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Entscheidung VG 5 K 58/19


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 14.07.2022
Aktenzeichen VG 5 K 58/19 ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2022:0714.VG5K58.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Bescheid des Beklagten zur Erhebung eines Trinkwasseranschlussbeitrags.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks P..., 1..., G..., Flur, Flurstück . Auf dem klägerischen Grundstück befand sich der ehemalige DDR-Betrieb „R...)“.

Der vom Beklagten vertretene Wasser- und Abwasserzweckverband betreibt die Wasserversorgung in seinem Verbandsgebiet als öffentliche Einrichtung. In der zum 17. Oktober 1992 in Kraft getretenen Gründungssatzung des Verbandes des Beklagten, dessen Gründungsmitglied auch die ehemalige Gemeinde B...war, heißt es in § 1 Abs. 5 S. 2, dass der Verband zum Zwecke der Wasserversorgung sowie der Abwasserableitung und –behandlung die entsprechenden kommunalen wasserwirtschaftlichen Anlagen „übernimmt, unterhält, erneuert und erweitert“. Gemäß § 1 Abs. 6 der Gründungssatzung stellen die Mitgliedsgemeinden dem Verband die kommunalen wasserwirtschaftlichen Anlagen unentgeltlich zur Verfügung. Diese Satzung und die nachfolgenden Änderungssatzungen gelten aufgrund des Feststellungsbescheides des Landkreises O... vom 02. Juni 1999 als vereinbart (Tenorpunkt 2). Bereits vor diesem Feststellungsbescheid nahm der Verband des Beklagten entsprechend den satzungsrechtlichen Regelungen seine Tätigkeit auf.

Im Zuge der Rekommunalisierung örtlicher Ver- und Entsorgungsanlagen übernahm der Beklagte sämtliche Hauptleitungen zur Wasserver- und Abwasserentsorgung – nach seiner Auskunft ohne Anschlussleitungen und ohne Grundstücksanschlüsse – von der damaligen M...die wiederum durch Umwandlung des V... entstanden war, aufgrund notariellen Übertragungsvertrags vom 08. Dezember 1994. Übertragungszeitpunkt war der 01. Januar 1995. Dieser Vertrag wurde – was der Beklagte nicht mehr genau recherchieren konnte – Ende 1995 / Anfang 1996 genehmigt. Zwar verweist der Übertragungsvertrag in § 4 zur näheren Beschreibung der zu übertragenden Betriebe und Anlagen auf eine Anlage zum Vertrag; indes ist der Beklagte nicht (mehr) in der Lage, diese Anlage vorzulegen. Das Vertragsgebiet umfasste gemäß § 2 des Übertragungsvertrags u.a. das Gebiet der damaligen Gemeinde B....

Der Verband des Beklagten hatte bereits zum Zeitpunkt der Geltung des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg, insbesondere des § 8 Abs. 7 S. 1 und 2, in der Fassung vom 27. Juni 1991 eine Trinkwasseranschlussbeitragssatzung erlassen und zwar die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch den N...Wasser- und Abwasserzweckverband ...vom 26. Oktober 1992, die am Tage nach ihrer Veröffentlichung im gesamten Verbandsgebiet in Kraft treten sollte. Darüber hinaus erließ der Verband des Beklagten in der Folge geänderte Beitrags- und Gebührensatzungen, so u.a. die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch den N...Wasser- und Abwasserzweckverband vom 27. Juli 1994, die am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft trat. Während der Gültigkeitsdauer des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg in der Fassung der Änderungen durch das Gesetz vom 27. Juni 1995 (gültig bis 12. April 1999) hatte der Beklagte weitere Beitragssatzungen erlassen und zwar zunächst in Form einer ersten Änderungssatzung zur vorgenannten Gebühren- und Beitragssatzung vom 14. Juli 1995 mit Wirkung am Tage nach der Bekanntmachung und sodann mit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch den N...Wasser- und Abwasserzweckverband vom 21. Mai 1996, die rückwirkend zum 01. April 1996 in Kraft trat. Nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 S. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung waren „alle Grundstücke (inclusive Wochenendgrundstücke)“, die an die Wasserversorgungsanlage des Verbandes angeschlossen werden können, beitragspflichtig. Darüber hinaus bestimmte schon § 2 Abs. 2 der Beitrags- und Gebührensatzung Wasser vom 09. November 1992 wörtlich:

„Wird ein Grundstück an die Anlage angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen.“

Gegenstand der Beitragspflicht waren nach § 3 S. 2 der oben genannten Beitrags- und Gebührensatzung Wasser vom 21. Mai 1996 ausdrücklich auch

„Grundstücke, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzung bereits an die Trinkwasseranlage angeschlossen werden konnten oder schon angeschlossen waren“.

