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Entscheidung 9 UF 30/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 22.07.2022
Aktenzeichen 9 UF 30/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0722.9UF30.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde der Großeltern gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 11. Januar 2022 – Az. 6 F 454/21 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Großeltern zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1.

Die Antragsteller sind die Großeltern mütterlicherseits der im Rubrum angeführten (Halbgeschwister-)Kinder A... und L... Sch...; die Mutter ist für beide Kinder allein sorgeberechtigt. Bereits vor der Geburt der Kinder und bis Mai 2021 lebten die Antragsteller gemeinsam mit der Mutter auf deren Pferdegestüt, auf dem sie inzwischen auch ihre eigene Tierarztpraxis unterhält. Seit Januar 2020 lebt auch der Partner der Mutter auf dem Hof und wird von den Mädchen, die keinen Kontakt zu ihren Vätern haben, als sozialer Vater erlebt und akzeptiert. Die Antragsteller waren im Leben der Kinder alltäglich präsent, bis die Mutter den bestehenden Mietvertrag mit ihnen im Mai 2021 kurzfristig beendete. Hintergrund ist ein über längere Zeit gewachsenes, bis heute anhaltend tief sitzendes Zerwürfnis zwischen der Mutter und ihren Eltern. Mit dem Auszug der Großeltern unterbrach die Mutter auch deren persönlichen Kontakt zu den Mädchen.

Nachdem über das Jugendamt nicht einmal ein gemeinsames Gespräch zwischen Mutter und Großeltern erreicht werden konnte, haben die Großeltern eingehend im September 2021 um gerichtliche Umgangsregelung für beide Kinder nachgesucht. Sie machen geltend, die Mutter habe über viele Jahre ihre intensive Unterstützung in der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung, bei der sie sich tatsächlich auch überhaupt nichts vorwerfen lassen müssten, gern angenommen, um sich beruflich zu entwickeln. Erst mit dem Einzug ihres Partners habe das bis dahin vertrauensvolle Verhältnis der Mutter zu ihnen gelitten. Sie seien über die kurzfristige Kündigung sehr enttäuscht gewesen, akzeptierten aber den Wunsch der Mutter nach persönlicher Distanz. Die Beziehung zu den Kindern, die über den Auszug sehr traurig gewesen seien, wollten sie über regelmäßige persönliche Kontakte aber unbedingt aufrechterhalten bzw. wiederherstellen. Sie nehmen ein Verhaltensmuster der Mutter in Konfliktsituationen dahin wahr, mit rigorosen Kontaktabbrüchen zu reagieren und halten dies unter dem Aspekt einer gedeihlichen Entwicklung der Kinder für mindestens problematisch. Sie sehen die Mutter in der Pflicht, den bestehenden Konflikt aufzuarbeiten und im Interesse der Töchter deren langjährig bestehende Beziehung und Bindung zu ihren Großeltern zu unterstützen.

Aus Sicht der Mutter ist ihr und letztlich auch ihrer Töchter Verhältnis zu den Großeltern zerrüttet. Sie ist der Überzeugung, das Zusammensein ihrer Töchter mit den Großeltern habe nicht nur den häuslichen Frieden massiv gestört, sondern insbesondere auch die Entwicklung der Töchter zunehmend beeinträchtigt, was sie näher ausführt. Sie sieht sich in der Pflicht, die Kinder vorerst vor persönlichen Begegnungen mit den Großeltern schützen zu müssen.

Das Amtsgericht hat nach persönlicher Anhörung der Beteiligten einschließlich der Kinder am 4./9. November 2021 mit Beschluss vom 11. Januar 2022 den Großeltern nur das Recht eingeräumt, den Kindern an Ostern, Weihnachten und den jeweiligen Geburtstagen Briefe zu schreiben und Geschenke zu übersenden und einen weitergehenden Umgang – befristet bis zum 30. Juni 2023 - ausgeschlossen. Es sei nicht festzustellen, dass ein persönlicher Umgang der Mädchen mit den Großeltern dem Kindeswohl förderlich sei. Die Kinder selbst hätten sich ablehnend geäußert; die Mutter sei nicht willens bzw. nicht in der Lage, die von den Antragstellern erstrebte Kontaktgestaltung zu unterstützen. Bei dieser Sachlage würde die Anordnung persönlicher Begegnungen die Kinder in einen für sie schädlichen Loyalitätskonflikt stürzen. Der Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens bedürfe es nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Großeltern, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus erster Instanz weiterhin eine Umgangsregelung erstreben, die persönliche Begegnungen mit den Enkeltöchtern vorsieht. Sie rügen eine zu undifferenzierte Bewertung der kindlichen Äußerungen und eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung.

