Gericht | Dienstgericht Cottbus | Entscheidungsdatum | 14.06.2022 | |
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Aktenzeichen | DG 1/20 | ECLI | ECLI:DE:LGCOTTB:2022:0614.DG1.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger wendet sich gegen die Einstellung eines gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens, da die gegebene Begründung ihn in seinen Rechten verletze.
Der Kläger war im Jahr 2017 als Richter auf Probe bei dem Landgericht ... in Zivilsachen tätig und wurde am 1. Dezember 2017 an das Amtsgericht ... abgeordnet. Zuvor hatte er am 17. November 2017 in dem Zivilrechtstreit ... und am 29. November 2017 in dem Zivilrechtstreit ... als Einzelrichter Urteile in den Terminen verkündet, in denen die mündliche Verhandlung geschlossen wurde (sogenannte "Stuhlurteile" im Sinne des § 315 Abs. 2 ZPO).
In dem Rechtsstreit ... reichte der Kläger am 30. November 2017 ein aus Rubrum und Tenor bestehendes „Rumpfurteil“ zur Geschäftsstelle und verfügte dessen Zustellung an die Prozessbevollmächtigten. Am 7. Dezember 2017 - am Tag vor Ablauf der "drei-Wochen-Frist" - stellte er in dem Rechtsstreit ... das Urteil ebenso hinsichtlich Rubrum und Tenor fertig und reichte dies zur Geschäftsstelle. Beide "Rumpfurteile" wurden von der Geschäftsstelle nicht mit einem Eingangsstempel versehen, befanden sich aber bei den Akten.
Der Vizepräsident des Landgerichts ... forderte den Kläger mit E-Mail vom 4. April 2018 auf, in beiden betreffenden Verfahren entweder bis zum 16. April 2018 vollständig abgefasste Urteile zu übermitteln oder zumindest die Akten unbearbeitet zurückzugeben, damit sie durch den Dezernatsnachfolger abschließend bearbeitet werden könnten.
In dem Verfahren ... reichte der Kläger das vollständig abgefasste Urteil knapp vor Ablauf von fünf Monaten am 16. April 2018 auf der Geschäftsstelle ein. Das vollständig abgefasste Urteil im Verfahren ... übermittelte der Kläger am ersten Werktag nach Ablauf von fünf Monaten, am Montag, dem 30. April 2018, zur Geschäftsstelle.
Am 23. Mai 2018 leitete der Präsident des Landgerichts ... ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein, da der Verdacht bestehe, dass die vollständig abgefassten Urteile verspätet der Geschäftsstelle übermittelt worden seien und der Kläger dadurch gegen seine Pflicht zur ordnungsgemäßen und unverzögerlichen Bearbeitung von Zivilsachen verstoßen habe. Darüber hinaus habe der Kläger die ihm durch den Dienstvorgesetzten gesetzte Frist vom 4. April 2018 zur Rückgabe dieser Verfahrensakte schuldhaft missachtet.
Mit Verfügung vom 15. Mai 2019 stellte der Präsident des Landgerichts ... dieses Disziplinarverfahren gemäß § 73 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 2 BbgLDG ein. Es liege zwar jeweils ein Verstoß gegen § 315 Abs. 2 ZPO vor, da die Urteile nicht "alsbald" im Sinne dieser Vorschrift an die Geschäftsstelle übermittelt worden seien. Dem Kläger sei der Sachverhalt jedoch "mehrfach und eindringlich" vorgehalten worden, zumal er durch den Dezernatswechsel zusätzlich belastet gewesen sei. Die damals vorgenommene Prioritätensetzung des Klägers sei durch Unerfahrenheit geprägt gewesen und rechtfertige keine Disziplinarmaßnahme. Diese sei im Ergebnis unzweckmäßig. Diese Einstellungsverfügung ergänzte der Präsident des Landgerichts ... am 20. Mai 2019 durch eine Kostenentscheidung zu Gunsten des Klägers.
Nachdem der vom Kläger gegen diese Einstellungsverfügung erhobene Widerspruch mit Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 14. April 2020, zugestellt am 23. April 2020, zurückgewiesen worden war, hat der Kläger mit am 20. Mai 2020 bei dem Richterdienstgericht eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben.
Der Kläger hat zunächst vorgetragen, dass er durch die Einstellungsverfügung vom 15. Mai 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2020 weiterhin beschwert sei. Die getroffenen Feststellungen hätten negative Einflüsse auf künftige dienstliche Beurteilungen. Er habe die festgestellten Dienstvergehen nicht begangen, da die vollständig abgefassten Urteile noch innerhalb der vom Bundesgerichtshof für zulässig erachteten Frist von fünf Monaten und damit "alsbald" zur Geschäftsstelle gereicht worden seien.
Der Kläger hat zunächst angekündigt zu beantragen,
die Einstellungsverfügung des Präsidenten des Landgerichts ... vom 15. Mai 2019 - Az. ... - in Ergänzung vom 20. Juni 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 14. April 2020 - Az. ... - aufzuheben.