Für das Grundstück erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin unter dem 25. Juni 2015 einen Trinkwasseranschlussbeitragsbescheid und setzte darin einen Trinkwasseranschlussbeitrag in Höhe von 11.549,02 Euro gegenüber der Klägerin fest.

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 22. Juli 2015 Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2015 zurückgewiesen wurde. Eine Klage wurde seitens der Klägerin nicht erhoben. Der Beitragsbescheid ist bestandskräftig.

Darüber hinaus erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin auf ihren Antrag vom 01. September 2015 unter dem 3. September 2015 einen Stundungsbescheid mit Festsetzung einzelner Raten gemäß einem Zahlungsplan.

Unter dem 29. Juli 2016 beantragte die Klägerin die Rücknahme des Beitragsbescheides. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 20. Juni 2017 abgelehnt und der Widerspruch der Klägerin vom 18. Juli 2017 mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2017 bestandskräftig zurückgewiesen. Unter dem 6. November 2018 mahnte der Beklagte gegenüber der Klägerin einen offenen Trinkwasseranschlussbeitrag gemäß Beitragsbescheid vom 25. Juni 2015 in Höhe von 7.799,02 Euro sowie Säumniszuschläge in Höhe von 3.100,00 Euro an und setzte Mahnkosten in Höhe von 5,00 Euro hinzu. Sodann erbaten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 12. November 2018 die bis zum 15. November 2018 befristete Bestätigung des Beklagten, dass eine Vollstreckung nicht erfolgen würde. Der Beklagte erklärte jedoch ausdrücklich (Schreiben vom 15. November 2018), das Vollstreckungsverfahren gegenüber der Klägerin betreiben zu wollen und stellte darauf einen Antrag auf Einziehung im Verwaltungsvollstreckungsverfahren bei der Gemeinde W....

Die Klägerin hat unter dem 16. Januar 2019 Klage erhoben und beantragte zugleich, die weitere Vollstreckung des Beklagten aus dem Trinkwasseranschluss-Beitragsbescheid bis zum Erlass eines rechtskräftigen Urteils in der Sache einstweilen einzustellen. Der vorläufige Rechtsschutzantrag blieb ohne Erfolg (Beschluss der Kammer vom 05. November 2019 - VG 5 L 23/19). Ein Beschwerdeverfahren wurde seitens der Klägerin nicht angestrengt.

Die Klägerin behauptet im Wesentlichen, das Grundstück sei bereits vor dem Jahre 1989 „zu DDR-Zeiten“ an die öffentliche Trinkwasserversorgung über ein sog. „LPG-Netz“ angeschlossen gewesen und mit Trinkwasser (vor dem 31. Dezember 1999) versorgt worden. Im Jahre 2007 sei der vorhandene Anschluss, mit dem das Grundstück vollständig erschlossen gewesen sei, gekappt und ein neuer Anschluss durch den Beklagten gelegt worden. Vor diesem Hintergrund geht die Klägerin davon aus, dass bereits die Beitragserhebung im Jahr 2015 wegen Nichtbeachtung der sogenannten hypothetischen Festsetzungsverjährung im Sinne der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2015 – 1 BvR 2961/14 u.a rechtswidrig gewesen sei. Ergänzend bringt die Klägerin vor, das ehemalige „LPG-Netz“ sei vor dem 03. Oktober 1990 sozialistisches Eigentum gewesen. Deswegen komme es nicht darauf an, ob vorliegend die LPG, der Rat der Gemeinde bzw. der Rat des Kreises die entsprechenden Arbeiten veranlasst habe. Denn diese Leitungen (Stahlrohrleitung/Asbestleitung) seien als ehemaliges sozialistisches Eigentum als solche auf den Rechtsvorgänger des vom Beklagten vertretenen Verbandes übergegangen, da es sich insoweit um öffentliche Leitungen handle.

