Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 05.08.2022 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 130/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0805.13UF130.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 18.08.2021 - 3 F 229/19 - abgeändert:
Der vierte Absatz von Ziffer 2 der Entscheidungsformel wird wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr. (X1)) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 1,3362 Entgeltpunkten (Ost) auf das vorhandene Konto (X2) bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, bezogen auf den 31.01.2020, übertragen.
Ziffer 2 der Entscheidungsformel wird um folgende Anordnung ergänzt:
Zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners auf Nachversicherung durch den Träger der Versorgungslast Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesverwaltungsamt Ast Hannover (PersKZ (Y1)), wird im Wege der externen Teilung zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von monatlich 10,68 €, bezogen auf den 31.01.2020, auf dem vorhandenen Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg Nr. (X1) begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Im Übrigen werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens unter der Antragstellerin und dem Antragsgegner gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.
I.
Der Beschwerdeführer beanstandet die unzutreffende Durchführung des Ausgleichs des von ihm verwalteten Anrechts des Antragsgegners auf Nachversicherung aufgrund eines zum Zeitpunkt des Ehezeitendes nicht beendeten Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit.
Der Beschwerdeführer hat als Träger der Versorgungslast erstinstanzlich mit Schreiben vom 11.12.2020 (Bl. 37f. VA-Heft) zu dem vom Antragsgegner in der Ehezeit als Zeitsoldat erworbenen Versorgungsanrecht Auskunft zu seinen nachversicherungspflichtigen Einkünften erteilt und diese mit 20.686,73 € (01.07.2019 bis 31.12.2019) und 3.541,21 € (Januar 2020) mitgeteilt.
Auf der Grundlage dieser Nachversicherungswerte hat die weitere Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom 06.05.2021 (Bl. 42ff. VA-Heft) Auskunft zu dem bei fiktiver Nachversicherung des Antragsgegners entstehenden Anrechts erteilt. Sie hat den fiktiven Ehezeitanteil mit einer Monatsrente von 21,36 € (0,6698 Entgeltpunkte/Ost) mitgeteilt und als Ausgleichswert eine Monatsrente von 10,68 € (0,3349 Entgeltpunkte/Ost), korrespondierender Kapitalwert 2.360,73 €, vorgeschlagen. Zur Ermittlung der Höhe dieses Anrechts hat sie mit Schreiben vom 04.05.2021 (Bl. 44 VA-Heft) im Wege einer „probeweisen Berechnung mit fingierter Nachversicherung“ eine (fiktive) Neuberechnung der zuvor mit Schreiben vom 28.10.2020 (Bl. 15 VA-Heft) unter Außerachtlassung der nachversicherungspflichtigen Einkünfte beauskunfteten Anwartschaften des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung vorgenommen. Dabei hat sich bei den Anrechten des Antragsgegners mit West-Dynamik keine Veränderung ergeben, bei den Anrechten des Antragsgegners mit Ost-Dynamik hingegen eine Erhöhung des ohne die nachzuversichernden Einkünfte ermittelten Ehezeitanteils von 2,6723 auf 3,3421 Entgeltpunkte (Ost), so dass sich der Ausgleichswert von 1,3362 auf 1,6711 Entgeltpunkte (Ost) und der korrespondierende Kapitalwert von 9.418,94 € auf 11.779,67 € erhöht. Hieraus hat die weitere Beteiligte zu 3) den auf die nachversicherungspflichtigen Einkünfte entfallenden Ehezeitanteil mit 0,6698 Entgeltpunkten (Ost) durch Subtraktion des tatsächlichen vom fingierten Wert des Ehezeitanteils errechnet; auf dieselbe Weise hat sie den Ausgleichswert mit 0,3349 Entgeltpunkten (Ost) und den korrespondierenden Kapitalwert mit 2.360,73 € ermittelt.
Durch die angefochtene Entscheidung vom 18.08.2021 (Bl. 30) hat das Amtsgericht die Ehe der Antragsbeteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat es die Anrechte des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung mit West-Dynamik entsprechend der – durch eine fiktive Nachversicherung unverändert gebliebenen – Auskunft der weiteren Beteiligten zu 3) vom 28.10.2020 ausgeglichen. Die Anrechte des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung mit Ost-Dynamik hat es entsprechend der „probeweisen Berechnung mit fingierter Nachversicherung“ vom 04.05.2021 ausgeglichen, indem es zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der weiteren Beteiligten zu 3) ein Anrecht in Höhe eines Ausgleichswerts 1,6711 Entgeltpunkten (Ost) im Wege der internen Teilung begründet hat. Einen Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners auf Nachversicherung hat das Amtsgericht unter Hinweis auf eine bereits erfolgte Berücksichtigung dieses Anrechts beim Ausgleich der Anrechte des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung mit Ost-Dynamik unterlassen.