Nach Zustellung der Klage am 9. Juni 2020 und auf Anregung des Richterdienstgerichts hat der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 3. Dezember 2020 die Einstellungsverfügung vom 15. Mai 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2020 zurückgenommen und zugleich das Verfahren gemäß § 73 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. §§ 18 Abs. 1 Satz 2, 33 Abs. 1 Nr. 1 BbgLDG erneut eingestellt, weil ein Dienstvergehen nicht erwiesen sei. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass nach den Feststellungen des Präsidenten des Landgerichts ... zwar weiterhin objektiv ein Dienstvergehen vorliege, da die gesetzlich normierte Übermittlungsfrist nicht eingehalten worden sei. Der Kläger habe jedoch nicht schuldhaft gehandelt. Angesichts seiner außergewöhnlichen Belastungssituation und seiner ausgeprägten Bereitschaft, seine Pflichten zu erfüllen, könne ein zweifacher Verstoß gegen Verfahrensvorschriften keinen schuldhaften Pflichtenverstoß begründen. Diese Einstellungsverfügung vom 3. Dezember 2020 ist am 1. Juni 2021 mit der Kostenentscheidung ergänzt worden, nach der der Beklagte die dem Kläger in dem Disziplinarverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen habe.
Der Kläger vertritt nunmehr die Auffassung, dass die ersetzende Einstellungsverfügung vom 3. Dezember 2020 nichtig, jedenfalls aber unbeachtlich sei. Er könne daher weiterhin die gerichtliche Überprüfung der ursprünglichen Einstellungsverfügung vom 15. Mai 2019 verlangen. Die Einstellung vom 3. Dezember 2020 leide an dem formellen Fehler, dass es nach Aufhebung der ersten Einstellungsentscheidung und vor erneuter Einstellung an einer förmlichen Wiedereinleitung eines Disziplinarverfahrens fehle. Der Kläger sei dazu auch nicht angehört worden. Auch sei der Präsident des Oberlandesgerichts für die Einstellung nicht mehr zuständig gewesen, da bereits ein disziplinarrechtliches Gerichtsverfahren anhängig gewesen sei. In diesen Fällen könne nur das Gericht das Disziplinarverfahren ohne Feststellung eines Dienstvergehens einstellen. Der Einstellungsbescheid vom 3. Dezember 2020 sei zudem inkonsistent und objektiv wie subjektiv willkürlich und nicht als ernsthaft gemeint anzusehen.
Hilfsweise könne er die Überprüfung der Einstellungsverfügung vom 3. Dezember 2020 - auch unabhängig von dem ihn nicht belastenden Tenor - verlangen. Es komme auf die Begründung der Einstellung an, die ihn hier - obwohl das Verfahren wegen Nichterwiesenheit eines Dienstvergehens eingestellt worden sei - weiterhin in seinen Rechten verletze. Auch die neue Einstellung stigmatisiere ihn als pflichtvergessen und bedürfe daher der Korrektur. Die Auslegung des Begriffes "alsbald" im Sinne des § 315 Abs. 2 ZPO obliege in richterlicher Unabhängig allein dem jeweiligen Richter und dürfe nicht einer dienstaufsichtsrechtlichen Kontrolle unterzogen werden. Gegen diesen Grundsatz habe der Beklagte verstoßen, wenn er seine eigene Auffassung dessen, ob etwas "alsbald" geschehe, an die Stelle der Auffassung des Klägers setze. Zudem vernachlässige die Einstellungsverfügung, dass das ursprüngliche Disziplinarverfahren auch mit dem Vorwurf geführt worden sei, dass der Kläger die ihm durch den Vizepräsidenten des Landgerichts ... bis zum 16. April 2018 gesetzte Frist zur Rückgabe der betreffenden Verfahrensakte schuldhaft missachtet habe. Dieser Vorwurf werde zwar im Tatbestand der Einstellungsverfügung vom 15. Mai 2019 und im Tatbestand des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2020 erwähnt, finde sich in der Begründung der Einstellung vom 3. Dezember 2020 jedoch nicht wieder. Damit hänge dieser isolierte Vorwurf weiterhin "in der Luft". Es handele sich aber um eine in die Rechtsprechungstätigkeit des Klägers unmittelbar eingreifende Einzelfallweisung, die offenkundig rechtswidrig und unbeachtlich gewesen sei. Mit der gegebenen Einstellungsbegründung, der Kläger habe objektiv gegen § 315 Abs. 2 ZPO verstoßen, weigere sich der Beklagte zudem die Rechtswidrigkeit dieser dienstlichen Weisung anzuerkennen. Der Kläger müsse daher auch in Zukunft befürchten, dass der Dienstherr in Einzelfällen die Anwendung des Prozessrechts kontrolliere und auf angebliche Verstöße des Klägers dienst- und disziplinarrechtlich reagieren werde. Damit sei zumindest ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für den Kläger begründet. Der Beklagte habe zudem das Disziplinarverfahren als Argument in einem verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit verwendet, der zwischen den Parteien im Zusammenhang mit dienstlichen Beurteilungen bei dem Verwaltungsgericht ... anhängig sei. Die angebliche Überschreitung von Absetzungsfristen werde auch in angegriffenen Beurteilungen angeführt. Im Übrigen wird auf die Begründung des Klägers zum ideellen und rechtlichen Feststellungsinteresse auf seinen Schriftsatz vom 4. April 2022 Bezug genommen, in dem er aus seiner Sicht die Belastung durch das Disziplinarverfahren in seiner richterlichen Entwicklung, seinem persönlichen Arbeitsumfeld und seiner Fähigkeit zur unabhängigen Ausübung der richterlichen Aufgaben schildert.