Die Klägerin beantragt,

eine weitere Vollstreckung aus dem Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2015 für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zusammengefasst bringt er vor, dass es in der P... bis in das Jahr 2000 keine (Trinkwasser-)Versorgungseinrichtungen gegeben habe. Insbesondere habe es keinen übernommenen „Altbestand“ gegeben. Die in der P... heute liegenden Leitungen seien im Jahre 2000 abgenommen worden. Erst in der Folge − im Jahre 2007 − habe der Verband des Beklagten das Grundstück der Klägerin (erstmals) an die Trinkwasserversorgungsanlage des Verbandes angeschlossen. Erst seitdem würden gegenüber der Eigentümerin Verbrauchsgebühren erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Sitzungsniederschrift sowie den vom Beklagten beigereichten Verwaltungsvorgang, die vom BStU übermittelte Liegenschaftsakte und die Gerichtsakte des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zum Aktenzeichen VG 5 L 23/19, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.Das Gericht hat durch Urteil zu entscheiden, da die Klägerin rechtzeitig am 22. Oktober 2021 mündliche Verhandlung beantragt hat und der Gerichtsbescheid vom 21. September 2021 als nicht ergangen gilt, § 84 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO. Die Übertragung auf den Einzelrichter erfolgte nach § 6 Abs. 1 VwGO.

B.

Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig.

a) Die verwaltungsgerichtliche Klage ist statthaft und zwar als vorbeugende Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO. Denn die Klägerin wendet sich gegen die Vollstreckung des Beklagten schlechthin und nicht lediglich gegen einen einzelnen Vollstreckungsakt (vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. April 2007 – 2 M 53/07 m.w.N.). Der wörtliche Antrag der Klägerin ist auslegungsfähig, vgl. § 86 Abs. 3, § 88 VwGO, zumal insoweit auch divergierende Auffassungen zur richtigen Antragstellung vertreten werden (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2019 – OVG 9 S 18.19). Allein maßgeblich ist das Begehren des Rechtsschutzsuchenden (vgl. bereits OVG des Landes Sachsen-Anhalt, a.a.O.). Aus dem gesamten Vortrag der Klägerin ergibt sich; dass diese sich nicht nur gegen die restliche Beitragsforderung i. H. von 7.799,02 €, sondern auch gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen (i. H. von 3.100,00 € zum Stand 05. November 2018) wendet (vgl. hierzu u.a. VG Cottbus, Urteil vom 09. September 2016 – VG 1 K 1346/14, juris). Grundsätzlich erfasst das Vollstreckungsverbot nach § 79 Abs. 2 S. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG auch Säumniszuschläge jedenfalls ab Eingreifen des Vollstreckungsverbots (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2019 – OVG 9 S 18.19 n.v.).

b) Ebenso besteht das für eine Feststellungsklage im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse ohne Zweifel. Die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO steht der hier erhobenen Klage nicht entgegen. Zwar konnte die Klägerin gegen den Beitragsbescheid ursprünglich noch zulässige Rechtsmittel einlegen und bereits vor Eintreten der Bestandskraft die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheids wegen „hypothetischer Festsetzungsverjährung“ behaupten; indes ist erst nach Bestandskraft des Beitragsbescheids der hier von der Klägerin konkret geltend gemachte Klagegrund, nämlich die ihrer Ansicht nach unzulässige Zwangsvollstreckung aus dem Trinkwasser-Anschlussbeitragsbescheid, aufgekommen. Insofern beruft sie sich auf die spezielle Regelung des § 79 Abs. 2 S. 2 BVerfGG, der ein Vollstreckungsverbot bestimmt.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin kann für sich im Ergebnis das Vollstreckungsverbot des § 79 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG nicht in Anspruch nehmen, denn die durch den Beklagten angekündigte Vollstreckung des Beitragsbescheids vom 25. Juni 2015 in Gestalt des ergangenen Widerspruchsbescheids vom 22. August 2015 ist rechtmäßig und damit zulässig.

a) Grundsätzlich kann sich die Klägerin zwar auf das spezielle Vollstreckungsverbot berufen. Der Geltendmachung des verfassungsgerichtlichen Vollstreckungsverbots steht nicht entgegen, dass die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2015 „nur“ durch den Spruchkörper der Kammer des Bundesverfassungsgerichts getroffen wurden. Auch auf solche Kammerentscheidungen des BVerfG ist das Vollstreckungsverbot des § 79 Abs. 2 S. 2 BVerfGG anwendbar (vgl. ausdrücklich und ausführlich dazu bereits OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04. September 2019 – OVG 9 S 18.18 – und Beschluss vom 11. September 2018 – OVG 9 S 10.18).

b) Die Voraussetzungen dieses speziellen Vollstreckungsverbots liegen indes nicht vor. Denn zur Überzeugung des erkennenden Gerichts stellt sich der bestandskräftige Beitragsbescheid vom 25. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2015 bereits nicht als rechtswidrig erlassen dar.