Die Mutter verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.

Das Jugendamt trägt die Entscheidung mit und betont, dass mit Blick auf die ausgeprägt ablehnende Haltung der Mutter bei Anordnung von persönlichen Kontakten ein ihrem Wohl abträglicher sich vertiefender Loyalitätskonflikt der Kinder zu erwarten sei.

Die Verfahrensbeiständin appelliert an den Senat, mit Blick auf den zutage getretenen tiefen Loyalitätskonflikt der Kinder von deren neuerlicher Anhörung abzusehen. Sie verspricht sich – ähnlich wie die Großeltern – von der Einholung eines lösungsorientiert und sensibel mit allen beteiligten Familienmitgliedern arbeitenden psychologischen Sachverständigengutachten eine Darstellung und Einschätzung der komplexen familiären Situation.

2.

Die Beschwerde der Großeltern ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2, 65 Abs. 1 FamFG zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Der Senat teilt die Einschätzung des Familiengerichts, dass die Voraussetzungen, unter denen ein persönlicher Umgang der Antragsteller mit der heute knapp 9-jährigen A... und der rund 6 ½ Jahre alten L... Sch... gerichtlich geregelt werden könnte, (jedenfalls derzeit) nicht vorliegen. Auch die Verfahrensführung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden; die Einholung eines Sachverständigengutachtens war und ist nicht erforderlich. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht. Im Einzelnen:

Die Vorschrift des § 1685 Abs. 1 BGB eröffnet Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Es spricht also nach dem Willen des Gesetzgebers keine Vermutung dafür, dass der Umgang der Großeltern mit den Enkelkindern dem Kindeswohl diene. Die in § 1685 BGB erfolgte Erweiterung des Kreises der Umgangsberechtigten steht vielmehr unter dem Vorbehalt des positiven Nachweises, dass der Umgang mit den Verwandten dem Kindeswohl förderlich ist. Für die Frage, was dem Wohl des Kindes dient, kann § 1626 Abs. 3 Satz 2 BGB als Auslegungshilfe herangezogen werden. Danach gehört der Umgang mit anderen Personen (als den Eltern), zu denen das Kind Bindungen besitzt, zum Wohl des Kindes, wenn deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist (BGH FamRZ 2017, 1668 – Rdnr. 26 bei juris). Dies ist allein aus dem Blickwinkel des Kindes zu beurteilen, denn trotz des nachvollziehbaren Interesses von Großeltern an der Kontaktpflege mit ihren Enkelkindern ist ihnen das nach § 1685 BGB mögliche Umgangsrecht nicht um ihrer selbst, sondern um des Kindes willen eingeräumt worden. Das Umgangsrecht der in § 1685 BGB genannten Personen muss deshalb im Wesentlichen als ein treuhänderisches und dienendes Recht charakterisiert werden. Die abstrakte Möglichkeit, dass der Kontakt des Kindes mit weiteren Verwandten aus seinen Herkunftsfamilien förderlich sein kann, reicht nicht aus. Es muss vielmehr feststehen, dass der Umgang für die Entwicklung des Kindes und sein Wohl unter Berücksichtigung seiner gesamten Lebenssituation, aller seelischen, körperlichen und erzieherischen Aspekte sowie seiner vorhandenen Bindungen an die den Umgang verlangenden Verwandten dienlich ist. Die Feststellungslast (auch) der Kindeswohldienlichkeit liegt bei den Umgangsberechtigten (-fordernden); verbleibende Zweifel gehen deshalb zu ihren Lasten (Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 7. Aufl., § 1685 Rdnr. 7). Es ist allgemein anerkannt und das Amtsgericht betont dies zu Recht, dass insbesondere bei unüberbrückbaren Differenzen zwischen den Eltern und den Großeltern davon auszugehen sein wird, dass der Umgang mit diesen nicht dem Kindeswohl entspricht, weil zu besorgen ist, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geraten würde (vgl. LVerfG Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2018, Az. 19/18; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017, Az. XII 350/16; OLG Oldenburg, Beschluss vom 23. Oktober 2017, Az. 3 UF 120/17; erkennender Senat, Beschluss vom 4. Juli 2019, Az. 9 UF 6/18; Brandenburgisches [Bbg.] OLG – 4. Familiensenat, Beschluss vom 17. Januar 2018, Az. 13 UF 152/17; Bbg. OLG – 2. Familiensenat, Beschluss vom 17. Mai 2010, Az. 10 UF 10/10; OLG Hamm, Beschluss vom 15. September 2009, Az. 11 UF 108/09; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. Mai 2007, Az. 18 UF 217/06; OLG Koblenz, Beschluss vom 31. August 1999, 15 UF 166/99 – jeweils zitiert nach juris; Grüneberg-Götz, BGB, 81. Aufl., § 1685 Rdnr. 3 f.; Johannsen/Henrich/Althammer, a.a.O., Rdnr. 8; Staudinger/Dürbeck, BGB (2019), § 1685 Rdnr. 37).