Schließlich seien die Einstellungsverfügung vom 3. Dezember 2020, die Fristsetzung aus der E-Mail vom 4. April 2018 als auch die in dem hier geführten dienstgerichtlichen Verfahren abgegebene Stellungnahme des Beklagten mit Schriftsatz vom 4. März 2021, in der die Rechtsauffassung aus der Einstellungsverfügung vom 3. Dezember 2020 wiederholt werde, geeignet, ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit zu verletzen und seien daher hilfsweise nach § 26 Abs. 3 DRiG als Maßnahmen der Dienstaufsicht zu überprüfen. Die Annahme des Beklagten, er habe objektiv gegen § 315 Abs. 2 ZPO verstoßen, enthalte die „unmissverständliche Anweisung", in der Zukunft bei der Bearbeitung von Rechtssachen anders zu verfahren. Der Kläger beabsichtige aber nicht, dieser Anweisung zu folgen, so dass diese Meinungsverschiedenheit einer Klärung zugeführt werden müsse. Eine Überprüfung dürfe nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass diese Anweisung in Form einer Einstellungsverfügung, nicht eines Vorhaltes oder anderen Maßnahmen, erteilt worden sei. Der Kläger müsse befürchten, dass die - aus seiner Sicht unzutreffende Rechtsauffassung des Klägers - auch in weiteren Fällen gegen ihn verwandt werde.
Auch wenn die Klage zunächst im Disziplinarverfahren erhoben worden sei, sei es zudem sachdienlich und damit zulässig, die Klage mit einem Hilfsantrag in einen Überprüfungsantrag zu ändern. Es handele sich nicht um strukturell unterschiedliche Verfahrensarten aus der Zuständigkeit des Dienstgerichts. Dem Kläger könne auch nicht erfolgreich entgegengehalten werden, er hätte zunächst ein Widerspruchsverfahren gegen die in seine richterliche Unabhängigkeit eingreifenden Maßnahmen durchführen müssen, da er darauf habe vertrauen dürfen, dass die Rechtsmäßigkeit dieser aus seiner Sicht rechtswidrigen Weisung im Rahmen des am 23. Mai 2018 eingeleiteten Disziplinarverfahrens hätte geklärt werden können. Der Beklagte habe zudem bereits im Disziplinarverfahren ein Vorverfahren durchgeführt und halte durchgängig an der aus Sicht des Klägers unzutreffenden Rechtsauffassung fest.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. Hauptantrag:
unter Aufhebung der Einstellungsverfügung des Präsidenten des Landgerichts ... vom 15. Mai 2019 zu dem Aktenzeichen ... - einschließlich ihrer Ergänzung vom 20. Juni 2019 - in der Fassung des Widerspruchbescheides des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 14. April 2020 zu dem Aktenzeichen ...
a. das mit Verfügung des Präsidenten des Landgerichts ... vom 23. Mai 2018 gegen den Kläger eingeleitete Disziplinarverfahren gemäß § 73 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 33 Abs. Nr. 1 BbgLDG wegen Nichterwiesenseins eines Dienstvergehens gerichtlich einzustellen,
b. hilfeweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1.a. das beklagte Land zu verpflichten, das mit Verfügung des Präsidenten des Landgerichts ... vom 23. Mai 2018 gegen den Kläger eingeleitete Disziplinarverfahren gemäß § 73 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 1 BbgLDG wegen Nichterwiesenseins eines Dienstvergehens einzustellen,
c. hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge zu 1.a. und 1.b. das beklagte Land zu verpflichten, den Kläger betreffend das mit Verfügung des Präsidenten des Landgerichts ... vom 23. Mai 2018 gegen den Kläger eingeleitete Disziplinarverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassungen des Gerichts neu zu bescheiden;
2. Erstrangiger Hilfsantrag:
hilfsweise - soweit der Hauptantrag zu 1. abgewiesen werden sollte - festzustellen, dass die Einstellungsverfügung des Präsidenten des Landgerichts ... vom 15. Mai 2019 zu dem Aktenzeichen ... - einschließlich ihrer Ergänzung vom 20. Juni 2019 - in der Fassung des Widerspruchbescheids des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 14. April 2020 zu dem Aktenzeichen ... rechtswidrig gewesen ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt hat;
3. Zweitrangige Hilfsanträge:
hilfsweise - soweit der Hauptantrag zu 1. und der erstrangige Hilfsantrag zu 2. abgewiesen werden sollten -
a. unter Aufhebung des Bescheides des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. Dezember 2020 zu dem Aktenzeichen ... insoweit, als in dessen Begründung die Ausführungen
„Nach Abschluss der durch den Präsidenten des Landgerichts ... geführten Ermittlungen stelle ich fest, dass der Kläger objektiv ein Dienstvergehen begangen hat, indem er in den Verfahren bei dem Landgericht ... zu den Aktenzeichen ... und ... die zur Abfassung und Übermittlung der vollständig schriftlich abgefassten Urteile in § 315 Abs. 2 S. 1 ZPO normierte Frist nicht eingehalten hat. Gründe, die es ihm ausnahmsweise erlaubten, entgegen der genannten Vorschrift die Urteile nicht vor Ablauf von drei Wochen nach ihrer Verkündung vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übergeben, lagen nicht vor.“
und
„Er hat lediglich in zwei Fällen die gesetzlich geregelte Frist missachtet.“
enthalten sind,
aa. gerichtlich festzustellen, dass der Kläger betreffend die Abfassung der vollständig schriftlich abgefassten Urteile in den Verfahren des Landgerichts ... zu den Aktenzeichen ... und ... und deren Übermittlung an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
