Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 22.08.2022 | |
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Aktenzeichen | VG 5 L 116/22 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2022:0822.VG5L116.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird für das vorläufige Rechtsschutzverfahren auf
5.000,00 € festgesetzt.
I.
Die Beteiligten streiten über die Waldeigenschaft einer Teilfläche eines Campingplatzes.
Der Antragsteller betreibt unter der Bezeichnung „Campingplatz F... “ zusammen mit seiner Familie einen Campingplatz, den er im Jahre 2002 von der TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbH erworben hatte. Der Campingplatz umfasst den Angaben des Antragstellers zufolge die Flurstücke 48 und 107 der Flur 6 in der Gemarkung W... . Auf dem Grundbuchblatt 4040 (Grundbuch von W...) ist als Wirtschaftsart und Lage des Flurstücks 48 eine „Gebäude– und Freifläche“ eingetragen. Der Antragsteller ist zu ¼ Anteil Miteigentümer dieses Flurstücks. Die Betreiber nutzen u.a. die Grundfläche des Flurstücks 48 vollständig als Campingplatz, der insgesamt von einer Zaunanlage umschlossen ist.
Mit Feststellungsbescheid vom 6. Dezember 2017 stellte der Antragsgegner auf Antrag des Antragstellers fest, dass die als Campingplatz genutzte Fläche der Flurstücke 48, 106 (tlw.) der Flur 6 teilweise die Anforderungen der Waldeigenschaft gemäß § 2 Waldgesetz des Landes Brandenburg erfüllt. Dabei handelt es sich um einen südöstlich belegenen Teilbereich des Flurstücks 48, insgesamt 0,73 ha. Dieser Feststellungsbescheid ist bestandskräftig.
Unter dem 13. Februar 2021 bat der Antragsteller den Antragsgegner um „Verständnis und Ihre Zustimmung, dass wir im Bedarfsfall die bewusste südöstliche Fläche des Flurstücks 48 nutzen dürfen“. Mit Schreiben vom 1. April 2021 teilte der Antragsgegner mit, dass er der Bitte des Antragstellers nicht entsprechen könne und der von ihm begehrten Nutzungsartenänderung nicht zustimme, da es sich bei der fraglichen Fläche derzeit noch um „Wald“ im Sinne des § 2 des Waldgesetzes des Landes Brandenburg handeln würde. Die Nutzungsartenänderung bedürfe eines formellen Umwandlungsverfahrens auf Grundlage des entsprechend geänderten Flächennutzungsplans.
Der Antragsgegner leitete im Folgenden gegenüber dem Antragsteller zum einen wegen ungenehmigter Waldumwandlung (gewerbliche Gestattung des dauerhaften Zeltens im Wald) und zum anderen wegen einer festgestellten Waldsperrung durch Errichtung eines massiven Zaunes jeweils Ordnungswidrigkeitsverfahren ein und setzte durch Bußgeldbescheide (vom 29. Oktober 2021, nicht bestandskräftig) jeweils Geldbußen fest.
Mit Schriftsatz vom 18. März 2022 wandte sich der Antragsteller an den Antragsgegner und beantragte die ausdrückliche Bestätigung, dass für das Gesamtgebiet des Campingplatzes im Bereich seiner damaligen und auch jetzigen Einfriedung keine Waldumwandlungsgenehmigung erforderlich sei, dass vielmehr das gesamte Gebiet nicht als Wald zu betrachten sei und somit ohne jegliche Einschränkungen als Campingplatz betrieben werden könne.
