Gericht | VG Frankfurt (Oder) 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 16.12.2021 | |
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Aktenzeichen | 8 K 961/15 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2021:1216.8K961.15.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Beklagte wird unter insoweitiger Aufhebung von Ziffer 3.1 des Bescheides des Beklagten vom 18. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2015 verpflichtet, der Klägerin gemäß ihres Antrags vom 15. Mai 2014 eine weitere Betriebsprämie für das Jahr 2014 in Höhe von 25.962,80 Euro, eine weitere Umverteilungsprämie 1 in Höhe von 77,19 Euro, eine weitere Umverteilungsprämie 2 in Höhe von 24,67 Euro sowie eine weitere Erstattung in Höhe von 734,50 Euro zu bewilligen.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.799,16 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 0,5 % für jeden vollen Monat seit 20. Juli 2015 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 0,5 % für jeden vollen Monat seit Rechtshängigkeit der Klage zugelassen.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorfahren wird für notwendig erklärt.
Die Klägerin ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes. Sie wendet sich gegen die Kürzung von Direktzahlungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 (VO (EG) 73/2009) wegen eines sogenannten Cross-Compliance-Verstoßes (CC-Verstoß).
Unter dem 04. Dezember 2013 erließ das Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) gegenüber einem Mitarbeiter der Klägerin, Herrn B..., eine Anordnung nach § 3 Abs. 1 Satz 3 des Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) und gab ihm auf „Beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln die Grundsätze der guten fachlichen Praxis einzuhalten, insbesondere die Windgeschwindigkeit zu beachten und die Spritztechnik so einzustellen, dass eine Abdrift auf angrenzende Flächen vermieden wird“. Die Anordnung sei erlassen worden, da das LELF aufgrund einer Besichtigung und Probennahme im Juli 2013 im Bereich von Straßenbäumen, die unmittelbar an einen, ebenfalls im Juli 2013 mit glyphosathaltigem Herbizid behandelten Schlag der Klägerin angrenzten, erhebliche Mengen dieses Herbizids festgestellt habe. Die Anordnung wurde der Klägerin ausweislich der beim Verwaltungsvorgang des Beklagten befindlichen Postzustellungsurkunde in Kopie zugestellt.
Unter dem 06. November 2014 erließ das LELF gegenüber einem weiteren Mitarbeiter der Klägerin, Herrn T..., eine Anordnung nach § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG und gab ihm ebenfalls auf „Beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln die Grundsätze der Guten fachlichen Praxis einzuhalten, insbesondere die Windgeschwindigkeit zu beachten und die Spritztechnik so einzustellen, dass eine Abdrift auf angrenzende Flächen vermieden wird“. Die Anordnung wurde damit begründet, dass das LELF aufgrund einer Besichtigung und Probennahme am 20. Mai 2014 im Randbereich des Schlags 144000 der Klägerin die Wirkstoffe Chlormequat, Chlorthalonil und Mepiquat festgestellt habe. Das LELF ging davon aus, dass es beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln auf diesem Schlag durch Wind und eventuell eine falsche technische Einstellung an dem Spritzgerät zu einer Abdrift gekommen sei. Zu den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis gehöre auch die Vermeidung von Abdrift auf angrenzende Kulturen durch die Beachtung der Windgeschwindigkeit und Windrichtung sowie die ordnungsgemäße Einstellung der Arbeitstechnik. Das sei offensichtlich nicht der Fall gewesen. Eine Abschrift der Anordnung wurde Herrn T... ausweislich der beim Verwaltungsvorgang des Beklagten befindlichen Postzustellungsurkunde zugestellt. Mit Schreiben vom 26. November 2014 setzte das LELF die Klägerin von dem Vorgang in Kenntnis.
