Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 05.12.2019 | |
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Aktenzeichen | 5 W 100/19 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2019:1205.5W100.19.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde/Spree – Grundbuchamt – vom 9. August 2019, Gz. J... Blatt ...-..., wird zurückgewiesen.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 5.000 €
I.
Die Antragsteller zu 1 und 2 sind eingetragene Eigentümer des im Grundbuch von J... Blatt ... eingetragenen Grundstücks Flur ..., Flurstück ..., der Antragsteller zu 3 eingetragener Eigentümer des im Grundbuch von J... Blatt ... verzeichneten Grundstücks Flur ..., Flurstück .... Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 19. Mai 2015 (Urkundenrolle Nummer /2015 des Notars Dr. S... H... in F...) tauschten die Antragsteller zu 1 und 2 einerseits und der Antragsteller zu 3 andererseits das Eigentum an den beiden genannten Grundstücken. In § 13 dieses Vertrages vereinbarten die Antragsteller die Bestellung einer Grunddienstbarkeit. Die Antragsteller zu 1 und 2 als künftige Eigentümer des Flurstücks ... verpflichten sich danach zur unentgeltlichen Bestellung einer Grunddienstbarkeit lastend auf dem Flurstück ... als dienendem Grundstück zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des im Grundbuch von J... Blatt ... eingetragenen Grundstücks Flur ..., Flurstück ... sowie zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des im Grundbuch von J... Blatt ... eingetragenen Grundstücks Flur ..., Flurstück .... Die Dienstbarkeit soll nach der Bewilligung der Antragsteller zu 1 und 2 folgenden Inhalt haben: „Der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstücks gestattet dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks, das dienende Grundstück dauernd zur Verlegung, Belassung und Unterhaltung von Ver- und Entsorgungsleitungen, insbesondere für Strom, Telekommunikation, Gas, Wasser und Abwasser zu benutzen. Das dienende Grundstück darf vom jeweiligen Eigentümer des dienenden Grundstücks und Dritten entsprechend mitgenutzt werden.“
Der Senat hat mit Beschluss vom 9. April 2019 – Az. 5 W 25/19 – die gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts gerichtete Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Mit dieser Zwischenverfügung hatte das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass zunächst klarzustellen sei, ob die einzutragende Dienstbarkeit ein Gesamtrecht darstelle oder ob Einzelrechte gewollt seien. Sofern ein Gesamtrecht eingetragen werden solle, fehle es noch an dem nach § 47 GBO erforderlichen Beteiligungsverhältnis. Mit weiterer Zwischenverfügung vom 23. November 2018 hatte das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass das nunmehr angegebene Beteiligungsverhältnis „Gesamtberechtigte gemäß §§ 1024, 1025 BGB“ nicht zu einem eintragungsfähigen Gemeinschaftsverhältnis gehöre. Diese Verfügung hatte das Grundbuchamt mit weiterer Verfügung vom 10. Dezember 2018 aufrecht erhalten und darauf hingewiesen, dass das angegebene Beteiligungsverhältnis lediglich Regeln für das Verhalten untereinander aufstelle, jedoch kein kennzeichnendes Berechtigungsverhältnis für den Anfangszeitpunkt des Rechts enthalte. Wegen der Gründe der Zurückweisung der Beschwerde im Einzelnen wird auf den Beschluss des Senats vom 9. April 2019 Bezug genommen.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller hat daraufhin mit Schreiben vom 18. Juni 2019 seine Eigenurkunde vom gleichen Tag zur Urkunde .../15 vom 19. Mai 2015 eingereicht. Er erklärt in dieser Urkunde unter Bezugnahme auf die ihm erteilte Grundbuchvollmacht, dass es sich bei der bewilligten Dienstbarkeit um ein Gesamtrecht handele und die Eintragung dieses Gesamtrechts gem. § 1024, 1025 BGB für den jeweiligen Eigentümer des Grundbesitzes Gemarkung J... Flur ... Flurstücke ... und ... bewilligt werde.