Der Antragsteller hat am 5. April 2022 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Im Wesentlichen bringt er vor: Er habe als Miteigentümer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Sachverhaltes. Der Campingplatz (auch als Zeltplatz, Zeltlagerplatz, Erholungsanlage bezeichnet) bestehe in seiner immer noch vorhandenen Ausdehnung bereits mehrere Jahrzehnte. Dieser Campingplatz unterliege aufgrund bestandskräftiger Feststellung in der Ordnungsverfügung des Landkreises O... vom 4. Dezember 2003 der brandenburgischen Camping- und Wochenendhausplatz-Verordnung. Er umfasse das Gelände und die damit im Zusammenhang stehenden einzelnen baulichen Anlagen insgesamt. Das gesamte Gebiet könne daher nicht als Waldfläche eingestuft werden. Dies gelte auch dann, wenn dort verstärkter Baumbestand in Form von Kiefern vorhanden sei. Richtig sei, dass der vorhandene, sehr alte Kiefernbestand unter Beachtung der auf einem Campingplatz bestehenden Verkehrssicherungspflichten teilweise habe ausgedünnt werden müssen. Es handele sich demgemäß um einen Campingplatz mit Baumbestand, aber nicht (mehr) um einen Wald. Der Antragsteller sei mithin berechtigt, das gesamte Gelände uneingeschränkt als Campingplatz zu nutzen, da der Campingplatz nicht dem Waldgesetz des Landes Brandenburg unterliegen würde.
Hinzu komme, dass er in seiner jetzigen Ausdehnung inklusive der Einfriedungen bereits seit vielen Jahrzehnten (seit mehr als 60 Jahren) bestehe und bereits vor dem 3. Oktober 1990 als Campingplatz nach dem Recht der ehemaligen DDR bzw. nach der brandenburgischen Bauordnung betrieben worden sei. Selbst wenn der Antragsteller für den nach dem Recht der ehemaligen DDR genutzten Campingplatz keine schriftliche Genehmigung zur Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart vorlegen könne, da er erst seit dem Jahre 2002 den Platz betreibe, so habe es diese Nutzung schon bis 1990 seit mehreren Jahrzehnten gegeben, ohne dass die DDR-Behörden dagegen eingeschritten wären. Die Waldeigenschaft könne nicht für eine Fläche vorliegen, die nach dem Recht der ehemaligen DDR per 3. Oktober 1990 und nach den tatsächlichen Gegebenheiten als bauliche Gesamtanlage „Campingplatz“ existiert habe und weiterhin so genutzt werde.
Hinsichtlich der vorhandenen Einfriedung sei zu bemerken, dass der bereits mehrere Jahrzehnte alte Maschendrahtzaun aus DDR – Zeiten so marode geworden sei, dass genau an dieser Stelle ein moderner Zaun hätte errichtet werden müssen, der die Nutzer des Campingplatzes vor den Tieren des Waldes und vor dem unbefugten Betreten durch fremde Personen schütze.
Vorliegend bestehe im Hinblick auf die Campingsaison für den Antragsteller mit Blick auf sonst eintretende vermeidbare und unzumutbare Nachteile und Härten dringender Bedarf an einer gerichtlichen Bestätigung, dass eine Waldumwandlungsgenehmigung nicht erforderlich sei.
Der Antragsteller beantragt wörtlich,
im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass für das Gesamtgebiet des Campingplatzes F... , F... 40, 15569 W... an der Schleuse, bestehend aus den Flurstücken 48 und 107 der Flur 6, im inneren Bereich bis zur äußeren Einfriedung keine Waldumwandlungsgenehmigung erforderlich ist, dass vielmehr das gesamte Gebiet nicht als Wald im Sinne des Waldgesetzes des Landes Brandenburg (LWaldG) gilt und es somit ohne jegliche Einschränkungen durch das LWaldG weiterhin als Campingplatz betrieben werden kann.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Ansicht, dass der vorläufige Rechtsschutzantrag bereits unzulässig sei, da der Antragsteller gegen den Bescheid über die Feststellung der Waldeigenschaft vom 6. Dezember 2017 keinen Rechtsbehelf eingelegt habe. Jedenfalls sei sein vorläufiger Rechtsschutzantrag unbegründet, da sich die Waldeigenschaft einer Fläche nach den tatsächlichen Begebenheiten bestimme. Bei der fraglichen Fläche handle es sich vorliegend zweifellos um Wald, da für die gesamte Fläche der hier streitigen Flurstücke in den Luftbildern 1992-1997 ein geschlossener Waldbestand erkennbar sei. Auf der Gesamtfläche der Grundstücke 48 und 107 sei eine Bestockung von Kiefern vorhanden, die ein geschlossenes Kronendach ausgebildet habe. Die