Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 05.07.2022 | |
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Aktenzeichen | 3 U 103/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0705.3U103.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 08.09.2021, Az. 2 O 173/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Neuruppin ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Streitwert: 12.500 €
I.
Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen in sein Fahrzeug eingebauter unzulässiger Abschalteinrichtungen.
Der Kläger kaufte von der Firma … in … am …2017 einen PKW VW Golf II TDI, Erstzulassung 01.12.2016, zu einem Kaufpreis von 24.000,00 € mit einem Kilometerstand von 8.975. Am 31.03.2021 verkaufte der Kläger das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 81.780 € zu einem Kaufpreis von 11.500 € weiter.
In das Fahrzeug ist ein Dieselmotor der Baureihe EA 288 verbaut. Für das Fahrzeug wurde eine Typengenehmigung für die Schadstoffklasse Euro 6 erteilt.
Der Kläger hat behauptet, der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs sei mit einer bzw. mehreren unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet.
Es sei eine Fahrkurvenerkennung verbaut, um bei der Abgasuntersuchung falsche Werte vorzutäuschen. Die Software ermittele, wann sich das Fahrzeug im Prüfmodus befinde und steuere dann eine Reduzierung der NOx Emissionen durch Maßnahmen bei der Abgasreinigung. Die Reduzierung erfolge über den Einsatz eines NOx Speicherkatalysators. Die Beklagte habe, wie sich aus den Applikationsrichtlinien zum Motor ergebe, mittels Softwareupdates die Fahrkurven aus der Software entfernt.
Aufgrund der Parameter, die auf dem Rollenprüfstand simuliert würden, (Geradeausfahrt von ca. 11 km auf ebener Strecke bei moderater Beschleunigung, Durchschnittsgeschwindigkeit von 33,6 km/h und kurzzeitige Maximalgeschwindigkeit von 120 km/h und Temperaturvorgabe von 20 bis 30 Celsius), könne die Software den Prüfzyklus NEFZ erkennen.
Eine solche Abschalteinrichtung in Form einer Zykluserkennung führe dazu, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen der Verordnung (EG) 715/2007 nicht entspreche, so dass sie unzulässig sei.
Recherchen des SWR hätten ergeben, dass ein Leitfaden für den EA- internen Gebrauch erstellt worden sei, der den Beweis liefere, dass unzulässige Abschalteinrichtungen in Verbindung mit einer Prüfstandserkennung auch in Motoren des Typs EA 288 eingebaut worden seien.
Die Beklagte habe nach der ad hoc Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 die ursprünglich eingebaute Abschalteinrichtung in Form einer Fahrkurve unkenntlich gemacht. In der Vorlage der „Entscheidungsvorlage: Applikationsrichtlinien& Freigabeverfahren EA 288 vom 18.11.2015 heiße es zu dem heimlich durchgeführten Software-Update wörtlich:
„Bei neuen Freigaben sind die Fahrkurven aus der Software entfernt“. „Fahrkurven dürfen nicht zur Einhaltung der Emissions und OBD - Grenzwerte genutzt werden. Diese müssen durch Ausbedatung oder Software Änderung entfernt werden.“
Bei dem streitgegenständlichen Motor erfolge die Möglichkeit zur Reduzierung von Nox Emissionen durch den Einsatz eines Nox Speicherkatalysators (NSK).
Hierzu heiße es in der genannten „Entscheidungsvorlage: Applikationsrichtlinien & Freigabeverfahren EA 288 heiße es zur Zykluserkennung wörtlich:
„ NSK: Bedatung und Nutzung der Fahrkurve zur Erkennung des Precon und des NEFZ, um die Abgasnachbehandlungsevents nur streckengesteuert zu platzieren: Im normalen Fahrbetrieb strecken- und beladungsgesteuerte Platzierung der Events; Beladungssteuerung als führende Größe.“
Auch daraus ergebe sich, dass eine unzulässige Fahrkurvenerkennung implementiert worden sei.
