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Einstweiliger Rechtsschutz - Beschwerde - Konkurrentenstreit - Beförderung - Besoldungsgruppe B3 - dienstliche Beurteilung - Beurteilungsbeitrag - externe Leistungseinschätzung - Beurteilungsrichtlinie - gesteigerte Begründungsanforderungen - Erstbeurteilung - Zweitbeurteilung - Maßstabshaltung - Herabsetzung unvereinbar mit verbaler Leistungsbeschreibung - keine nachvollziehbare Begründung - Vergleichsgruppe - Quervergleich - Beurteilungsspielraum - Möglichkeit der Auswahl


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 03.06.2022
Aktenzeichen OVG 10 S 25/21 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0603.OVG10S25.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 19 Abs 4 GG, Art 33 Abs 2 GG

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. April 2021 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Beschwerde mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass die Antragsgegnerin die Beigeladenen zur Beförderung auf Planstellen der Besoldungsgruppe B 3 ausgewählt und sie dabei nicht berücksichtigt hat.

Die Auswahlentscheidung traf die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Antragstellerin anhand einer dienstlichen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juli 2018 bis 30. April 2020. Der dienstlichen Beurteilung zugrunde lag einen Beurteilungsbeitrag vom 17. Januar 2020 für den Beurteilungszeitraum bis 18. August 2019 sowie eine externe Leistungseinschätzung vom 21. März 2020 für den restlichen Beurteilungszeitraum. Die Dienstvereinbarung zwischen dem Bundesministerium f... und dem Personalrat über die Beurteilungsrichtlinien vom 19. Dezember 2019 (im Folgenden: Beurteilungsrichtlinie) sieht in Nr. 5.5 folgende Notenstufen vor:

X: Die beurteilte Person übertrifft die besonders hohen Anforderungen in einer obersten Bundesbehörde in jeder Hinsicht durch herausragende Leistungen, die regelmäßig deutlich über den Anforderungen liegen.

AA: Die beurteilte Person übertrifft die besonders hohen Anforderungen in einer obersten Bundesbehörde durch herausragende Leistungen, die regelmäßig über Anforderungen liegen.

A: Die beurteilte Person erfüllt die besonders hohen Anforderungen in einer obersten Bundesbehörde durch stets erwartungsgemäße Leistungen und übertrifft diese gelegentlich.

AB: Die beurteilte Person erfüllt die besonders hohen Anforderungen in einer obersten Bundesbehörde überwiegend erwartungsgemäß.

B: Die beurteilte Person erfüllt die besonders hohen Anforderungen in einer obersten Bundesbehörde nur teilweise oder nicht. Es besteht erheblicher Veränderungsbedarf.

Für die Vergabe der Noten X, AA und A bestehen nach Nr. 5.5 der Beurteilungsrichtlinie folgende Richtwerte: Note X: 5 %, Note AA: 15 % und Note A: 65 %.

Der - noch nach einer alten Fassung der Beurteilungsrichtlinie der Antragsgegnerin erstellte - Beurteilungsbeitrag über die Antragstellerin vom 17. Januar 2020 weist eine Leistungsbeurteilung in den Einzelmerkmalen von zweimal „X“, vierzehnmal „AA“ und dreimal „A“ aus. Die Erstbeurteilerin bewertete die Einzelmerkmale neunmal mit „A“ und dreimal mit „AA“ und vergab das Gesamturteil „A“. Dem schloss sich der Zweitbeurteiler an. In seiner Eigenschaft als Maßstabshalter setzte der Zweitbeurteiler sodann die Leistungsbeurteilung in zehn von zwölf Einzelmerkmalen um jeweils eine Notenstufe herab (auf fünfmal „A“ und siebenmal „AB“) und änderte das Gesamturteil auf die Notenstufe „AB“; diese Notenstufe ist ausweislich der im Auswahlvorgang befindlichen Beförderungsliste - bei 52 Bewerbern - zwei Mal vergeben worden, die Antragstellerin steht damit an der letzten Stelle der Liste.