bb. hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 3.a.aa. das beklagte Land zu verpflichten festzustellen, dass der Kläger betreffend die Abfassung der vollständig schriftlich abgefassten Urteile in den Verfahren des Landgerichts ... zu den Aktenzeichen ... und ... und deren Übermittlung an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
cc. hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge zu 3.a.aa. und 3.a.bb. das beklagte Land zu verurteilen festzustellen, dass der Kläger betreffend die Abfassung der vollständig schriftlich abgefassten Urteile in den Verfahren des Landgerichts ... zu den Aktenzeichen ... und ... und deren Übermittlung an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
b. sowie unter Aufhebung des Bescheides des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. Dezember 2020 zu dem Aktenzeichen ... insoweit, als in dessen Begründung Ausführungen zu dem mit der Einleitungsverfügung des Präsidenten des Landgerichts ... vom 23. Mai 2018 gegen den Kläger erhobenen Vorwurf, in dem Verfahren des Landgerichts ... zu dem Aktenzeichen ... eine dem Kläger durch den seinerzeitigen Vizepräsidenten des Landgerichts ... mit E-Mail vom 4. April 2018 gesetzte Frist für die Zuleitung der Akte an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... bis zum 16. April 2018 nicht beachtet zu haben, nicht enthalten sind,
aa. gerichtlich festzustellen, dass der Kläger betreffend die Zuleitung der Akte in dem Verfahren des Landgerichts ... zu dem Aktenzeichen ... an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... unter Nichtbeachtung der dem Kläger mit E- Mail vom 4. April 2018 durch den seinerzeitigen Vizepräsidenten des Landgerichts ... gesetzten Frist bis zum 16. April 2018 weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
bb. hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 3.b.aa. das beklagte Land zu verpflichten festzustellen, dass der Kläger betreffend die Zuleitung der Akte in dem Verfahren des Landgerichts ... zu dem Aktenzeichen ... an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... unter Nichtbeachtung der dem Kläger mit E-Mail vom 4. April 2018 durch den seinerzeitigen Vizepräsidenten des Landgerichts ... gesetzten Frist bis zum 16. April 2018 weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
cc. hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge zu 3.b.aa. und 3.b.bb. das beklagte Land zu verurteilen festzustellen, dass der Kläger betreffend die Zuleitung der Akte in dem Verfahren des Landgerichts ... zu dem Aktenzeichen ... an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... unter Nichtbeachtung der dem Kläger mit E-Mail vom 4. April 2018 durch den seinerzeitigen Vizepräsidenten des Landgerichts ... gesetzten Frist bis zum 16. April 2018 weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat;
4. Drittrangige Hilfsanträge:
hilfsweise - soweit der Hauptantrag zu 1., der erstrangige Hilfsantrag zu 2. sowie die zweitrangigen Hilfsanträge zu 3. abgewiesen werden sollten -
a. zur Thematik der Urteilsabsetzungsfristen
aa. gerichtlich festzustellen, dass der Kläger betreffend die Abfassung der vollständig schriftlich abgefassten Urteile in den Verfahren des Landgerichts ... zu den Aktenzeichen ... und ... und deren Übermittlung an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
bb. hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 4.a.aa. das beklagte Land zu verpflichten festzustellen, dass der Kläger betreffend die Abfassung der vollständig schriftlich abgefassten Urteile in den Verfahren des Landgerichts ... zu den Aktenzeichen ...und ... und deren Übermittlung an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
cc. hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge zu 4.a.aa. und 4.a.bb. das beklagte Land zu verurteilen festzustellen, dass der Kläger betreffend die Abfassung der vollständig schriftlich abgefassten Urteile in den Verfahren des Landgerichts ... zu den Aktenzeichen ... und ... und deren Übermittlung an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
b. zur Thematik des angeblichen Weisungsverstoßes
aa. gerichtlich festzustellen, dass der Kläger betreffend die Zuleitung der Akte in dem Verfahren des Landgerichts ... zu dem Aktenzeichen ... an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... unter Nichtbeachtung der dem Kläger mit E- Mail vom 4. April 2018 durch den seinerzeitigen Vizepräsidenten des Landgerichts ... gesetzten Frist bis zum 16. April 2018 weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
bb. hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 4.b.aa. das beklagte Land zu verpflichten festzustellen, dass der Kläger betreffend die Zuleitung der Akte in dem Verfahren des Landgerichts ... zu dem Aktenzeichen ... an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... unter Nichtbeachtung der dem Kläger mit E-Mail vom 4. April 2018 durch den seinerzeitigen Vizepräsidenten des Landgerichts ... gesetzten Frist bis zum 16. April 2018 weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat,
