Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat | Entscheidungsdatum | 22.06.2022 | |
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Aktenzeichen | OVG 12 N 13/21 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0622.OVG12N13.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 17 Abs 2 S 3 GemFinAusglG BB, § 34 HO BE, § 40 VwVfG, § 124a Abs 4 VwGO |
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 10. Dezember 2020 wird abgelehnt.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 14.694,55 EUR festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin angeführten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
I. Unter Zugrundelegung des nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO maßgeblichen Zulassungsvorbringens bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Solche sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2019 – 1 BvR 587/17 – juris Rn. 32 m.w.N.). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 2010 – 1 BvR 2011/10 – juris Rn. 19). Derartige Umstände zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.
1. Der Einwand, entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts habe der Beklagte im angefochtenen Bescheid eine Beschränkung seines Ermessens durch die Vorgaben der Landeshaushaltsordnung nicht angenommen, führt nicht auf Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils. Die Klägerin rügt damit zwar eine ihrer Auffassung nach unzutreffende Rechtsansicht des Ausgangsgerichts, zeigt jedoch nicht auf, dass ein entsprechender Fehler dem angefochtenen Verwaltungsakt anhaftet. Auch mit ihrem in diesem Zusammenhang erhobenen Einwand, das Verwaltungsgericht dürfe eigene Ermessenserwägungen nicht in die Ermessensüberprüfung einfließen lassen, zeigt sie einen Ermessensfehler der Behörde beim Erlass des angefochtenen Bescheids nicht auf. Entsprechendes gilt für die geltend gemachte Widersprüchlichkeit des erstinstanzlichen Urteils. Auch eine solche würde, läge sie vor, nicht auf einen Ermessensfehler der Behörde beim Erlass des streitgegenständlichen Bescheids führen; die Klägerin stellt auch hiermit nicht in Abrede, dass der Beklagte von einer „echte(n)“ Ermessensentscheidung (vgl. S. 3 des Bescheids vom 2. Mai 2016) ausgegangen ist.
Dessen ungeachtet liegt die dem Verwaltungsgericht zum Vorwurf gemachte Fehlerhaftigkeit bzw. Widersprüchlichkeit seiner Argumentation nicht vor. Das Erstgericht hat zu Recht angenommen, dass die Regelung des § 34 Abs. 1 LHO i. V. m. der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschrift zu Nr. 4.2 Anwendung findet und das in § 17a Abs. 2 Satz 3 BbgFAG eingeräumte Ermessen dahingehend einschränkt, dass im Regelfall die Verzugszinsen zu erheben sind (vgl. Wilhelm, in: Muth, Potsdamer Kommentar, Stand 5/2022, § 17a BbgFAG Rn. 10), indes zu prüfen bleibt, ob im Einzelfall im Wege des Ermessens hiervon abgesehen werden muss.
2. Auch die Ausführungen der Klägerin zum (vermeintlichen) Zweck der Regelung des § 17a Abs. 2 Satz 3 BbgFAG führen nicht auf ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Danach kann das Land für rückständige Beträge auf die von der Gemeinde zu leistende Finanzausgleichsumlage Verzugszinsen erheben. Es unterliegt entgegen der Klägerin keinem Zweifel, dass diese Regelung, ebenso wie der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen in Satz 2 der Norm, jedenfalls auch dazu dient, die Gemeinden zu einer rechtzeitigen Zahlung der Ausgleichsumlage anzuhalten (zutreffend Wilhelm, a. a. O.). Denn die Ermöglichung der Verzugszinserhebung schmälert generell und so auch hier einerseits die Möglichkeit des Schuldners, aus einer Verzögerung der fälligen Zahlung ihm nicht mehr gebührende wirtschaftliche Vorteile zu ziehen und dient andererseits in typisierender Weise zum Ausgleich des finanziellen Nachteils des Gläubigers, dem die Leistung vorenthalten wurde, und zwar ungeachtet des Umstandes, ob der Gläubiger für den Zeitraum des Verzugs seinerseits auf einen Kredit angewiesen oder (lediglich) daran gehindert war, selbst einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem geschuldeten Kapital zu ziehen.