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 9. August 2019 den Antrag vom 20. März 2018 zurückgewiesen. Der Notar sei zwar aufgrund der ihm erteilten „unbeschränkten Grundbuchvollmacht“ befugt, das Beteiligungsverhältnis für das begehrte Gesamtrecht nachträglich dem Grundbuchamt gegenüber zu bestimmen. Diese Erklärung sei nunmehr in einer ordnungsgemäßen Eigenurkunde auch formgerecht (§§ 19, 29 GBO) abgegeben. Es verbleibe aber dabei, dass das angegebene Beteiligungsverhältnis „gemäß §§ 1024, 1025 BGB“ nicht zur Eintragung geeignet sei. Wegen des ausdrücklich erklärten Antragsverbundes seien alle gestellten Eintragungsanträge damit zurückzuweisen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde vom 15. August 2019. Aufgrund der ihm erteilten Vollmacht sei der beurkundende Notar befugt, das Gemeinschaftsverhältnis anzugeben. Die Vollmacht ermächtige auch zu Erklärungen, die ein Eintragungsverfahren substantiell gestalten und auf das einzutragende Recht selbst einwirken könne. Die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses entsprechend §§ 1024, 1025 BGB sei die einzig richtige Wahl.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit weiterem Beschluss vom 23. August 2019 nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 71 Abs. 1, 73 GBO) hat keinen Erfolg. Das Grundbuchamt hat im Ergebnis mit Recht den Eintragungsantrag der Antragsteller zurückgewiesen.
Der Senat verbleibt im Ausgangspunkt bei seiner Auffassung, dass in § 13 der Urkunde vom 19. Mai 2015 – noch – hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass eine einheitliche Grundschuld zu Gunsten der Grundstücke Flur ..., Flurstück ... und Flur ... Flurstück ... bestellt werden soll, weil in diesem Zusammenhang immer im Singular von dem herrschenden Grundstück die Rede ist. Ob die Angabe des fehlenden Gemeinschaftsverhältnisses ein Eintragungshindernis darstellt, dessen Beseitigung im konkreten Fall vom Grundbuchamt im Wege der Zwischenverfügung aufgegeben werden konnte, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen, weil das Grundbuchamt den Eintragungsantrag der Antragsteller mittlerweile zurückgewiesen hat.
Ein solches Gemeinschaftsverhältnis ist mit der Eigenurkunde vom 18. Juni 2019 zur Urkunde vom 19. Mai 2015 nicht wirksam bezeichnet worden. Entsprechendes gilt für die Eigenurkunde vom 9. November 2018. Der Senat hält insoweit an seiner Auffassung im Beschluss vom 9. April 2019, es handele sich dabei schon nicht um eine Eigenurkunde, nicht mehr fest.
Wie bereits im Beschluss vom 9. April 2019 ausgeführt, genügt die dem Notar in der Urkunde vom 19. Mai 2015 erteilte Vollmacht nicht, um im konkreten Fall für den Eigentümer des dienenden Grundstücks wirksam das Gemeinschaftsverhältnis der herrschenden Grundstücke zueinander wirksam zu bezeichnen. Dem Notar kann eine über die gesetzlich vermutete Vollmacht (§ 15 Abs. 1 GBO) hinausgehende rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt werden, die ihn dazu berechtigen kann, verfahrensrechtliche Erklärungen für die Urkundsbeteiligten abzugeben. Wird so der Notar in einem notariellen Vertrag zur Abgabe aller dem Grundbuchvollzug förderlichen Erklärungen bevollmächtigt, so fallen darunter grundsätzlich alle Erklärungen, welche die Beteiligten bei einem normalen Ablauf des Geschäfts selbst abgeben würden (BayObLG Rpfleger 2006, 392; OLG Düsseldorf FGPrax 2009, 203). Die Vollzugsvollmacht berechtigt den Notar indes nur dazu, vom Grundbuchamt geltend gemachte Eintragungshindernisse zu beseitigen, nicht aber, die Eintragungsgrundlage inhaltlich zu verändern (OLG Düsseldorf FGPrax 2013, 13; Demharter, GBO, § 15 Rn. 3.3). Eine zum Vollzug einer notariellen Urkunde erteilte Vollmacht deckt ihrem Wortlaut und Sinn nach nur diejenigen Erklärungen ab, die zur Abwicklung und grundbuchmäßigen Umsetzung des beurkundeten Rechtsgeschäfts (typischerweise) notwendig oder förderlich sind (OLG München, Beschluss vom 04. Dezember 2017 – 34 Wx 95/17 –, Rn. 45, juris). Den für die Bestimmung des Umfangs der Vollmacht maßgeblichen Rahmen definiert jedoch der Inhalt des beurkundeten Rechtsgeschäfts, zu dessen Vollziehung die Vollmacht erteilt ist; eine Vollmacht zur inhaltlichen Änderung der Eintragungsgrundlage besteht nicht (OLG München, a. a. O., Rn. 46; vgl. auch BGH NJW 2002, 2863/2864; NJW-RR 2012, 1483/1484).