Gemessen daran kann ein Umgang der Großeltern mit A... und L... derzeit nicht befürwortet werden.

Der Schriftverkehr und insbesondere auch die gut dokumentierte Anhörung der Beteiligten im Verfahren erster Instanz belegen eindrucksvoll, dass das Mutter-Großeltern-Verhältnis von einem tiefen Zerwürfnis geprägt ist. Nach der Wahrnehmung und tiefen inneren Überzeugung der Mutter haben die Großeltern und hier vor allem die Großmutter ihren – der Mutter – Erziehungsvorrang missachtet, sei nicht nur, aber auch gegen die Kinder physisch und psychisch übergriffig gewesen, sei den Kindern nicht altersgerecht begegnet, habe L... der älteren Schwester demonstrativ vorgezogen und die Geschwisterbindung genauso wie die Mutter-Töchter-Beziehung gefährdet. Vor allem A... habe wiederholt Herabsetzungen erdulden müssen. Die häusliche Atmosphäre sei immer mehr durch Streit und lautstarke Auseinandersetzungen geprägt gewesen. Über den Auszug der Großeltern seien die Töchter glücklich gewesen und nähmen seither eine entspannte und positive Entwicklung. Daraus leitet die Mutter für sich die Verpflichtung ab, zum Schutz der Kinder jeglichen persönlichen Kontakt der Töchter zu den Großeltern abzuwehren („Im Moment muss ich sie schützen. Vielleicht wenn sie größer sind. Derzeit sind sie aber zu fragil, um selbst zu entscheiden.“ – so die Mutter in ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht am 4. November 2021). Auch einer durch die Verfahrensbeiständin begleiteten Kontaktaufnahme der Mädchen zu den Großeltern hat die Mutter nachdrücklich eine Absage erteilt.

Die Mutter fühlt sich durch die beschriebenen Verhaltensweisen der Antragsteller an ihre eigene Kindheit/Jugend erinnert, in der sie – ihrer Erinnerung zufolge – von ihren Eltern immer wieder Zurücksetzung gegenüber ihrem Bruder habe erleiden müssen. In der Anhörung vor dem Amtsgericht hat die Mutter ihre Haltung zum Streitgegenstand ebenso drastisch wie plastisch formuliert: „Meine Kinder (sollen) geschützt aufwachsen, ohne psychische Folter und ohne dass die Große eine Essstörung entwickelt. Ich bin schon verloren für die Welt und meinen Kindern soll das nicht auch passieren. Sie hatten 10 Jahre Zeit, gute Großeltern zu sein. Das haben sie nicht genutzt.“

Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass die Antragsteller diese Beschreibungen der Mutter aus den gemeinsam verbrachten Jahren überhaupt nicht nachvollziehen können. Nach ihrer Wahrnehmung hat die Mutter die Anwesenheit der Antragsteller, deren ausgeprägte Unterstützung bei der Kinderbetreuung bis in die zeitintensive häusliche Betreuung der Kinder während des Corona-Lockdowns und der Schließungen von Schule und Kita im Jahr 2020 hinein und auch die Hilfe im Haus und auf dem Hof gern angenommen. Sie räumen ein, auch erzieherisch tätig gewesen zu sein, reklamieren hierfür aber die Zustimmung der Mutter. Die Großeltern haben ihre Beziehung zu den Kindern als grundsätzlich innig, vertrauensvoll und unbelastet erlebt. Das familiäre Leben in mehreren Generationen habe Risse erst erfahren, als der Lebenspartner der Mutter zugezogen sei. In der weiteren Folge sei die Mutter misstrauisch geworden, habe Vorfälle aufgebauscht und das Verhalten der Großeltern zunehmend kritisiert. Die sehr kurzfristig ausgesprochene Kündigung sei für sie enttäuschend gewesen. Vor allem aber seien die Kinder wegen des Auszuges extrem traurig gewesen und hätten sich weinend von ihnen verabschiedet (was die Mutter unter Hinweis auf die Abwesenheit der Kinder beim Auszug bestreitet).