Gegenteiliges folgt nicht aus den von der Klägerin ins Feld geführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. Juni 1992 (VGH 2 S 2999/90 – juris). Diese verhält sich nicht zu dem Zweck der Regelung des § 17a Abs. 2 Satz 3 BbgFAG, sondern zu der Frage, ob Bescheide über die Festsetzung von „Aussetzungszinsen“ – anders als solche über die Erhebung von Säumniszuschlägen – dem Anwendungsbereich des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unterfallen; dies hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, weil Aussetzungszinsen „jedenfalls überwiegend der unmittelbaren Deckung des Finanzbedarfs der öffentlichen Hand dien(t)en“ (a. a. O., juris Rn. 2). Damit ist nicht ausgeschlossen, dass in Fällen, in denen der Gesetzgeber – wie hier – eine Ermächtigung zur Erhebung von Säumniszuschlägen nicht vorgesehen, sondern sich (neben dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Hauptforderung) auf eine solche zur Geltendmachung von Verzugszinsen beschränkt hat, diese nicht jedenfalls auch dazu dient, zu einer zeitnahen Erbringung der geschuldeten Leistung beizutragen. Weder dem genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs noch dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. November 1988 (5 C 38.84 – juris Rn. 13) lässt sich die Aussage entnehmen, dass nur Säumniszuschläge dazu dienen dürfen, auf eine rechtzeitige Leistung des Schuldners hinzuwirken, wie die Klägerin meint. Auch das von ihr angeführte Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Oktober 2020 – VG 7 K 4569/17 – juris) nimmt an, dass „sich Verzugszinsen und Säumniszuschläge in ihren Auswirkungen (überschneiden)“ (a. a. O. Rn. 33) und auch erstere „einen Anreiz zur rechtzeitigen Leistung (…) setzen“ (a. a. O. Rn. 36). Die von der Klägerin ferner angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 1989 (7 C 42.87 – juris) verhält sich allein zu der Regelung des § 288 Abs. 2 BGB in der bis zum 30. April 2000 geltenden Fassung, also dazu, ob ein über § 288 Abs. 1 BGB a.F. hinausgehender Verzugsschaden geltend gemacht werden kann.
Ob das Verwaltungsgericht zu Unrecht auf die Begründung des Gesetzentwurfs von § 17a BbgFAG (LT-Drs. 5/2012 S. 18) abgestellt hat, kann wiederum dahinstehen. Denn die Klägerin räumt selbst ein, dass ein (unterstellter) diesbezüglicher Fehler nicht dem angefochtenen Bescheid anhaften würde.
3. Der Einwand der Klägerin, der Beklagte habe bei seiner Ermessensentscheidung fehlerhaft ein Interesse „der anderen umlagepflichtigen Gemeinden an einer Gleichbehandlung“ berücksichtigt, beruht auf der bereits nach den vorstehenden Ausführungen unzutreffenden Prämisse, dass die Verzugszinsregelung ausschließlich einer wirtschaftlichen Entschädigung des Beklagten diene.
Dessen ungeachtet kann ein Interesse der umlagepflichtigen Gemeinden daraus folgen, dass sich gemäß § 1 Abs. 4 BbgFAG die Verbundmasse um die „Beträge“ u. a. nach § 17a BbgFAG und mithin auch um die geleisteten Verzugszinsen erhöht. Hierdurch wiederum würden im Folgejahr des Ausgleichsjahrs, also im Fälligkeitsjahr der Umlage, ggf. die Bedarfsmesszahlen nach § 7 BbgFAG steigen, wovon unter Umständen auch (bislang) abundante Gemeinden profitieren könnten (vgl. hierzu wiederum Wilhelm, a. a. O. Rn. 12). Auch unabhängig von dieser Möglichkeit ist dem Beklagten und dem Verwaltungsgericht darin beizupflichten, dass die übrigen abundanten Gemeinden, selbst wenn sie nicht unmittelbare Empfängerinnen der Verzugszinsen sind, aus Gründen der Gleichbehandlung ein Interesse daran haben, dass der durch die verzögerte Leistung der Umlage erlangte wirtschaftliche Vorteil der schuldig gebliebenen Gemeinden abgeschöpft wird, da er zu einem ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil dieser Gemeinden führt.