Dass das KBA im Typengenehmigungsverfahren keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt habe oder ein Rückruf für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht vorliege, könne für die Frage, ob eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege, nicht von Bedeutung sein.
Dass eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut worden sei, ergebe sich auch daraus, dass, sobald vom NEFZ abgewichen werde, die Emissionen um ein Vielfaches anstiegen, was sich aus Messungen der Untersuchungskommission Volkswagen und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ergebe. Würde das Fahrzeug über keine Abschalteinrichtung verfügen, müsste als logische Konsequenz der Schadstoffausstoß in sämtlichen Prüfzyklen und im realen Fahrbetrieb ohne wesentliche Abweichungen sein.
Zudem habe der Beklagte eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters eingebaut. Bei einer bestimmten Außentemperatur unter einem bestimmten Grenzwert bzw. über einem bestimmten Wert werde die Abgasrückführung zurückgefahren. Im Rahmen der Untersuchungskommission Volkswagen habe die Beklagte eingeräumt, dass sie temperaturabhängig, insbesondere ab einer Temperatur von 17 Grad, die Abgasrückführung reduziere. Die Abgasreinigung funktioniere nur bei Temperaturen zwischen 10 und 32 Celsius. Ab einer Höhe von 1.000 Metern werde die Abgasreinigung sogar ganz ausgeschaltet.
Weitere Ausführungen zu technischen Details seien ihm nicht möglich.
Der Kläger hat zuletzt die Zahlung von 12.500 € nebst Zinsen unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung sowie die Zahlung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten beantragt.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, es sei keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut worden. Es sei zwar eine Fahrkurve hinterlegt gewesen, an die aber keine Umschaltlogik wie bei den Motoren der Baureihe E 189 geknüpft gewesen sei.
Aus zahlreichen Messungen des KBA im Rahmen der Untersuchungskommission Volkswagen zu variierten Prüfbedingungen habe sich ergeben, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgasgrenzwerte unabhängig von einer Fahrkurvenerkennung eingehalten würden. Nach den Erkenntnissen des KBA, die dieses in zahlreichen amtlichen Auskünften an verschiedene Gerichte mitgeteilt habe, hätten Messungen ergeben, dass die Fahrkurvenerkennung nicht als Abschalteinrichtung genützt werde und auch bei Deaktivierung der Funktion die Grenzwerte in den Prüfverfahren zur Untersuchung der Auspuffemissionen nicht überschritten würden.
Bei Messungen verschiedener Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 288 in verschiedenen Testverfahren hätten sich, anders als beim Motor des Typs EA 189, keine Abweichungen von den bei einer Prüffahrt im NFEZ ermittelten Emissionen ergeben, die so wesentlich gewesen seien, dass sie auf eine Verknüpfung der Fahrkurvenerkennung mit einer Funktion, die die Wirksamkeit des Emissionsminderungssystems wesentlich verändere, hindeute.
Das KBA habe den streitgegenständlichen Motor eingehend geprüft und keinerlei Abgasmanipulationen feststellen können.
Im streitgegenständlichen Fahrzeug sei eine Fahrkurvenerkennung nicht mehr hinterlegt, da sie am 04.03.2020 im Rahmen einer freiwilligen Serviceaktion entfernt worden sei.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der näheren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Seine Entscheidung hat es u. a. wie folgt begründet:
Selbst wenn man unterstelle, dass die temperaturgesteuerte Beeinflussung der Abgasrückführung (Thermofenster) als eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 715/2007/EG zu qualifizieren sei, könne bereits kein objektives sittenwidriges Verhalten der Beklagten festgestellt werden, so dass ein Anspruch aus § 826 BGB nicht bestehe. Der Kläger zeige neben dem - unterstellten – Verstoß gegen die Verordnung keine weiteren Umstände auf, die das Verhalten der für die Beklagten handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Die Annahme setze nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und Anwendung der temperaturabhängigen Steuerung in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehle es hieran, sei bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt. Der Kläger habe keine weitergehenden Umstände in diesem Sinne aufgezeigt.