zeitlich anschließenden Luftbilder der Jahre 2005-2010 lassen erkennen, dass auf dem Flurstück 48 der aufstockende Bestand von Kiefern ausgelichtet worden sei, die südöstliche Teilfläche des Flurstücks 48 zu diesem Zeitpunkt aber noch einen Dichtstand mit einer geschlossenen Kronendecke aufgewiesen habe. Ein Vergleich der Luftbilder aus den Folgejahren bis 2020 gebe eindeutig zu erkennen, dass die Waldfläche einer schleichenden Waldumwandlung unterlegen sei. So sei im südlichen Bereich des Flurstücks 48 der aufstockende Baumbestand durch Entnahme extrem licht gestellt worden. In der vom Antragsteller im Laufe der Jahre vorgenommenen Erweiterung der Nutzung der Waldfläche als gewerblicher Campingplatz liege eine Waldumwandlung vor. Über eine entsprechende Genehmigung verfüge der Antragsteller hingegen nicht. Im Übrigen ende die rechtliche Qualität einer Grundfläche als Wald erst mit einer genehmigten Waldumwandlung bzw. Nutzungsartenänderung, d. h. wenn die Fläche aus der Waldeigenschaft förmlich entlassen worden sei.
Soweit der Antragsteller darauf verweise, dass für einen nach dem Recht der ehemaligen DDR genutzten Campingplatz nicht die Waldeigenschaft vorliegen könne, habe auch die Errichtung eines Campingplatzes zu DDR – Zeiten der Genehmigung zur Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart bedurft. Vorliegend habe der Antragsteller keine solche Genehmigung vorlegen können, wonach eine Nutzungsartenänderung von Wald in einen Campingplatz zu irgendeiner Zeit rechtmäßig erfolgt sei. Soweit nicht eine Genehmigung zur Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart nach DDR-Recht dem Antragsteller erteilt worden sei, so hätte es jedenfalls einer solchen Genehmigung ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Waldgesetzes des Landes Brandenburg im Jahre 1991 bedurft. Indem der Antragsteller in den vergangenen Jahren sukzessive Waldflächen ohne Genehmigung zur Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart in Anspruch genommen habe, liege eine ungenehmigte Waldumwandlung vor.
Darüber hinaus dürfte es vorliegend auch an einem Anordnungsgrund fehlen, denn es sei nicht ersichtlich, dass für den Antragsteller eine Gefahr bestehe, die sich für ihn rechtsnachteilig auswirke.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach– und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den vom Antragsgegner überreichten Verwaltungsvorgang und die in Kopie vorliegende Verfahrensakte zu den Ordnungswidrigkeitenverfahren verwiesen.
II.
A.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Er ist insbesondere statthaft.
1. Nach § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn in Bezug auf den Streitgegenstand die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO), oder wenn in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine vorläufige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Kammer geht davon aus, dass zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG) der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Gestalt einer vorläufigen Feststellung zur vorläufigen Sicherung des in der Hauptsache im Wege der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO geltend zu machenden sachlichen Begehrens in Betracht kommt (vgl. m.w.N. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1. Dezember 2017 – 7 B 11634/17 –, Rn. 3 - 4, juris).
2. Zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner als für die Feststellung der Waldeigenschaft zuständigen unteren Forstbehörde (§§ 31 Nr. 2, 32 Abs. 1 Nr. 6, 34 Abs. 2 S. 1 Waldgesetz des Landes Brandenburg – LWaldG) steht ein hinreichend konkretes, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO im Streit.
a) Als solches werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits übersehbaren Sachverhalt streitig" sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 25. März 2009 – 8 C 1/09 –, Rn. 15, juris). Streitig wird es durch eine in relevanter Weise abweichende Würdigung des Sachverhalts durch die Parteien, also insbesondere durch entsprechenden Schriftwechsel, Hinweis auf oder Androhung von Sanktionen (vgl. m.w.N. VG München, Beschluss vom 21. Mai 2021 – M 28 E 20.1922 –, Rn. 15, juris).
