Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 10.08.2022 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 9/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0810.13UF9.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda dahingehend abgeändert, dass die Entscheidung zur Hauptsache um eine Ziffer 6. wie folgt ergänzt wird:
6. Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung:
Die Antragsbeteiligten werden darauf hingewiesen, dass wegen eines Verstoßes gegen die unter Ziffer I. dieser Entscheidung aufgeführte Umgangsregelung ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verhängt werden kann.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 4.000 €.
I.
Der Antragsgegner, Vater der eingangs genannten, bei ihrer Mutter, der Antragsgegnerin, lebenden Kinder, erstrebt die Modifikation seines erstinstanzlich angeordneten Umgangs in Ansehung der Reglungen über Feiertage sowie die Sommer-, Herbst- und Winterferien.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen dessen Einzelheiten verweist (Bl. 305 ff), hat das Amtsgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Tochter R... betreffend, diesem weitgehend folgend, neben dem Regelumgang den Umgang für die Osterfeiertage und die Winterferien alternierend nach geraden und ungeraden Jahren, an den Weihnachtsfeiertagen, in den Sommerferien 2022 und ab 2023, den Herbstferien und weiteren Feiertagen gleichbleibend geregelt, wobei es die gesetzlichen Schulferien im Land Brandenburg zugrunde gelegt hat.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde erstrebt der Antragsgegner mit Blick auf die in seinem Haushalt lebende schulpflichtige Tochter L... und den ebenfalls schulpflichtigen Sohn Le…, mit dem er Umgang pflege, zuletzt für die Jahre 2022 und 2023 eine an die sächsischen Schulferien angelehnte Regelung für alle vorgenannten Ferien. Des weiteren begehrt er eine Verlängerung des Osterumgangs sowie des weiteren Feiertags- und Ferienumgangs insbesondere auch dergestalt, dass die Übergaben in diesem Zusammenhang an der Kita stattfinden sollen. Dies begründet er mit dem Wunsch, den Kindern enorme Fahrerei ersparen zu wollen. Schließlich rügt er eine Ungleichbehandlung der Kinder die Länge des Umgangs die Sommerferien 2022 betreffend und begehrt die Durchführung des Regelumgangs, wenn die Mutter in den Sommerferien selbst keinen Urlaub gebucht hat.
Die Antragsgegnerin, Verfahrensbeistand und Jugendamt verteidigen den angefochtenen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Korrespondenz im Beschwerderechtszug. Er entscheidet gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung, von der kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten war.
II.
Die nach §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Sie war lediglich um die Ankündigung der Folgen bei Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss des Amtsgerichts zu ergänzen.
Bei dem Verfahren betreffend den Umgang zwischen Eltern und Kind nach § 1684 BGB ist – antragsunabhängig - am Maßstab des Kindeswohls grundsätzlich die Regelung zu treffen, die dem Kindeswohl nach § 1697a BGB unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern am besten entspricht (vgl. Senat, Beschluss vom 31. Januar 2020 – 13 UF 207/19 –, Rn. 25 m.w.N., juris; Beschluss vom 13. November 2020 – 13 UF 128/20 –, Rn. 1 - 9, juris).
Dabei gilt der Grundsatz dass die Regelung im Interesse einer Verständlichkeit und Handhabbarkeit möglichst überschaubar bleiben soll (vgl. Senat, Beschluss vom 13. November 2020 – 13 UF 128/20 –, Rn. 12, juris).
Nach diesen Maßstäben begegnet die vom Amtsgericht getroffene Entscheidung keinen Bedenken. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht.
Die Regelung der Dauer des Ferienumgangs in den Sommerferien für E... auf eine Woche in 2022 und ab 2023 auf zwei Wochen, sowie für seine Schwester R... auf zwei Wochen ist nicht zu beanstanden.
