Gericht | VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 18.08.2022 | |
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Aktenzeichen | 3 L 103/22 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2022:0818.3L103.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 19 Abs 4 S 1 VwVG |
§ 19 Abs. 4 S. 1 VwVGBbg verlangt einen hinreichend deutlichen Hinweis, der auch den mit den Einzelheiten des Abgaben- und Vollstreckungsrechts nicht vertrauten Schuldner mit der gebotenen Klarheit darüber informiert, dass fortlaufend weitere, nicht auf einen bestimmten Betrag begrenzte Vollstreckungskosten, Säumniszuschläge und/oder Zinsen entstehen können, wenn er seiner Zahlungspflicht bezogen auf die Hauptforderung weiterhin nicht nachkommt.
Die Information über die Höhe eines einzelnen schon entstandenen Säumniszuschlags und über den Betrag einer einzelnen Mahngebühr genügt insoweit nicht.
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage VG 3 K 629/22 des Antragstellers gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des vom 25. Januar 2022 wird angeordnet, soweit damit Nebenforderungen in Höhe von 41.495,37 € vollstreckt werden sollen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.373,84 € festgesetzt.
Der Kläger ist der Alleinerbe der verstorbenen Frau K.... Diese stand von 1. November 1999 bis zu ihrem Tod am 5. August 2019 als Beamtin im Dienst der Beklagten, zuletzt als Verwaltungsamtsinspektorin, besoldet nach der Besoldungsgruppe A9 des Brandenburgisches Besoldungsgesetzes (BbgBesG), und wies zuletzt einen anerkannten Schwerbehinderungsgrad von 100% auf. In den Jahren 2018 und 2019 war sie bis zum ihrem Tode durchgehend aufgrund einer Erkrankung dienstunfähig.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihm für die durch die verstorbenen Frau M... krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Urlaubsansprüche ein Abgeltungsanspruch von 20 Tagen für das Kalenderjahr 2018 und ein Abgeltungsanspruch von 12 Tagen für das Kalenderjahr 2019 zustehe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und begründete diesen durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Februar 2020. Es sei nicht nur der Mindesturlaubsanspruch der verstorbenen Beamtin finanziell abzugelten, da diese nicht vorzeitig zur Ruhe gesetzt wurde, sondern verstorben sei. Das Bundesarbeitsgericht habe im Urteil vom 26. Januar 2019 (9 AZR 45/19) klargestellt, dass die Erben nicht nur einen Abgeltungsanspruch im Umfang des Mindesturlaubs erben würden. Der vererbbare Abgeltungsanspruch umfasse auch etwaig dem Verstorbenen zustehenden Zusatz- und Mehrurlaub. Diese Rechtsprechung sei auch auf Beamte übertragbar. Dies ergebe für das Kalenderjahr einen zusätzlichen Abgeltungsanspruch von 15 Tagen und für das Kalenderjahr 2019 ein zusätzlicher Abgeltungsanspruch von 11,33 Tagen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2020 wies die Beklagte den klägerischen Anspruch zurück. Dem Kläger stünde ein über den im Ausgangsbescheid zuerkannten Urlaubsabgeltungsanspruch hinausgehender Anspruch für den beamtenrechtlichen Mehrurlaub oder den der verstorbenen Beamtin als Schwerbehinderte aus dem Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) zustehende Sonderurlaub nicht zu. Dies ergebe sich aus den einschlägigen Regelungen in § 77 Abs. 2 Landesbeamtengesetz (LBG), § 44 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und der Erholungsurlaubs- und Dienstbefreiungsverordnung (EurlDbV). Die Übertragung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führe zu keinem anderen Ergebnis, da das Urteil auf den erkennbaren Willen der maßgeblichen Tarifparteien abziele und der Dienstherr durch die Regelung im EUrlDbV den Abgeltungsanspruch auf den europarechtlichen Mindesturlaub begrenzt habe.
Der Kläger hat am 21. April 2020 Klage erhoben und verweist auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Abgeltungsanspruch für nicht genommenen Erholungsurlaub.
Er beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Bescheides der S...vom 22. Januar 2020 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 26. März 2020 zu verpflichten, dem Kläger eine weitere finanzielle Abgeltung von Erholungsurlaub im Umfang von 26,33 Tagen nach seiner verstorbenen Ehefrau, K..., zu gewähren und die Beklagte zu verurteilen, den sich ergebenden Betrag nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger auszuzahlen,
sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsatz vom 16. Juni 2022 und 22. Juni 2022 in eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingewilligt.