4. Die Klägerin zeigt einen Ermessensfehler beim Erlass des angefochtenen Bescheides vom 2. Mai 2016 auch nicht auf, soweit sie sich gegen die Berücksichtigung der Interessen der umlageberechtigten Gemeinden wendet. Diese Gemeinden profitieren von dem horizontalen Finanzausgleich und haben daher ein generelles Interesse am Funktionieren dieses Systems. Zudem würden (vor allem) sie von einer Erhöhung der Verbundmasse um die nach § 1 Abs. 4 BbgFAG darin einzustellenden Verzugszinsen profitieren; insoweit würden die obigen Ausführungen (zu I.3) für sie erst recht zutreffen. Im Übrigen weist das Verwaltungsgericht nachvollziehbar darauf hin, dass sich die umlageberechtigten Kreise und Gemeinden im Falle der Inanspruchnahme einer Vorfinanzierung durch das Land zu diesem in eine Abhängigkeit begeben, die der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat. Auch deshalb haben sie ein Interesse daran, dass die Lenkungsfunktion der Verzugszinsregelung wahrgenommen wird.
5. Auch der Einwand der Klägerin, der Beklagte habe für die fristgerechte Auszahlung der Umlage tatsächlich keinen Kredit aufgenommen und daher keine Vorfinanzierungskosten gehabt, führt nicht auf ernstliche Richtigkeitszweifel an dem erstinstanzlichen Urteil. Wie eingangs ausgeführt, dienen Verzugszinsansprüche und so auch § 17a Abs. 2 Satz 3 BbgFAG (u. a.) in typisierender Weise zum Ausgleich des finanziellen Nachteils des Gläubigers, dem die Leistung vorenthalten wurde. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, ob der Gläubiger für den Zeitraum des Verzugs seinerseits einen Kredit aufgenommen hat oder lediglich daran gehindert war, selbst einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem ihm vorenthaltenen Kapital zu ziehen.
6. Auch der Einwand der Klägerin, der Beklagte habe in anderen Fällen säumiger Gemeinden auf die Geltendmachung von Verzugszinsen verzichtet und sich dadurch gebunden, greift nicht durch. Der Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, weshalb er sein Ermessen hinsichtlich der Stadt L... dahingehend ausgeübt hat, auf eine Zinsforderung i. H. v. 1.085.483,97 Euro zu verzichten. Er hat hiermit dem Umstand Rechnung getragen, dass bis zu den einschlägigen Entscheidungen des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg von August 2013 und August 2014 (53/11 und 67/13) und des Senats von November 2014 (u. a. OVG 12 N 80.14) noch keine gesicherte Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der Finanzausgleichsumlage vorlag. Das lässt einen Ermessensfehler nicht erkennen. Dass er hinsichtlich einer weiteren verspäteten Zahlung der Stadt L... letztlich auf die Erhebung von Verzugszinsen verzichtet hat, führt für sich genommen noch nicht zu einer Ermessensbindung. Selbst wenn sich zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids vom 2. Mai 2016 noch keine Ermessenspraxis zu der Frage der Geltendmachung von Verzugszinsen herausgebildet hatte, wie die Klägerin betont, sondern erst im Begriff war gebildet zu werden, lässt es keinen Ermessensfehler erkennen, dass der Beklagte für die zum 25. Februar 2015 fällige Umlage der Klägerin aufgrund der inzwischen eingetretenen Rechtssicherheit Verzugszinsen geltend gemacht hat. Der Beklagte weist darauf hin, dass die Klägerin nicht die einzige säumige Gemeinde war, von der er seit dieser Zeit Verzugszinsen verlangt hat. So hat er etwa auch von der Stadt Z... Verzugszinsen verlangt (vgl. seinen Schriftsatz vom 20. Juli 2021, Seite 3).