Auch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit einer Fahrkurvenerkennung stelle keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Käufers dar. Der Kläger habe keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die verantwortlichen Personen bei der Entwicklung und Verwendung der Fahrkurvenerkennung in dem Bewusstsein gehandelt hätten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf zu nehmen.
Das sittenwidrige Vorgehen scheitere auch daran, dass dieses auch vorausgesetzt hätte, dass die Beklagte aufgrund eines für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in großem Umfang Fahrzeuge mit Motoren mit unzulässiger Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht habe, für welche eine Betriebseinschränkung oder Untersagung drohe. Dass bei Offenlegung der Fahrkurvenerkennung mit der Folge der Auslösung eines DeNOx Events bei Beantragung der Typengenehmigung eine Betriebseinschränkung oder Untersagung drohe, könne aber nicht ausgegangen werden. Denn das KBA habe nach Offenlegung dieser Funktion gerade keine derartigen Maßnahmen verhängt, sondern die Ansicht vertreten, dass diese Funktion keine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle.
Die Behauptung, die implementierte Fahrkurvenerkennung führe dazu, dass eine wie in den Motorentypen EA 189 vorhandene Umschaltlogik ausgelöst werde, stelle zudem einen Vortrag ins Blaue hinein dar, der eine Beweiserhebung nicht rechtfertige.
Die pauschalen Behauptungen zu „Manipulationen der Abgasrückführung“ nähmen erkennbar nicht Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug.
Auch aus der freiwilligen Servicemaßnahme ließen sich keine Rückschlüsse auf ein sittenwidriges Verhalten ziehen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Er wendet ein, das Landgericht habe die Anforderungen an einen substantiierten Vortrag überspannt. Er habe bezüglich des Vorliegens von unzulässigen Abschalteinrichtungen und eines erhöhten NOx Schadstoffausstoßes hinreichend vorgetragen, so dass die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast treffe, der sie bis heute nicht nachgekommen sei.
Das streitgegenständliche Fahrzeug entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Aufgrund der Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge liege es auf der Hand, dass dies das Resultat planmäßigen Vorgehens der Beklagten sei. Diese habe nicht nur eine temperaturbasierte Abschalteinrichtung installiert, vielmehr habe sie darüber hinaus weitere unzulässige Abschalteinrichtungen in Form der Prüfstandserkennung installiert. Das Fahrzeug verfüge über einen Nox-Speicherkatalysator. Schon aus der von der Beklagten eingereichten Applikationsrichtlinie ergebe sich eine Manipulation. Aus den dortigen Angaben ergebe sich, dass die Regeneration des NSK im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger außerhalb des Zyklusses anders stattgefunden habe als im Zyklus. Die Steuerungssoftware erkenne, ob sich das Fahrzeug im Zyklus befinde. Dadurch würden Abgasnachbehandlungsevents geplant und gegenüber der Strategie für den Normalbetrieb optimiert und damit anders platziert. Im realen Fahrbetrieb finde die Regenration des NSK nicht ausschließlich streckengesteuert statt, sondern beladungsgesteuert und dann, wenn das Fahrverhalten die Regeneration zulasse. Dies führe zu niedrigeren Emissionen im Vergleich zum Realbetrieb.
Die Beklagte habe nicht nur die Kunden, sondern auch das KBA getäuscht. Sie habe die Verwendung der unzulässigen Funktionen zunächst verschwiegen und vorgetäuscht, das Fahrzeug entspreche dem genehmigten Fahrzeugtyp. Sie habe dem KBA lediglich mitgeteilt, dass „Strategien“ verwendet würden, die zulässig seien. Hierauf habe sich das KBA verlassen. Dadurch habe die Beklagte das KBA getäuscht und die Erwerber der Fahrzeuge in die Gefahr gebracht, dass das jeweilige Fahrzeug stillgelegt werde.
Es sei auch davon auszugehen, dass ein verfassungsmäßiger Vertreter der Beklagten Kenntnis von der Manipulation gehabt habe. Dies ergebe sich unter anderem aus der vorliegenden „Applikationsrichtlinie“.