b) Gemessen daran begründet die im Streit stehende Waldeigenschaft einer Teilfläche des o.g. Flurstücks 48 ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, weil mit ihr insbesondere (teilweise bußgeldbewehrte) Pflichten (etwa nach den §§ 4, 8, 15, 18f. LWaldG) unmittelbar verbunden sind, die nicht erst durch eine behördliche Handlung virulent werden (Koch, WaldG des Landes Brandenburg, § 2 Ziff. 3.4). Konkret ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Antragsteller eine Teilfläche des Flurstücks 48 der Flur 6 in der Gemarkung W... für seinen Campingplatz nutzen darf, oder ob die Waldeigenschaft i. S. von § 2 LWaldG einer solchen Nutzung entgegensteht. Zudem stehen mit Blick auf die bereits ergangenen Bußgeldbescheide bereits Sanktionen im Raum.
3. Der Antragsteller hat als (Mit-)Eigentümer des hier betroffenen Flurstücks 48 auch ein für das Eilverfahren erforderliches berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO.
a) Nach allgemeiner Meinung ist ein Interesse berechtigt, wenn es rechtlicher oder schutzwürdiger tatsächlicher, insbesondere wirtschaftlicher oder ideeller Art ist und die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Rechtsposition des Antragstellers zu verbessern (Eyermann/Happ, VwGO, 15. Auflage, § 43 Rn. 30).Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere dann gegeben, wenn ein Kläger/Antragsteller der Auffassung ist, dass er für eine bestimmte Tätigkeit keine behördliche Erlaubnis benötigt, die zuständige Behörde insoweit jedoch anderer Auffassung ist, denn es kann dem Kläger/Antragsteller nicht zugemutet werden, im Ungewissen darüber zu bleiben, ob sein Vorhaben aus Rechtsgründen scheitert oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1974 - VII C 36.72 - BVerwGE 45, 224, 226). Der Kläger/Antragsteller muss in diesen Fällen nur darlegen, welches Vorhaben er ausführen will und dass die zuständige Behörde der Auffassung ist, dass dem Vorhaben ein Verbot entgegensteht oder dass es einer Erlaubnis bedarf. Er muss jedoch nicht darüber hinaus darlegen, dass dem Vorhaben keine anderen Verbote entgegenstehen oder dass das Vorhaben überhaupt wirtschaftlich realisierbar ist. Auch das Verwaltungsgericht hat insoweit nur summarisch zu prüfen, ob das Vorhaben aus rechtlichen Gründen nicht realisiert werden kann, etwa weil es in einem anderen Genehmigungsverfahren bereits bestandskräftig abgelehnt worden oder jedenfalls offensichtlich nicht genehmigungsfähig ist.
b) Hiervon ausgehend hat der Antragsteller sein Feststellungsinteresse hinreichend dargelegt. Insbesondere kann dem Antragsteller nicht angesonnen werden, bis zur Klärung der streitigen Waldeigenschaft der fraglichen Fläche Gefahr zu laufen, durch ihre Nutzung als Campingplatz gegen das Landeswaldgesetz zu verstoßen und dadurch (ggf.) einen Ordnungswidrigkeitentatbestand zu erfüllen (Koch, a.a.O.). Bereits in seiner Antragsschrift kommt weiter hinreichend zum Ausdruck, dass der Antragsteller daran festhält, auf dem Flurstück 48 - ohne Umwandlungsgenehmigung nach § 8 LWaldG - insgesamt den Campingplatz betreiben zu wollen, da der Campingplatz in seiner jetzigen Ausdehnung inklusive der Einfriedungen bereits seit vielen Jahrzehnten (seit mehr als 60 Jahren) bestehe und bereits vor dem 3. Oktober 1990 als Campingplatz nach dem Recht der ehemaligen DDR bzw. nach der brandenburgischen Bauordnung betrieben worden sei. Zudem sei er für einen wirtschaftlichen Betrieb auf die Gesamtfläche angewiesen, da sein Campingplatz ohnehin einer der kleineren Betriebe dieser Art sei. Der Antragsgegner vertritt als zuständige (Sonderordnungs-)Behörde vorgerichtlich und im gerichtlichen Verfahren die Auffassung, dass es sich bei der fraglichen Fläche um Wald i. S. von § 2 LWaldG handle und der Antragsteller daher einer Umwandlungsgenehmigung nach § 8 LWaldG bedürfe. Damit ist das berechtigte Interesse des Antragstellers an der Klärung, ob das LWaldG dem Campingplatzbetrieb auf der in Rede stehenden Teilfläche des Flurstücks 48 entgegensteht, nicht zweifelhaft (vgl. auch Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Urteil vom 10. August 2004 – 3a A 207/02 –, Rn. 33 - 34, juris).