Zwar kann die Möglichkeit eines Zusammenlebens im Rahmen eines Urlaubs wesentlich dazu beitragen, die gefühlsmäßigen Bindungen des Kindes zum Umgangsberechtigten aufrechtzuerhalten und zu festigen (vgl. BVerfG, FamRZ 2007, 1078-1079). Ferienaufenthalte setzen aber stets voraus, dass das Kind eine enge und tragfähige Beziehung mit beiden Elternteilen hat, keine Angst vor derartigen Kontakten hat, Kontakte dieser Art will und das Konfliktniveau der Eltern gering ist (vgl. Balloff/Vogel, FF 2019, 4; Balloff/Vogel, FF 2017, 98, 104; van Els, in: Hoppenz, Familiensachen, 9. Aufl. 2009, § 1684 BGB Rn 33; Hennemann, MK-BGB, 7. Aufl. 2017, § 1684 Rn 32). Darüber hinaus muss das Kind schon ausreichend Gelegenheit gehabt haben, sich mit längerfristigen Aufenthalten im Haushalt des Umgangsberechtigten vertraut zu machen (Völker/Clausius, Das familienrechtliche Mandat – Sorge- und Umgangsrecht, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn 81; Balloff/Vogel, FF 2019, 4). Jedenfalls an letzterem fehlt es in Bezug auf E..., mit dem der Beschwerdeführer erstmals Ostern 2022 für einen Zeitraum von einer Woche überhaupt längeren Umgang hatte als bislang. Bei Bestimmung der Dauer des Ferienumgangs sollte zudem auf das Zeitempfinden des Kindes Rücksicht genommen werden (vgl. Balloff/Vogel, FF 2019, 4, 9). Dem entspricht die Entscheidung des Amtsgerichts, die den Umgang für den noch nicht einmal zweijährigen E... 2022 auf eine Woche begrenzt. Das Amtsgericht hat sich dabei auf die übereinstimmenden Einschätzungen der neutralen Verfahrensbeteiligten, nämlich des Jugendamts und des Verfahrensbeistandes gestützt, von der abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht. Danach besteht bei längerer Trennung des noch nicht zwei Jahre alten Kindes von der obhutgebenden Mutter die erhöhte Gefahr eines Bindungsabbruchs. Ab 2023 wird für E... der Umgang in den Sommerferien zudem bereits auf zwei Wochen ausgedehnt. Der pauschale, nicht an den individuellen Bedürfnissen des jeweiligen Kindes orientierte Einwand des Beschwerdeführers zu einer vermeintlichen Ungleichbehandlung seiner Kinder hinsichtlich des Umgangs in den Sommerferien 2022 geht fehl. Über die Dauer und die Häufigkeit von Besuchen kann nur nach der jeweiligen Lage des Einzelfalles unter Berücksichtigung des Kindeswohls und unter Beachtung der berechtigten Wünsche der Eltern und des Kindes sachgerecht entschieden werden (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 871).
Zu Recht hat das Amtsgericht den Umgang für R... insgesamt auf zwei zusammenhängende Wochen begrenzt. In diesem Umfang hat sich die Sachverständige, orientiert an den Beziehungsbedürfnissen und an dem aktuellen Entwicklungsstand des Kindes, erstinstanzlich ausdrücklich für einen zweiwöchigen Ferienumgang ausgesprochen. Ein Kind wie R... benötige derzeit vor allem Stabilität und Kontinuität. Gründe, warum der überzeugenden Einschätzung der Sachverständigen jedenfalls für die nächste Zeit nicht gefolgt werden kann, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Überwiegende Argumente für eine an die Schulferien in Sachsen angelehnte Ferienregelung in den Jahren 2022 und 2023 sieht der Senat nicht. Auch bei der Mutter kommt in den Ferien ein Kind zu Besuch, mit dem Kontakt zu pflegen für R... und E... nicht weniger wünschenswert sein dürfte, als zu den weiteren Kindern des Beschwerdeführers, wobei dieser Details zu vom titulierten Umgang mit R... und E... abweichenden Regelungen eines Ferienumgangs mit dem Sohn Le… bereits nicht mitgeteilt hat. Zudem fällt in den Jahren 2022 und 2023 jedenfalls eine Woche, nämlich die fünfte Sommerferienwoche des Landes Brandenburg vom 13.08.2022 bis 20.08.2022 bzw. vom 12.08.2023 bis 19.08.2023 auch in die sächsischen Sommerferien, sodass der Vater jedenfalls eine Woche mit allen Kindern zusammen wegfahren kann. Beziehungen zu Stiefgeschwistern können auch während des Regelumgangs und an den Feiertagen gepflegt werden. Auch weil sich üblicherweise Kita-Schließzeiten an den Schulferien orientieren, dürfte es mit Blick auf die Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit der Mutter und Sicherstellung der Betreuung der Kinder sinnvoll sein, auch noch vor Schuleintritt den Ferienumgang an den brandenburgischen Ferien auszurichten, weil Schließzeiten dann in den Urlaubsumgang der Eltern fallen.