Als von einer über § 15 GBO hinausgehenden rechtsgeschäftlichen Vollzugsvollmacht noch erfasst werden danach Erklärungen des Notars angesehen, die entweder der Beseitigung technischer Hindernisse - Beanstandungen seitens des Grundbuchamtes - dienen (BayObLG NJW-RR 1992, S. 1369 ff. für eine Rangbestimmung sowie BayObLG DNotZ 1997, S. 321 ff. für die Einschränkung einer Eintragungsbewilligung) oder eine Erklärung darstellen, die die Beteiligten beim „normalen Ablauf des Geschäfts“ selbst abgeben würden (OLG München FGPrax 2006, S. 101 f. für die Löschung einer Eigentumsvormerkung nach Eigentumsumschreibung). Daraus folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass alle vom Grundbuchamt etwa in einer Zwischenverfügung bezeichneten Eintragungshindernisse solche technischen Hindernisse sind, die allein schon deswegen von dem Notar aufgrund einer ihm rechtsgeschäftlich erteilten umfassenden Vollzugsvollmacht abgegeben werden können.
Das Gemeinschaftsverhältnis, in dem die beiden berechtigten Grundstücke der zu bestellenden einheitlichen Grunddienstbarkeit untereinander und im Verhältnis zum dienenden Grundstück stehen sollen, ist in der Bewilligungserklärung vom 19. Mai 2015 und in dem zugrundeliegenden schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft in keiner Weise bestimmt oder auch nur angedeutet. Anhaltspunkte, die einen Rückschluss auf den Willen der Bewilligenden oder der Vertragsbeteiligten zulassen, lassen sich der Urkunde nicht entnehmen. Die vom Grundbuchamt geforderte Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses, mit dem die Rechtsverhältnisse der berechtigten Grundstücke untereinander und gemeinsam gegenüber dem dienenden Grundstück und gegenüber Dritten bestimmt werden, dient damit nicht der Beseitigung eines bloß technischen Eintragungshindernisses, sondern der inhaltlichen Ausgestaltung des zu bestellenden dinglichen Rechts im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten. Dies gilt insbesondere dann, wenn, wie vorliegend die Antragsteller geltend machen, neben einem entsprechend § 428 BGB ausgestalteten Gemeinschaftsverhältnis weitere Möglichkeiten der Bestimmung eines solchen Verhältnisses bestehen. Im Zusammenhang mit einer Gesamtberechtigung an einem Nießbrauch hat etwa der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Mehrheit von Berechtigten in Form der Gesamtberechtigung nach § 428 BGB, der Bruchteilsgemeinschaft nach § 741 ff. BGB oder der Gesamthandsgemeinschaft nach näherer Maßgabe der vom Gesetz zugelassenen Formen möglich ist (BGH NJW 1981, 176). Für die Gesamtberechtigung an einer Grunddienstbarkeit soll in erster Linie ebenfalls die Eintragung einer Gesamtberechtigung nach § 428 BGB (BayObLGZ 2002, 263, 266; OLG Rostock NotBZ 2011, 301) in Betracht kommen, aber auch eine Mitberechtigung nach § 432 BGB (Palandt/Bassenge, § 1018 BGB Rn. 3) oder – im Fall einer teilbaren Ausübung – eine Berechtigung nach Bruchteilen. Im Hinblick darauf, dass die Grunddienstbarkeit auf die Nichtausübung von Rechten oder die Duldung bestimmter Nutzungen abzielt, wird auch eine modifizierte Gesamtberechtigung analog §§ 428, 432 BGB für möglich gehalten (BayObLGZ 1991, 431, 433; Keller, in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, § 47 GBO Rn. 23; Staudinger/Gursky, BGB, § 1018, Rn. 51a; zum Ganzen Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 1125). Die Anspruchsteller nehmen für sich darüber hinaus in Anspruch, dass auch die Eintragung einer Gesamtberechtigung analog §§ 1024, 1025 BGB möglich sein soll.