Dass das KBA (noch) keinen Rückruf angeordnet habe, bedeute nicht, dass keine unzulässige Abschalteinrichtung installiert sei. Das KBA habe bereits mehrfach Typengenehmigungen erteilt und einige Zeit später die Fahrzeuge dennoch zurückgerufen.
Es komme, anders als es das Landgericht ausgeführt habe, auch auf die Nox-Abweichungen im Straßenverkehr an. Fahrzeuge mit dem Motor EA 288 überschritten die Grenzwerte für NOx im Straßenverkehr erheblich. Der Grenzwert liege bei der Euronorm 6 bei 80 mg/km. Die Behauptung der Beklagten, ihre Fahrzeuge würden auch ohne die Manipulationen die Grenzwerte einhalten, sei bestritten worden und durch die vorgelegten Messungen widerlegt. Im Übrigen komme es auf die sogenannte „Grenzwertkausalität“ gar nicht an.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Verkaufserlöses aus dem Verkauf des Fahrzeugs Marke Volkswagen, Typ Golf mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer … in Höhe von 11.500 € an den Kläger 24.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, unter Anrechnung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs zu erstatten, die sich aus folgender Formel ergibt: Kaufpreis x (aktueller Kilometerstand - Kilometerstand bei Erwerb) / (geschätzte Gesamtlaufleistung - Kilometerstand bei Erwerb) zu zahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.899,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Die Beklagte beantragt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Berufung bereits für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches aus § 826, 31 BGB liegen nicht vor.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
In der Sache bleibt die Berufung ohne Erfolg. Dem Kläger stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Schadensersatzansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 826 BGB.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (etwa Urteil vom 25. Mai 2020 –
VI ZR 252/19, juris Rn. 25 ff.) liegt eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung eines Fahrzeugkäufers vor, wenn der Fahrzeughersteller auf der Grundlage einer für seinen Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in hohen Stückzahlen in Deutschland in eigenen und in Fahrzeugen der weiteren Konzernunternehmen Dieselmotoren der Baureihe EA189 in Verkehr gebracht hat, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt (heimlich) so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (Abl. L 171 vom 29. Juni 2007 S. 1 ff.) nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden (vgl. BGH, Urteile vom 30. Juli 2020 – VI ZR 397/19, juris Rn. 11; vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 juris Rn. 16 ff.; Beschluss vom 8. Januar 2019 – VIII ZR 225/17, juris Rn. 5 ff.). Denn damit einher geht einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte. Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zum Fahrzeugkäufer, der eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwarb, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Gebrauchtfahrzeug handelte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 –
VI ZR 252/19, juris Rn. 16).
b) Von einem derartigen sittenwidrigen Verhalten kann hier bereits deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Vortrag des Klägers zu dem Vorhandensein einer oder mehrerer unzulässigen Abschalteinrichtungen als "Behauptung ins Blaue hinein" zu werten ist und damit unberücksichtigt zu bleiben hat.
aa)
Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist allerdings bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen (std. Rspr., etwa BGH, Urteil vom 17. November 2020 – II ZR 68/20, juris Rn. 15 mwN; Beschlüsse vom 28. Januar 2020, VIII ZR 57/19, juris Rn. 7; vom 14. Januar 2020 –VI ZR 97/19, juris Rn. 8; vom 26. März 2019 – VI ZR 163/17, juris Rn. 11). Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (std. Rspr., BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2020, VIII ZR 57/19, juris Rn. 7; vom 26. März 2019 – VI ZR 163/17; jeweils mwN).