Mit Beschluss vom 12. Juli 2022 hat die Kammer den Rechtsstreit auf den Berichterstatter zur Entscheidung nach § 6 Abs. 1 VwGO übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen.
A. Die Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO statthaft und ist zulässig erhoben worden. Sie ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Zuerkennung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs für weitere 26,33 Tagen (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
I. Rechtsgrundlage für den Abgeltungsanspruch im Falle von nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaub ist § 77 Abs. 2 LBG i. V. m. § 10a Abs. 1 EurlDbV. Nach § 77 Abs. 2 LBG regelt die Landesregierung das Nähere zum Erholungsurlaub nach § 44 BeamtStG, insbesondere Dauer, Erteilung, Verfall und Ansparung des Erholungsurlaubs sowie Voraussetzungen und Umfang einer Abgeltung, durch Rechtsverordnung. Die Landesregierung hat dies durch die Erholungsurlaubs- und Dienstbefreiungsverordnung vom 16. September 2009 getan. Nach § 10a Abs. 1 EurlDbV ist ein Mindestjahresurlaub nach § 10 Abs. 3 EurlDbV, der krankheitsbedingt bis zur Beendigung des Beamtenverhältnisses nicht genommen werden konnte und der nicht nach § 10 Abs. 3 S. 2 EurlDbV verfallen ist, abzugelten. Endet das aktive Dienstverhältnis im Laufe eines Kalenderjahres, so ist der für die Berechnungen nach den Absätzen 2 und 3 maßgebliche Mindestjahresurlaubsanspruch nur im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während dieses Jahres zugrunde zu legen. § 10 Abs. 3 EurlDbV verweist wiederum auf den in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: RL 2003/88/EG) gewährleisteten Mindestjahresurlaub von vier Wochen, der krankheitsbedingt bis zu den in § 10 Abs. 2 EurlDbV genannten Fristen nicht genommen werden konnte. Art. 7 Abs. 1
RL 2003/88/EG bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.
II. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Vererbbarkeit des Abgeltungsanspruchs für nicht in Anspruch genommene Urlaubstage sehen die für die verstorbene Beamtin einschlägigen beamtenrechtlichen Regelungen nicht vor. Im Arbeitsrecht ergibt sich die Vererbbarkeit derartiger Ansprüche aus § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) (vgl. BAG, Urteil vom 22. Januar 2019 – 9 AZR 45/16 –, juris, Rn. 9 ff.). Die nationalen Normen aus dem Bundesurlaubsgesetz und dem Sozialgesetzbuch IX legt das Bundesarbeitsgericht dahingehend aus, dass eine Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG berücksichtigende richtlinienkonforme Auslegung die Vererbbarkeit des Abgeltungsanspruches sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub gebietet und der Sonderurlaub, der Schwerbehinderten zusteht, das Schicksal des Mindesturlaubs teile. Bezüglich eines tariflichen Mehrurlaubs richte sich die Vererbbarkeit eines Abgeltungsanspruches nach den konkret dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegenden vertraglichen Bestimmungen. In der Frage der Vererbbarkeit des Abgeltungsanspruchs für den gesetzlichen Mindesturlaub folgte das Bundesarbeitsgericht dabei der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 6. November 2018 (EuGH, Urteil vom 6. November 2018 – C-569/16 und C-570/16 –, juris, Rn. 50 und 62), wonach ein finanzieller Ausgleich unerlässlich sei, um die praktische Wirksamkeit des dem Arbeitnehmer zustehenden Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub sicherzustellen.
Sowohl der Europäische Gerichtshof (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - C-337/10 – juris) als auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 2 C 10/12 –, juris, Rn. 11 m. w. N) vertreten, dass Beamte ebenfalls Arbeitnehmer im Sinne der RL 2003/88/EG sind.
Folglich ergibt sich die Vererbbarkeit des Abgeltungsanspruchs für nicht in Anspruch genommenen Mindesturlaub auch bei Beamten direkt aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 2 C 10/12 –, juris, Rn. 9, VG Berlin, Urteil vom 10. Juni 2010 – 5 K 175.09 –, juris Rn. 8, VG Düsseldorf, Urteil vom 25. Juni 2010 – 13 K 5206/09 –, juris, Rn. 36).