Es wird sich letztlich nicht aufklären lassen, welche der unvereinbaren Beschreibungen der Wirklichkeit des langjährigen gemeinsamen Lebens näher kommt. Beide Seiten haben ihre Wahrnehmungen mit einzelnen konkreten Darstellungen untersetzt, die für sich betrachtet plausibel und nicht zu widerlegen sind. Man wird – nicht zuletzt aus der Dauer der gemeinsam verbrachten Zeit - davon ausgehen können, dass sich die Vorstellungen über Art und Weise des Zusammenlebens auseinander entwickelt haben: Die allein erziehende Mutter, die – das Pferdegestüt aufbauend und ihre Ausbildung zur Tierärztin absolvierend – beruflich stark eingespannt war, wird mindestens anfangs die zeitintensive Unterstützung der Eltern auch und gerade bei der Kinderbetreuung gewiss gern angenommen haben und dabei über etwaige weniger goutierte Verhaltensweisen der Antragsteller (leichter) hinweggesehen haben. Mit dem Abschluss ihrer beruflichen Ausbildung, der wirtschaftlichen Festigung des Pferdegestüts und der neuen Beziehung zu ihrem Partner mögen sich die Möglichkeiten und auch die Prioritäten der Mutter verschoben haben, die nun das – sich vielleicht auch ändernde – Verhalten der Großeltern kritischer wahrgenommen hat. Es gab zunehmend Auseinandersetzungen, die beide Seiten offenbar sehr unterschiedlich wahrgenommen haben und die in der mit 14-tägiger Frist ausgesprochenen Kündigung der Antragsteller mündeten. Über dem Zerwürfnis und der sich anschließenden gerichtlichen Auseinandersetzung um den Umgang mit den (Enkel-)Töchtern wird sich die subjektive Wahrnehmung über die Geschehnisse und die Beziehung zu den (Enkel-)Töchtern verselbständigt und zugleich verhärtet haben, ohne dass hier böswillige Unterstellungen vorliegen müssen.

Festzuhalten bleibt, dass das tiefe Zerwürfnis zwischen Mutter und Großeltern fortbesteht und jeder Teil die Gründe hierfür ausschließlich beim anderen sucht. Die Mutter hat – ausgehend von ihrer Wahrnehmung eines massiv übergriffigen Verhaltens der Antragsteller insbesondere auch gegen die Kinder für sich betrachtet nachvollziehbar - die Überzeugung gewonnen, sie müsse die Töchter vorerst vor weiteren persönlichen Kontakten zu den Antragstellern schützen. Sie rückt diese Haltung auch ausdrücklich in den Ereignishorizont ihrer Töchter (dazu sogleich gesondert). Die Großeltern fühlen sich – ausgehend von ihren Wahrnehmungen nicht minder plausibel - grundlos ausgegrenzt und empfinden den Kontaktabbruch – aus ihrem Erleben: gegen den Willen der Kinder – als egoistisch. Sie sehen darin gar ein fatales Muster im Verhalten der Mutter, die Konflikte wiederholt durch abrupten und endgültigen Beziehungsabbruch gelöst habe, wofür es allerdings tatsächlich keine belastbaren Anknüpfungstatsachen gibt. Den – auch von der Verfahrensbeiständin besonders angesprochenen – Umstand, dass die Töchter zu ihren Vätern keinen Kontakt haben, erklärt sie unbestritten mit einer Absprache mit dem Vater L...s (Samenspender) und Desinteresse des Vaters von A.... Es liegt erkennbar auch kein Fall einer die Töchter sozial isolierenden und für sich vereinnahmenden Mutter vor. Richtig ist allein, dass im Alltagsleben der Kinder inzwischen quasi die sich wechselseitig oft besuchende Familie des Partners an die Stelle der Großeltern getreten ist - und A... und L... zwischenzeitlich sichtlich aufgeblüht sind.