Mit seiner Beschwerde vom 23.09.2021 (Bl. 38) beantragt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das Andauern des Dienstverhältnisses des Antragsgegners als Zeitsoldat, den Ausgleich der Anwartschaft des Antragsgegners auf Nachversicherung entsprechend des durch die weitere Beteiligte zu 3) erstinstanzlich beauskunfteten Ausgleichswerts im Wege der externen Teilung durchzuführen.
Die übrigen Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme (Bl. 48).
Der Senat entscheidet, wie angekündigt (Bl. 42), ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG, von der ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten ist.
II.
1. a) Die gemäß §§ 58, 228 FamFG statthafte Beschwerde ist zulässig. Der Beschwerdeführer als Träger der Versorgungs- und Nachversicherungslast ist durch die unzutreffende Durchführung des Ausgleichs des bei ihm begründeten Anrechts in seinen Rechten beeinträchtigt, § 59 Abs. 1 FamFG. Ein Versorgungsträger ist durch eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich beschwert, wenn dessen Durchführung in einer mit der Gesetzeslage nicht übereinstimmenden Weise erfolgt ist; dies gilt auch für ein vom Amtsgericht übersehenes Anrecht (BGH NJW-RR 2016, 449; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2015, 2279; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche, Versorgungsausgleichsrecht, 3. Aufl. 2018, FamFG § 219 Rn. 20).
b) Infolge der Beschwerde fällt dem Senat die Überprüfung des erstinstanzlich im Wege der internen Teilung ausgeglichenen Anrechts des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung mit Ost-Dynamik bei der weiteren Beteiligten zu 3) insgesamt an.
Nach § 228 FamFG fällt dem Beschwerdegericht bei einer Beschwerde des Versorgungsträgers gegen den ihn betreffenden Ausspruch zum Versorgungsausgleich dieser nur insoweit an, als der Ausgleich des bei dem jeweiligen Versorgungsträger bestehenden Anrechts betroffen ist (BGH FamRZ 2016, 794; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche a. a. O. FamFG § 228 Rn. 12), wobei das betroffene Anrecht insgesamt den Beschwerdegegenstand bildet (BGH FamRZ 2017, 1655). Da das Amtsgericht das beschwerdegegenständliche Anrecht in unzutreffender Weise dem bei der weiteren Beteiligten zu 3) im Übrigen begründeten Anrecht des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung mit Ost-Dynamik werterhöhend zugeschlagen hat, muss ein in zutreffender Weise durchgeführter Ausgleich des Anrechts auf Nachversicherung auch zur Abänderung des Ausgleichs des Anrechts des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung mit Ost-Dynamik führen, um eine unzutreffende Doppelberücksichtigung der Anrechte auszuschließen, die der Antragsgegner aufgrund seines Dienstverhältnisses als Zeitsoldat während der Ehezeit erworben hat.
2. a) Das durch die weitere Beteiligte zu 3) beauskunftete Anrecht des Antragsgegners auf Nachversicherung, das auf den Versorgungsanwartschaften beruht, die der Antragsgegner während der Ehezeit als Soldat auf Zeit erworben hat, ist getrennt von den Anwartschaften des Antragsgegners, die er aus gesetzlicher Rentenversicherung während der Ehezeit im Übrigen erworben hat, im Wege der externen Teilung auszugleichen.