III. Der so vererbbare Abgeltungsanspruch ist aufgrund des Wortlauts der § 10a Abs. 1 EurlDbV und § 10 Abs. 3 EurlDbV allerdings auf den europarechtlichen Mindesturlaub beschränkt (vgl. VG Kassel, Urteil vom 23. März 2022 – 1 K 870/20.KS –, juris, Rn. 21; VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 10. Juni 2022 – VG 2 K 661/21 –, S. 6 des Urteilabdrucks). Eine derartige Beschränkung ist sowohl mit dem Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG (hierzu 1.) als auch im Hinblick auf eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Beamten mit den nationalen Recht vereinbar (hierzu 2.). Dies hat zur Folge, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf die zusätzliche Abgeltung von 26,33 Urlaubstagen nicht zusteht (3.).
1. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 3. Mai 2012 klargestellt, dass es den Mitgliedsstaaten freigestellt sei, über die Bestimmungen der RL 2003/88/EG hinausgehende Regelungen zugunsten der Arbeitnehmer zu erlassen. Sofern ein Mitgliedsstaat weitergehende Ansprüche für den Arbeitnehmer vorsieht, obliege es ihm auch die Bedingungen für die Inanspruchnahme zu regeln, welche von den europarechtlichen Vorgaben abweichen dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012, aaO, Rn. 34 ff.). Angewendet auf den vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der Landesgesetzgeber bei der Ausgestaltung des für das Beamtenverhältnis der verstorbenen Beamtin maßgeblichen Normen bewusst den Abgeltungsanspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub beschränkt hat, dessen Umfang sich aus
Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergibt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 10 Abs. 3 EurlDbV, in dem der Umfang des nach § 10a Abs. 1 EurlDbV abzugeltenden Urlaubanspruchs geregelt ist. Der Anspruch auf Sonderurlaub aus § 208 Abs. 1 SGB IX ist aber nicht vom europarechtlichen Mindesturlaub umfasst (so auch VG Düsseldorf, aaO, Rn. 73, VG Kassel, aaO, Rn. 31). Ebenso wenig ist die Differenz zwischen dem in § 2 Abs. 1 EurlDbV gewährtem Urlaubsanspruch von 30 Tagen pro Kalenderjahr und dem unionsrechtlichen Anspruch auf Mindesturlaub im Umfang von 20 Tagen, jeweils unter Zugrundelegung einer regelmäßigen Arbeitswoche von 5 Tagen, vom Abgeltungsanspruch umfasst (vgl. VG Düsseldorf, aaO, Rn. 76).
2. Die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, bei denen der Abgeltungsanspruch auch bezüglich des Sonderurlaubs nach § 208 Abs. 1 SGB IX besteht, und Beamten, bei denen der Abgeltungsanspruch diesen Sonderurlaub nicht umfasst, ist insbesondere im Hinblick auf Art 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 1997 – 2 B 138/96 –, juris, Rn. 8; Boecken: Die Pflicht zur behinderungsgerechten Beschäftigung [RdA 2012, 210, 223 f.]). Das vom Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 22. Januar 2019 ausgelegte Bundesurlaubgesetz ist nur auf Arbeitnehmer nach dem nationalen deutschen Verständnis (vgl. § 2 Abs. 1 BUrlG) und mangels Vergleichbarkeit nicht analog auf Beamte anwendbar. Der erkennende Einzelrichter folgt diesbezüglich der Argumentation des Verwaltungsgerichts Kassel im Urteil vom 23. März 2022 (aaO, Rn. 31):
Beamte sind nach deutschem Rechtsverständnis gerade keine Arbeitnehmer, für sie gelten die besonderen Regeln des Beamtenrechts, auch und gerade weil das Beamtenverhältnis gegenüber dem Arbeitsverhältnis strukturelle Unterschiede aufweist. Beamte werden etwa nicht für einzelne Arbeitsleistungen bzw. dieser Leistung entsprechende Urlaubszeit vergütet, ihre Besoldung beruht auf einer umfassenden Einbindung in ein Rechts- und Pflichtverhältnis mit ihrem Dienstherrn. Während Beamte zur Treue gegenüber ihrem Dienstherrn verpflichtet sind, hat dieser sie im Krankheitsfall und bei Eintritt in den Ruhestand zu alimentieren. Das Dienstverhältnis ist im Gegensatz zum Arbeitsverhältnis kein Austauschverhältnis, welches den Lohnanspruch in jedem Fall abhängig von der erbrachten Arbeitsleitung macht. Aus dieser grundlegenden Verschiedenheit von Arbeits- und Beamtenverhältnis ergibt sich zugleich ein sachlicher Differenzierungsgrund für Beamtinnen und Beamte einerseits und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer andererseits.