Im Übrigen ist das Ermessen des Beklagten bei der Geltendmachung von Verzugszinsen durch § 34 LHO und die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften dahingehend vorgegeben, dass diese Forderung im Regelfall durchzusetzen ist. Dem hat der Beklagte mit dem Erlass des angefochtenen Bescheides Rechnung getragen, woran nichts ändern würde, wenn er in anderen, auch späteren Fällen seiner diesbezüglichen Obliegenheit nicht genügt hätte.
7. Auch die Rüge, das Verwaltungsgericht und der Beklagte hätten weitere Aufklärungsmaßnahmen zum geltend gemachten Fehlbetrag der Klägerin i. H. v. 2.294.657 Euro ergreifen müssen, führt nicht auf durchgreifende Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte hat in seinem angefochtenen Bescheid die Behauptung dieses Fehlbetrags nicht in Abrede gestellt (S. 4 des Bescheides vom 2. Mai 2016) und sein Ermessen unter Berücksichtigung dieses Umstands zu Lasten der Klägerin ausgeübt. Dass er hierzu nicht berechtigt war, macht die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht geltend. Auch ihr Einwand, das Verwaltungsgericht habe mit seinem Hinweis auf die Stundungsmöglichkeit nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 LHO unzulässigerweise sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Beklagten gesetzt, der darauf im angefochtenen Bescheid nicht abgestellt habe, geht danach ins Leere.
Nur vorsorglich weist der Senat für den Fall, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen zur unterbliebenen Aufklärung des Fehlbetrags auch dessen fehlenden Ausschlag im angefochtenen Bescheid rügen wollte, darauf hin, dass auch dieser Fehlbetrag den Beklagten nicht veranlassen musste, von der Erhebung der Verzugszinsen abzusehen. Die Frage, ob die Gemeinde abundant ist und in Folge dessen eine Finanzausgleichsumlage erbringen muss, bestimmt sich ausschließlich nach den Vorgaben des § 17a Abs.1 BbgFAG. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg es für ausreichend befunden hat, eventuellen Härtefällen mit Mitteln des Ausgleichsfonds nach § 16 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BbgFAG begegnen zu können (Beschluss vom 6. August 2013 – 53/11 – juris Rn. 80; siehe hierzu auch den Beschluss des Senats vom 5. Oktober 2015 – 12 S 48.15 – BA S. 4). Die Klägerin konnte sich der Belastung durch den ihr rechtmäßig auferlegten Finanzausgleich für das Ausgleichsjahr 2014 (hierzu Beschluss des Senats vom 14. Juni 2016 – 12 N 16.16) jedenfalls nicht dadurch entziehen, dass sie die Zahlung zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung verweigerte. Dass sie gerade durch die im Verhältnis zur Hauptforderung i. H. v. 1.088.039 Euro nicht ins Gewicht fallende Zinsforderung i. H. v. 14.694,55 Euro unverhältnismäßig beschwert wird, zeigt sie mit dem Zulassungsantrag im Übrigen nicht auf.
8. Der Hinweis des Beklagten im angefochtenen Bescheid auf die Akzessorietät der Zinsforderung zur Hauptforderung steht erkennbar im Zusammenhang mit seiner Feststellung, dass die Hauptforderung gerichtlich nicht beanstandet wurde. Das lässt einen Ermessensfehler nicht erkennen. Dass auch die Ausführungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 8. August 2020 im Verfahren VG 1 K 311/16 die Annahme der Verfassungswidrigkeit des § 17a Abs. 1 BbgFAG nicht erlauben, hat der Senat in seinen Beschlüssen gleichen Rubrums vom 10. August 2021 (OVG 12 N 26/21 und 12 N 29/21) dargelegt; hierauf kann Bezug genommen werden.
9. Hat die Klägerin nach allem mit ihrem Zulassungsvorbringen keinen Ermessensfehler des Beklagten aufgezeigt, stellt sich die Frage nicht, ob die im angefochtenen Bescheid genannten Ermessenserwägungen die getroffene Entscheidung jeweils für sich oder aber nur in ihrer Gesamtheit tragen sollten. Dessen ungeachtet gibt die Begründung des Bescheides entgegen der Klägerin für die letztgenannte Alternative nichts her. Der Passus „Diese Gründe überwiegen das Interesse der Stadt Baruth/Mark…“ sagt nichts darüber aus, ob diese Gründe jeweils für sich oder nur in ihrer Gesamtheit das Interesse der Klägerin überwiegen sollen.