c) Entgegen der Rechtsansicht des Antragsgegners ist der vorläufige Rechtsschutzantrag nicht deswegen unzulässig, weil der Bescheid über die Feststellung der Waldeigenschaft vom 6. Dezember 2017 (unstreitig) bestandskräftig geworden ist. Denn für die Feststellung der Waldeigenschaft kommt es auf die tatsächliche Bestockung mit Forstpflanzen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an.
B.
Der Feststellungsantrag hat allerdings in der Sache keinen Erfolg.
1. Denn der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht i. S. von § 123 Abs. 3 VwGO und § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO glaubhaft gemacht.
a) Bei der fraglichen Teilfläche des Flurstücks 48 handelt es sich weiterhin um Wald im Sinne des § 2 Abs. 1 LWaldG. Nach dieser Vorschrift ist Wald im Sinne des Landeswaldgesetzes jede mit Forstpflanzen (Waldbäumen und Waldsträuchern) bestockte Grundfläche. Es kommt hiernach auf die tatsächliche Bestockung mit Forstpflanzen an, wobei allerdings ein ungenehmigter Kahlschlag außer Betracht bleibt, nicht dagegen auf die rechtlichen Festsetzungen in Plänen, Grundbuch, Waldverzeichnis o. ä. Nach der demnach maßgeblichen tatsächlichen Betrachtungsweise ist es für die Bestimmung der Waldeigenschaft der streitgegenständlichen Fläche unerheblich, ob diese, wie der Antragsteller vorbringt, seit Jahrzehnten und schon seit „DDR – Zeiten“ als Campingplatz genutzt wurde. Die fragliche Fläche stellt Wald im Sinne des § 2 LWaldG dar, weil sie mit Forstpflanzen bestockt ist. Aus den im Verwaltungsvorgang enthaltenen Fotografien des südöstlichen Bereichs des Flurstücks 48 ist zu ersehen, dass die Grundstücksfläche mit Waldbäumen bestockt ist (Bl. 125-129 VV II). Dies bestreitet letztlich auch der Antragsteller nicht, er trägt in diesem Zusammenhang vor, dass die Gesamtfläche des Flurstücks 48 seit jeher als Campingplatz legal genutzt worden sei. Unstreitig erscheint auch, dass im südlichen Bereich des Flurstücks 48 der aufstockende Baumbestand durch Entnahme extrem licht gestellt worden ist. Die Bestockungsdichte ist für die Beurteilung der Waldeigenschaft jedoch nicht entscheidend; maßgebend ist vielmehr, ob die Ansammlung von Waldbäumen und Waldsträuchern einen flächenhaften Eindruck vermittelt. Solange der äußere Gesamteindruck eines entstehenden oder (noch) bestehenden Waldes anzunehmen ist und die betreffenden Waldbäume nicht als Einzelexemplare in freier Landschaft zu betrachten sind, liegt auch bei lichtem Bestand Wald im Sinne des § 2 Abs. 1 LWaldG vor. Auf den vorliegenden Fotografien ist zu erkennen, dass es sich bei den im südlichen Bereich des Flurstücks 48 stehenden Bäumen (noch) um einen zusammenhängenden Baumbestand und nicht bloß um Einzelexemplare handelt, der auch den erforderlichen flächenhaften Eindruck vermittelt (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 26. November 1998 – 4 A 27/97 -, NuR 1999, 403, 404).