3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 22. Januar 2020 ist dem Kläger ein Abgeltungsanspruch von 20 Tagen für das Kalenderjahr 2018 und ein Abgeltungsanspruch von 12 Tagen für das Kalenderjahr 2019 gewährt worden.
Die verstorbene Beamtin hatte nachweislich der Unterlagen des Beklagten, bezüglich der erkennende Einzelrichter keine Anhaltspunkte für Zweifel an ihrer Richtigkeit erkennen konnte, zum Zeitpunkt ihres Todes für das Jahr 2018 einen Anspruch von 30 Tagen Erholungsurlaub nach § 2 Abs. 1 EurlDbV und 5 Urlaubstage aufgrund ihrer Schwerbehinderung nach § 208 Abs. 1 i. V. m. § 211 Abs. 1 SGB IX. Für das Jahr 2019 ergibt sich für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zu ihrem Tod am 5. August 2019 ein Anspruch auf Erholungsurlaub von anteilig 18 Tagen zuzüglich 3 Tagen Zusatzurlaub als Schwerbehinderte.
Bei ausschließlicher Berücksichtigung der Urlaubstage, welche nach den genannten Kriterien einen vererbbaren Abgeltungsanspruch begründen können, sind bezüglich des Anspruchs auf Erholungsurlaub aus § 2 Abs. 1 EurlDbV 20 Tage dem Kläger gegenüber abzugelten. Für das Jahr 2019 sind vom 1. Januar 2019 bis zum Tod der verstorbenen Beamtin am 5. August 2019 für 7 Monate (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 EurlDbV) 12 Tage abzugelten. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:
20 Tage geteilt durch 12 Monate multipliziert mit den vollen 7 Monaten, in denen das Beamtenverhältnis der Verstorbenen mit der Beklagten bestand, ergibt einen Urlaubsanspruch von 11,67 Tagen, die nach § 2 Abs. 6 EurlDbV auf 12 Urlaubstage aufzurunden sind.
Dies entspricht dem Regelungsinhalt des verfahrensgegenständlichen Bescheids vom 22. Januar 2020.
Bezüglich der weiteren Urlaubstage, die der verstorbenen Beamtin zum Zeitpunkt ihres Todes zustanden, sehen die allein maßgeblichen beamtenrechtlichen Normen keinen Abgeltungsanspruch vor.
B. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Beschluss
Das Gericht sieht von der Ansetzung des Auffangstreitwerts von 5.000 € aus § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der Nr. 10. 9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (BVerwG, Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen) ab, denn der Kläger macht als Erbe einer verstorbenen Beamtin allein den Abgeltungsanspruch in Geld bezogen auf nicht genommene Urlaubstage geltend. Es ist daher sachdienlich, den Streitwert gemäß § 52 Abs. 3 GKG entsprechend des geltend gemachten Zahlungsanspruches festzusetzen. Dieser setzt sich aus einem Zahlungsanspruch i. H. v. 1270,60 € für die geltend gemachten 15 Urlaubstage aus dem Jahr 2018 und einem Zahlungsanspruch i. H. v. 995,24 € für die geltend gemachten 11,33 Urlaubstage aus dem Jahr 2019 zusammen. Der Streitwert wird folglich auf 2265,84 € festgesetzt.
A. Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens und damit auch der gerichtlichen Prüfung ist nur die mit der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 25. Januar 2022 angeordnete Vollstreckung der Nebenforderungen, die in der Forderungsaufstellung in der Anlage der Verfügung aufgezählt werden, nicht aber die Vollstreckung der Hauptforderung.