Mit Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2014 wurden der Klägerin auf ihren Antrag vom 15. Mai 2014 Direktzahlungen gemäß Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in Höhe von 509.184,03 EUR bewilligt. Im Übrigen wurde der Antrag der Klägerin abgelehnt. Dies begründete der Beklagte damit, dass die Zuwendung aufgrund eines CC-Verstoßes auf der Grundlage von Art. 24 der VO (EG) Nr. 73/2009 um 5 % gekürzt werde. Ausweislich der „Anlage CC Sanktion (1. Säule)“ resultierte die Kürzung in Höhe von 5 % aus der Vor-Ort-Kontrolle am 20. Mai 2014 und den dort festgestellten Mängeln im Rechtsakt 9 des Anhangs II der VO (EG) Nr. 73/2009 CC Pflanzenschutzrichtlinie und den Prüfkriterien gute fachliche Praxis Pflanzenschutz unter Berücksichtigung der Artikel 23 und 24 der VO (EG) Nr. 73/2009 in Verbindung mit den Artikeln 46, 70 bis 72 der VO (EG) Nr. 1122/2009. Der Beklagte legt dabei das folgende Prüfkriterium zu Grunde: „Beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln ist die gute fachliche Praxis einzuhalten, insbesondere ist die Windgeschwindigkeit zu beachten und die Spritztechnik so einzustellen, dass eine Abdrift auf angrenzende Flächen vermieden wird. Behördliche Anordnungen zur Einhaltung der guten fachlichen Praxis sind einzuhalten.“ Der CC-Verstoß liegt ausweislich der Begründung in einer Zuwiderhandlung gegen eine behördliche Anordnung zur Erfüllung der Anforderungen der guten fachlichen Praxis. Der Verstoß sei als schwer (5 %) zu bewerten. Die Bewertung erfolge gemäß der Bewertungsmatrix der CC-Verstöße zur EU-Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln i.Vm. nationalem Recht. Im Einzelnen wurden wegen des CC-Verstoßes die Betriebsprämie um 25.962,80 EUR, die Umverteilungsprämie 1 um 77,19 EUR, die Umverteilungsprämie 2 um 24,67 EUR und die Erstattung von Mitteln aus der Haushaltsdisziplin des Antragsjahres 2014 um 734,50 EUR, insgesamt 26.799,16 EUR, gekürzt.
Am 19. Januar 2015 legte die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten gegen die Kürzungen Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 19. März 2015 im Wesentlichen wie folgt begründete: Die Probennahmen seien nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden und somit nicht aussagekräftig. Es lägen Anzeichen dafür vor, dass die Proben nicht korrekt seien, da hinsichtlich der Wirkstoffkonzentration keine klare Reihung erkennbar sei. Darüber hinaus sei durch die Abdrift keinerlei Schadensverursachung vorstellbar, da die eingesetzten Mittel den benachbarten Pflanzenbestand nicht schädigten. Im Übrigen sei auch möglich, dass die Mittel von Nachbarn auf ihren Grundstücken oder im Randbereich des Weges eingesetzt worden seien. Ein Abdriftschaden sei ferner auszuschließen, da die Fahrer der Klägerin die strikte Weisung hätten, nur bei Windstille oder sehr geringem Wind die Spritzarbeiten durchzuführen. Die Mitarbeiter der Klägerin bestimmten regelmäßig die Windstärke und spritzten nur bei zugelassenen Bedingungen. Die fragliche Spritzung im Mai 2014 sei unter gut geeigneten Wetterbedingungen erfolgt. Es werde modernste Spritztechnik verwendet, die durch die niedrigstehenden Spritzdüsen und die genaue Applikation eine Abdrift verhindere. Eine plötzliche Böe sei allerdings bei jedem Wetterverhältnis in der offenen Landschaft möglich, was jedoch nicht als fahrlässiges Verhalten zu werten sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2015, der ausweislich des beim Verwaltungsvorgang des Beklagten befindlichen Empfangsbekenntnisses den Bevollmächtigten der Klägerin am 18. Juni 2015 zugestellt wurde, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Der klägerische Betrieb sei auf Grund eines angezeigten Vorkommnisses durch das LELF kontrolliert worden. Der Anzeigende habe