Kommen danach mehrere rechtliche Möglichkeiten einer Gesamtberechtigung an der Grunddienstbarkeit in Betracht und enthält die betreffende notarielle Urkunde keine Anhaltspunkte dafür, welche dieser Möglichkeiten im konkreten Fall gewählt werden soll, so muss die Eintragungsgrundlage durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung insoweit erst noch bestimmt und damit die bisherige Eintragungsgrundlage inhaltlich geändert werden. Dies ist nicht eine Frage der bloßen Vollziehung einer notariellen Urkunde, sondern der erstmaligen Bestimmung des maßgeblichen Inhalts des zu bestellenden Rechts.
Eine solche Erklärung wird regelmäßig nicht mehr von einer dem Notar erteilten rechtsgeschäftlichen (Vollzugs-)Vollmacht erfasst. Auch im zu entscheidenden Fall lässt sich der Urkunde ein weitergehender Inhalt der dem Notar erteilten Vollmacht nicht mit einer für das Grundbuchverfahren erforderlichen Sicherheit feststellen. Zwar wurde unter 4. der Urkunde vom 19. Mai 2015 dem Notar eine „...unbeschränkte Grundbuchvollmacht ...“ erteilt. Dies ist aber gerade keine unbeschränkte Vollmacht zur Abgabe aller rechtsgeschäftlichen Erklärungen für die Urkundsbeteiligten, sondern, wie der Bezug auf das Grundbuch deutlich macht, auch nur eine solche, die zum Zwecke erteilt wird, für diese bezogen auf das Grundbuchverfahren Erklärungen abzugeben, um die Eintragung des bewilligten Rechts zu bewirken.
Es kommt danach nicht mehr entscheidend darauf an, dass das Grundbuchamt die Anträge insgesamt auch deswegen mit Recht zurückgewiesen haben dürfte, weil allein mit der Angabe der §§ 1024 und 1025 BGB ein nach § 47 GBO einzutragendes Gemeinschaftsverhältnis jedenfalls nicht hinreichend bezeichnet wird. Beide Vorschriften betreffen im Wesentlichen Fragen der tatsächlichen Ausübung des Rechts. In §1025 BGB wird dies für den Fall des Zusammentreffens mit anderen Nutzungsrechten an dem dienenden Grundstück geregelt, § 1025 BGB stellt klar, dass im Fall der Teilung des herrschenden Grundstücks die Grunddienstbarkeit für die einzelnen Teile fortbesteht und in diesem Fall die Ausübung im Zweifel nur in der Weise zulässig ist, dass sie für den Eigentümer des belasteten Grundstücks nicht beschwerlicher wird.
Zwar entsteht im Fall der Teilung des herrschenden Grundstücks in vergleichbarer Weise eine gemeinsame Berechtigung für mehrere Grundstücke in Form einer Gesamtberechtigung, aber die rechtliche Ausgestaltung der Gesamtberechtigung im Außen- und Innenverhältnis ergibt sich aus § 1025 BGB gerade nicht. Die Art der Gesamtberechtigung ist für den Fall der Teilung des herrschenden Grundstücks vielmehr umstritten. So wird teilweise eine modifizierte Geltung der §§ 428, 432 BGB erwogen (Münchener Kommentar/Joost, § 1025 BGB Rn. 2), teilweise das Bestehen einer Bruchteilsgemeinschaft (Palandt/Herrler, § 1025 BGB Rn. 1) angenommen. Die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses durch eine bloße Bezugnahme auf die §§ 1024, 1025 BGB ist damit mindestens unvollständig und damit unzureichend, so dass auch aus diesem Grund die Anträge mit Recht zurückgewiesen worden sind.
Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Gesetz (Nr. 14510 Unterabschnitt 1, Abschnitt 5, Hauptabschnitt 4 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG); eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.