In Betracht kommt nach dem Vortrag der Klägerin allein eine Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung mangels anwendbarer Rechtsgrundlage.

(i) Die vom Beklagten herangezogene Rechtsgrundlage für den bestandskräftig gewordenen Beitragsbescheid ist die Satzung über die Erhebung von Trinkwasseranschlussbeiträgen des N...Wasser- und Abwasserzweckverbandes vom 12. April 2011 (Trinkwasseranschlussbeitragssatzung), die gemäß ihrem § 13 rückwirkend zum 01. Januar 2011 in Kraft getreten ist. Diese beansprucht für den Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung durch den Beklagten im Jahre 2015 Gültigkeit und misst sich bis heute Wirksamkeit zu.

Ihrer Anwendung im vorliegenden Streitfall steht nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2015 – 1 BvR 2961/14 u.a. – entgegen. Danach war die der Erhebung von Beiträgen zugrunde liegende Beitragspflicht nur „hypothetisch“ festsetzungsverjährt, wenn der maßgebliche Beitragsgegenstand – das wirtschaftliche Grundstück – bereits bis zum Ende des Jahres 1999 an die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Verbandes des Beklagten hätte angeschlossen werden können und bis zu diesem Zeitpunkt mindestens ein erster Satzungsversuch durch den Beklagten zur Beitragserhebung erfolgt war (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 B 1.16 juris).

Unstreitig hatte der Verband des Beklagten bereits in den 1990er Jahren erste Satzungen zur Erhebung von Trinkwasseranschlussbeiträgen in seinem Verbandsgebiet erlassen und auch tatsächlich bereits Beiträge aufgrund dieser Satzungen erhoben. Das Gebiet der damaligen Gemeinde B...– ein Gründungsmitglied des Verbandes – war auch Teil des von diesen historischen Beitragssatzungen betroffenen Versorgungsgebietes.

(ii) Indes war zur Überzeugung des erkennenden Gerichts die nach § 8 Abs. 7 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) – alter wie auch neuer Fassung – für eine Beitragserhebung vor dem Jahr 2000 zwingend erforderliche Möglichkeit eines Anschlusses an die öffentliche Versorgungsanlage des Beklagten hier nicht gegeben. Für eine solche erforderliche Versorgungsmöglichkeit bis zum Ende des Jahres 1999 kommt eine Trinkwasserleitung in der westlich des Beitragsgegenstandes gelegenen P... nicht in Betracht, denn die heute dort verlaufende Versorgungsleitung ist ausweislich des vom Beklagten in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren zum Aktenzeichen VG 5 L 23/19 eingereichten Bauabnahmeprotokolls vom 26. Oktober 2000 sowie eines Übersichtsplans zum streitgegenständlichen Grundstück erst im Laufe des Jahres 2000 hergestellt und abgenommen worden. Vor dieser Zeit bestand in der dortigen Straßenführung keine entsprechende Leitung. Die von der Klägerin behauptete Möglichkeit eines Anschlusses an eine östlich des Beitragsgegenstandes verlaufende Altleitung mag zwar tatsächlich bestanden haben; indes steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die dort verlaufende Leitung nicht Anschluss an eine Wasserversorgung durch den Verband des Beklagten bot. Denn die Leitung selbst wurde – auch nach den Aussagen des von der Klägerin benannten und im Verfahren zum Aktenzeichen VG 5 L 23/19 am 27. September 2019 im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie Beweisaufnahme vernommenen Zeugen E...– ursprünglich durch eine nordöstlich des Beitragsgegenstandes gelegene ehemalige Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) betrieben. Über diese Leitung erfolgte nach Aussagen des genannten Zeugen mindestens die Wasserversorgung im Bereich B... in der Zeit vor dem 3. Oktober 1990.