dargelegt, dass am 18. Mai 2014 bei starkem Ostwind zum wiederholten Mal im Abstand von fünf bis sechs Metern zum Wohngrundstück gespritzt worden sei. Laut Schlagkartei seien auf der Parzelle 144000-0 am 18. Mai 2014 Medax Top, Aviator XPro und Bravo 500 ausgebracht worden. Am 20. Mai 2014 seien an drei Stellen Proben gezogen worden. Die Probennahme sei ordnungsgemäß nach den Probennahmevorschriften des Handbuches des Pflanzenschutzkontrollprogrammes erfolgt. Hinsichtlich der festgestellten unterschiedlichen Konzentrationen der Wirkstoffe sei entscheidend, dass noch sechs Meter vom Feldrand entfernt Wirkstoffgehalt vorliege, den es entsprechend der amtlichen Abdrifteckwerte für Ackerbauanwendungen dort nicht geben dürfe. Der Einsatz von Technik zur Applikation von Pflanzenschutzmitteln sei entsprechend der guten fachlichen Praxis so zu organisieren, dass es unter Berücksichtigung der Windverhältnisse nicht zur Abdrift auf Nichtzielflächen komme. Auch befänden sich die Wirkstoffe nicht in frei zugänglichen Pflanzenschutzmitteln, weshalb eine Ausbringung durch Dritte an dieser Stelle auszuschließen sei. Der am 20. Mai 2014 festgestellte Verstoß sei als Zuwiderhandlung gegen eine behördliche Anordnung zu werten. Denn bereits am 04. Dezember 2013 sei gegen einen Fahrer der Klägerin, Herrn B..., eine Anordnung nach § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG ergangen, dafür Sorge zu tragen, dass beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln die Grundsätze der guten fachlichen Praxis einzuhalten, insbesondere die Windgeschwindigkeit zu beachten und die Spritztechnik so einzustellen, dass eine Abdrift auf angrenzende Flächen vermieden wird. Darüber sei die Klägerin am 10. Dezember 2013 in Kenntnis gesetzt worden. Dieser Verstoß sei der Klägerin anzulasten, da sie dafür Sorge zu tragen habe, dass die „gute landwirtschaftliche Praxis“ in ihrem Unternehmen eingehalten werde. Durch die erneute nachweisliche Abdrift sei der erlassenen behördliche Anordnung zuwidergehandelt worden. Dieser Verstoß gegen eine behördliche Anordnung im Pflanzenschutz sei als CC-Verstoß nach der einschlägigen Bewertungsmatrix mit 5 % der zu gewährenden Direktzahlungen zu ahnden.
Mit ihrer am 20. Juli 2015, einem Montag, erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ergänzt und vertieft ihren bisherigen Vortrag und führt insbesondere aus: Der Beklagte stelle für die streitgegenständliche Kürzung der Direktzahlungen auf die Zuwiderhandlung gegen eine behördliche Anordnung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG ab. Die erste Anordnung sei gegen Herrn B... ergangen, die zweite gegen Herrn T.... Diese Verstöße könnten der Klägerin nicht zugerechnet werden. Soweit Herr T... bei dem Spritzen des landwirtschaftlichen Schlages eine Abdrift zugelassen habe, sei dies ohne Billigung bzw. Anordnung der Klägerin erfolgt. Ferner sei keinem Vertreter der Klägerin die Möglichkeit gegeben worden, an der Vor-Ort-Kontrolle im Mai 2014 teilzunehmen. Daher sei die Klägerin gehindert wäre gewesen, im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vor Ort selbst Vegetations- und Bodenproben zu nehmen.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten unter insoweitiger Aufhebung von Ziffer 3.1 des Bescheides des Beklagten vom 18. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2015 zu verpflichten, der Klägerin gemäß ihres Antrages vom 15. Mai 2014 eine weitere Betriebsprämie für das Jahr 2014 in Höhe von 25.962,80 Euro, eine weitere Umverteilungsprämie 1 in Höhe von 77,19 Euro, eine weitere Umverteilungsprämie 2 in Höhe von 24,67 Euro sowie einen weiteren Erstattungsbetrag in Höhe von 734,50 Euro zu bewilligen und nebst 0,5 % Zinsen für jeden vollen Monat seit Rechtshängigkeit der Klage auszuzahlen.