b) Zudem gelten als Wald gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 LWaldG auch kahl geschlagene und verlichtete Grundflächen. Verlichtete Grundflächen weisen gegenüber kahlgeschlagenen Flächen eine höhere Bestandesdichte auf, die jedenfalls noch keine freilandähnlichen Verhältnisse zu bewirken vermag und deshalb auch (noch) nicht zu einem dauernden oder nur zeitweiligen Verlust von Schutzfunktionen des Waldes führen kann (vergleiche Koch a.a.O., § 2 Ziff. 3.2.2.2 unter Hinweis auf VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 2018 – 5 K /12 –, juris).
c) Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Freizeitnutzung (Zeltplatz, Campingplatz) und die Errichtung des Zaunes, der den Campingplatz abschirmen soll, bereits zu DDR – Zeiten und mit Zustimmung der damaligen Behörden erfolgt seien. Gemäß § 90 Nr. 2 Buchstabe d der Deutschen Bauordnung vom 2. Oktober 1958 waren in Erholungs- und Grüngebieten außerhalb der geschlossenen Ortslage Wochenendhäuser, Zeltlagerplätze und dergleichen nur zulässig, soweit besondere Flächen hierfür ausgewiesen wurden. Darüber hinaus war die Freizeitnutzung gemäß §§ 10, 14 der Bodennutzungsverordnung vom 26. Februar 1981 (GBl. I, S. 105) - BNVO genehmigungspflichtig. Das OVG für das Land Brandenburg führte zur Rechtslage hinsichtlich des Sperrens und der Nutzungsveränderung von Wald in der ehemaligen DDR in der oben zitierten Entscheidung wörtlich aus:
„Schon § 21 Abs. 1 des Landeskulturgesetzes vom 14.5.1970 (DDR-GBl. I Seite 67) legte fest, dass land– und forstwirtschaftlich genutzter Boden nur in begründeten Ausnahmefällen der Nutzung entzogen oder in der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung beschränkt werden durfte; dementsprechend statuierte § 10 BNVO den Schutz des Bodens vor dauerndem Entzug. Gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 BNVO bedurfte die nichtlandwirtschaftliche Nutzung von Boden der Zustimmung, für deren Erteilung gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2. lit. c BNVO bei dauerndem oder zeitweiligem Entzug von forstwirtschaftlichen Nutzflächen der Vorsitzende des Rates des Bezirks zuständig war. Im Rahmen des förmlichen Zustimmungsverfahrens waren gemäß § 15 Abs. 4 BNVO auch die von der nichtlandwirtschaftlichen Nutzung betroffenen sozialistischen Landwirtschaftsbetriebe einzubeziehen, vorliegend wäre dies der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb (StFB) gewesen. Gemäß § 5 Abs. 4 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Bodennutzungsverordnung vom 26. Februar 1981 (DDR-GBl. I Seite 114) war im Falle der Zustimmung unter anderem der Antragsteller unverzüglich schriftlich zu informieren, nach § 6 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung bedurften genehmigte Änderungen der Nutzungsarten, der Kulturarten und der Nutzungsrechtsverhältnisse zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in die Bodennutzungsdokumentation.“
(vgl. OVG für das Land Brandenburg, a.a.O., 405).
Dass vorliegend die zur nicht forstwirtschaftlichen Nutzung der streitbefangenen Waldfläche nach § 14 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 lit. c BNVO erforderliche Zustimmung des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes erteilt worden wäre, hat der Antragsteller selbst nicht substantiiert vorgetragen; hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich. Eine konkludente Genehmigung der Gesamtfläche zur Nutzung als Campingplatz liegt auch nicht in der vom Antragsteller inzident vorgebrachten jahrzehntelangen Nutzung als solcher. Auch für Vertrauensschutzgesichtspunkte gibt es keinen konkreten Anhalt.