Im Regelfall unerheblich ist auch, wie wahrscheinlich die behauptete Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (BGH, Beschluss vom 28. Juli 2020 – VI ZR 300/18, juris Rn. 11). Es ist einer Partei grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält (std. Rspr.; etwa BGH, Urteile vom 29. Januar 2020 – VIII ZR 385/18, juris Rn. 83; vom 7. Februar 2019 – III ZR 498/16, juris Rn. 37; Beschluss vom 28. Januar 2020 – VIII ZR 57/19, juris Rn. 8 mwN). Die Vorschriften über den Beweisantritt (etwa §§ 373, 403 ZPO) verlangen grundsätzlich auch nicht, dass eine Partei sich darüber äußert, welche Anhaltspunkte sie für die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Behauptung hat (BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2020 – VI ZR 97/19, juris Rn. 8; vom 1. August 2007 – III ZR 35/07, juris Rn. 7). Wie weit eine Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, hängt von ihrem Kenntnisstand ab (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2020 – VI ZR 97/19, juris Rn. 8).
bb)
Eine Behauptung ist aber dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufgestellt worden ist (std. Rspr.; etwa BGH, Urteile vom 29. Januar 2020 – VIII ZR 385/18, juris Rn. 83; vom 7. Februar 2019 – III ZR 498/16, juris Rn. 37; Beschluss vom 28. Januar 2020 –VIII ZR 57/19, juris Rn. 8 mwN), mithin aus der Luft gegriffen ist und deshalb ein Rechtsmissbrauch vorliegt (BGH, Urteil vom 9. Februar 2018 – V ZR 274/16, juris Rn. 11 mwN). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte gerechtfertigt werden können (BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2020 – VIII ZR 57/19, juris Rn. 8; vom 14. Januar 2020 – VI ZR 97/19, juris Rn. 8; jeweils mwN).
Mangels eigener Sachkunde und hinreichenden Einblicks in die Konzeption und Funktionsweise des in seinem Fahrzeug eingebauten Motors einschließlich des Systems zur Verringerung des Stickoxidausstoßes kann der Laie keine genauen Kenntnisse von dem Vorhandensein und der konkreten Wirkung einer Abschalteinrichtung haben (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 – VIII ZR 57/19, juris Rn. 9). Er ist letztlich auf Vermutungen angewiesen und kann diese naturgemäß nur auf einige greifbare Anhaltspunkte stützen (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 –VIII ZR 57/19, juris Rn. 10). Von ihm kann daher nicht verlangt werden, dass er im Einzelnen darlegt, weshalb er von dem Vorhandensein einer oder mehrerer Abschalteinrichtungen ausgeht und wie diese konkret funktionieren. Vielmehr ist von ihm nur zu fordern, dass er greifbare Umstände anführt, auf die er den Verdacht gründet, sein Fahrzeug weise eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen auf (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 – VIII ZR 57/19, juris Rn. 10).
c)
Auch gemessen an diesen strengen Voraussetzungen ist den Beweisantritten des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägers zu vermeintlichen unzulässigen Abschalteinrichtungen in seinem Fahrzeug nicht nachzugehen. Er hat seine Behauptungen ohne greifbare Anhaltspunkte, die dem streitgegenständlichen Motortyp zuzuordnen wären, vorgebracht (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 22.06.2021 - I 13 U 194/20, juris Rn. 55; OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. Mai 2021 – 18 U 526/19, juris Rn. 31, 43; OLG Köln, Urteil vom 28. April 2021 – 5 U 129/20, juris Rn. 30; OLG Oldenburg, Urteil vom 19. März 2021 – 6 U 283/20, juris Rn. 39, 44; OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Januar 2021 – 16a U 196/19, juris Rn. 35; OLG Dresden, Urteil vom 4. Dezember 2020 – 9a U 2974/19,- juris Rn. 27, 29; Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 10. Dezember 2020 – 4 U 51/20, juris Rn. 14; OLG Frankfurt, Urteil vom 7. Oktober 2020 – 4 U 171/18, juris Rn. 59).
d)
Eine Abschalteinrichtung ist nach Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG ein Konstruktionsteil, das bestimmte Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird. Nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig, wenn nicht bestimmte Ausnahmen vorliegen.