Die Beigeladenen zu 1., 3. und 4. erhielten in ihren dienstlichen Beurteilungen jeweils das Gesamturteil „X“, der Beigeladene zu 2. das Gesamturteil „AA“. Eine Änderung im Rahmen der Zweitbeurteilung oder Maßstabshaltung unterblieb bei den Beigeladenen.

Gegen die ihr mit E-Mail vom 11. November 2020 mitgeteilte Auswahlentscheidung hat die Antragstellerin um Gewährung einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht. Mit Beschluss vom 1. April 2021 hat das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig, längstens bis zum 11. November 2021, untersagt, die Beigeladenen in ein Amt der Besoldungsgruppe B 3 zu befördern, und dies im Wesentlichen damit begründet, dass es für die Notenabweichung in der dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin von den verbalen Leistungsbeschreibungen in dem Beurteilungsbeitrag vom 17. Januar 2020 und der externen Leistungseinschätzung vom 21. März 2020 keine nachvollziehbare Erklärung gebe. Hiergegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde erhoben. Zwischenzeitlich hat das Verwaltungsgericht die auf den 11. November 2021 lautende Befristung der einstweiligen Anordnung durch Beschluss im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO vom 9. November 2021 aufgehoben (VG 2...); die dagegen erhobene Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag zurückgewiesen (OVG 1...).

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 1. April 2021 hat keinen Erfolg. Die mit ihr dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Sie sind nicht geeignet, die erstinstanzliche Annahme zu erschüttern, dass eine nachvollziehbare Erklärung für die mit den verbalen Leistungsbeschreibungen in dem genannten Beurteilungsbeitrag sowie der externen Leistungseinschätzung unvereinbare Herabsetzung der Antragstellerin in ihrer dienstlichen Beurteilung fehle (dazu nachfolgend 1.) und ihre Auswahl bei einer fehlerfreien dienstlichen Beurteilung zumindest möglich sei (dazu nachfolgend 2.).

1. Ohne Erfolg wendet die Antragsgegnerin ein, das Verwaltungsgericht berücksichtige mit seinen vorstehend genannten Annahmen die Vorgaben der Beurteilungsrichtlinie der Antragsgegnerin nicht hinreichend (a.), überspanne die Anforderungen an die Plausibilisierung der Abweichung (b.) und setze seine Wertungen an die Stelle derjenigen der Beurteiler, was unzulässig in deren Beurteilungsspielraum eingreife (c.). Dazu im Einzelnen:

a. Dass das Verwaltungsgericht die Vorgaben der Beurteilungsrichtlinie der Antragsgegnerin nicht hinreichend berücksichtige, ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen.

aa. Soweit die Beschwerde dazu zunächst auf das in der Beurteilungsrichtlinie geregelte Zusammenspiel von Erst- sowie Zweitbeurteilung sowie der Maßstabshaltung verweist, stellt dies keine hinreichende Auseinandersetzung mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts dar, denen zufolge es nicht nachvollziehbar sei, aus welchen Gründen die Antragstellerin – trotz der schriftlichen Bewertungen in dem Beurteilungsbeitrag vom 17. Januar 2020 und der externen Leistungseinschätzung vom 21. März 2020, die keinerlei Einschränkungen bezeichne (Beschlussabdruck S. 8) – einer Notenstufe („AB“) zugeordnet worden sei, die eine Einschränkung enthalte („überwiegend“, s. Beschlussabdruck a.a.O.) und hinsichtlich derer nach Maßgabe der Richtwerte 80 % der Vergleichsgruppe, tatsächlich über 96 %, oberhalb dieser Notenstufe lägen.

