterbringung gewährleistet werden. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes sind die in dem Programm vorhandenen Plätze damit de facto bereits von dieser Gruppe belegt (AA, Auskunft an das VG Chemnitz vom 1. Februar 2019), so dass selbst für den Fall, dass überstellte Schutzberechtigte theoretisch in das Programm aufgenommen werden könnten (was nicht gesichert ist, vgl. AA, Auskunft an das VG Potsdam vom 23. August 2019), nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie hierüber eine Unterkunft erlangen.

Die Anmietung von Wohnraum auf dem privatwirtschaftlichen Wohnungsmarkt ist nach übereinstimmenden Angaben dem Grunde nach möglich, in der Praxis aber nur schwer zu realisieren. Denn zum einen wird freier Wohnraum in Griechenland traditionell an Familienmitglieder, Studenten und Bekannte abgegeben (AA, Auskunft an das VG Schwerin vom 26. September 2018). Zum anderen ist die Anmietung einer Wohnung anerkannt Schutzberechtigten jedenfalls anfangs auch deshalb kaum möglich, weil Ihnen regelmäßig – wie aufgezeigt – die finanziellen Mittel fehlen.

Auch wenn es sich danach für zurückkehrende anerkannt Schutzberechtigte als extrem schwierig erweist, in Griechenland eine Unterkunft zu finden, kann aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse gleichwohl nicht angenommen werden, dass allen Rückkehrern ungeachtet einer besonderen Schutzbedürftigkeit gleichsam automatisch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verelendung aufgrund von (dauerhafter) Obdachlosigkeit droht.

Gegen eine solche Einschätzung spricht bereits ganz entscheidend, dass objektive Berichte, wonach Obdachlosigkeit bei anerkannt Schutzberechtigten massenhaft oder auch nur vermehrt auftritt, nicht existieren. Im Gegenteil weist das Auswärtige Amt darauf hin, dass Obdachlosigkeit in Athen trotz der fehlenden staatlichen Unterstützung kein augenscheinliches Massenphänomen darstellt (AA, Auskunft an das VG Stade vom 6. Dezember 2018). Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Gericht naheliegend, mit dem Auswärtigen Amt davon auszugehen, dass zurückkehrenden Schutzberechtigten ungeachtet des Fehlens staatlicher Unterbringungsmöglichkeiten jedenfalls informelle Möglichkeiten der Unterkunftsfindung durch eigene Strukturen und der Inanspruchnahme landsmännischer Vernetzung zur Verfügung stehen (AA, a.a.O.).

Entgegen der Auffassung des Klägers sieht die Kammer insofern auch keinen Anlass, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO zur Frage der Obdachlosigkeit eine weitere Auskunft des Auswärtigen Amtes einzuholen oder abzuwarten. Insbesondere gibt es keinen Grund, an der Aktualität der dargestellten Auskünfte zu zweifeln. Im Gegenteil hat das Auswärtige Amt in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Berlin vom 4. Dezember 2019 nochmals bekräftigt, dass ihm über die Anzahl obdachloser anerkannt Schutzberechtigter in Griechenland keine Erkenntnisse vorliegen und seine bisherige Einschätzung zudem dahingehend untermauert, dass auch der auch der Liaisonbeamte des Bundesamtes in Griechenland darauf hingewiesen habe, dass die Obdachlosigkeit durch das Anwachsen sozialer Strukturen der Flüchtlinge erfolgreich zurückgedrängt werden konnte (AA, Auskunft an das VG Berlin vom 4. Dezember 2019).