Nach alledem ist festzustellen, dass die Mutter nicht willkürlich Umgangskontakte zwischen den Töchtern und den Großeltern verweigert, sondern anknüpfend an das unbestreitbare Zerwürfnis des Verhältnisses zu den Antragstellern für sich und zum Schutz ihrer Kinder dafür eine Notwendigkeit sieht; sie kann diese tiefe innere Überzeugung durchaus nachvollziehbar begründen. Sie findet in ihrer Einschätzung auch Bestätigung dadurch, dass die Kinder seit dem Auszug/Kontaktabbruch zu den Großeltern entspannter und selbstbewusster würden, eine Wahrnehmung, die auch die Kitabetreuerin L...s bzw. die Klassenlehrerin A...s durchaus teilen.

Es kommt im Streitfall hinzu, dass die Kinder persönliche Begegnungen mit den Großeltern verbal ablehnen. Auf die eingehende Darstellung der Kindesäußerungen in dem angefochtenen Beschluss wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen. Der Senat verkennt nicht, dass beide Kinder, vor allem die jüngere L... – insbesondere auch noch in der ausführlichen richterlichen Anhörung - durchaus auch schöne Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit den Großeltern geschildert haben, die aber erkennbar in den Hintergrund getreten sind, nachdem der Alltag zunehmend von Streitigkeiten geprägt war. Es ist aus den Äußerungen der Kinder durchaus auch herauszuhören, dass die Mutter ihre strikt ablehnende Haltung zu persönlichen Begegnungen der Töchter mit den Antragstellern auch aktiv in den Ereignishorizont der Kinder rückt und dadurch Loyalitätsdruck ausübt. Beide Kinder wissen sehr genau, dass die Mutter nicht möchte, dass sie persönliche Begegnungen mit den Großeltern haben; die Kinder haben etwa auch erkennbar die Kritik der Mutter an den ihnen von den Großeltern zugewendeten Geschenken (teilweise) übernommen. Die Erzählungen – insbesondere der älteren A... – ließen allerdings, wie das Amtsgericht zutreffend anführt, auch erkennen, dass sie ihre ablehnende Haltung gegenüber Besuchen der Großeltern auch mit eigenen negativen Erfahrungen aus der gemeinsamen Zeit verknüpfen. Selbst wenn davon auszugehen ist, dass die verbalisierte Ablehnung persönlicher Begegnungen mit den Großeltern – die Kinder machen hier ersichtlich keinen nennenswerten Unterschied zwischen der Großmutter und dem Großvater – von der Mutter nachhaltig beeinflusst ist, so wird doch jedenfalls – schon in dem ersten Gespräch mit der Verfahrensbeiständin – ein Loyalitätskonflikt deutlich. Die Kinder können sich aus Sorge vor weiteren Auseinandersetzungen, denen sie sich – mit Recht – nicht gewachsen sehen, erkennbar nicht auf einen Umgang mit den Großeltern einlassen. L... verknüpft den Gedanken an die Großeltern gar mit Bauchschmerzen und schlechten Träumen.

Die beteiligten Fachleute – Jugendamt und Verfahrensbeistand – konstatieren einen tiefen Loyalitätskonflikt der Kinder, der aus dem Zerwürfnis zwischen den Antragstellern und der Mutter herrührt und, wie das Jugendamt zutreffend anführt, in der „so selten erlebten Emotionalität und Bestimmtheit“ der (für eine wie auch immer geartete Aufarbeitung des Familienkonflikts derzeit nicht offenen) Mutter gegen jegliche persönliche Kontakte zu den Großeltern beständig weitere Nahrung findet. A... und L... könnten, selbst wenn sie selbst es „eigentlich“ wollten (was schon zweifelhaft bleibt), bei dieser Ausgangslage keinen unbelasteten Kontakt mit den Großeltern erleben; sie würden durch die an sie herantretenden widerstreitenden Erwartungshaltungen der Mutter und der Großeltern emotional schwer belastet. Für diese – im Grunde nicht nur vom Jugendamt, sondern auch von der Verfahrensbeiständin geteilte - Prognose bedarf es nicht der Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens.