bb. Auch der Hinweis der Beschwerde auf die bereits auf Seite 2, Abschnitt 2.a. des Schriftsatzes vom 18. Februar 2021 dargelegten Erwägungen der Erstbeurteilerin, die das Verwaltungsgericht nicht erwähnt habe und nach denen die Erstbeurteilerin zu der Auffassung gelangt sei, dass „unter Berücksichtigung des besonders anspruchsvollen Niveaus der ihr bekannten Vergleichsgruppe die in dem Beurteilungsbeitrag vergebenen Einzelnoten nicht vollständig gerechtfertigt“ seien und sie diese deshalb „im Rahmen einer wertenden Zuordnung“ teils einer niedrigeren Notenstufe zugeordnet habe, liefert nicht die nötige Plausibilisierung für die Noteneinordnung der Antragstellerin. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht deutlich macht, wie bzw. nach welchen Kriterien oder Maßgaben diese „wertende Zuordnung“ im Einzelnen vonstatten gegangen ist, berücksichtigt es weder die von dem Verwaltungsgericht (Beschlussabdruck S. 8 a.E. f.) hervorgehobenen Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an die Begründung bei der Abweichung von Beurteilungsbeiträgen, wonach solche Abweichungen nachvollziehbar begründet werden müssen (BVerwG, Urteile vom 2. März 2017 - BVerwG 2 C 21.16 -, juris Rn. 18, und vom 27. November 2014 - BVerwG 2 A 10.13 -, juris Rn. 24), was zumal dann gilt, wenn - wie hier - der Beurteiler den zu Beurteilenden aus eigener Anschauung nicht kennt (auch dazu BVerwG, Urteil vom 27. November 2014, a.a.O., Rn. 25), noch stellt das Vorbringen klar, wie diese Einordnung „im Rahmen einer wertenden Zuordnung“ mit den Vorgaben der Beurteilungsrichtlinie zu vereinbaren sein soll.

Gemäß Nr. 5.7 UA 5 der Beurteilungsrichtlinie müssen die Erstbeurteilenden die Feststellungen und Bewertungen in allen Beurteilungsbeiträgen, externen Leistungseinschätzungen und Bestätigungsvermerken zur Kenntnis nehmen und bedenken und in ihre Überlegungen einbeziehen und eine grundlegende Abweichung von den dort getroffenen Einschätzungen nachvollziehbar begründen. In Nr. 5.7 UA 5 der Beurteilungsrichtlinie heißt es weiter, dass die Anforderungen an die Begründung umso höher sind, je mehr das Gesamturteil des Beurteilenden von der Einschätzung aus den einzubeziehenden externen Leistungseinschätzungen, Bestätigungsvermerken und Beurteilungsbeiträgen abweicht.

Dem wird die Begründung der Erstbeurteilung nicht gerecht. Der - den überwiegenden Teil des Beurteilungszeitraums abdeckende - Beurteilungsbeitrag vom 17. Januar 2020 gibt die Leistungsbeurteilung der Antragstellerin nicht nur textlich aussagekräftig, sondern auch in Übereinstimmung mit Nr. 3.3.3.1 der Beurteilungsrichtlinie im Wesentlichen entsprechener der in Nr. 5.5 angelegten Notenstufenskala wieder. Daraus geht hervor, dass die Leistung der Antragstellerin weit überwiegend (in 16 von 19 Einzelmerkmalen) mit der zweithöchsten Notenstufe „AA“ oder höher (zweimal mit „X“) bewertet wurde. Entsprechend hält die schriftliche Begründung des Beurteilungsbeitrags fest, die Antragstellerin habe eindrucksvoll gezeigt, dass sie die besonders hohen Anforderungen in einer obersten Bundesbehörde durch herausragende Leistungen, die regelmäßig über den Anforderungen lägen, übertreffe. Die Aussagen der externen Leistungseinschätzung lassen den Eindruck entstehen, dass dies während der Abordnung der Antragstellerin nicht grundlegend anders bewertet worden ist. Hierauf schließen lassen etwa die Formulierungen „binnen kürzester Zeit ein enormes Arbeitspensum erbracht“, „ausgezeichneten Ergebnissen“, „hohe Belastbarkeit“, „exzellenten Kenntnisse“, „äußerster Zuverlässigkeit“, „herausragender fachlicher Kompetenz, vorbildlicher Selbständigkeit und Eigenverantwortung“.