II. Die von der Klägerin als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO aufgeworfenen Fragen rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist es erforderlich, dass eine bisher weder höchstrichterlich noch obergerichtlich beantwortete konkrete und zugleich entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen und erläutert wird, warum sie im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung der fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf.
Die Klägerin hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsfähig und -bedürftig:
„1. Verfolgt die Regelung in § 17a Abs. 2 S. 3 BbgFAG, wonach das Land für rückständige Beträge Verzugszinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz fordern kann, den Zweck, eine termingerechte Leistung sicherzustellen?“
Die Frage rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Die Regelung dient – zumal im Zusammenspiel mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 17a Abs. 2 Satz 2 BbgFAG – jedenfalls auch dazu, die Gemeinden zu einer rechtzeitigen Zahlung der Ausgleichsumlage anzuhalten, indem sie deren Möglichkeit schmälert, aus einer Verzögerung der fälligen Zahlung ihnen nicht mehr gebührende wirtschaftliche Vorteile zu ziehen. Aus den von der Klägerin ins Feld geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, des Verwaltungsgerichts Köln und des Bundesverwaltungsgerichts folgt für die landesrechtliche Regelung des § 17a Abs. 2 Satz 3 BbgFAG nichts anderes. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die obigen Ausführungen zu I.2 Bezug genommen werden.
Auch die weiteren Fragen rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht. Sie lauten:
„2. Ist es statthaft, wenn das Land im Rahmen der nach § 17a Abs. 2 S. 3 BbgFAG geschuldeten Ermessensausübung Vorfinanzierungskosten in seine Abwägung einstellt, obwohl das Land tatsächlich keine Vorfinanzierungskosten zu tragen hatte, und es dem Land andererseits aber auch „ersichtlich nicht auf den finanziellen Vorteil der Verzugszinszahlung" ankam, „sondern darauf, dass die Umlage fristgerecht geleistet wird"?
3. Liegt die Verzugszinsfestsetzung nach § 17a Abs. 2 S. 3 BbgFAG im Interesse des Landkreises, in dem der anderen umlagepflichtigen Gemeinden sowie in dem der schlüsselzuweisungsberechtigten Gemeinden, obwohl diese nicht Begünstigte der Zinserhebung sind?
4. Liegt die Verzugszinsfestsetzung nach § 17a Abs. 2 S. 3 BbgFAG im Interesse des Landkreises und in dem der schlüsselzuweisungsberechtigten Gemeinden, obwohl das Land nach eigenem Bekunden deren jeweiligen Anteil an der Finanzausgleichsumlage bereits vorfinanziert hat?
5. Verfolgt § 17a Abs. 2 S. 3 BbgFAG den Zweck, dass die Finanzausgleichsumlage aus Gründen der „Gleichbehandlung" aller sog. abundanten Gemeinden zur Fälligkeit gezahlt wird, wo doch eine Verzugszinsregelung, jedenfalls nach den zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und Köln, der (wirtschaftlichen) Entschädigung dient und andere sog. abundante Gemeinden nicht Empfänger der Finanzausgleichsumlage sind?
6. Verfolgt § 17a Abs. 2 S. 3 BbgFAG den Zweck, eine finanzielle Unabhängigkeit der zuweisungsberechtigten Gemeinden und des Landkreises vom Land zu gewährleisten, wo doch eine Verzugszinsregelung, jedenfalls nach den zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und Köln, der (wirtschaftlichen) Entschädigung dient, und das Land bei Nichteingang erwarteter Umlagen die zuweisungsberechtigten Gemeinden und den Landkreis nach ständiger Praxis ohnehin und zwar unaufgefordert vorfinanziert?
7. Ist der Ermessensspielraum des Landes aufgrund von § 34 LHO und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften eingeschränkt, wo doch die LHO gegenüber § 17a Abs. 2 S. 3 BbgFAG subsidiär ist und das Land wiederholt von den Verwaltungsvorschriften abgewichen ist?