Auch aus den übrigen Erkenntnismitteln ergeben sich keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass anerkannt Schutzberechtigte ungeachtet einer besonderen Schutzbedürftigkeit im Fall einer Abschiebung stets dem realen Risiko einer Obdachlosigkeit ausgesetzt sind. Soweit dies seitens des Klägers und in der Rechtsprechung anders gesehen wird (vgl. VG Magdeburg, Urteile vom 2. Dezember 2019 - 9 A 325/18 MD -, n.v., vom 10. Oktober 2019 - 6 A 390/19 -, juris und vom 30. August 2019 - 8 A 239/18 -, juris; VG Köln, Urteil vom 28. November 2019 - 20 K 2489/18.A -, juris), beruht diese Einschätzung im Wesentlichen auf Stellungnahmen von Pro Asyl zu den Lebensbedingungen anerkannt Schutzberechtigter, in denen der Eindruck vermittelt wird, dass anerkannt Schutzberechtigte in Griechenland regelmäßig gezwungen seien, auf der Straße oder in verlassenen Gebäuden ohne Zugang zu Wasser und Strom zu leben (vgl. Pro Asyl, Stellungnahmen Lebensbedingungen anerkannt Schutzberechtigter in Griechenland vom 23. Juni 2017 und vom 30. August 2018, Fallstudie vom 4. Januar 2019 sowie Auskunft an das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) vom 31. Januar 2020; vgl. auch aida, Country Report: Greece, Update 2018, S. 185/186). Diese Schlussfolgerung der Stiftung beruht indes offenbar ausschließlich auf Gesprächen, die Mitarbeiter mit betroffenen Schutzberechtigten geführt haben. Bei diesen Erfahrungsberichten dürfte es sich indes schon nicht um objektive Erkenntnisse handeln. Jedenfalls bestehen nicht unerhebliche Zweifel an der Repräsentativität der angeführten Einzelschicksale. So sind in der Stellungnahme zu den Lebensbedingungen anerkannt Schutzberechtigter vom 23. Juni 2017 Auszüge aus Interviews mit insgesamt neun international Schutzberechtigten (und ihrer Familien) und in der Fallstudie vom 4. Januar 2019 eine Familie als Beispiel aufgeführt. In der von dem Kläger vorgelegten Auskunft an das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) vom 31. Januar 2020 werden weitere fünf Einzelschicksale beschrieben. Schon angesichts dessen, dass der UNHCR zum Ende des Jahres 2018 von 44.500 Flüchtlingen und Migranten auf dem Festland Griechenlands ausging, die seit dem Jahr 2015 in Griechenland eingetroffen sind (AA, Auskunft an das VG Schwerin vom 26. September 2018), lassen diese Berichte kaum den Schluss zu, dass allen Rückkehrern ungeachtet einer besonderen Schutzbedürftigkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein entsprechendes Schicksal droht; zumal es sich bei den befragten Personen teilweise um Familien mit kleinen Kindern handelte, die ohnehin besondere Schwierigkeiten bei der Unterkunftsfindung haben dürften. Hinzu kommt, dass auch die von Pro Asyl begleiteten Schutzberechtigten zwar angegeben haben, keinerlei staatliche Unterstützung erhalten zu haben. Dass sie deshalb (dauerhaft) auf der Straße bzw. in verlassenen Häusern ohne Zugang zu Wasser und Strom leben mussten, behaupten sie indes selbst nicht alle. Vielmehr scheinen Mehrere bei Freunden untergekommen zu sein (vgl. Pro Asyl, Stellungnahme Lebensbedingungen anerkannt Schutzberechtigter in Griechenland, 23. Juni 2017, S. 30 ff.).