Denn der Antragsteller hat in einem Telefonat mit dem Vorsitzenden Richter der Kammer vom 28. März 2022 sinngemäß erklärt, dass sich das vorliegende Eilverfahren nur gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Antragsgegners vom 25. Januar 2022 richtet und dies auch nur, soweit damit Nebenforderungen vollstreckt werden sollen, und er hat diese ausdrückliche Beschränkung des Antrags auch in einem weiteren Telefonat mit dem Berichterstatter vom 20. Juli 2022 noch einmal bestätigt.
B. Der danach sinngemäß zur Entscheidung des Gerichts gestellte Antrag des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage VG 3 K 629/22 gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Bürgermeisters der vom 25. Januar 2022 anzuordnen, soweit damit Nebenforderungen in Höhe von 41.495,37 € vollstreckt werden,
hat Erfolg.
I. Gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gegen einen Verwaltungsakt anordnen, der – wie die vorliegend umstrittene Pfändungs- und Überweisungsverfügung gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und S. 2 VwGO i.V.m. § 16 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVGBbg) – kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist. Bei der in diesem Zusammenhang anzustellenden Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Vollstreckung zur Zahlung festgesetzter Abgaben und dem Interesse des Antragstellers, von Vollstreckungsmaßnahmen vorläufig verschont zu bleiben, ist von maßgeblicher Bedeutung, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes (hier: der genannten Pfändungs- und Überweisungsverfügung) bestehen (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind nur gegeben, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg, wobei die Rechtmäßigkeit lediglich in einem im Vergleich zum Hauptsacheverfahren beschränkten Umfang geprüft wird.
II. Ausgehend von diesem Maßstab war die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
Denn die Rechtmäßigkeit der in der Hauptsache angefochtenen Pfändungs- und Überweisungsverfügung begegnet – soweit damit Nebenforderungen vollstreckt werden – ernstlichen Zweifeln. Es erscheint überwiegend wahrscheinlich, dass dieser Teil der Verfügung bei unverändertem Sach- und Streitstand im Klageverfahren deshalb aufzuheben wäre, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Vollstreckung der Nebenforderungen nicht vorliegen. Denn diese Forderungen, bei denen es sich um Säumniszuschläge, Mahngebühren, Auslagen und Pfändungsgebühren handelt, sind zum einen nicht selbst in einem Leistungsbescheid festgesetzt worden (1.) und zum anderen liegen auch nicht die Voraussetzungen vor, unter denen das Gesetz es zulässt, solche Nebenforderungen ohne Leistungsbescheid zusammen mit der Hauptforderung zu vollstrecken (2.).
1.a. Gemäß § 3 Nr. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVGBbg) kann ein Verwaltungsakt, der zu einer Geldleistung verpflichtet, insbesondere vollstreckt werden, wenn er unanfechtbar geworden ist oder ein gegen ihn gerichteter Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Geldforderung, kann gemäß § 19 Abs. 2 VwVGBbg ein diesbezüglicher Leistungsbescheid durch Beitreibung vollstreckt werden, wenn er dem Vollstreckungsschuldner bekannt gegeben (Nr. 1), die beizutreibende Forderung fällig (Nr. 2), eine Schonfrist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides abgelaufen (Nr. 3) und der Vollstreckungsschuldner vor der Beitreibung schriftlich durch Mahnung ergebnislos aufgefordert worden ist, innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens einer Woche seit Bekanntgabe zu leisten (Nr. 4).
b. Diese Voraussetzungen sind zwar im Hinblick auf die Hauptforderung erfüllt, die mit der in der Hauptsache angefochtenen Pfändungs- und Überweisungsverfügung vollstreckt werden soll, nicht aber bezogen auf die Nebenforderungen.