8. Ist im Rahmen der nach § 17a Abs. 2 S. 3 BbgFAG geschuldeten Ermessensausübung eine finanzielle Haushaltsnotlage, wegen derer sich eine sog. abundante Gemeinde außer Stande sieht, die Finanzausgleichsumlage fristgerecht zu entrichten, berücksichtigungsbedürftig?“
Mit den Fragen zu 2 bis 8 versucht die Klägerin, ihre Bedenken an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids des Beklagten und an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils in Fragen von (vermeintlich) grundsätzlicher Bedeutung zu kleiden. Soweit sie sich auf die konkrete vom Beklagten vorgenommene Ermessensausübung im Bescheid vom 2. Mai 2016 bezieht, zeigt die Klägerin bereits eine fallübergreifende grundsätzliche Bedeutung der Fragen nicht auf. Soweit die Fragen darüber hinaus klärungsbedürftig sind, lassen sie sich anhand der obigen Ausführungen zu I beantworten. Hierauf wird erneut Bezug genommen.
III. Die Klägerin hat mit ihrem Zulassungsvorbringen auch einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel nicht aufgezeigt, auf dem die Entscheidung beruhen kann, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Maßgeblich für die Frage, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Vorinstanz; die materiell-rechtlichen Annahmen selbst können nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2021 – 8 B 31.20 – juris Rn. 7).
Die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe die ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Sachaufklärung nicht hinreichend betrieben, greift nicht durch.
1. Wie bereits ausgeführt (zu I. 7), hat der Beklagte den von der Klägerin im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Fehlbetrag i. H. v. 2.294.657 Euro nicht in Abrede gestellt (S. 4 des Bescheids vom 2. Mai 2016) und sein Ermessen unter Berücksichtigung dieses Umstands zu Lasten der Klägerin ausgeübt.
Davon abgesehen hat das Verwaltungsgericht selbständig tragend auf die Möglichkeit abgestellt, im Falle von Zahlungsschwierigkeiten einen Antrag nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 LHO auf Stundung der Schuld zu stellen und dadurch die Zahlung von Verzugszinsen zu vermeiden (UA S. 12). Mithin bedurfte es nach der insoweit maßgeblichen Sicht des Verwaltungsgerichts, auch wenn sie, wie die Klägerin meint, verfehlt sein sollte, einer weiteren Aufklärung des behaupteten Fehlbetrags nicht. Die über den im Verwaltungs- und im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Fehlbetrag i. H. v. 2.294.657 Euro hinausgehenden Fehlbeträge macht die Klägerin erstmalig im Zulassungsverfahren geltend; ein Aufklärungsmangel ist dem Verwaltungsgericht im Hinblick auf die im Rahmen von § 86 Abs. 1 VwGO bestehende Mitwirkungspflicht der Beteiligten nicht vorzuwerfen.
2. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht ist auch hinsichtlich der Ermessenspraxis des Beklagten bezüglich der Geltendmachung von Verzugszinsen nicht dargetan. Nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Erstgerichts findet auf die Fälle des § 17a Abs. 2 Satz 3 BbgFAG die Regelung des § 34 Abs. 1 LHO i. V. m. Nr. 4.2 VV-LHO Anwendung. Danach ist der Beklagte, wie bereits dargelegt (oben zu I.1), grundsätzlich gehalten, Verzugszinsen zu erheben. Dem Erstgericht war ferner bekannt, dass der Beklagte nach den Entscheidungen des Senats vom 13. und 14. November 2014 von einer hinreichend gefestigten Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit des § 17a Abs. 1 BbgFAG ausgegangen ist und etwa auch von der Stadt L... für verschiedene Jahre Verzugszinsen erhoben hat. Daran gemessen musste das Verwaltungsgericht auch ohne die Anforderung weiterer Belege des Beklagten über die Geltendmachung von Verzugszinsen gegenüber weiteren Gemeinden nicht davon ausgehen, dass die Beklagte mit dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides gegenüber der Klägerin von einer (fortbestehenden) etablierten – und rechtmäßigen – Praxis abgewichen ist, keine Verzugszinsen zu erheben.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).