Dementgegen lautet das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung nach der Erstbeurteilung dahingehend, dass die Antragstellerin die besonders hohen Anforderungen in einer obersten Bundesbehörde (lediglich) durch stets erwartungsgemäße Leistungen erfülle und diese gelegentlich übertreffe (Notenstufe „A“). Diese als wesentlich zu erachtende Abweichung der Erstbeurteilung von den Beurteilungsgrundlagen bedarf (auch) nach den vorstehend wiedergegebenen Maßgaben der Beurteilungsrichtlinie einer nachvollziehbaren Begründung, an die gesteigerte Anforderungen zu stellen sind. Die freie Gesamtbeurteilung der Erstbeurteilung erschöpft sich dagegen in einzeln übernommenen Formulierungen des Beurteilungsbeitrags bzw. der externen Leistungseinschätzung. Anhand dessen lässt sich nicht die zuvor in den Einzelkriterien überwiegend vergebene Notenstufe „A“ nachvollziehen. Soweit die Erstbeurteilung schließlich die einzig eigenständige Wertung vornimmt, dass die „ausgeprägten Fähigkeiten“ der Antragstellerin „die ihr anvertrauten Vorhaben wie auch die selbst gesteckten Ziele regelmäßig zum Erfolg führen“, wird nicht klar, auf welcher Beurteilungsgrundlage diese Aussage fußt.

Hieran nichts zu ändern vermag der von der Antragsgegnerin geltend gemachte Umstand, dass die zum Zeitpunkt der Erstellung des Beurteilungsbeitrags geltende Beurteilungsrichtlinie alter Fassung noch eine andere Strukturierung der verschiedenen Einzelmerkmale sowie keine Gleichgewichtung aller Einzelmerkmale vorgesehen habe. Da sich aus dem Beurteilungsbeitrag ein weit überwiegend einheitliches, stimmiges Leistungsbild ergibt, kann ohne weitere Erläuterung zu etwaigen Veränderungen in der Gewichtung der Einzelmerkmale im Einzelnen auch hieraus nicht nachvollzogen werden, wie sich die Absenkung von zweimal „X“, vierzehnmal „AA“ und dreimal „A“ auf neunmal „A“ und dreimal „AA“ – also im Gesamtbild im Wesentlichen die Absenkung um eine Notenstufe – durch die Erstbeurteilerin erklären lässt. Hierbei hilft auch das Beschwerdevorbringen nicht weiter, die Erstbeurteilerin sei zu der Auffassung gelangt, dass die in dem Beurteilungsbeitrag vergebenen Einzelnoten (bzw. die in der externen Leistungseinschätzung enthaltenen Aussagen) unter Berücksichtigung des besonders anspruchsvollen Niveaus der ihr bekannten Vergleichsgruppe nicht vollständig gerechtfertigt seien. Eine so begründete „wertende Zuordnung“ dürfte wohl schon den Bereich des notwendigen „Einpassens“ in das Beurteilungssystem (dazu BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - BVerwG 2 A 10.13 -, juris Rn. 24) überschreiten und der Sache nach bereits eine (verfrühte) Maßstabshaltung darstellen (von der die Antragstellerin dann zweimal nachteilig betroffen wäre, erstmals durch die Erstbeurteilerin unter Herabsetzung auf „A“ und ein zweites Mal durch die nachfolgende Maßstabshaltung unter Herabsetzung auf „AB“). Jedenfalls bleibt auch dies insoweit ohne Substanz, weil auch hier („nicht vollständig gerechtfertigt“) nicht erläutert wird, aus welchen Gründen die Antragstellerin hinsichtlich der konkreten gegebenen Einzelmerkmale abweichend von den in dem Beurteilungsbeitrag und dem externen Leistungsbericht getroffenen Feststellungen schlechter zu bewerten ist als durch die Beurteiler des Beurteilungsbeitrags und des externen Leistungsberichts.