In einer solchen Lage darf die Mutter ihrem eigenen Verhältnis zu den Töchtern Vorrang vor dem Schutz des Verhältnisses der Großeltern zu den Kindern einräumen. Das gilt jedenfalls, solange sie sich nicht gegen einen entgegenstehenden Willen einer oder beider Töchter zum Umgang mit den Großeltern hinwegsetzt.

Die Antragssteller müssen zu dem Zugeständnis bereit sein, dass es für das Wohl A...s und L...s völlig bedeutungslos ist, wie es zu den Konflikten zwischen den Beteiligten gekommen ist, ob und wer Streit und unangemessenes Verhalten verschuldet hat und ob einzelne Beteiligte eventuell ohne eigenes Zutun in Zwist und Ungerechtigkeiten verstrickt worden sein könnten. Entscheidend ist allein, dass die Auseinandersetzungen zwischen den Erwachsenen die Kinder emotional und psychosomatisch belasten und sie sich aus diesem emotionalen Druck dadurch zu befreien suchen, dass sie sich zu ihrer Mutter – der einzigen in ihrem gesamten Leben präsenten und damit Haupt-Bezugsperson - positionieren und persönliche Kontakte zu den Großeltern ablehnen. Es ist auch nicht von Bedeutung, ob dieser Wille autonom gebildet ist oder als augenblickliches Ergebnis der Unentschlossenheit und Zerrissenheit der Kinder beurteilt werden muss. Unter den obwaltenden Umständen – gleich wie sie entstanden sein mögen und wer dafür die (Haupt-)Verantwortung trägt - ist es eine hinzunehmende, der Korrektur nicht zugängliche Entscheidung der Mutter, den Umgang mit den Großeltern mindestens zeitweise auszuschließen, um den Kindern einen fortwährenden und zunehmenden Leidensdruck zu ersparen.

Der Senat ist sich bewusst, dass er mit seiner Entscheidung letztendlich der in ihrer Rigorosität nicht wirklich vollumfänglich verständlichen Verweigerungshaltung der Mutter zu einem – vorläufigen – Erfolg verhilft. Jedoch ist § 1685 BGB eine ausschließlich am Kindeswohl orientierte Bestimmung, und es ist in Fällen irrational überhöhter Spannungen für das Kindeswohl besser, mit der Mutter unbeschwert leben zu können, auch wenn der Preis ein vorübergehender Verzicht auf Besuche bei den Großeltern ist.

Es mag auch durchaus sein, dass es einem lösungsorientiert arbeitenden Psychologen gelingen kann, in einem „Begutachtungs-“Prozess die starre Haltung der Mutter aufzubrechen, die Beteiligten für einen Perspektivwechsel zu öffnen und damit Raum für eine Annäherung zu geben, die dann auch in der Erlaubnis für die Kinder münden könnte, sich unbeschwert auf persönliche Begegnungen mit den Großeltern einzulassen. Dieser Prozess würde aber eine – aktuell fehlende - Mitwirkungsbereitschaft der Mutter und eine Veränderungsbereitschaft wohl auf beiden Seiten voraussetzen; ihm wäre bei der gegebenen Ausgangslage – die Mutter stellt eine Verbindung zu ihren eigenen Kindheitserlebnissen her - eher therapeutischer Charakter beizumessen. Abgesehen davon, dass eine solche Familientherapie nicht gerichtlich angeordnet werden kann, ist verfahrensrechtlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur zur Sachverhaltsaufklärung geboten, soll also aufzeigen, was für das betroffene Kind in der gegebenen Situation seinem Wohl entspricht. Es soll nicht dazu dienen, in einem mutmaßlich längeren Beratungsprozess überhaupt erst die Voraussetzungen für eine verbesserte Ausgangslage zu schaffen, die dann möglicherweise zu anderen Empfehlungen oder einer einvernehmlichen Lösung führen könnte.

Nach alledem hatte es bei der Entscheidung des Amtsgerichts zu bleiben.

Der Senat hat ohne erneute mündliche Anhörung der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entschieden, weil davon weitergehende Erkenntnisse nicht zu erwarten waren. Die – verfestigten – Haltungen der Beteiligten und der Loyalitätskonflikt der Kinder sind deutlich zutage getreten; tatsächliche Veränderungen in der Ausgangslage sind nicht eingetreten.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.