e)
Allein der - unstreitige - Umstand, dass die Motorsteuerung im Fahrzeug des Klägers über eine Fahrkurvenerkennung verfügt hat, ist kein belastbarer Anhaltspunkt dafür, dass es sich hierbei um eine unzulässige Abschalteinrichtung gehandelt hat.
aa)
Eine Fahrkurvenerkennung wäre nicht an sich unzulässig. Vielmehr ist dies gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 715/2007 nur dann der Fall, wenn dadurch eine Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007 aktiviert wird, die die Wirkung des Emissionskontrollsystems verringert. Die Fahrkurvenerkennung müsste also dazu führen, dass die Leistung der Abgasreinigungssysteme im realen Fahrbetrieb gegenüber dem Betrieb auf dem Prüfstand reduziert werden (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21.01.2022, 1 U 37/21 OLG Oldenburg, Urteil vom 30.12.2021, 8 U 55/19).
Die Beklagte hat, wie ausgeführt, dezidiert und unter Vorlage zahlreicher Messergebnisse und amtlicher Auskünfte des KBA substantiiert dargelegt, dass bei keinem der untersuchten Fahrzeuge mit Motoren des Typs EA 288 eine Verknüpfung der Fahrkurvenerkennung mit einer Umschalteinrichtung habe festgestellt werden können.
f)
Dafür, dass dennoch eine unzulässige Abschalteinrichtung, vorliegt, zeigt der Kläger keine greifbaren Anhaltspunkte auf.
aa)
Er kann sich hierfür insbesondere nicht auf die in der Entscheidungsvorlage „Applikationen & Freigabeverfahren EA 288“ enthaltenen Anweisungen stützen. Die Beklagte hat nachvollziehbar erläutert, dass es sich bei dem der Passus aus der Entscheidungsvorlage, auf den sich der Kläger zur Untermauerung seiner Behauptung, in dem Motor sei eine unzulässige Abschalteinrichtung implementiert, beruft, allein um eine Anwendungsbeschreibung handele, in dem die bisherige Bedatung des NSK mit Blick auf die an die Fahrkurvenerkennung geknüpfte streckengesteuerte Platzierung der Abgasnachbehandlungsevents beschrieben werde.
Soweit der Kläger meint, gerade aus der sich aus der Entscheidungsvorlage ergebenden streckengesteuerten, geplanten und gegenüber dem Realbetrieb optimierten Platzierung der Abgasnachbehandlungsevents lasse sich ableiten, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege, folgt der Senat dem nicht. Daraus ergibt sich nur, dass die Regeneration des NSK-Speicherkatalysators auf dem Prüfstand (nur) streckengesteuert erfolgt, während im normalen Fahrbetrieb die Regeneration strecken- und beladungsgesteuert stattfindet. Anhaltspunkte dafür, dass dies zur (sicheren) Einhaltung der Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand dient oder Hinweise darauf, dass die Fahrkurve Einfluss auf die Einhaltung des Grenzwertes für die Stickoxidemissionen hat, finden sich in der Entscheidungsvorlage dagegen nicht (vgl. OLG Karlsruhe, OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. April 2022 – 8 U 232/21 –, juris; OLG Nürnberg, Urteil vom 22. September 2021 – 12 U 4034/20 –, juris).
bb)
Dass die Fahrkurven nachträglich aus der Software entfernt wurden, ist ebenfalls kein greifbarer Umstand, der Anlass für eine Beweisaufnahme bietet. Wie dargelegt, ist allein das Vorhandensein einer Fahrkurvenerkennung ohne weitere Verknüpfung mit einer Umschaltfunktion kein Anhaltspunkt für eine Abschalteinrichtung. Deshalb lässt sich auch aus dem Umstand, dass die Beklagte sich entschieden hat, die Fahrkurvenerkennung aus der Software der EA 288 Motoren zu entfernen, nicht rückschließen, dass sie dies (nur) getan hat, um eine unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Dies ist eine Behauptung ins Blaue hinein.