cc. Soweit die Beschwerde weiter geltend macht, auch dass der Maßstabshalter seine Abweichungen mit den besonderen Leistungen der Vergleichsgruppe begründet habe, entspreche dem dargestellten Beurteilungssystem der Antragsgegnerin, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Nach Nr. 5.9 UA 4 der Beurteilungsrichtlinie haben die Maßstabshaltenden, die die abschließende Beurteilung für die Beurteilten abgeben, im Falle der Abänderung des Gesamturteils im Rahmen der Maßstabshaltung auch die Abweichungen hinsichtlich einzelner Kriterien darzulegen und nachvollziehbar zu begründen. Die Begründung der Abweichung darf nicht pauschal und formelhaft sein und hat sich auf die zu beurteilende Person individuell zu beziehen. Im Übrigen ist das Gesamturteil „in besonderem Maße“ bei der Vergabe u.a. der – vorliegend der Antragstellerin attestierten – Note „AB“ zu begründen (Nr. 5.7 UA 2 Beurteilungsrichtlinie); diese für die Erstellung der Erstbeurteilung aufgestellte Maßgabe gilt auch für die abschließende Bewertung im Rahmen der Maßstabshaltung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss des Senats vom 14. April 2022 – OVG 10 N 51/21 -, BA S. 5). Diesen Vorgaben genügt die Begründung der Maßstabshaltung nicht. Soweit die Begründung für die Abwertung der Einzelmerkmale 3.1.1, 3.1.3 und 3.2.2 sich auf einen Vergleich mit der ministeriumsweiten Vergleichsgruppe beschränkt, lässt sie jedenfalls den durch die Beurteilungsrichtlinie geforderten individuellen Bezug zu der Antragsgegnerin vermissen. Dieser wird auch nicht dadurch hergestellt, dass die Beschwerde geltend macht, indem der Maßstabshalter seine Abweichung nicht der Zweitbeurteilung, sondern der Maßstabshaltung zugeordnet habe, habe er deutlich gemacht, dass „gerade die Prüfung der Leistung der Antragstellerin“ an den Leistungen der Vergleichsgruppe eine abweichende Beurteilung erfordert habe. Die bloße Zuordnung zur Maßstabshaltung als solche, die mit dem vorstehend wiedergegebenen Beschwerdegrund der Sache nach als Begründung geliefert wird, vermag die von der Beurteilungsrichtlinie geforderte individuelle Begründung der Abweichung nicht zu ersetzen.

b. Ebenfalls ohne Erfolg wendet die Antragsgegnerin ein, das Verwaltungsgericht überspanne die Anforderungen an die Plausibilisierung der Abweichung.

Soweit sie dazu mit der Beschwerde geltend macht, das Verwaltungsgericht nehme zu Unrecht an, der Hinweis des Maßstabshalters auf die Leistungen der Vergleichsgruppe stelle eine „leere, nichtssagende Phrase“ dar, und dazu auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 2020 - BVerwG 2 C 2/20 - Bezug nimmt, wonach der Verweis auf den „Quervergleich“ als Begründung ausreiche (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 40), setzt sie sich damit zum einen schon nicht hinreichend mit der Erwägung des Verwaltungsgerichts auseinander, aus anderen Passagen der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erhelle, dass es bei dem zitierten Satz nur um die Erfüllung der verfahrensrechtlichen Vorgabe der Begründung der Abweichung gegangen sei, die von der materiellen Anforderung einer Plausibilisierung der dienstlichen Beurteilung zu unterscheiden sei, und dem Urteil vom 17. September 2020 sei nicht zu entnehmen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht von den (Anforderungen) für die Rechtmäßigkeit dienstlicher Beurteilungen gegebenenfalls nötigen Erläuterungen und Konkretisierungen und nachvollziehbaren Begründung von Abweichungen von Beurteilungsbeiträgen habe lösen wollen (unter Zitierung der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: BA S. 8 f.).