(iii) Anhaltspunkte dafür, dass der Verband des Beklagten diese konkrete oder etwa sämtliche Leitungen bzw. das Versorgungsnetz der LPG nach dem 3. Oktober 1990 übernommen haben könnte, sind nicht ersichtlich. Zwar hat der Verband auf Grundlage seiner Gründungssatzung vom 17. Oktober 1992 – der Verband ist rückwirkend am selben Tag aufgrund eines Feststellungsbescheids des Landkreises O... vom 2. Juni 1999 nach § 14 des Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vom 06. Juli 1998 (StabG) entstanden – sämtliche kommunalen wasserwirtschaftlichen Anlagen der damaligen Gemeinden übernommen (§ 1 Abs. 5 und 6 Gründungssatzung), und der Verband des Beklagten hat Mitte der 1990er Jahre im Zuge der sogenannten „Rekommunalisierung“ auch die in seinem Gebiet befindlichen Wasserver- und Abwasserentsorgungsanlagen der M..., zu deren Bestand im Wesentlichen auch die Altanlagen des V... gehörten, aufgrund des o.g. Übertragungsvertrags übernommen. Indes lässt sich aus diesen Vorgängen keine Übernahme von Altanlagen der erwähnten LPG herleiten. Denn hierbei handelte es sich ersichtlich nicht um kommunale Wasserversorgungsanlagen. Für eine entsprechende Übernahme etwa von der LPG errichteten Leitungssystemen gibt es auch sonst keine Anhaltspunkte. Daran ändert der von der Klägerin nunmehr bemühte Umstand nichts, dass das „LPG-Netz“ vor dem 03. Oktober 1990 „sozialistisches Eigentum“ gewesen sein soll. Denn einen Automatismus der Leitungsübernahme i. S. einer Bestandsübernahme aller jemals verlegten Versorgungs- und Entsorgungsleitungen nach der „Wende“ hat es nicht gegeben. Hinsichtlich der über ein Wasserwerk in der D...versorgten Zwei-Zoll-Stahlleitung erklärte der Zeuge E... zudem, dass die Stahlleitung aus dem Jahr 1992 „nicht um das hier interessierende Grundstück liegen würde“.

(iv) In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht abschließend auf die vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR eingeholte Auskunft hin, die auf Bl. 29 /BA II unter dem Betreff „Baumaßnahmen des Sektors Bau in den Kreisen Oranienburg und Bernau“ eine vom Rat des Bezirkes Frankfurt (Oder) gefertigte Aufzählung von beabsichtigten Baumaßnahmen beinhaltet. Unter Ziff. 6 wird wörtlich ausgeführt:

„6. Schachtarbeiten für die zentrale Wasserversorgung in der Gemeinde Basdorf

Wertumfang: 20,0 TM

Baubeginn: Mai 1989

Bauende: Arbeiten werden auf Abruf durchgeführt“

Hieraus ergibt sich bei verständiger Auslegung, dass mindestens bis zum genannten Zeitpunkt keinerlei „zentrale Wasserversorgung“ in der Gemeinde B... existierte.

(v) Dass die erwähnten LPG-Versorgungsleitungen möglicherweise in einiger Entfernung – der Zeuge E... sprach vom Bereich G..., B...– eine Anbindung an ein anderes Leitungsnetz haben oder hatten, spielt insoweit nicht hinein. Denn selbst wenn dieses andere Leitungsnetz – was hier ohne weiteres unterstellt werden kann – noch im Laufe der 1990er Jahre auf den Verband des Beklagten überging, führte dieser Übergang nicht dazu, dass der Verband auch das daran mutmaßlich angeschlossene „LPG-Netz“ mit übernahm und so für die daran anliegenden Beitragsgegenstände eine Anschlussmöglichkeit rechtlich sicher vermitteln konnte.