Auch soweit das Verwaltungsgericht Magdeburg offenbar davon ausgeht, dass Schutzberechtigte auf die Inanspruchnahme informeller Unterkunftsmöglichkeiten generell nicht verwiesen werden könnten, da diese die Anforderungen an eine menschenwürdige Unterkunft im Regelfall nicht genügten (Urteil vom 10. Oktober 2019 - 6 A 390/19 -, juris Rn. 39), vermag sich die Kammer dieser Einschätzung jedenfalls für das Unterkommen in der Wohnung von Landsfrauen und –männern bzw. Freunden nicht anzuschließen. Denn allein der Umstand, dass sich möglicherweise mehrere Personen (vorübergehend) eine Unterkunft teilen und auf engem Raum zusammen leben, stellt vor dem Hintergrund der Herausforderungen, vor die der griechische Staat durch die hohe Zahl ankommender Migranten gestellt wird, noch keine menschenunwürdige Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK dar. Ob etwas anderes für den Fall anzunehmen wäre, dass anerkannt Schutzberechtigte gezwungen wären, in illegal besetzten Häusern ohne Zugang zu Wasser und Strom unterzukommen, kann dahinstehen. Dass nämlich diese Art der Unterbringung für Rückkehrer im Regelfall tatsächlich die einzig verbleibende Option darstellt, lässt sich den vorliegenden Erkenntnissen zur Überzeugung der Kammer schon nicht entnehmen. Der Griechische Flüchtlingsrat und Pro Asyl mögen in ihren Stellungnahmen zwar Entsprechendes nahelegen (vgl. Greek Council for Refugees, Report to the UN Committee on economic, social and cultural rights in view of its 55th session, 8. Januar 2015; Pro Asyl, a.a.O.); objektive und hinreichend aktuelle Anhaltspunkte für diese Einschätzung benennen sie indes – wie dargestellt – nicht. Fest steht letztlich lediglich, dass es informelle Wohnprojekte in Form besetzter Gebäude, z.B. ehemaliger Schulen und Krankenhäuser, in Athen und Thessaloniki gibt, in denen sich Migranten Obdach außerhalb des offiziellen Unterkunftssystems geschaffen haben (AA, Auskunft an das VG Greifswald vom 26. September 2018; ekathimerini.com, Protest in central Athens over Exarchia squat evictions, 14. September 2019, abrufbar unter: http://www.ekathimerini.com/244537/article/ekathi-merini/news/protest-in-central-athens-over-exarchia-squat-evictions). Unklar ist dagegen, um welche Art von Migranten es sich bei den dort aufhältigen Personen handelt. Das Auswärtige Amt vermutet jedenfalls, dass die betroffenen Personen mehrheitlich nicht über einen Schutzstatus verfügen (AA, a.a.O.). Besteht danach aber schon kein hinreichender Grund für die Annahme, dass es sich bei den in besetzten Häusern untergekommenen Migranten (mehrheitlich) überhaupt um anerkannt Schutzberechtigte handelt, so verbietet sich erst Recht der Schluss, anerkannt Schutzberechtigte seien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gezwungen, auf diese Art der Unterkunft zurückzugreifen, sofern sie nicht auf der Straße leben wollten.

Berücksichtigt man zudem, dass auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen bei der Wohnungsfindung unterstützen und teilweise selbst Wohnraum anbieten (AA, Auskunft an das VG Chemnitz vom 1. Februar 2019; Auskunft an das VG Stade vom 6. Dezember 2018; für eine Übersicht der Hilfsorganisationen vgl. auch https://saferefugees.info/speciality/acommodation), hält die Kammer es letztlich nicht für beachtlich wahrscheinlich, dass der nicht in besonderer Weise schutzbedürftige Kläger im Falle einer Überstellung nach Griechenland nicht in der Lage sein wird, sich unter eigenverantwortlicher Inanspruchnahme der Hilfe von Nichtregierungsorganisationen oder informelle Netzwerke eine Unterkunft zu beschaffen, mag diese auch hinter dem in Deutschland üblichen Standard zurückbleiben.

Schließlich ist auch die grundlegende Gesundheitsversorgung in Griechenland gesichert. Dies gilt insbesondere für die Notfallversorgung in Krankenhäusern. Fälle von ärztlicher Behandlungsverweigerung außerhalb der Notfallversorgung – auf einen solchen beruft sich auch der Kläger – sind nach Auskunft des Auswärtigen Amtes seltene Ausnahmefälle (AA, Auskünfte an das VG Stade vom 6. Dezember 2018 und an das VG Greifswald vom 26. September 2018) und vermögen schon deshalb keinen Verstoß gegen Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GR-Charta zu begründen.