Zum anderen bildet die von der Antragstellerin herangezogene Rechtsprechung – dies gilt auch in Ansehung der von ihr zusätzlich herangezogenen Entscheidungen BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 2021 – BVerwG 2 VR 4/20 -, juris Rn. 33 und OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. April 2021 – 6 B 2032/20 -, juris Rn. 9 ff., und zwar unbeschadet der Frage, ob sie für die Beschwerdeargumentation überhaupt etwas hergeben – hier nicht den anzusetzenden Maßstab. Denn die Beurteilungsrichtlinie stellt ihr gegenüber gesteigerte Begründungsanforderungen auf (vgl. bereits OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss des Senats vom 14. April 2022 – OVG 10 N 51/21 -, BA S. 7). Wie dargestellt, darf die Begründung der Abweichung danach nicht pauschal und formelhaft sein und hat sich diese insbesondere auf die zu beurteilende Person individuell zu beziehen (Nr. 5.9 UA 4 Satz 3 Beurteilungsrichtlinie). Daran fehlt es. Die Begründung für die Maßstabshaltung in Bezug auf die abgewerteten Einzelmerkmale enthält zwar ein - wenn auch knappes - individuelles Eingehen auf die Antragstellerin, jedoch bleibt unklar, auf welcher Beurteilungsgrundlage die jeweilig gegebene Leistungseinschätzung des Maßstabshalters beruht. Hier hätte es nach den allgemeinen Grundsätzen der Beurteilungsrichtlinie (vgl. dort Nr. 1.3 UA 1) einer wenigstens ansatzweisen Berücksichtigung des Beurteilungsbeitrags bzw. der externen Leistungseinschätzung in der Begründung der Maßstabshaltung bedurft, um die zu Tage tretenden Wertungswidersprüche aufzulösen. Dabei wäre ein sichtbarer Abgleich des Beurteilungsbeitrags bzw. der externen Leistungseinschätzung mit der Leistungsbewertung insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil die dienstliche Beurteilung nach der Maßstabshaltung eine wesentliche Abweichung von der Leistungsbewertung des Beurteilungsbeitrags um nunmehr zwei Notenstufen in den meisten Einzelmerkmalen ausweist.

Auch sonst ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen, dass das Verwaltungsgericht die Anforderungen an die Plausibilisierung der Abweichung überspannen würde. Dass die Pflicht zur Plausibilisierung auch von dem Vorbringen des Beurteilten abhänge, hilft der Antragsgegnerin nicht, denn die Antragstellerin hat hinreichend deutlich gemacht, dass sie nicht nachvollziehen könne, warum sie „trotz bescheinigter herausragender Leistungen in den Beurteilungsbeiträgen“ (Antragsschrift vom 20. November 2020, S. 5) lediglich das Gesamturteil „A“ in der Erstbeurteilung bzw. „AB“ in der Maßstabshaltung erhalten habe. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang geltend macht, es könne von ihr nicht verlangt werden, „konkrete einzelne Beamte der Vergleichsgruppe und deren Leistungen zu benennen“ oder eine „Darlegung der Leistung aller einzelnen Beschäftigten der Vergleichsgruppe“, hat das Verwaltungsgericht dies nicht von ihr verlangt. Für eine Einordnung der Antragstellerin in die Vergleichsgruppe unter angemessener Berücksichtigung des über sie eingeholten Beurteilungsbeitrages und der externen Leistungseinschätzung ist das auch nicht erforderlich.