g)
Der Vortrag des Klägers Fahrzeuge mit Motoren des Typs EA 288 überschritten die zulässigen Grenzwerte für den Stickoxidausstoß im Straßenbetrieb ist ohne hinreichende Aussagekraft für die hier bedeutsame Frage, ob das Emissionskontrollsystem des Motortyps EA 288 mittels eines Umschaltsystems zwischen Prüfstand und realem Fahrbetrieb unterscheidet und darauf mit unterschiedlichen Verfahrensabläufen bei der Abgasemission reagiert (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 22. Juni 2021 - I 13 U 194/20, juris Rn. 75; OLG Frankfurt, Urteil vom 07.10.2020 - 4 U 171/18Rn. 44 juris; OLG Bamberg, Urteil vom 26.11.2020 - 1 U 368/19Rn. 41 juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 19.01.2021 - 16a U 196/19Rn. 60 ff. juris).
Der Vortrag ist unsubstantiiert und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Die vorgelegten Messergebnisse betreffen bereits nicht das streitgegenständliche Fahrzeug. Darüber hinaus begründet die Tatsache, dass ein Fahrzeug im normalen Fahrbetrieb höhere Emissionen aufweist als im – für die Überprüfung der Einhaltung der Werte der Norm maßgeblichen – NEFZ, ebenfalls keinen Anhaltspunkt für eine unzulässige Abschalteinrichtung, sondern ist vielmehr allgemein bekannt. Die für die Einhaltung der relevanten, im sog. NEFZ-Verfahren gemessenen Werte entsprechen grundsätzlich, auch ohne unzulässige Beeinflussung des Messverfahrens, nicht den im Rahmen des tatsächlichen Gebrauchs des Fahrzeugs anfallenden Emissionswerten (OLG Bamberg, Urteil vom 20. Dezember 2021 – 4 U 115/19 –, juris; so auch OLG München, Endurteil vom 05.09.2019 - 14 U 416/19, BeckRS 2019, 26072 Rn. 168). Es ist allgemein bekannt, dass der Straßenbetrieb mit der Prüfstandsituation nicht vergleichbar ist. Dies gilt sowohl hinsichtlich der angegebenen Kraftstoffverbräuche als auch hinsichtlich der Grenzwerte für Emissionen. Auf dem Prüfstand wird eine bestimmte „ideale“, nicht der Praxis entsprechende Situation vorgegeben, etwa hinsichtlich der Umgebungstemperatur, der Kraftentfaltung (Beschleunigung und Geschwindigkeit) oder der Abschaltung der Klimaanlage, sodass der erzielte Wert zwar zu einer relativen Vergleichbarkeit unter den verschiedenen Fahrzeugfabrikaten und -modellen führen mag, absolut genommen aber jeweils nicht mit dem Straßenbetrieb übereinstimmt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.12.2020 – 16a U 155/19 –, Rn. 59 - 60, juris).
h)
Auch der Vortrag, in dem Fahrzeug des Klägers sei ein Thermofenster verbaut, das eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle, erfolgt ins Blaue hinein.
aa)
Soweit der Kläger sich für das Vorhandensein eines Thermofensters auf die Seite 72 des Berichts der Untersuchungskommission Volkswagen (Anlage K 9) beruft, so ergibt sich daraus kein Hinweis auf den Einbau eines Thermofensters im streitgegenständlichen Fahrzeug. Die Stelle bezieht sich auf einen Audi A 6 mit der Schadstoffklasse Euro 5. Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um einen Golf VII mit der Schadstoffklasse Euro 6. Zudem heißt es in dem Passus nur, dass der Hersteller „bei einer Außentemperatur unter 17 Grad Celsius die AGR- Raten reduziert hat“.
Im Übrigen stimmt dieser Vortrag, nach dem die Abgasrückführung unter 17 Grad reduziert werde, nicht mit dem weiteren Vortrag des Klägers über die Ausgestaltung des Thermofensters überein. Dieser ist insgesamt in sich widersprüchlich. In der Klageschrift behauptet der Kläger, die Abgasreinigung funktioniere nur zwischen 10 und 32 °Celsius, im Schriftsatz vom 17.12.2021 trägt er dagegen vor, die Abgasreinigung werde in Abhängigkeit von der Außentemperatur zwischen ca. unter 15 °und über 30 °reduziert.