Insoweit lässt sich den vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen nämlich nicht entnehmen, dass dieser einen Leistungsbescheid, etwa in der Gestalt eines Abrechnungsbescheides gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a des Kommunalabgabengesetzes (KAG), erlassen hätte, mit dem er Säumniszuschläge, Mahngebühren, Pfändungsgebühren oder Auslagen festgesetzt hätte. Einzig in der Mahnung vom 12. Januar 2010 werden Säumniszuschläge und Mahngebühren erwähnt. Bei dieser Mahnung handelt es sich jedoch nicht um einen Verwaltungsakt. Sie ist für sich betrachtet nicht unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet, auch wenn sie eine solche im Gefolge haben kann. Sie erinnert nur an die darin aufgezählten Zahlungsverpflichtungen und ist darum Realakt (Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 259 Rn. 3 m.w.N. aus der Rechtsprechung, zitiert nach der Online-Ausgabe bei juris). Folgerichtig hatte der Antragsgegner der Mahnung vom 12. Januar 2010 auch keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt. Anhaltspunkte dafür, dass bezogen auf die in dem Mahnschreiben neben der Hauptforderung aufgeführten Nebenforderungen (ein Säumniszuschlag i.H.v. 274,50 € und eine Mahngebühr in Höhe von 51,13 €) im konkreten Fall etwas anderes gelten sollte, insoweit also gemeinsam mit der Mahnung eine Festsetzung mit dem Charakter eines Verwaltungsaktes erfolgt, lassen sich dem Text des Mahnschreibens nicht entnehmen. Bei verständiger Würdigung handelt es sich auch insoweit um eine bloße Kassenmitteilung, die nur über den Stand der (im Zeitpunkt der Mahnung bereits entstandenen) Verbindlichkeiten Auskunft geben sollte.
2. Zwar wäre eine Vollstreckung der Säumniszuschläge, Mahngebühren, Pfändungsgebühren und Auslagen auch ohne Leistungsbescheid zulässig, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen, die vorliegend nicht erfüllt sind.
Insoweit regelt § 19 Abs. 4 S. 1 VwVGBbg, dass Vollstreckungskosten, Säumniszuschläge und Zinsen ohne Leistungsbescheid zusammen mit der Hauptforderung vollstreckt werden können, wenn in dem Leistungsbescheid über die Hauptforderung oder in der Mahnung auf diese Nebenforderungen dem Grunde nach hingewiesen wurde.
An letzterem fehlt es im vorliegenden Fall.
Denn der Antragsgegner hat den Antragsteller weder in dem Bescheid über die Hauptforderung in Höhe von 27.465,97 € vom 16. November 2009 noch in der vorgelegten Mahnung vom 12. Januar 2010 dem Grunde nach auf die nunmehr vollstreckten Säumniszuschläge, Mahngebühren, Pfändungsgebühren oder Auslagen hingewiesen.
In dem Bescheid vom 16. November 2009 werden diese Nebenforderungen mit keinem Wort erwähnt und auch der Mahnung lässt sich der vom Gesetz geforderte „Hinweis dem Grunde nach“ nicht entnehmen. Insoweit reicht es nicht, dass in der Mahnung auch die Säumniszuschläge für den Monat Dezember 2009 i.H.v. 274,50 € und Mahngebühren i.H.v. 51,13 € als rückständige Forderungen aufgelistet werden. Ziel der gesetzlichen Regelung ist nämlich der Schutz des jeweiligen Schuldners, der nicht den einschneidenden Folgen einer Vollstreckung von z.B. (ohne Bekanntgabe an den Schuldner kraft Gesetzes entstehenden) Säumniszuschlägen ausgesetzt werden soll, ohne dass er vor diesen Folgen der Nichtzahlung der Hauptforderung vorab gewarnt worden wäre. Der mit dieser Warnung angestrebte Schutz kann nur durch einen hinreichend deutlichen Hinweis erreicht werden, der auch den mit den Einzelheiten des Abgaben- und Vollstreckungsrechts nicht vertrauten Schuldner mit der gebotenen Klarheit darüber informiert, dass fortlaufend weitere, nicht auf einen bestimmten Betrag begrenzte Vollstreckungskosten, Säumniszuschläge und/oder Zinsen entstehen können, wenn er seiner Zahlungspflicht bezogen auf die Hauptforderung weiterhin nicht nachkommt. Die Information über die Höhe eines einzelnen schon entstandenen Säumniszuschlags und über den Betrag einer einzelnen Mahngebühr genügt insoweit nicht.
C. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes, wobei die Kammer bei Anträgen auf Regelung der Vollziehung von Abgabenbescheiden in ständiger Praxis 1/4 der streitigen Geldleistung (hier 1/4 der mit der Pfändungs- und Überweisungsverfügung zu vollstreckenden Nebenforderungen = 41.495,37 € / 4 = 10.373,84 €) zugrunde legt (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 31. Mai/ 01. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen, Nr. 1.5, veröffentlicht unter www.bverwg.de).