c) Schließlich geht auch die Begründung der Beschwerde fehl, das Verwaltungsgericht greife mit eigenen Wertungen in den gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin ein. Dies ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen. Soweit das Verwaltungsgericht – wie vorstehend aufgezeigt, zu Recht – Defizite der Maßstabshaltung benennt, setzt es sich damit entgegen der Ansicht der Beschwerde noch nicht „an die Stelle derjenigen der Beurteiler“. Auch soweit die Beschwerde mehrfach ausführt, das Verwaltungsgericht beanstande zwar eine Verletzung allgemein gültiger Wertmaßstäbe, lege aber nicht näher dar, welche dies sein sollten, greift auch das nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der Umgang mit dem Beurteilungsbeitrag vom 17. Januar 2020 und der externen Leistungseinschätzung vom 21. März 2020 verstoße gegen allgemein gültige Wertmaßstäbe, weil die Antragstellerin mit der Notenstufe „AB“ eine Note erhalten habe, hinsichtlich derer die Richtwerte der Beurteilungsrichtlinie (Nr. 5.5) vorsähen, dass 80 % der Vergleichsgruppe – und tatsächlich über 96 % – oberhalb dieser Notenstufe lägen, und die hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen eine Einschränkung vorsehe („überwiegend“), ohne dass der Beurteilungsbeitrag und die externe Leistungseinschätzung eine solche Einschränkung vorsähen und ohne dass die Antragsgegnerin eine nachvollziehbare Erklärung für die mit den verbalen Leistungseinschätzungen unvereinbare Herabsetzung biete (BA S. 8). Danach kann nicht davon gesprochen werden, dass das Verwaltungsgericht für eine Verletzung allgemein gültiger Wertmaßstäbe keine Begründung gegeben habe. Soweit die Beschwerde im Übrigen in anderem Zusammenhang geltend macht, so wie die Note „AB“ vom Verwaltungsgericht verstanden werde (es müsse für die Vergabe der Notenstufe „AB“ eine untergeordnete Anzahl von Ereignissen geben, in denen die besonders hohen Anforderungen in einer obersten Bundesbehörde nicht erfüllt werden), werde die Notenstufe „AB“ in der Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin nicht verstanden, gibt auch dies jedenfalls nichts für die notwendige Plausibilisierung der Herabsetzung der Antragstellerin auf eine Note her, mit der diese nunmehr am untersten Ende der Bewerberliste rangiert.

2. Das Beschwerdevorbringen vermag auch nicht die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, die Auswahl der Antragstellerin erscheine bei einem fehlerfreien Verfahren möglich.

Soweit die Antragsgegnerin zunächst geltend macht, der von dem Verwaltungsgericht hierzu herangezogene Maßstab sei unzutreffend, greift das nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die von dem Senat in ständiger Rechtsprechung angewandten Maßstäbe herangezogen, denen zufolge ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung dann beanspruchen kann, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss des Senats vom 24. September 2018 - OVG 10 S 47.18 -, juris Ls. und Rn. 17). Eine hohe Wahrscheinlichkeit der Beförderung ist nach diesem verfassungsrechtlich fundierten Maßstab nicht gefordert. Die Beurteilung, ob die Auswahl möglich erscheint, mithin nicht vollkommen ausgeschlossen ist (zu diesem Maßstab insb. BVerfG, Beschluss vom 25. November 2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 19 f.; im Anschluss hieran OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss des Senats u.a. vom 22. Februar 2019 - OVG 10 S 59.18 -, juris Rn. 9), setzt eine wertende Betrachtung der Umstände des Einzelfalls voraus. Dabei darf, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend hervorgehoben hat, das prüfende Verwaltungsgericht der Neubeurteilung derjenigen Bewerber, deren Beurteilungen sich als fehlerhaft erwiesen haben, nicht etwa vorgreifen, sondern muss den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung respektieren. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung und der neuen Beurteilung vorzunehmen. Die Rechtsordnung behält solche Akte der wertenden Erkenntnis dem Dienstherrn - hier der Antragsgegnerin - vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 16; im Anschluss daran Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschlüsse des Senats vom 19. Februar 2019 - OVG 10 S 67.18 -, juris Rn. 33, und vom 22. Februar 2019 - OVG 10 S 59.18 -, juris Rn. 9). Auf dieser Grundlage ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Auswahl der Antragstellerin in einem fehlerfreien Verfahren möglich sei, im Wesentlichen deswegen, weil die Beschreibungen in den Gesamturteilen für den Außenstehenden keine klare Abstufung erkennen ließen, die Herabsetzung (der Noten der Antragstellerin) nicht erklärbar sei und mangels inhaltlicher Erläuterung auch nicht feststehe, dass nur die Herabsetzung der maßstabsgerechte Umgang insbesondere mit dem Beurteilungsbeitrag vom 17. Januar 2020 gewesen sei.