Der Antragsgegner hat aufgrund seines am 01.07.2019 aufgenommenen, zum Zeitpunkt des Endes der Ehezeit und - nach der von keinem Verfahrensbeteiligten beanstandeten Mitteilung des Beschwerdeführers auch gegenwärtig noch - andauernden Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit keine Ansprüche auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften erworben, sondern ein alternativ ausgestaltetes Versorgungsanrecht, das entweder auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Dienstzeitanrechnung bei Übernahme in ein Beamtenverhältnis oder ein vergleichbares öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis gerichtet ist (vgl. BGH FamRZ 1987, 921; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2015, 8415; OLG Nürnberg BeckRS 2013, 9324). Die Bewertung dieses Anrechts richtet sich nach dem Nachversicherungsanspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung, § 44 Abs. 4 VersAusglG. Ob diese Anwartschaft nach Ablauf des Dienstverhältnisses auf Zeit tatsächlich in eine Nachversicherung bei der gesetzlichen Rentenversicherung fließen oder aufgrund der Begründung eines Dienstverhältnisses auf Lebenszeit oder Probe auf die Dienstzeit anzurechnen sein wird, spielt hierbei keine Rolle, da es sich nicht um eine auf den Ehezeitanteil zurückwirkende Veränderung (§ 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG) handelt (vgl. BGH FamRZ 2003, 29; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2015, 8415).
Gemäß §§ 16 Abs. 2, 3 VersAusglG sind Anrechte aus einem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit, zu denen die beim Beschwerdeführer als Träger der Versorgungslast durch den Antragsgegner erworbenen Versorgungsanwartschaften zählen, durch Begründung eines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen. Für die Bemessung des Ehezeitanteils des auszugleichenden Anrechts und des Ausgleichswerts ist der Wert maßgeblich, der sich bei einer Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ergäbe, § 44 Abs. 4 VersAusglG.
Bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs geht der Senat von den durch die weitere Beteiligte zu 3) mitgeteilten Werten aus, die von keinem Beteiligten angegriffen worden sind. Unrichtigkeiten bei der Wertberechnung sind nicht feststellbar. Insbesondere hat die weitere Beteiligte die auf die Nachversicherung entfallenden Werte unter Subtraktion der tatsächlich erworbenen von den unter fiktivem Einschluss der nachzuversichernden Werte zutreffend ermittelt. Danach hat der Antragsgegner in der Ehezeit einen Anspruch auf Nachversicherung erworben, der bei Durchführung der Nachversicherung zu einer ehezeitlichen monatlichen Rente von 21,36 € führen würde. Hieraus ergibt sich nach dem Halbteilungsgrundsatz (§ 1 Abs. 2 VersAusglG) ein Ausgleichswert in Höhe von 10,68 € bei einer monatlichen Rente als Bezugsgröße.
Der Ausgleich hat nach § 16 Abs. 2 VersAusglG zu erfolgen, indem im Wege der externen Teilung zulasten des Anspruchs des Antragsgegners auf Nachversicherung gegenüber dem Beschwerdeführer zugunsten der Antragstellerin bei der weiteren Beteiligten zu 1) auf dem für diese dort bereits bestehenden Versicherungskonto, bezogen auf das Ende der Ehezeit, ein Anrecht auf eine Monatsrente in Höhe von 10,68 € begründet wird.
Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 VersAusglG ist die Umrechnung des Ausgleichswerts in Entgeltpunkte (Ost) anzuordnen. Obwohl es sich bei der Durchführung des Ausgleichs gemäß § 16 Abs. 2 VersAusglG um einen Unterfall der externen Teilung handelt, ist die Festsetzung eines Kapitalbetrags – und damit einhergehend eine Verzinsung - nicht veranlasst, § 222 Abs. 4, 3 FamFG (OLG Nürnberg BeckRS 2013, 9324)
b) Für den erstinstanzlich erfolgten Ausgleich der Anwartschaften des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung mit Ost-Dynamik im Wege der internen Teilung in dem Umfang, der sich bei Hinzurechnung der nachzuversichernden Einkünfte des Antragsgegners als Zeitsoldat ergibt, mithin dem Ausgleich des „fiktiven“ Ehezeitanteils von 3,3421 Entgeltpunkten (Ost), fehlt eine gesetzliche Grundlage.
Im Wege der internen Teilung (§ 10 Abs. 1 VersAusglG) auszugleichen sind vielmehr nur die tatsächlich erworbenen Anwartschaften des Antragsgegners aus gesetzlicher Rentenversicherung mit Ost-Dynamik, deren Ehezeitanteil die weitere Beteiligte zu 3) in einer – von keiner Seite beanstandeten – Höhe von 2,6723 Entgeltpunkten (Ost) beauskunftet und einen Ausgleichswert von 1,3362 Entgeltpunkten (Ost), korrespondierender Kapitalwert 9.418,94 €, vorgeschlagen hat.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, 150 Abs. 1 FamFG.
Die Wertfestsetzung folgt §§ 55 Abs. 2, 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Beschwerdegegenständlich ist ein Anrecht.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.