d) Nach alldem bedarf der Antragsteller entgegen seiner Rechtsansicht weiterhin einer Genehmigung der unteren Forstbehörde zur Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart gemäß § 8 LWaldG. Denn eine Änderung der Nutzungsart liegt auch vor, wenn an die Stelle der forstlichen Nutzung eine nichtforstliche Nutzung tritt. Das ist dann der Fall, wenn die Nutzungsart „Wald“ von einer anderen Nutzungsart überlagert wird und für einen objektiven Betrachter in den Vordergrund rückt, selbst wenn die Fläche von ihrem äußeren Erscheinungsbild her den Charakter einer Waldfläche behält (Koch a.a.O. § 8 Ziff. 3.1.2.1.2.1 unter Hinweis auf VG Cottbus, Urteil vom 17.12.2015 – VG 3 K 1074/13 – zur Nutzung einer Waldfläche als Campingplatz). Die Privilegierung, die darin liegt, dass eine bestimmte Fläche rechtlich als Wald gilt, ist nach Sinn und Zweck des Waldrechts eng auszulegen und kann nicht so verstanden werden, dass in ihrem Gefolge andere, nicht zum Wald gehörende Nutzungsarten genehmigungsfrei verwirklicht werden können (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 23. November 2011 – RO 4 K 09.01005 –, Rn. 68, juris).
2. Der Antragsteller hat auch nicht hinreichend dargelegt, dass die begehrte Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO; Anordnungsgrund).
a) Ob eine begehrte vorläufige Regelung in diesem Sinne notwendig ist, ist anhand einer Beurteilung der gegenläufigen Interessen der Verfahrensbeteiligten an der Veränderung bzw. Aufrechterhaltung des status quo zu beurteilen (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 123 Rn 82, Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. April 2012 – OVG 11 S 5.11 –, Rn. 17, juris).Da der Anordnungsgrund die Eilbedürftigkeit der einstweiligen Anordnung rechtfertigt, muss er sich aus dem Zeitablauf selbst ergeben oder in der Zwischenzeit bis zur Hauptsacheentscheidung eintreten und später nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Liegt der Nachteil im Zeitablauf selbst, muss er „wesentlich“ sein, also schwerer wiegen als der übliche Zeitverlust, den ein Antragsteller immer in Kauf zu nehmen hat, wenn er seinen Anspruch – ggf. über mehrere Instanzen – verfolgt. Eine einstweilige Anordnung ist nicht erforderlich, wenn die Interessen des Antragstellers hinter anderen überwiegend schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Interessen zurücktreten müssen (NK-VwGO/Adelheid Puttler, 5. Aufl. 2018, VwGO § 123 Rn. 83).
b) Im Hinblick auf die konkreten Interessen des Antragstellers ist hier zu berücksichtigen, dass der Antragsteller ersichtlich ein (wirtschaftliches) Interesse daran hat, das Flurstück 48 der Flur 6 in der Gemarkung W... insgesamt für den Betrieb seines Campingplatzes auszunutzen. Dass ihm durch die Waldeigenschaft der im südöstlichen Flurstücksbereich liegenden Fläche ein wesentlicher Nachteil droht, ist hier allerdings nicht ersichtlich, da die in Rede stehende Fläche lediglich 0,73 ha eines insgesamt ca. 2,68 Hektar großen Flurstücks ausmacht und der Antragsteller zudem das Flurstück 107 vollständig für seine gewerblichen Zwecke als Campingplatz nutzt. Dass dem Antragsteller durch die Feststellung der Waldeigenschaft der in Rede stehende Teilfläche des Flurstücks 48 wesentliche Nachteile etwa in dem Sinne drohen, dass der Betrieb des Campingplatzes faktisch unmöglich gemacht wird oder existenzgefährdend unwirtschaftlich ist, ist hier weder glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich. Zudem müssen hier die Interessen des Antragstellers hinter anderen überwiegend schutzwürdigen öffentlichen Interessen zurücktreten, nämlich hinter der privilegierten Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes an sich gemäß § 1 Nr. 1 LWaldG.
C.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über den Streitwert beruht in Ermangelung von Anhaltspunkten für den Wert des wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers auf § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes – GKG i. V. mit § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Im Hinblick auf die faktisch begehrte Vorwegnahme der Hauptsache war eine Reduzierung nicht angezeigt.