Dass die Länder Brandenburg und Sachsen unterschiedliche Schulferien haben und oft gerade auch bei den kürzeren Ferien keine Übereinstimmung gefunden werden kann, entspricht der für Eltern schulpflichtiger Kinder geltenden Lebenswirklichkeit. Das Gericht ist im Übrigen nicht von Amts wegen dazu verpflichtet, für beide Familien passende Umgangszeiträume für die kommenden Jahre zu ermitteln (vgl. Clausius, jurisPR-FamR 3/2021 Anm. 8).
Den Ferienumgang der Mutter davon abhängig zu machen, dass diese eine Urlaubsreise gebucht hat, kommt nicht in Betracht. Es ist kein Grund vorgetragen oder sonst ersichtlich, warum der Mutter Vorgaben für die Gestaltung ihres Ferienumgangs gemacht werden sollten, wohingegen der Vater derartigen Beschränkungen nicht unterliegt. Der Ferienumgang auch der Mutter geht dem Regelumgang vor, sodass der Beschwerdeführer als nicht obhutgebender Elternteil auch eine längere Trennung von seinen Kindern, deren Lebensmittelpunkt bei der Mutter ist, in Kauf nehmen muss.
Auch die Überlegung des Amtsgerichts zu den Übergaben und zum Ende der Umgänge jeweils am Samstag bzw. Sonntag begegnen keinen Bedenken. Den noch relativ kleinen Kindern muss nach längerer Abwesenheit Gelegenheit gegeben werden, wieder zu Hause anzukommen und ins Alltagsgeschehen hineinzufinden. Dies erst recht, wenn R... zur Schule kommt, auf die sie sich vor dem Beginn jeder Schulwoche vorbereiten muss. Auch ist die vom Vater begehrte generelle Übergabe in der Kita nicht praktikabel, da sie bereits nicht berücksichtigt, dass Übergaben auch auf Tage fallen können, an denen Schule und Kita geschlossen oder die Kinder krank sind. Schließlich sollten die Eltern grundsätzlich die Möglichkeit zum persönlichen Austausch notwendiger Informationen über den zurückliegenden oder bevorstehenden Umgang haben.
Letztlich ist auch eine Abänderung der Regelung für die Osterfeiertage nicht veranlasst. Eine übermäßige Überlastung der Kinder durch zwei Fahrten alle zwei Jahre am Ostermontag zum Vater und zurück zur Mutter sieht der Senat nicht, zumal die Kinder die Strecke zwischen den Wohnorten der Eltern sonst auch mindestens ein Mal in der Woche zurücklegen.
Der Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung beruht auf § 89 Abs. 2 FamFG. Die Folgenankündigung hat der Senat in seiner Beschwerdeentscheidung nachzuholen (vgl. MüKoFamFG/Zimmermann, 3. Aufl. 2018, FamFG § 89 Rn. 9; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 436, beck-online).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung auf den §§ 55 Abs. 2, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), besteht nicht.