Nach alledem bleibt insgesamt festzuhalten, dass sich die Lebensbedingungen in Griechenland derzeit zweifelsfrei als äußerst schwierig darstellen, was zum Großteil einerseits an der allgemein schlechten Wirtschaftslage und zum anderen an der Tatsache liegt, dass Griechenland – auch für griechische Staatsangehörige – nur in sehr geringem Umfang Sozialleistungen gewährt. Von der Bevölkerung wird insgesamt erwartet, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgt. Bei dieser Sachlage ist der Zugang zu „Bett, Brot und Seife“ durch das eigenverantwortliche Handeln des Einzelnen geprägt ist, weshalb der Betroffene in der Lage sein muss, sich den schwierigen Bedingungen zu stellen und durch hohe Eigeninitiative und der Inanspruchnahme der Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen selbst für die Befriedigung seiner elementarsten Bedürfnisse zu sorgen. Ist dies einem anerkannt Schutzberechtigten aufgrund besonderer Umstände wie der familiären Situation, Krankheit, etc. nicht möglich, mag sich das Fehlen staatlicher Hilfeleistungen im Einzelfall zu einer existenzbedrohenden Gefahr verdichten. Für den Kläger, bei dem eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht festzustellen ist, lässt sich dies indes aus den oben genannten Gründen nicht feststellen.

Soweit die klägerische Prozessbevollmächtigte zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung schließlich darauf verweist, dass aufgrund der aktuellen Situation an der griechisch-türkischen Grenze von einem auch mit der Verbreitung des sog. Corona-Virus einhergehenden enormen Zustroms nach Griechenland auszugehen sei, der die Lage für anerkannt Schutzberechtigte weiter verschärfen und das griechische Gesundheitssystem überlasten werde, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine erhebliche Anzahl der an der griechische-türkischen Grenze ausharrenden Personen in Griechenland als Schutzberechtigte anerkannt werden und infolgedessen mit dem Kläger um „Brot, Bett und Seife“ konkurrieren könnte, liegen nicht vor. Vielmehr ist derzeit nicht einmal abzusehen, wie vielen dieser Personen überhaupt die Einreise nach Griechenland gelingen wird. Vor diesem Hintergrund ist die von der klägerischen Prozessbevollmächtigten unter Berufung auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung in Aussicht gestellte massenhafte Einreise nach Griechenland derzeit nicht mehr als eine Vermutung ins Blaue.

Ungeachtet des Vorstehenden sind zurückkehrende Schutzberechtigte zur Überzeugung der Kammer auch nicht staatlicher Gleichgültigkeit seitens des griechischen Behörden ausgesetzt (so auch VG Berlin, Beschluss vom 6. Dezember 2018 - 9 L 703.18 A -, juris Rn. 17). Vielmehr hat der griechische Staat in Folge der - die Überstellung von Dublin-Rückkehrern betreffenden – Entscheidungen des EGMR (Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09 - M.S.S. v. Belgien und Griechenland -, juris) und des EuGH (Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris) aus dem Jahr 2011 zahlreiche Anstrengungen unternommen, um die Lebensbedingungen nicht nur von Asylbewerbern, sondern auch von anerkannt Schutzberechtigten zu verbessern. Dass dies bisher – wie dargestellt – nur in begrenztem Umfang gelungen ist, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme einer Gleichgültigkeit griechischer Behörden. Dies gilt jedenfalls vor dem Hintergrund, dass Griechenland angesichts der anhaltend hohen Zahl ankommender Migranten nach wie vor besonderen Belastungen ausgesetzt ist, die es aufgrund der gleichzeitig schlechten Wirtschaftslage, die der Regierung insbesondere bei der Gewährung von Sozialleistungen nur einen eingeschränkten Handlungsspielraum belässt, kaum zu bewältigen vermag. Insofern spricht aus Sicht der Kammer viel für die Annahme, dass der griechische Staat die Notlage anerkannt Schutzberechtigter sehr wohl erkannt hat, aber derzeit in weiten Teilen schlicht nicht beheben kann. Im Übrigen lässt sich auch dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass dieser auch nur versucht hätte, nach seiner Anerkennung Unterstützungsleistungen gegenüber den griechischen Stellen – ggf. unter Inanspruchnahme von Rechtsschutzmöglichkeiten – geltend zu machen und die griechischen Behörden hierauf mit Gleichgültigkeit reagiert hätten (zu diesem Gesichtspunkt vgl. auch Schleswig-Holsteinisches VG, Gerichtsbescheid vom 2. Januar 2019 - 13 A 960/18 -, S. 11).