cc. hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge zu 4.b.aa. und 4.b.bb. das beklagte Land zu verurteilen festzustellen, dass der Kläger betreffend die Zuleitung der Akte in dem Verfahren des Landgerichts ... zu dem Aktenzeichen ... an die Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts ... unter Nichtbeachtung der dem Kläger mit E-Mail vom 4. April 2018 durch den seinerzeitigen Vizepräsidenten des Landgerichts ... gesetzten Frist bis zum 16. April 2018 weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen begangen hat;
5. Viertrangige Hilfsanträge:
hilfsweise - soweit der Hauptantrag zu 1., der erstrangige Hilfsantrag zu 2., die zweitrangigen Hilfsanträge zu 3. sowie die drittrangigen Hilfsanträge zu 4. abgewiesen werden sollten - gemäß § 26 Abs. 3 DRiG gerichtlich festzustellen,
a) dass die in dem Bescheid des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. Dezember 2020 zu dem Aktenzeichen ... enthaltenen Ausführungen
„Nach Abschluss der durch den Präsidenten des Landgerichts ... geführten Ermittlungen stelle ich fest, dass der Kläger objektiv ein Dienstvergehen begangen hat, indem er in den Verfahren bei dem Landgericht ... zu den Aktenzeichen ...und ... die zur Abfassung und Übermittlung der vollständig schriftlich abgefassten Urteile in § 315 Abs. 2 S. 1 ZPO normierte Frist nicht eingehalten hat. Gründe, die es ihm ausnahmsweise erlaubten, entgegen der genannten Vorschrift die Urteile nicht vor Ablauf von drei Wochen nach ihrer Verkündung vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übergeben, lagen nicht vor.“
und
„Er hat lediglich in zwei Fällen die gesetzlich geregelte Frist missachtet.“
sowie die in dem Stellungnahmeschriftsatz des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. März 2021 zu dem Aktenzeichen ... enthaltene Ausführung
„In dem Vorgehen des Klägers, in den Verfahren ... und ... des Landgerichts ... die schriftlichen Urteilsgründe jeweils erst erheblich nach Ablauf der in § 315 Abs. 2 S. 1 ZPO normierten Frist zur Geschäftsstelle zu reichen, liegt objektiv eine Dienstpflichtverletzung.“
jeweils rechtsfehlerhaft sind und den Kläger in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigen,
b) sowie dass die mit E-Mail vom 4. April 2018 an den Kläger gerichtete Weisung des seinerzeitigen Vizepräsidenten des Landgerichts ..., die Akten der Verfahren ... und ... des Landgerichts ...
„unverzüglich, spätestens bis zum 16. April 2018, der Geschäftsstelle der ... Zivilkammer des Landgerichts zuzuleiten, um den Verfahren Fortgang geben zu können,“
rechtswidrig ist und den Kläger in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage zurückzuweisen.
Er stimmt einer Klageänderung nicht zu. Diese sei auch nicht sachdienlich, da das Verfahren insgesamt entscheidungsreif sei. Die Klage sei unzulässig. Die Einstellungsverfügung verletze den Kläger nicht in seinen Rechten, da das Disziplinarverfahren insgesamt gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 LDG wegen der Nichterwiesenheit eines Disziplinarverstoßes eingestellt worden sei. In diesen Fällen habe der Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis, die Begründung gerichtlich überprüfen zu lassen. Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2022 erklärt der Beklagte, dass er für das streitbefangene Disziplinarverfahren nach Zeitablauf von einem Verwertungsverbot ausgehe, und sichert die Entfernung und Vernichtung von Eintragungen in die Personalakte gemäß § 16 Abs. 3 LDG zu.
In dem Termin der mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2021 haben die Parteien ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Die Disziplinarakte und die Akten zu den Zivilverfahren ... und ... haben dem Richterdienstgericht vorgelegen.
I. Das Gericht durfte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 73 Abs. 1 BbgRiG, 3 LDG auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten ohne - erneute - mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Soweit der Kläger in seinem letzten Schriftsatz dieses Einverständnis „widerruft“, ist dies unwirksam. Ein Verzicht ist grundsätzlich unanfechtbar und unwiderruflich (ständige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, so z.B. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1996, NVwZ-RR 1997, 259). Eine wesentliche Änderung der Prozesslage liegt nicht vor. Insbesondere haben sich seit der Erklärung des Verzichts keine neuen wesentlichen Tatsachen ergeben oder nicht behandelte, wesentliche Rechtsfragen gezeigt. Auch soweit der Kläger darauf verweist, dass das Richterdienstgericht in einem Urteil vom 20. November 2020 (DG 2/12) - in einem von der hier verhandelten Sache vollständig unabhängigen Disziplinarverfahren - eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach behördlicher Einstellung eines Disziplinarverfahrens für zulässig erachtet habe, gebietet dies keine andere Entscheidung. Durch eine Entscheidung in einem dienstgerichtlichen Verfahren, das in keinem Verhältnis zu dem hier geführten Verfahren steht, ändern sich die hier zu entscheidenden Rechtsfragen nicht.
II. Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg. Hauptantrag und Hilfsanträge sind unzulässig.
1. Der von dem Kläger gestellte Hauptantrag ist unzulässig. Nach Aufhebung der Einstellungsverfügung vom 15. Mai 2019 durch den Bescheid vom 3. Dezember 2020 entfällt sein Rechtsschutzbedürfnis, diesen ursprünglichen Bescheid gerichtlich anzufechten.
Der Aufhebungsbescheid vom 3. Dezember 2020 ist auch nicht nichtig. Der anzuwendende Maßstab für die Annahme der Nichtigkeit folgt hier - zumindest in entsprechender Anwendung - aus § 44 VwVfG i.V.m. § 1 VwVfGBbg. Dieser ist jedenfalls entsprechend anwendbar. Zwar sind gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfGBbg Maßnahmen des Richterdienstrechts ausdrücklich vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Brandenburg ausgenommen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass eine - etwaig - rechtswidrige dienstrechtliche Maßnahme zugleich nichtig wäre. Es entspricht vielmehr der Rechtsprechung des Dienstgerichtes des Bundes, dass Normen der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder trotz der Ausnahme aus dem Anwendungsbereich teilweise entsprechend anwendbar sind. Dies gilt auch für die Regelungen über die Nichtigkeit (BGH, Urteil vom 16. März 1984 – RiZ (R) 6/83 –, BGHZ 90, 328-331; so auch Dienstgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. November 2020 - DG 2/12).
In Anwendung des § 44 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Beide Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Soweit der Kläger den Bescheid als inkonsistent, willkürlich und nicht ernsthaft ansieht, vertritt er lediglich eine andere Rechtsauffassung als der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts. Eine etwaige Widersprüchlichkeit des Bescheides ließe auch nicht erkennen, dass dieser Bescheid offensichtlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide. Damit kann auch offenbleiben, ob nach einer Aufhebung der ersten Einstellung und einer zugleich ausgesprochenen Neueinstellung zunächst förmlich ein neues Disziplinarverfahren hätte eingeleitet werden müssen. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre dies kein offensichtlicher Fehler, welcher der Aufhebung der ersten Einstellungsverfügung „auf die Stirn“ geschrieben wäre und zur Durchbrechung der Wirksamkeit führen könnte. Der Beklagte war für die Aufhebung und die erneute Einstellung des Disziplinarverfahrens zudem trotz gerichtlicher Anhängigkeit weiterhin zuständig. Zunächst kann der höhere Dienstvorgesetzte gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz LDG ein Disziplinarverfahren jederzeit an sich ziehen. Anders als vom Kläger angenommen, sieht das Brandenburgische Disziplinargesetz in § 61 LDG eine Einstellung des Disziplinarverfahrens in den Fällen des § 33 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 LDG durch das Gericht gerade nicht vor, so dass es bei der Zuständigkeit des Dienstherren trotz Rechtshängigkeit verbleibt.
2. Der von dem Kläger gestellte „erstrangige Hilfsantrag“, mit dem er im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Einstellungsverfügung vom 15. Mai 2019 beantragt, ist unzulässig, da dem Kläger das für sein Begehren erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Der Beklagte hat hier mit seinem Bescheid vom 3. Dezember 2020 selbst die ursprüngliche Einstellungsverfügung vom 15. Mai 2019 aufgehoben und damit zum Ausdruck gebracht, dass er an der ursprünglichen Einstellungsverfügung nicht festhält. Die Einstellungsverfügung vom 15. Mai 2019 hat sich damit nicht durch äußere Einflüsse - wie z.B. durch Zeitablauf - erledigt, sondern ist durch den Dienstherren in Anwendung einer geänderten Auffassung beseitigt worden. Damit besteht keine Wiederholungsgefahr. Auch ein "Rehabilitationsinteresse" ist nicht erkennbar. Anders als vom Kläger angenommen, kann der hier zu entscheidenden Fall auch nicht mit dem Sachverhalt des vom Kläger zitierten Urteils des Dienstgerichts des Landes Brandenburg vom 20. November 2020 (DG 1/20) gleichgesetzt werden. In jenem Fall bestand bereits die Besonderheit, dass die ursprüngliche Disziplinarverfügung allein auf Grund eines - unzulässigen - Vergleichs aufgehoben worden war, ohne dass der Beklagte die etwaige Rechtswidrigkeit der Disziplinarverfügung anerkannt hätte.
3. Die von dem Kläger mit seinem zweitrangigen Hilfsantrag angestrebte Klageänderung, im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung des Disziplinarverfahrens nunmehr die Rechtswidrigkeit des Einstellungsbescheides vom 3. Dezember 2020 festzustellen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
Nach Auffassung des Dienstgerichts besteht im Disziplinarverfahren kein Rechtsschutzbedürfnis dafür, eine Einstellung gemäß § 73 Abs. 1 BbgRiG i.Vm. § 33 Abs. 1 Nr. 1 LDG gerichtlich überprüfen zu lassen. Anders als in den Fällen des § 33 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 4 LDG beruht die Einstellung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BbgLDG darauf, dass ein Dienstvergehen nicht erwiesen ist. Gegen den Kläger wird damit ein disziplinarrechtlicher Vorwurf nicht mehr erhoben. Ähnlich wie nach Einstellung eines Strafverfahrens aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ist der Kläger durch die Beendigung des Disziplinarverfahrens nicht in seinen Rechten verletzt. Er ist abschließend disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Da zwischenzeitlich die Kostenentscheidung zu Gunsten des Klägers nachgeholt wurde, ist auch insoweit der Kläger nicht beschwert. Es belastet den Kläger bei der Einstellung eines Disziplinarverfahrens auch grundsätzlich nicht, dass die schriftliche Begründung nicht alle ursprünglichen Vorwürfe erfasst. Ein gesetzlicher Anspruch darauf, im Rahmen der Einstellung wegen Nichterwiesenheit auf alle Bereiche des ursprünglichen Vorwurfs einzugehen, ist nicht ersichtlich. Es sind grundsätzlich vielmehr nur die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen. Es kann jedenfalls kein Zweifel daran bestehen, dass das Disziplinarverfahren umfassend eingestellt ist und nicht noch "zum Teil" anhängig wäre.
Jedenfalls in dem hier zu entscheidenden Fall ist dabei auch nicht von Bedeutung, dass § 16 Abs. 4 Satz 1 und 2 LDG ausdrücklich auch ein Verwertungsverbot für eine Zeit von drei Monaten für Disziplinarvorgänge ausspricht, die gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 LDG eingestellt worden sind. Dabei kann offenbleiben, in welchen Fällen überhaupt eine disziplinarrechtliche Verwertung eines Vorganges in Betracht kommt, bei dem ein Dienstvergehen nicht erwiesen war, jedenfalls ist hier nach Ablauf von drei Monaten ein Verwertungsverbot gemäß § 16 Abs. 4 Satz 3 LDG eingetreten, so dass disziplinarrechtlich die gegebene Begründung den Kläger nicht mehr belasten kann. Dass ein Verwertungsverbot eingetreten ist, entspricht auch der Rechtsauffassung des Beklagten. Damit kann zudem offenbleiben, ob ein nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 LDG eingestellter Disziplinarvorgang überhaupt als belastender Verwaltungsakt angesehen werden kann (so in einer beamtenrechtlichen Disziplinarsache nach dem entsprechenden Bayrischen Landesdisziplinargesetz: VGH München, Beschluss vom 13. März 2012 - 16a DZ 10.473, BeckRS 2012, 25783). Gegen eine Übertragung auf das richterliche Disziplinarrecht spricht jedoch, dass etwaige Vorhalte und Weisungen gegenüber Richtern einer ausdrücklichen Überprüfung nach § 26 Abs. 3 DRiG zugeführt werden können, soweit die Begründung der Einstellungsverfügung in die richterliche Unabhängigkeit eingreift. Einer disziplinarrechtlichen Anfechtung der Einstellungsverfügung und der in der Begründung enthaltenen Missbilligung des Verhaltens bedarf es dafür nicht.
Soweit der Kläger im Übrigen auf die Belastung auf Grund der durch den Beklagten erhobenen Vorwürfe sowie auf Folgerungen für anhängige Streitigkeiten über dienstliche Beurteilungen hinweist, führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere ist nach beurteilungsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, inwieweit die Tatsache, dass der Kläger in zwei Fällen vollständig abgefasste Urteile fünf Monate nach deren Verkündung zur Geschäftsstelle reichte, zulässige Rückschlüsse auf seine richterliche Befähigung und Eignung erlaubt oder nicht. Diese Einschätzung ist von der Frage zu trennen, ob das Verhalten ein Dienstvergehen begründet oder ob sein Verhalten von der richterlichen Unabhängigkeit gedeckt ist.
4. Mit der unter 3. gegebenen Begründung bleibt auch der drittrangige Hilfsantrag ohne Erfolg, mit dem der Kläger im Ergebnis allein die Feststellung begehrt, dass sein Verhalten weder objektiv noch subjektiv ein Dienstvergehen darstelle. Die Zuständigkeit des Dienstgerichts ist in § 65 BbgRiG abschließend geregelt und sieht außerhalb des Disziplinarverfahrens nach § 65 Nr. 1 BbgRiG ein „allgemeines“ Feststellungsverfahren dazu, ob ein Verhalten die Voraussetzungen eines Dienstvergehens erfüllt, nicht vor. Soweit der Kläger daher - wie hier vom Dienstgericht vertreten - kein Rechtsschutzinteresse hat, die Einstellungsverfügungen nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 LDG dienstgerichtlich überprüfen zu lassen, kann das Disziplinarverfahren auch nicht durch ein allgemeines Feststellungsverfahren ersetzt werden.
5. Soweit der Kläger den Inhalt der Einstellungsverfügung vom 3. Dezember 2020, die E-Mail mit Fristsetzung vom 4. April 2018 und den Inhalt der Stellungnahme des Beklagten in seinem an das Dienstgericht in dieser Sache gerichteten Schriftsatzes vom 4. März 2021 als Maßnahmen der Dienstaufsicht ansieht und mit seinem viertrangigen Hilfsantrag die Überprüfung dieser Maßnahmen gemäß § 65 Nr. 4f BbgRiG begehrt, bleibt dies ebenfalls ohne Erfolg.
Es kann hier dahinstehen, ob es verfahrensrechtlich überhaupt zulässig ist, von einem anhängigen Disziplinarverfahren in ein Überprüfungsverfahren nach § 26 Abs. 3 DRiG zu „wechseln“. Nach dem eindeutigen Inhalt der Klageschrift vom 19. Mai 2020 hat der Kläger allein die Aufhebung einer Entscheidung im Disziplinarverfahren beantragt. Eine Überprüfung von dienstaufsichtsrechtlichen Maßnahmen war zunächst nicht angestrebt. Dagegen, einen „Wechsel“ der Verfahrensart als mögliche Klageänderung anzusehen, spricht insbesondere, dass sich nicht nur der Streitgegenstand ändert, sondern auch das gewählte Verfahrensrecht einschließlich der Beteiligtenbezeichnungen und der Möglichkeit der rechtlichen Anfechtbarkeit der dienstgerichtlichen Entscheidung. So verweist § 73 BbgRiG auf die sinngemäße Geltung des Brandenburgischen Landesdisziplinargesetzes, das in den §§ 53 ff. LDG eigene Verfahrensvorschriften für das gerichtliche Disziplinarverfahren enthält. § 3 LDG erklärt die Verwaltungsgerichtsordnung nur ergänzend und entsprechend für anwendbar. Für das Versetzungs- und Prüfungsverfahren normieren die §§ 80 ff. BbgRiG dagegen eigene Vorschriften und erklären die Verwaltungsgerichtsordnung nur insoweit für entsprechend anwendbar, soweit sie nicht diesen Regeln widerspricht. Das führt insbesondere auch dazu, dass die gegen das Urteil des Dienstgerichtes gegebenen Rechtsmittel divergieren (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2000 – RiZ (R) 4/99 –, BGHZ 144, 123-133 einerseits und § 65 Abs. 2 LDG andererseits).
Selbst wenn jedoch ein Wechsel vom Disziplinarverfahren zum Prüfungsverfahren grundsätzlich als Klageänderung im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO angesehen werden sollte, wäre diese im konkreten Fall nicht zulässig. Eine Einwilligung zur Klageänderung hat der Beklagte nicht erklärt. Eine Änderung ist auch nicht sachdienlich.
Die Sachdienlichkeit scheitert hier bereits daran, dass im Prüfungsverfahren nach § 65 Nr. 4f) BbgRiG gemäß § 80 Satz 2 BbgRiG ein Vorverfahren durchzuführen gewesen wäre. Dies hat der Kläger bezüglich der einzelnen von ihm als Eingriffe in die Dienstaufsicht angesehenen Maßnahmen unstreitig nicht durchgeführt. Die disziplinarrechtliche Regelung des § 42 Abs. 1 Satz 2 LDG, nach der ein Widerspruchsverfahren nicht stattfindet, wenn die angefochtene Entscheidung durch die „oberste Dienstbehörde“ erlassen worden ist, findet im Prüfungsverfahren - unabhängig davon, ob der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts insoweit auf Grund der Entscheidungsdelegation des § 5 Abs. 1 RuBZV als „oberste Dienstbehörde“ angesehen werden kann - gerade keine Anwendung. Vielmehr bestimmt § 5 Abs. 1 RuBZV für das Vorverfahren und die Vertretung des Dienstherren gerade, dass die der obersten Dienstbehörde zustehende Befugnis zur Entscheidung über einen Widerspruch gegen eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 DRiG auf die "in § 1 Abs. 1 Satz 1 RuBZV genannte Dienstbehörde" (hier: den Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts) übertragen wird, soweit sie selbst oder ihnen nachgeordnete Behörden die mit dem Widerspruch angefochtene Entscheidung erlassen haben.
Abgesehen von dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut des § 80 Satz 2 BbgRiG ist es darüber hinaus nicht nur „reine Förmelei“, im konkreten Fall dem Prüfungsverfahren ein Vorverfahren vorzuschalten. Das von dem Kläger angesprochene disziplinarrechtliche Vorverfahren gegen die Einstellungsverfügung des Präsidenten des Landgerichts ... vom 15. März 2019 hatte die Frage zum Inhalt, ob dem Kläger ein Dienstvergehen angelastet werden kann. Zwar ist insoweit auch von Bedeutung, ob seine Auslegung des Begriffes „alsbald“ von der richterlichen Unabhängigkeit gedeckt ist, der Prüfung des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unterlag jedoch nicht, ob die von ihm bei der Einstellung vom 3. Dezember 2020 gewählte schriftliche Begründung einer „Weisung“ gleichkommt und diese damit als Maßnahme der Dienstaufsicht angesehen werden kann. Erst Recht war mit diesem Verfahren nicht die Überprüfung verbunden, ob die E-Mail vom 4. April 2018 und gar der Schriftsatz vom 4. März 2021 Maßnahmen darstellen könnten, die in die richterliche Unabhängigkeit des Klägers eingreifen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 78 Abs. 1 Satz 1 LDG. Zwar hat sich die ursprüngliche Einstellungsverfügung vom 15. Mai 2019 durch ein freiwilliges Nachgeben des Beklagten erledigt. Eine Erledigungserklärung hat der Kläger jedoch ausdrücklich nicht abgeben wollen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 73 Abs. 1 BbgRiG, 3 LDG, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.