2. hilfsweise den Beklagten unter insoweitiger Aufhebung von Ziffer 3.1 des Bescheides des Beklagten vom 18. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2015 zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 15. Mai 2014 auf Bewilligung einer weiteren Betriebsprämie für das Jahr 2014 in Höhe von 25.962,80 Euro, einer weiteren Umverteilungsprämie 1 in Höhe von 77,19 Euro, einer weiteren Umverteilungsprämie 2 in Höhe von 24,67 Euro sowie auf Erstattung eines Betrages in Höhe von 734,50 Euro unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
3. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte tritt der Klage entgegen und führt zur Begründung insbesondere aus: Die Probennahme sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sei nur auf landwirtschaftlichen Flächen zulässig. Da die Wirkstoffe noch sechs Meter von der landwirtschaftlichen Fläche entfernt nachgewiesen werden konnten, liege ein Verstoß gegen die gute landwirtschaftliche Praxis vor. Die behördliche Anordnung gegenüber Herrn B... sei der Klägerin zur Kenntnis gegeben worden mit dem Hinweis, dass im Falle eines erneuten Verstoßes es zu einer Sanktion kommen werde. Über den Verstoß des Herrn T... sei die Klägerin ebenfalls in Kenntnis gesetzt worden. Da die Klägerin die Sicherstellung der Einhaltung der guten landwirtschaftlichen Praxis durch ihre Mitarbeiter nicht nachgewiesen habe, sei ihr der Wiederholungsverstoß zuzurechnen. Im Übrigen sei hinsichtlich der Höhe der Kürzung kein Ermessenspielraum gegeben, da es sich um eine Zuwiderhandlung gegen eine behördliche Anordnung handele.
Der für die Beprobung vom 20. Mai 2014 verantwortliche Mitarbeiter des LELF, Herr T..., und der gegenwärtige Betriebsleiter der Klägerin, Herr F..., sind in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragt worden. Zudem hat das Gericht über die Organisation im landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin bei der Erteilung von Arbeitsaufträgen zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln im Jahr 2014 und bei der Kontrolle der angewiesenen Arbeitsaufträge sowie über die Umstände der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln auf dem Schlag 144000-0 der Klägerin am 18. Mai 2014 Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen T.... Für die Einzelheiten der Befragungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (zwei Heftungen) des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
A. Die Klage hat Erfolg.
I. Die Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
II. Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet.
Die Klägerin hat für das Antragsjahr 2014 einen Anspruch auf eine weitere Betriebsprämie in Höhe von 25.962,80 EUR, eine weitere Umverteilungsprämie 1 in Höhe von 77,19 EUR, eine weitere Umverteilungsprämie 2 in Höhe von 24,67 EUR und eine weitere Erstattung aus Mitteln der Haushaltsdisziplin in Höhe von 734,50 EUR. Die in der jeweiligen Höhe vorgenommenen Kürzungen durch den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2014 und die darin liegende (konkludente) Teilablehnung des Antrags der Klägerin auf Agrarförderung für das Jahr 2014 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Kürzungen ist Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 VO (EG) 73/2009 iVm Art. 71 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) 1122/2009. Die VO (EG) 73/2009 wurde zwar nach Art. 72 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EU) 1307/2013 (VO (EU) 1307/2013) mit Wirkung vom 01. Januar 2015 (vgl. Art. 74 Satz 2 VO (EU) 1307/2013) aufgehoben. Sie gilt nach dem durch Art. 7 Nr. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 eingefügten Art. 72 Abs. 2 Unterabs. 2 VO (EU) 1307/2013 jedoch weiterhin für Beihilfeanträge, die sich – wie hier – auf vor dem 01. Januar 2015 beginnende Antragsjahre beziehen.