Insofern ist der Vortrag des Klägers hinsichtlich der Temperaturangaben und der konkreten Ausgestaltung des Thermofensters - bezogen auf sein Fahrzeug - nicht näher erläutert und plausibel dargelegt. Insbesondere ist nicht dargetan, auf welche Erkenntnisgrundlagen der Kläger seine Behauptungen indiziell stützt und inwieweit solche überhaupt für das vorliegende Verfahren etwas hergeben könnten, als sie gerade Fahrzeuge der streitgegenständlichen Art betreffen.
bb)
Im Übrigen hat die Beklagte der klägerischen Behauptung detailliert widersprochen und ausgeführt, dass eine Abgasrückführung in sämtlichen EA 288-Fahrzeugen in einem Temperaturbereich von -24°C bis +70°C in Abhängigkeit zur Umgebungstemperatur stattfinde. Lediglich außerhalb dieses weiten Temperaturbereiches sei eine Abschaltung der Abgasrückführung aus Gründen des Motorschutzes und des sicheren Betreibens des Fahrzeugs notwendig. Innerhalb des Fensters finde aus denselben Gründen in Abhängigkeit zur Umgebungstemperatur eine kontinuierliche Abstufung statt. Dies bedeute nicht, dass die AGR entweder zu 100 % aktiv oder inaktiv sei. Im Ergebnis sei die Abgasrückführung in Abhängigkeit zur Umgebungstemperatur bei praktisch allen Fahrten aktiv. Sie werde nur in absoluten Extremtemperaturen vollständig außer Kraft gesetzt, d.h. sei gar nicht mehr aktiv.
cc)
Angesichts dieses konkreten Bestreitens der Beklagten und der Überprüfungen, die im Rahmen der "Untersuchungskommission Volkswagen" stattgefunden und nicht zur Feststellung einer unzulässigen Abschalteinrichtung geführt haben, ist mithin auch dieser Vortrag des Klägers zu seinem Fahrzeug als ins Blaue hinein zu bewerten (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 22. Juni 2021 -I 13 U 194/20 juris Rn. 79; OLG Köln, Urteil vom 28. April 2021 – 5 U 129/20, juris Rn. 30; OLG München, Urteil vom 30. Juli 2021 – 24 U 6281/20 –, juris; wohl auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. Mai 2021 – 18 U 526/19, juris Rn. 33).
2.
Da bereits nicht festgestellt werden kann, dass in das streitgegenständliche Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, kann dahinstehen, ob - für den Fall, dass dies zu bejahen wäre, Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, 27 Abs 1 EG-FGV oder Art. 5 der VO (EG) Nr. 714/2007 bestehen könnten.
Der Senat hält zwar - trotz der gegenteiligen Stellungnahme des Generalanwalts in der Rechtssache C-100/21 - weiterhin die betreffenden Vorschriften nicht für drittschützend. Dies hat auch der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs bereits mit Urteil vom 30.07.2020 entschieden (VI ZR 5/20). Dem hat sich der VII. Zivilsenat mit Beschluss vom 13.10.2021 angeschlossen (VII ZR 295/20).
Ob sich aus der gegenteiligen Stellungnahme des Generalanwalts für andere Verfahren entgegen der vom Bundesgerichtshof noch in Beschluss vom 15.09.2021 (VII ZR 2/21) vertretenen Auffassung die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ergibt, kann hier allerdings offen bleiben.
Der Senat kann abschließend entscheiden, da es auf die Frage der drittschützenden Wirkung hier nicht ankommt.
3.
Ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht mangels Bestehens eines Hauptanspruchs nicht.
4.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708. Nr. 10, 713 ZPO.
5.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 BGB nicht vorliegen. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich hinreichend geklärt. Die Frage, ob ein Sachvortrag durch greifbare Anhaltspunkte untermauert wird und einer Beweisaufnahme zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls.