Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 3 O 118/14


Metadaten

Gericht LG Cottbus 3. Zivilkammer Entscheidungsdatum 16.07.2019
Aktenzeichen 3 O 118/14 ECLI ECLI:DE:LGCOTTB:2019:0716.3O118.14.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Widerklagen sind dem Grunde nach gerechtfertigt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um gegenseitige Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 09.09.2011 gegen 5:55 Uhr auf der Landesstraße 562 zwischen Walddrehna und Gehren ereignete.

Der Ehemann der Klägerin, Herr ....................., befuhr mit seinem Fahrrad die Landesstraße 562 von Walddrehna kommend in Richtung Gehren. In dieser Fahrtrichtung verläuft die Landesstraße abschüssig. Die Beklagte zu 1 fuhr mit dem Pkw Marke ......, dessen Halter der Beklagte zu 2 ist und der bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversichert ist, die Bergstraße in Richtung der Landesstraße 562. An der Einmündung befindet sich für die Fahrtrichtung der Beklagten zu 1 ein „Stoppschild“ (Zeichen 206 der StVO). Als die Beklagte zu 1 mit dem Pkw nach links auf die Landesstraße auffuhr, kollidierte sie mit dem aus ihrer Sicht von links kommenden Ehemann der Klägerin. Der Ehemann der Klägerin verstarb an den Kopfverletzungen, die er sich bei dem Unfall zuzog.

Der Fahrweg der Beklagten zu 1 verläuft in einem spitzen Winkel. Diesen Winkel „schnitt“ die Beklagte zu 1 in der Weise, dass sie im unmittelbaren Einmündungsbereich über die aus ihrer Sicht linke Fahrspur fuhr.

Der Sonnenaufgang war am Unfalltag und -ort um 6:34 Uhr. Die astronomische Dämmerung begann um 4:34 Uhr, die nautischen Dämmerung um 5:18 Uhr und die zivile Dämmerung um 6:00 Uhr (Anlage zu dem im Ermittlungsverfahren 1410 JS 22958/11 eingeholten Sachverständigengutachten der Dekra ……….., Bl. 113ff. der Ermittlungsakte).

Der Ehemann der Klägerin trug während der Fahrt eine orangefarbene Warnweste, ansonsten dunkle Oberbekleidung. Einen Helm trug er nicht. Sein Fahrrad war ausgestattet mit einem Nabendynamo am Vorderrad, der jedoch unstreitig nicht funktionsfähig war. Außerdem war sein Fahrrad ausgestattet mit einem Seitendynamo am Hinterrad, der nach den Feststellungen der den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten nach dem Unfall nicht an das Hinterrad angelegt war.

Die Klägerin hat in der Klageschrift vorgetragen, es sei ungeklärt, ob das Fahrrad im Unfallzeitpunkt beleuchtet gewesen sei. Die am Fahrrad fest installierte Beleuchtungseinrichtung sei nach den Feststellungen der Dekra ohne Funktion gewesen. Es habe sich jedoch vorne am Fahrrad stets ein „Stecklicht“ befunden. Ihr Ehemann sei stets darauf bedacht gewesen, zu sehen und gesehen zu werden, Ausdruck dessen sei auch die Benutzung einer Warnweste gewesen (Seite 4 der Klageschrift).

Bei ihrer persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 02.12.2015 hat die Klägerin angegeben, ihr Ehemann habe 2 Stecklichter für das Frontlicht besessen. Eines dieser beiden Stecklichter sei nach dem Unfall nicht mehr im Hause gewesen, deshalb gehe sie davon aus, dass dieses Stecklicht am Unfalltag auch tatsächlich am Fahrrad gewesen sei. Ihr Ehemann habe – wenn überhaupt – das Stecklicht nur zusätzlich verwendet. Das Dynamolicht habe ja funktionieren müssen für den Fall, dass das Stecklicht mal nicht funktioniert. Mit Schriftsatz vom 22.02.2017 hat sie vorgetragen, sie gehe uneingeschränkt davon aus, dass das Stecklicht am Fahrrad befindlich und in Betrieb gewesen sei. Sie könne darüber hinaus nicht ausschließen, dass zusätzlich zu dem batteriebetriebenen Stecklicht auch das stationäre Licht über den Hinterraddynamo betrieben worden sei (Bl. 392 der Gerichtsakten).

Die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 1 hätte den Ehemann der Klägerin auch wahrnehmen können, wenn dieser ohne Beleuchtung gefahren wäre. Weiter behauptet sie, dass die Beklagte zu 1, wenn sie nicht die Kurve „geschnitten“ sondern auf dem rechten Fahrstreifen geblieben wäre, freie Sicht auf die Straße gehabt hätte. Die Klägerin erklärt, sie schließe nicht aus, dass die Beklagte zu 1 nicht am Stoppschild angehalten hat.

Die Klägerin ist Erbin ihres Ehemannes. Sie begehrt – aus eigenem, nicht aus ererbtem Recht – ein Schmerzensgeld für den Verlust ihres Gatten, dessen Höhe sie in das Ermessen des Gerichts stellt, mindestens jedoch 5000 €. Sie behauptet, einen schweren Schock erlitten zu haben, sie habe sich jedoch nicht in ärztliche Behandlung begeben.

Weiter begehrt die Klägerin Ersatz eines Haushaltsführungsschadens und eines Unterhaltsschadens. Wegen der Berechnung dieser Schadenspositionen wird auf die Ausführungen auf Seite 6 bis 9 der Klageschrift (Bl. 6-9 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Schließlich begehrt die Klägerin die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden sowie Ersatz einer Kostenpauschale i.H.v. 30 €.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein im Hinblick auf die Höhe in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, welches nach dem Dafürhalten der Klägerin einen Betrag von 5.000,00 € nicht unterschreiten sollte;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 16.192,67 € an Haushaltsführungsschaden nebst Zinsen aus jeweils 454,00 € in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszins seit dem jeweiligen Monatsersten, beginnend mit dem 1. November 2011, abweichend aus 302,67 € seit dem 1. Oktober 2011 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, auch zukünftig monatliche

 454,00 € an Haushaltsführungsschaden bis zum Wegfall der haftungsbegründenden Tatsachen zu zahlen.

4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 16.140,95 € an Unterhaltsschaden nebst Zinsen aus jeweils 452,55 € in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszins seit dem jeweiligen Monatsersten, beginnend mit dem 1. November 2011, abweichend aus 301,70 € seit dem 1. Oktober 2011 zu zahlen;

5. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, auch zukünftig monatliche

 452,55 € an Unterhaltsschaden bis zum Wegfall der haftungsbegründenden  Tatsachen zu zahlen;

6. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 30,00 € nebst Rechtshängigkeitszinsen hieraus zu zahlen.

Die Beklagten beantragen

die Klage abzuweisen.

Die Widerkläger beantragen

1. Die Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerin zu 1. einen Betrag in Höhe von 26.794,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2014 zu zahlen;

2. die Widerbeklagte zu verurteilen, an den Widerkläger zu 2. einen Betrag in Höhe von 300,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. die Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerin zu 1. außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.416,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. festzustellen, dass die Widerbeklagte verpflichtet ist, sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden der Widerklägerin zu 1. aus dem Verkehrsunfall vom 09.09.2011 auf der Landstraße 562 zwischen den Ortslagen Walddrehna und

   Gehren zu zahlen, sofern diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte

   übergegangen sind oder übergehen.

Die Widerbeklagte beantragt

die Widerklagen abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, das Fahrrad des Ehemannes der Klägerin sei unbeleuchtet gewesen. Ein sogenanntes Stecklicht sei nicht vorhanden gewesen. Sie meinen, ein Stecklicht, dessen Verwendung die Klägerin behauptet, habe nicht den Vorschriften der StVZO entsprochen.

Sie behaupten, der Ehemann der Klägerin sei mit einer Annäherungsgeschwindigkeit von deutlich über 40 km/h gefahren. Sie bezeichnen diese Geschwindigkeit als „überhöht“.

Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 1 habe vor dem Einbiegen auf die Landesstraße an der Haltelinie gehalten und sich über das Bestehen bevorrechtigten Querverkehrs orientiert. Das Herannahen des Ehemannes der Klägerin habe sie nicht wahrnehmen können, dies auch, weil die Fahrbahn an der Unfallstelle durch Baumbewuchs zusätzlich überschattet und dunkel gewesen sei. Sie behaupten, dass die Beklagte zu 1 die Kollision auch dann nicht hätte vermeiden können, wenn sie weiter rechts gefahren wäre.

Die Beklagten behaupten, wenn der Ehemann der Klägerin einen Helm getragen hätte, „wäre es zu den Verletzungen und Verletzungsfolgen nicht gekommen“.

Mit der Widerklage nehmen die Widerkläger die Beklagte auf Ersatz des ihnen selbst bei dem Unfall entstandenen Schadens in Anspruch. Die Widerklägerin zu 1 behauptet, sie habe bei dem Unfall ein posttraumatisches Psychosyndrom erlitten. Sie hält deshalb ein Schmerzensgeld i.H.v. 15.000 € für angemessen. Wegen des Vortrages zu den die Höhe des Schmerzensgeldes bestimmenden Umständen wird auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 20.02.2015, dort ab Seite 7 (Bl. 118 der Gerichtsakte) Bezug genommen. Weiter behauptet sie, ihr sei ein Erwerbsschaden i.H.v. 577,50 € entstanden. Wegen der Berechnung wird auf Seiten 9 und 10 des vorgenannten Schriftsatzes (Bl. 120f. der Gerichtsakte) Bezug genommen. Weiter begehrt die Widerklägerin zu 1 Ersatz eines Haushaltsführungsschadens i.H.v. 10.909,66 €. Wegen der Berechnung insoweit wird auf die Ausführungen auf Seiten 10 bis 13 des vorgenannten Schriftsatzes (Bl. 121ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen. Schließlich behauptet die Widerklägerin zu 1, ihr sei ein Schaden durch Höherstufung der Vollkaskoversicherung i.H.v. 281,04 € entstanden. Darüber hinaus begehrt die Widerklägerin zu 1 Ersatz einer Kostenpauschale i.H.v. 26 €.

Der Widerkläger zu 2 behauptet, durch die Beschädigung des ihm gehörenden, von der Widerklägerin zu 1 im Unfallzeitpunkt geführten Autos sei ihm ein Schaden in Höhe der Selbstbeteiligung gegenüber dem Kaskoversicherer i.H.v. 300 € entstanden.

Der Verkehrsunfall wurde polizeilich aufgenommen und war Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Cottbus zum Az. 1410 Js 22958/11 (Amtsgericht Lübben (Spreewald) 40 Ds 194/13). Aus der Ermittlungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, ergibt sich unter anderem:

Die Dekra ……….. erstattete durch Frau ..................... ein unfallanalytisches Gutachten. In diesem Gutachten kommt sie unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Beleuchtung des Fahrrades mit dem Hinterraddynamo nicht habe funktionieren können, denn der Frontscheinwerfer und der Dynamo seien nur durch 1 Kabel miteinander verbunden gewesen, für die Funktionsfähigkeit sei jedoch ein zweites Kabel erforderlich. Weiter wird in dem Gutachten mitgeteilt, dass an der Unfallstelle nach dem Unfall ein Reflektor und eine „Verglasung“ eines Fahrrad-Frontscheinwerfers aufgefunden wurden. Wegen des Inhaltes des Gutachtens im Einzelnen wird auf Bl. 113 ff. der Ermittlungsakte Bezug genommen.

In einem weiteren Gutachten vom 14.06.2013 hat die Dekra ……….. durch Frau ..................... Feststellungen zu den Beleuchtungs- und Sichtverhältnissen getroffen. Sie kommt darin zu dem Ergebnis, dass unter der Prämisse, dass das Fahrrad nicht beleuchtet war, dessen Herannahen für die Beklagte zu 1 visuell nicht sicher möglich war.

In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Lübben (Spreewald) am 08.01.2014 hat die Sachverständige angegeben, dass sich der Einbiegevorgang auf die Landesstraße für die Beklagte zu 1 dadurch einfacher gestaltete und für sie die Sicht auch besser war, dass sie sich weit nach links eingeordnet hat.

Wegen des weiteren Inhaltes der Ermittlungsakte wird auf diese Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin .....................(Sachverständige im Ermittlungsverfahren), der Zeugen ........, ........ und ........ (an der Unfallaufnahme beteiligte Polizeibeamte). Weiter hat das Gericht zur üblichen Fahrweise des Ehemannes der Klägerin als Radfahrer Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen ........ und ........ sowie des Zeugen ......... Schließlich hat das Gericht Beweis erhoben über den üblichen morgendlichen Tagesablauf des Ehemannes der Klägerin durch Vernehmung des Zeugen ......... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet, die Widerklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

I. Die sich im Ausgangspunkt aus § 7 Abs. 1 StVG ergebende Gefährdungshaftung des Beklagten zu 2 als Fahrzeughalter tritt hinter einem überwiegenden Verschulden des Ehemannes der Klägerin zurück. Deshalb haftet auch die Beklagte zu 3 nicht als Versicherer gemäß § 115 VVG. Es steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Unfall nicht durch die Beklagte zu 1 verschuldet wurde (§ 18 Abs. 1 S. 2 StVG).

Im Einzelnen:

1. Das Gericht ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass das Fahrrad des Ehemannes der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalles nicht beleuchtet war. Diese Überzeugung beruht auf folgenden Erwägungen und Feststellungen:

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das Vorbringen der Klägerin zur Beleuchtung des Fahrrades nicht frei von Widerspruch ist: So hat sie zunächst vorgetragen, die am Fahrrad fest verbaute Beleuchtungseinrichtung sei nach den Feststellungen der Dekra ohne Funktion gewesen, es habe sich jedoch am Fahrrad ein Stecklicht befunden. Diesem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass Klägerin die Richtigkeit der Feststellung der Dekra zur Funktionsfähigkeit der fest verbauten Beleuchtungsanlage in Frage stellen will, vielmehr ist dem Vorbringen zu entnehmen, dass die Klägerin zunächst behauptet hat, das Fahrrad sei nur durch ein Stecklicht beleuchtet gewesen. Demgegenüber hat sie im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung angegeben, dass Stecklicht sei, wenn überhaupt, nur zusätzlich zu der dynamobetriebenen Beleuchtung verwendet worden. Diese Erklärung kann nur dahingehend verstanden werden, dass der Ehemann der Klägerin in der Regel die dynamobetriebene Beleuchtung verwendet hat, dass Stecklicht aber allenfalls zusätzlich, dies aber auch nicht immer („wenn überhaupt“).

Die unmittelbar darauf erfolgte Erklärung, das Dynamolicht habe ja funktionieren müssen, falls das Stecklicht einmal nicht funktioniere, steht dazu im Widerspruch, denn sie bringt zum Ausdruck, dass der Ehemann der Klägerin in der Regel das Stecklicht verwendet hat und nur bei dessen Funktionsunfähigkeit auf das dynamobetriebene Licht zurückgegriffen hat oder hätte. Danach hätte der Ehemann der Klägerin immer nur entweder das eine oder das andere Licht verwendet. Dazu wiederum im Widerspruch steht die Erklärung im Schriftsatz vom 22.02.2017, die Klägerin gehe davon aus, dass das Stecklicht in Betrieb gewesen sei und sie könne nicht ausschließen, dass zusätzlich auch das über den Hinterraddynamo betriebene Licht an war.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin anscheinend keine eigene Wahrnehmung davon hat, ob ihr Ehemann am Unfalltag mit einem beleuchteten oder unbeleuchteten Fahrrad gefahren ist, denn sie hat nicht angegeben, hierzu eine Wahrnehmung gemacht zu haben, sondern sie will lediglich aus dem Vorhandensein von nur einem von zwei Stecklichtern die Schlussfolgerung ziehen, dass das weitere, nicht mehr im Hause vorhandene Stecklicht am Fahrrad und in Betrieb gewesen sein muss.

Wesentlich für die Überzeugungsbildung des Gerichts ist auch der Umstand, dass nach der Bekundung des Zeugen ........ durch die Polizeibeamten am Unfallort gezielt nach Teilen der Beleuchtungseinrichtung gesucht wurde, solche jedoch nicht gefunden wurden. Der Zeuge ........ hat demgegenüber bekundet, dass ein Lampenglas und eine Birne gefunden worden seien. Der Zeuge ........ hat allerdings nicht bekundet, dass gezielt nach Teilen der Beleuchtung gesucht worden sei, er hat aber auch nicht angegeben, dass es sich um einen Zufallsfund gehandelt habe. Demgegenüber hat der Zeuge ........ bekundet, die Polizeibeamten hätten an der Unfallstelle nicht gezielt nach Gegenständen gesucht.

Trotz letztere Bekundung ist das Gericht davon überzeugt, dass die Polizeibeamten gezielt nach Teilen der Beleuchtungseinrichtung gesucht haben. Alles andere wäre nämlich gänzlich lebensfremd: Der Unfall hat sich bei Dunkelheit ereignet, und der Unfall musste sich für die Polizeibeamten jedenfalls auf den ersten Blick so dargestellt haben, dass die Beklagte zu 1 zumindest objektiv das Vorfahrtsrecht des Ehemannes der Klägerin verletzt hatte. Zudem war, wie sich aus der Ermittlungsakte ergibt, an dem Fahrrad ein beschädigter Frontscheinwerfer festgestellt worden. Bei dieser Sachlage und Berücksichtigung der Tageszeit musste es für die Polizeibeamten offensichtlich sein, dass es für die rechtliche Bewertung des Unfalles darauf ankommen kann, ob das Fahrrad beleuchtet war oder nicht.

Deshalb musste es für sie selbstverständlich sein, herauszufinden zu versuchen, ob der Scheinwerfer erst durch den Unfall beschädigt wurde, oder ob er von vornherein funktionsuntüchtig war. Ist der Scheinwerfer erst durch den Unfall beschädigt worden, so lag es nahe, dass Teile des Scheinwerfers auf oder neben der Straße liegen. Vor diesem Hintergrund wäre es gänzlich unverständlich, wenn die Polizeibeamten nicht gezielt nach Teilen des Scheinwerfers gesucht hätten. Auch wenn der Zeuge ........ sich an eine solche Suche nicht erinnern konnte, und der Zeuge ........ jedenfalls nicht ausdrücklich bekundet hat, dass gezielt gesucht wurde, ist das Gericht deshalb davon überzeugt, dass die Polizeibeamten – wie vom Zeugen ........ bekundet – gezielt nach Teilen einer Beleuchtungseinrichtung gesucht haben.

Es ist unstreitig, dass ein Stecklicht oder Teile eines solchen nicht gefunden wurden. Die Zeugin ........ hat hierzu bekundet, dass sie auch 3 Tage nach dem Unfall bei Tageslicht noch einmal gründlich nach einem Stecklicht oder Teilen eines solchen gesucht hat, dass dabei aber nichts aufgefunden wurde, was auf das Vorhandensein eines Stecklichts hindeuten würde. Dies spricht sehr deutlich dafür, dass der Ehemann der Klägerin ein Stecklicht nicht benutzt hat, denn andernfalls wäre zu erwarten gewesen, dass dieses – oder zumindest Teile davon – bei der gezielten Suche nach Teilen einer Beleuchtungseinrichtung gefunden worden wäre. Dem steht nicht entgegen, dass sich unstreitig am Lenker des Fahrrades eine Halterung befand, bei der sich möglicherweise um eine Halterung für ein solches Stecklicht (möglicherweise aber auch eine Halterung für einen Tachometer/Kilometerzähler) handeln könnte. Das Vorhandensein einer solchen Halterung begründet nicht die Annahme, dass an ihr am Unfalltag auch ein Stecklicht befestigt war.

Ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt für die Überzeugungsbildung des Gerichts ist die Bekundung des Zeugen ........, der angegeben hat, er habe den Ehemann der Klägerin gekannt. Diesen habe er am Unfalltag zwischen 6:00 Uhr und 6:30 Uhr überholt. Er habe dabei gesehen, dass der Ehemann der Klägerin ohne Licht auf seinem Fahrrad unterwegs war.

Der Überzeugungskraft der Aussage des Zeugen ........ steht nicht entgegen, dass dessen Zeitangabe nicht zu dem Unfallzeitpunkt passt, denn der Unfall hat sich unstreitig gegen 5:55 Uhr ereignet. Dies ist zwanglos damit zu erklären, dass sich der Zeuge – möglicherweise auch aufgrund des Zeitablaufes – nicht genau an die Uhrzeit seiner Wahrnehmung erinnerte, zumal er auch am Unfalltag keinen Grund hatte, sich die Uhrzeit genau einzuprägen.

Der Zeuge hat auch nicht mit Bestimmtheit angegeben, dass die Begegnung zwischen ihm und dem Ehemann der Klägerin nicht vor 6:00 Uhr erfolgt sei. Im Gegenteil hat angegeben, sich an die exakte Uhrzeit nicht mehr genau zu erinnern.

Der Überzeugungskraft der Bekundung des Zeugen ........ steht auch nicht entgegen, dass er angegeben hat, es sei im Zeitpunkt seiner Wahrnehmung nicht mehr richtig dunkel gewesen, es habe vielmehr eine Art Zwielicht geherrscht. Dies könnte zwar im Ausgangspunkt Grund zu der Annahme geben, dass der Zeuge ........ sich an eine Begegnung an einem anderen als dem Unfalltag erinnert, denn nach den Feststellungen der Sachverständigen ........ im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren war es im Unfallzeitpunkt an der Unfallstelle noch so dunkel, dass die Beklagte zu 1 den Ehemann der Klägerin nicht sehen konnte (dazu auch noch nachfolgend). Der Annahme, dass der Zeuge ........ sich an eine frühere Begegnung erinnert und diese irrtümlich auf den Unfalltag datiert, steht aber entgegen, dass der Zeuge ........ auch bekundet hat, er sei auf seinem Rückweg wenige Stunden nach dem erwähnten Überholen des Ehemannes der Klägerin an der noch abgesperrten Unfallstelle vorbeigekommen und habe gesehen, was dort passiert war. Es ist daher ohne weiteres plausibel, dass sich dieser zeitliche Zusammenhang, nämlich die Wahrnehmung, dass der Ehemann der Klägerin am selben Tag ohne Licht gefahren ist und kurz darauf verunfallt ist, dem Zeugen eingeprägt hat. Das Gericht hat deshalb keinen Zweifel daran, dass der Zeuge den Ehemann der Klägerin tatsächlich am Unfalltag ohne Licht gesehen hat.

Auf die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung der Klägerin, der Zeuge ........ habe entgegen seiner Beurkundung am 09.09.2011 gar nicht zur Arbeit kommen sollen, kommt es nicht an. Der Zeuge hat hierzu angegeben, er sei auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz in ........ gewesen, habe aber nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt dort sein müssen. Letzteres und auch seine Bekundung, er habe sich nur für wenige Stunden in ........ aufhalten müssen, spricht dafür, dass er jedenfalls nicht regulär zur Arbeit gehen musste/wollte. Dies passt zu der Behauptung der Klägerin, der Zeuge ........ habe an diesem Tage nicht arbeiten müssen und sei nicht an seinem Arbeitsplatz erwartet worden. Auch wenn der Zeuge mit seiner Bekundung den Eindruck hinterlassen hat, er sei mit Wissen und Wollen seines Arbeitgebers zu seinem Arbeitsplatz gefahren, so würde sich daraus, dass dies nicht zutrifft, kein genereller Zweifel an der Richtigkeit der Bekundung des Zeugen im Übrigen ergeben. Die Frage, warum der Zeuge nach ........ gefahren ist, spielte bei seiner Vernehmung keine nennenswerte Rolle, so dass der Zeuge auch keinen Anlass hatte, hierzu nähere Angaben zu machen.

Schließlich begründet auch der Umstand, dass der Zeuge ........ nach seiner Bekundung für „wenige Stunden“ nach ........ musste, nach der Behauptung der Klägerin aber nach seinem Erscheinen am Arbeitsplatz „umgehend“ wieder nach Hause gefahren ist, – auch wenn man die Richtigkeit letzterer Behauptung annimmt – keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der wesentlichen Bekundungen des Zeugen, aus denen sich ergibt, dass er den Ehemann der Klägerin am frühen Morgen des Unfalltages ohne Licht mit dem Rad hat fahren sehen. Insbesondere hat die Klägerin die Bekundung des Zeugen, er sei am Morgen des 09.09.2011 nach ........ gefahren, und er sei zu einem Zeitpunkt zurückgefahren, als die Unfallstelle noch nicht geräumt war, nicht in Frage gestellt.

Die Annahme, dass der Ehemann der Klägerin so leichtsinnig war, bei Dunkelheit ohne Licht zu fahren, steht nicht im Widerspruch zu der Feststellung, dass er eine Warnweste getragen hat. Zwar ist anhand dessen zu erkennen, dass der Ehemann der Klägerin ein nicht unerhebliches Eigensicherungsinteresse hatte. Das Gericht kann allerdings auch nicht ausschließen, dass der Ehemann der Klägerin meinte, mit dem Tragen dieser Weste ausreichend für seine Erkennbarkeit für andere Verkehrsteilnehmer gesorgt zu haben und dass er deshalb meinte, auf eine Beleuchtung des Fahrrades verzichten zu können. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Ehemann der Klägerin keinen Helm trug. Ungeachtet des Umstandes, dass das Tragen eines Helms für Radfahrer nicht vorgeschrieben ist und unabhängig von der Frage, ob das Nichttragen eines Helms ein Mitverschulden hinsichtlich des Ausmaßes der Verletzungen begründen kann, ist an dem Verzicht auf die Benutzung eines Helms zu erkennen, dass das Sicherheitsbedürfnis des Ehemannes der Klägerin jedenfalls nicht so stark ausgeprägt war, dass es ihn veranlasst hätte, einen Helm zu tragen. Dem Gericht ist bewusst, dass das Tragen eines Helms bei Radfahrern im Jahr 2011 noch weniger verbreitet war, als es heute der Fall ist (so jedenfalls die rein subjektive Wahrnehmung des Unterzeichners). Dem Gericht ist aber aus eigener Anschauung auch bekannt, dass das Tragen eines Fahrradhelms auch im Jahr 2011 schon nicht gänzlich unüblich war, und dass die Beschaffung eines Helmes auch schon im Jahr 2011 unproblematisch war. Zur Klarstellung: Es geht hier nicht darum, ob das Nichttragen eines Helms ein Mitverschulden begründen kann. Dass der Ehemann der Klägerin keinen Helm getragen hat, erlaubt aber den Schluss, dass sein Eigensicherungsbedürfnis jedenfalls nicht so ausgeprägt war, dass jede mögliche und nicht gänzlich unübliche Schutzmaßnahme ergriffen hätte. Dies trägt zugleich die Feststellung, dass sein Eigensicherungsinteresse nicht so groß war, dass er keinesfalls ohne Licht gefahren wäre.

Zu berücksichtigen ist in diesem Kontext schließlich auch das Vorbringen der Klägerin zum morgendlichen Tagesablauf ihres Ehemannes. Sie hat hierzu im Schriftsatz vom 20.03.2018 vorgetragen, ihr Ehemann sei (so wörtlich:) „stets“ um 5:45 Uhr zu Hause los gefahren um sich zu seinem Arbeitsplatz zu begeben, wo er gegen 6:15 Uhr eingetroffen sei. Die Zeit bis zum Arbeitsbeginn habe er (so wörtlich:) „täglich“ dazu genutzt, im Betrieb zu duschen. Diese Behauptung hat der insoweit benannte Zeuge ........ nicht bestätigt. Er hat zwar glaubhaft bekundet, dass der Ehemann der Klägerin oft mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen sei, dann habe er manchmal vor der Arbeit auch geduscht. Dies hat der Zeuge nicht unmittelbar wahrgenommen, wohl aber, dass die Dusche benutzt war und die Sachen des Ehemannes der Klägerin dort hingen bzw. lagen. Der Zeuge hat dies zeitlich dahingehend präzisiert, dass der Ehemann der Klägerin etwa alle paar Tage vor der Arbeit an seinem Arbeitsplatz geduscht habe. Diese Aussage des Zeugen ........ ist ohne weiteres überzeugend, insbesondere dahingehend, dass der Ehemann der Klägerin entgegen deren Vorbringen nicht stets bzw. täglich, also nicht an jedem einzelnen Arbeitstag im Betrieb geduscht hat. Die Klägerin hat daher zumindest objektiv in diesem Punkte nicht wahrheitsgemäß vorgetragen. Dies kann ohne weiteres damit zu erklären sein, dass sie keine genaue Erinnerung mehr an die Vorgänge im Jahr 2011 hat, wenn man ihr nicht unterstellen will, bewusst wahrheitswidrig vorgetragen zu haben. Beide Erklärungsmöglichkeiten schränken aber die Überzeugungskraft des tatsächlichen Vorbringens der Klägerin ein.

2. a. Das Gericht ist weiter davon überzeugt, dass die Beklagte zu 1 das Herannahen des Ehemannes der Klägerin auf seinem unbeleuchteten Fahrrad bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht wahrnehmen konnte.

Diese Überzeugung stützt sich im Wesentlichen auf die Feststellungen in dem im Ermittlungsverfahren eingeholten (2.) Gutachten der Dekra …….., dem die Klägerin nicht mit Substanz entgegengetreten ist. Die Sachverständige hat festgestellt, dass die Kontur des Radfahrers im Bereich der Warnweste schemenhaft wahrnehmbar gewesen sei, jedoch nicht als Mensch erkennbar. Es sei lediglich eine sich von der Umgebung abhebende Kontur in Höhe der Warnweste erkennbar gewesen. Dabei sei er in einer bestimmten Position durch einen Leitpfosten verdeckt gewesen.

Bei der Beurteilung dieser Feststellungen ist zu berücksichtigen, dass die Sachverständige ihre Beobachtung und Messung der Leuchtdichte wegen des im Zeitpunkt ihrer Untersuchung einsetzenden Regens durch die geöffnete Seitenscheibe vorgenommen hat. Dadurch war die Erkennbarkeit für die Sachverständige gegenüber der tatsächlichen Situation verbessert, denn auch wenn die Seitenscheibe im Zeitpunkt des Unfalles trocken war, so ist die Sichtbarkeit bei geschlossener Seitenscheibe schlechter als bei offener Seitenscheibe. Dieser Unterschied ist zwar im allgemeinen nicht gravierend, für die Erkennbarkeit eines nach den Feststellungen des Sachverständigen allenfalls „schemenhaft“ erkennbaren Objektes kann dieser Unterschied aber durchaus ins Gewicht fallen. Weiter hat die Sachverständige zutreffend darauf hingewiesen, dass es einen wesentlichen Unterschied ausmacht, ob jemand – wie die Sachverständige – sich gezielt auf die Erkennbarkeit eines Objektes konzentriert, dessen Vorhandensein ihm/ihr bekannt ist oder ob sich ein Verkehrsteilnehmer im Rahmen des üblichen Verkehrsgeschehens in mehrere Richtungen orientiert, ohne positiv zu wissen, dass dort ein bestimmtes Objekt vorhanden ist.

Die Sachverständige hat ferner darauf hingewiesen, dass bei ihrer Rekonstruktion der „Radfahrer“ stand, während in der Unfallsituation sich der Ehemann der Klägerin mit „relativ hoher Geschwindigkeit“ näherte, wobei die Sachverständige diese Geschwindigkeit in ihrem vorangegangenen Gutachten auf bis zu 40 km/h beziffert hatte. Möglicherweise will die Sachverständige zum Ausdruck bringen, dass ein bewegtes Objekt gerade wegen dieser Bewegung für einen Beobachter leichter wahrzunehmen ist, als ein stillstehendes Objekt. Demgegenüber ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1 sich nicht ausschließlich auf die Beobachtung etwaigen aus ihrer Sicht von links kommenden Verkehrs beschränken durfte, sondern sich auch nach rechts hin vergewissern musste. Nach Überzeugung des Gerichts kann die dabei erforderliche mehrfache Hin-und-Her-Wendung des Blickes die Erkennbarkeit eines mit einer relativ hohen Geschwindigkeit herannahenden Radfahrers auch erschweren, weil er sich bei jeder erneuten Hinwendung des Blickes deutlich von seiner vorherigen Position entfernt hat.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1 mangels konkreter entgegenstehender Anhaltspunkte annehmen durfte, dass die anderen Verkehrsteilnehmer die Verkehrsregeln einhalten. Sie musste deshalb nicht damit rechnen, dass ein Verkehrsteilnehmer bei Lichtverhältnissen, die selbst bei konzentriertem Hinsehen lediglich das schemenhafte Erkennen eines Objektes ermöglichen, ohne Licht fahren würde.

Den vorstehenden Erwägungen steht nicht entgegen, dass der Zeuge ........ die Lichtverhältnisse im Zeitpunkt seiner Wahrnehmung – also wenige Minuten vor dem Unfall – als „Zwielicht“ bezeichnet hatte, was möglicherweise für etwas bessere Sichtverhältnisse sprechen könnte, als bei der Begutachtung durch die Sachverständige ........ zugrunde gelegt. Insoweit ist nämlich zum einen zu berücksichtigen, dass die Feststellungen der Sachverständigen insoweit eher Anspruch auf objektive Richtigkeit als die Bekundung des Zeugen ........ haben können, als sie zu einem Zeitpunkt getroffen wurden, der hinsichtlich des Sonnenstandes dem Unfallzeitpunkt entsprach. Hinsichtlich der Witterung bestand ein Unterschied insofern, als es im Zeitpunkt der Begutachtung teilweise regnete. Demgegenüber ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt des Unfalles die Fahrbahnoberfläche ausweislich der Verkehrsunfallanzeige „nass/feucht“ war, was die Annahme erlaubt, dass es nicht allzu lange zuvor ebenfalls geregnet hatte, was wiederum annehmen lässt, dass es jedenfalls bewölkt war.

Gegenüber der Bekundung des Zeugen ........, es habe Zwielicht geherrscht, ist ferner zu berücksichtigen, dass es an der Unfallstelle unstreitig eine erhebliche Vegetation gab, die eine zusätzliche Verdunkelung bewirkte. Diese ist immerhin so stark, dass die Zeugin ........ der Auffassung ist, dass Radfahrer dort auch tagsüber mit Licht fahren sollten. Ob diese Einschätzung zutrifft, insbesondere ob die Lichtverhältnisse an der Unfallstelle auch tagsüber so sind, dass es rechtlich ein Verschulden begründen würde, wenn ein Radfahrer (oder ein anderer Verkehrsteilnehmer) ohne Licht fährt, kann dahinstehen. Jedenfalls kann aus dieser Bekundung der Zeugin ...... der Schluss gezogen werden, dass schon die verdunkelnde Wirkung der Vegetation nicht unerheblich ist, sodass die Angabe des Zeugen ........, es habe am Ort und im Zeitpunkt seiner Wahrnehmung Zwielicht geherrscht, nicht der Annahme entgegensteht, dass die Beklagte zu 1 den Ehemann der Klägerin bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht wahrnehmen konnte.

b. Ein relevantes Verschulden der Beklagten zu 1 besteht nicht darin, dass sie die Kurve „geschnitten“ hat. Es ist nämlich nicht feststellbar, dass die Beklagte zu 1 den herannahenden Ehemann der Klägerin hätte wahrnehmen können, wenn sie anders gefahren wäre. Dagegen spricht schon, dass das Fehlen der Wahrnehmbarkeit sich aus der im Unfallzeitpunkt herrschenden Dunkelheit und nicht daraus ergibt, dass die Einsicht in die bevorrechtigte Straße aufgrund der Fahrlinie der Beklagten zu 1 für diese erschwert gewesen wäre.

c. Ein Verschulden der Beklagten zu 1 kann schließlich nicht darin gesehen werden, dass sie gegen die von dem Stoppschild ausgehende Anhalteanordnung verstoßen hätte. Die Klägerin hat nämlich die Behauptung der Beklagten, die Beklagte zu 1 habe angehalten, nicht bestritten. Sie hat lediglich vorgetragen, nicht ausschließen zu können, dass die Beklagte zu 1 nicht angehalten hat. Darin liegt jedoch nicht die Behauptung des Gegenteils, vielmehr schließt das bloße Nichtausschließenkönnen die Möglichkeit ein, dass die Beklagte zu 1 angehalten hat.

d. Da somit feststeht, dass die Beklagte zu 1 kein Verschulden an Zustandekommen des Unfalles trifft, haftet sie nicht, die Verschuldensvermutung nach § 18 StVG ist widerlegt.

3. Bei der Abwägung des Verschuldens des Ehemannes der Klägerin gegenüber der vom Fahrzeug des Beklagten zu 2 ausgehenden Betriebsgefahr ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Benutzung eines Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr bei Dunkelheit ohne Verwendung jeglicher Beleuchtungseinrichtung ein ganz erheblicher Verstoß nicht nur gegen die geschriebenen Verkehrsregeln (hier § 17 Abs. 1 StVO, der die Verwendung der Beleuchtung schon während der Dämmerung, nicht erst bei Dunkelheit vorschreibt) ist, sondern unabhängig davon jedem Verkehrsteilnehmer klar sein muss, dass damit eine ganz erhebliche Selbstgefährdung verbunden ist. Dies gilt umso mehr auf einer Landstraße, bei der mangels Bebauung neben der Straße künstliche Lichtquellen gänzlich fehlen.

Es kommt hinzu, dass im vorliegenden Fall aufgrund der unstreitigen Abschüssigkeit der Straße und der Feststellungen der Sachverständigen ........ im Unfallrekonstruktionsgutachten anzunehmen ist, dass der Ehemann der Klägerin mit einer für Radfahrer ungewöhnlich hohen Geschwindigkeit gefahren ist. Unabhängig davon, ob die Geschwindigkeit als solche einen (Mit)Verschuldensvorwurf begründen kann – was vorliegend nicht der Fall ist – wird die Gefährlichkeit des Fahrens ohne Licht noch wesentlich erhöht, wenn ein Radfahrer zudem mit einer Geschwindigkeit fährt, mit der andere Verkehrsteilnehmer nicht ohne weiteres rechnen.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände tritt die den Beklagten zu 2 im Ausgangspunkt treffende Gefährdungshaftung hinter dem besonders gravierenden Eigenverschulden des Ehemannes der Klägerin gänzlich zurück.

Mangels Haftung der Beklagten zu 1 und zu 2 haftet daher auch die Beklagte zu 3 nicht.

II. Die Widerklagen sind dem Grunde nach gerechtfertigt.

Wie sich aus den Ausführungen zur Klage ergibt, ist der Unfall allein auf ein Verschulden des Ehemannes der Klägerin zurückzuführen. Die Klägerin haftet daher als Erbin gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB. Dabei ist es unerheblich, dass die Klägerin nicht Alleinerbin ist, denn Miterben haften gesamtschuldnerisch für Nachlassverbindlichkeiten, § 2058 BGB.

Die Widerklagen sind jedoch der Höhe nach noch nicht entscheidungsreif, denn die geltend gemachten Schäden und die für die Bemessung eines etwaigen Schmerzensgeldanspruches der Beklagten zu 1 maßgeblichen Umstände sind jedenfalls teilweise bestritten.

III. Eine Kostenentscheidung und eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nicht angezeigt.