(vi) Eine Zuständigkeit des Verbandes des Beklagten ergibt sich schließlich nicht daraus, dass der Zeuge E... ausführte, bereits im Jahre 1992 oder 1993 – in der zeitlichen Einordnung war sich der Zeuge nicht sicher – vom Verband des Beklagten beauftragt worden zu sein, einen Rohrbruch an der Asbest-Leitung der ehemaligen LPG im Bereich östlich des hier interessierenden Beitragsgegenstandes zu beheben. Denn insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Zeuge als persönlichen Auftraggeber Herrn Dr. B... bezeichnete, welcher zu dem vom Zeugen ungefähr benannten Zeitraum noch nicht für den Verband tätig war. Zudem ergibt sich allein aus diesem Auftrag noch keine Zuständigkeit des Verbandes auch für diese Leitung im Übrigen. Es ist etwa ohne weiteres denkbar, dass der Verband insoweit um „Havariehilfe“ ersucht wurde. Auch ist denkbar, dass der Verband selbst zu dem vom Zeugen nicht sicher eingeordneten Zeitpunkt wegen einer aufgetretenen Havarie tätig wurde, ohne dabei seine Zuständigkeit geprüft zu haben oder hierzu auf sicherer Tatsachenkenntnis gehandelt zu haben. Dies, zumal für den Beitragsgegenstand – oder umliegende Grundstücke – auch seitens der Klägerin keine weitergehenden Indizien für eine Tätigkeit des Verbandes im Zeitraum bis 31. Dezember 1999 und danach vorgetragen und belegt wurden. Im Übrigen wird auf die Gründe im Kammerbeschluss vom 05. November 2019 –VG 5 L 23/19 verwiesen.

c) Vor diesem Hintergrund ergibt sich für das Gericht nichts, was gegen einen Vollzug des bestandskräftigen Beitragsbescheids sprechen würde. Andere Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung sind von der Klägerin nicht geltend gemacht oder sonst ersichtlich. Das Gericht musste auch nicht der Beweisanregung der Klägerin nachkommen, die pauschal behauptet hat, im fraglichen Bereich seien seitens des Verbandes oder seiner Rechtsvorgänger tatsächlich Gebührenbescheide gegenüber den Verbrauchern ergangen. Denn dass tatsächlich Gebührenbescheide gegenüber Anliegern im fraglichen Bereich ergangen sein könnten, kann jedenfalls für den Zeitraum ab Bauabnahme der Trinkwasserverbindungsleitung Z...– G...im Jahre 2000 als wahr unterstellt werden. Hinsichtlich des vorangegangenen Zeitraums bis zum 31. Dezember 1999 handelt es sich allerdings um eine Behauptung, für die keine substantiierten Anhaltspunkte – in drei Jahren Verfahrenslaufzeit – dargetan worden sind. Die Notwendigkeit, Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der behaupteten Gebührenerhebung selbständig zu ermitteln, erwuchs für die Klägerin vorliegend schon daraus, als der Beklagte bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren dezidiert vorgetragen hat, es habe vor dem Anschluss des klägerischen Grundstücks keine Versorgung (mit Trinkwasser) gegeben und auch keine Gebührenerhebung (Schriftsatz vom 10. April 2019 zum Az. VG 5 L 23/19). Das Gericht ist seinerseits nicht verpflichtet, ohne solche Anhaltspunkte „ins Blaue hinein“ eine weitere Sachverhaltsermittlung zu betreiben (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2022 – OVG 10 N 4/21 –, Rn. 17, juris).

(i) Die von der Klägerin ergänzend herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2016 – 7 B 3/15 –, (juris) betrifft den Umfang einer öffentlichen Abwasseranlage und ist hier nicht einschlägig, denn dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass im Jahre 1995 eine Kleinkläranlage und die dazu gehörenden Schmutzwasserleitungen durch eine Vereinbarung von der Gemeinde auf den Beklagten übertragen wurden, woran es hier im Hinblick auf das sog. „LPG-Netz“ gerade fehlt.

(ii) Eines Schriftsatznachlasses für den Beklagten (mit Blick auf den Schriftsatz der Klägerin vom 11. Juli 2022) i. S. von § 173 VwGO i.V. mit § 283 Zivilprozessordnung (ZPO) bedurfte es nach alldem nicht, zumal die schriftsätzlichen Ausführungen der Klägerin lediglich eine Rechtsansicht - zu den Eigentumsverhältnissen von Versorgungsleitungen in der ehemaligen DDR - darstellen.

d) Bedenken gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen gemäß § 240 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. b KAG bestehen ebenfalls nicht. Gegenteiliges wurde von der Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht anderweitig ersichtlich.

C.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.

2. Gründe, die Berufung zuzulassen (§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO), sind nicht ersichtlich.