Nach Art. 23 Abs. 1 UA 1 VO (EG) 73/2009 wird der Gesamtbetrag der einem Betriebsinhaber zu bewilligenden Direktzahlungen gemäß Art. 24 VO (EG) 73/2009 gekürzt oder gestrichen, wenn die Grundanforderungen an die Betriebsführung in einem Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt werden und dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten ist, der den Beihilfeantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat.
Vorliegend wurden zwar die Grundanforderungen an die Betriebsführung nicht eingehalten (dazu 1.). Dieser Verstoß ist aber nicht unmittelbar der Klägerin als Betriebsinhaberin anzulasten (dazu 2.). Soweit der Beklagte die Erstattung aus Mitteln der Haushaltsdisziplin in die Kürzung einbezogen hat, erweist sich dies darüber hinaus auch deshalb als rechtswidrig, weil es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt (dazu 3.).
1. Nach Art. 4ff. VO (EG) 73/2009 ist die Bewilligung der Betriebs- und der Umverteilungsprämie für das streitgegenständliche Bewilligungsjahr 2014 auch von der Einhaltung sogenannter „anderweitiger Verpflichtungen“ abhängig. Gemäß Art. 4 Abs. 1 VO (EG) 73/2009 muss ein Betriebsinhaber, der Direktzahlungen – wie insbesondere die Betriebs- und die Umverteilungsprämie nach Art. 2 d) Anhang I – bezieht, u. a. die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang II erfüllen. Gemäß Art. 5 VO (EG) 73/2009 werden die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Anhang II in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft in den Bereichen Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen, Umwelt und Tierschutz festgelegt. Die in Anhang II aufgeführten Rechtsakte gelten in ihrer jeweils geltenden Fassung und im Falle von Richtlinien so, wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden.
Zu den bei den Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß den Art. 4 und 5 der VO (EG) 73/2009 zu beachtenden Vorschriften gehört ausweislich Anhang II Nr. 9 der VO (EG) 73/2009 auch Art. 55 Sätze 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (VO (EG) 1107/2009). Art. 55 Sätze 1 und 2 VO (EG) 1107/2009 normieren, dass Pflanzenschutzmittel sachgemäß angewendet werden müssen. Die sachgemäße Verwendung umfasst die Befolgung der Grundsätze der guten Pflanzenschutzpraxis und die Einhaltung der gemäß Art. 31 VO (EG) 1107/2009 festgelegten und auf dem Etikett angegebenen Bedingungen.
Der Begriff der „guten Pflanzenschutzpraxis“ ist in Art. 3 Nr. 18 VO (EG) 1107/2009 legaldefiniert. Eine „gute Pflanzenschutzpraxis“ ist hiernach eine Praxis, bei der die Behandlung bestimmter Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse mit Pflanzenschutzmitteln in Übereinstimmung mit dem durch die Zulassung abgedeckten Verwendungszweck so ausgewählt, dosiert und zeitlich gesteuert wird, dass eine akzeptable Wirkung mit der geringsten erforderlichen Menge erzielt wird, unter Berücksichtigung lokaler Bedingungen und der Möglichkeit einer Bekämpfung mittels geeigneter Anbaumethoden und biologischer Mittel.