Dem hält die Antragsgegnerin mit der Beschwerde ohne Erfolg im Wesentlichen entgegen, dass die Beigeladenen jeweils in mindestens der Hälfte der Einzelmerkmale mit der Höchstnote „X" beurteilt worden seien und daher selbst dann vorrangig zu berücksichtigen seien, wenn die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin unter Übernahme der Einzelbewertungen des Beurteilungsbeitrags erstellt worden wäre. Dies vermag nicht zu überzeugen. Denn die Beschwerde übergeht damit zum einen die letztgenannte Erwägung des Verwaltungsgerichts, wonach mangels inhaltlicher Erläuterung auch nicht feststehe, dass nur die Herabsetzung der maßstabsgerechte Umgang insbesondere mit dem Beurteilungsbeitrag vom 17. Januar 2020 gewesen sei. Zum anderen weist die Antragstellerin zu Recht auch auf Begründungsdefizite in den Beurteilungen der Beigeladenen hin. Ein Fehler im Auswahlverfahren kann sowohl in der Beurteilung des Antragstellers als unterlegenem Beamten als auch in derjenigen der erfolgreichen Bewerber oder im Leistungsvergleich zwischen den Konkurrenten liegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - BVerwG 2 C 51.16 -, juris Rn. 32). Hierbei macht die Antragstellerin insbesondere geltend, dass etwa die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 4. - gemessen am Maßstab der Beurteilungsrichtlinie - an einem Begründungsmangel leide. Dies dürfte auch zutreffen. Der dort für den weit überwiegenden Beurteilungszeitraum zugrunde liegende Beurteilungsbeitrag, der von dem selben Beurteiler stammt wie der Beurteilungsbeitrag über die Antragstellerin, geht von einem - im Vergleich zu dem Beurteilungsbeitrag der Antragstellerin - geringfügig niedrigeren Leistungsstand aus (zweimal „X“, zwölfmal „AA“, fünfmal „A“). Die hierzu durch den Erstbeurteiler vorgenommene grundlegende Aufwertung um eine Notenstufe (siebenmal „X“, fünfmal „AA“) ist in der freien Gesamtbeurteilung nicht thematisiert, eine Auseinandersetzung mit den anderslautenden Noten des Beurteilungsbeitrags findet entgegen Nr. 5.7 UA 5 der Beurteilungsrichtlinie nicht statt. Warum also die Beigeladene zu 4., die aus Sicht des Verfassers der beiden genannten Beurteilungsbeiträge etwas schwächer einzuordnen war als die Antragstellerin, letztlich die Spitzennote „X“ und die Antragstellerin demgegenüber letztlich die zweitschwächste Note „AB“ erhalten hat, bleibt damit ohne plausible Begründung. Deswegen ist es auch nicht vollkommen ausgeschlossen, dass im Falle einer fehlerfreien Neubeurteilung der Antragstellerin eine bessere sowie etwa der Beigeladenen zu 4. eine schlechtere Gesamtnote zuerkannt wird und im Rahmen einer erneuten Auswahlentscheidung auf dieser Grundlage die Antragstellerin ausgewählt werden könnte. Da die Maßstäbe, nach denen eine Herabsetzung oder eine Steigerung der Benotung im Beurteilungssystem der Antragsgegnerin erfolgt, nicht deutlich geworden sind, kann eine Auswahl der Antragstellerin auch gegenüber den übrigen Beigeladenen nicht ausgeschlossen werden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt haben und damit kein Kostenrisiko eingegangen sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG (st. Rspr. des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, vgl. Beschluss des Senats vom 30. März 2017 - OVG 10 S 32.16 -, juris Rn. 22 m.w.N.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).