Die von der Beklagten erlassene Abschiebungsandrohung, die ihre Rechtsgrundlage in § 35 AsylG findet, erweist sich nach alledem ebenfalls als rechtmäßig.

Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) liegen nicht vor, wobei im Wesentlichen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden kann.

Darüber hinaus verkennt das Gericht nicht, dass der Kläger sich eine Unterkunft eigeninitiativ wird beschaffen müssen, so dass sie ihm möglicherweise in den ersten Stunden nach seiner Rückkehr nicht unmittelbar zur Verfügung steht. Soweit deshalb eine nur kurzfristige (!) Obdachlosigkeit des Klägers unmittelbar nach Ankunft in Griechenland möglich erscheint, folgt indes auch hieraus kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Vielmehr ist diesem Gesichtspunkt nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung vor Durchführung der konkreten Überstellungsmaßnahme seitens der Ausländerbehörde Rechnung zu tragen, die gegebenenfalls ein inländisches Abschiebehindernis wegen Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne festzustellen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 -, juris Rn. 11 ff.; Urteil der Kammer vom 14. November 2019 - VG 5 K 3104/17.A -, S. 7/8 UA; VG Ansbach, Beschluss vom 26. September 2018 - AN 14 S 18.50697 -, juris Rn. 36; VG Berlin, Beschluss vom 6. Dezember 2018 - 9 L 703.18 A -, juris Rn. 14). Soweit das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8. Mai 2017 (2 BvR 157/17 -, juris) bereits im Rahmen des Erlasses einer Abschiebungsandrohung weitere Feststellungen dahingehend für erforderlich gehalten hat, ob bei Rückführung anerkannt Schutzberechtigter „zumindest in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft der Zugang zu Obdach, Nahrungsmitteln und sanitären Einrichtungen sichergestellt ist“, wird hierdurch kein abweichender Maßstab aufgezeigt. Denn wie aus der weiteren Begründung des Beschlusses ersichtlich wird, beziehen sich die Ausführungen des Gerichts zur drohenden Obdachlosigkeit ersichtlich nicht nur auf die ersten Stunden nach Ankunft der betroffenen Person, sondern auf eine längeren – seit jeher im Rahmen der Abschiebungsandrohung zu berücksichtigenden (vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 8. August 2018 - 1 B 25.18 -, juris Rn. 16/17; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Juni 2019 - 20 ZB 19.31553 -, juris Rn. 19) – Zeitraum.

In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist nach § 36 Abs. 1 AsylG eine Woche. Dass das Bundesamt die Frist demgegenüber nach § 38 Abs. 1 AsylG auf 30 Tage festgesetzt hat, ist rechtswidrig, belastet den Kläger aber – wie bereits dargestellt – nicht, weshalb er auch diesbezüglich einen Aufhebungsanspruch nicht herzuleiten vermag (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2019 - 1 C 51.18 -, juris Rn. 21).

Das konkludent mit der Befristungsentscheidung ausgesprochene Einreise- und Aufenthaltsverbot beruht auf § 11 Abs. 1 AufenthG. Die konkrete Fristlänge, über die das Bundesamt gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG nach Ermessen entscheidet, ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 der Zivilprozessordnung.