Eine Berücksichtigung der in Art. 55 Satz 3 VO (EG) 1107/2009 genannten Richtlinie 2009/128/EG, welche insbesondere durch das nationale Pflanzenschutzgesetz umgesetzt worden ist und welches zugleich die nationalen Vorschriften an die VO (EG) 1107/2009 anpasst, kann vorliegend nicht erfolgen. So nimmt Anhang II Ziffer 9 VO (EG) 73/2009 ausschließlich Bezug auf die Sätze 1 und 2 des Art. 55 VO (EG) 1107/2009. Die Anwendung von Satz 3 wurde demnach vom Verordnungsgeber im Wissen um die Existenz eines Satzes 3 ausgeschlossen. Auch die Formulierung „ferner“ in Satz 3 hebt diesen nach dem Wortsinn von den Inhalten der vorhergehenden Sätze ab und soll gerade zusätzliche, von Satz 1 und 2 nicht erfasste, Vorgaben benennen (so VG Braunschweig, Urteil vom 24. Januar 2018 – 9 A 36/16 –, nicht veröffentlicht; anders, ohne nähere Begründung: VG Würzburg, Urteil vom 27. November 2014 – W 3 K 14.972 –, Rn. 17, juris und VG Lüneburg, Urteil vom 17. Januar 2018 – 1 A 6/16 –, Rn. 22, juris). Mithin können Regelungen des Pflanzenschutzgesetzes, welches die Richtlinie 2009/128/EG in nationales Recht implementiert, insofern nicht direkt angewendet werden; es ist vielmehr auf die genannten Regelungen der VO (EG) 1107/2009 abzustellen, zumal es einer nationalen Umsetzung durch den jeweiligen Mitgliedstaat im Falle von Verordnungen der Europäischen Union gerade nicht bedarf (vgl. Art. 288 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV).
a) Entgegen dem Vorbringen des Beklagten kann die Nichteinhaltung der Grundanforderungen an die Betriebsführung nicht aus dem Grund angenommen werden, dass die Klägerin einer Anordnung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG zuwidergehandelt habe. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 PflSchG darf Pflanzenschutz nur nach guter fachlicher Praxis durchgeführt werden. Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG kann die zuständige Behörde Maßnahmen zur Erfüllung dieser guten fachlichen Praxis erlassen. Zwar können entsprechend den obigen Ausführungen die Vorgaben des Pflanzenschutzgesetzes vorliegend nicht direkt angewandt werden. Es ist jedoch doch davon auszugehen, dass die Nichtdurchführung des Pflanzenschutzes nach guter fachlicher Praxis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 PflSchG auch den Grundsätzen der guten Pflanzenschutzpraxis zuwiderläuft, wie sie in Art. 3 Nr. 18 VO (EG) 1107/2009 definiert sind und somit einen Verstoß gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung im Sinne des Art. 4 VO (EG) 73/2009 darstellt.
Eine solche Anordnung ist gegenüber der Klägerin nicht erlassen worden. Wie die Klägerin zutreffend vorgetragen hat, hat das LELF mit Bescheid vom 04. Dezember 2013 eine Anordnung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG gegenüber einem Mitarbeiter der Klägerin, Herrn B... erlassen. Eine weitere Anordnung des LELF gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG erging gegenüber einem anderen Mitarbeiter der Klägerin, Herrn T..., mit Bescheid vom 06. November 2014. Beide Bescheide sind an die Mitarbeiter der Klägerin persönlich gerichtet. In den Bescheiden heißt es jeweils „Sehr geehrter Herr …, hiermit gebe ich Ihnen zur Verhütung künftiger Verstöße gegen das Pflanzenschutzgesetz oder gegen die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen auf, beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln die Grundsätze der guten fachlichen Praxis einzuhalten, insbesondere die Windgeschwindigkeit zu beachten und die Spritztechnik so einzustellen, dass eine Abdrift auf angrenzenden Flächen vermieden wird“. Beide Bescheide ordnen damit für den jeweiligen Mitarbeiter, dem jeweils ein Verstoß gegen die gute fachliche Praxis vorgeworfen wurde, ein bestimmtes Verhalten an und sind allein an diesen gerichtet. Gegenüber der Klägerin treffen die Bescheide keine Regelung. Die Bescheide wurden der Klägerin lediglich in Kopie und zur Kenntnis übersandt, ohne dass die Pflichten, die die Klägerin treffen sollten, formuliert wurden. Mithin war es ihr auch nicht möglich, den in den Bescheiden erlassenen Anordnungen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG zuwiderzuhandeln.
b) Allerdings ist vorliegend gleichwohl ein Verstoß gegen die gute fachliche Praxis des Pflanzenschutzes gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 PflSchG und somit einen Verstoß gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung im Sinne des Art. 4 VO (EG) 73/2009 zu bejahen. Die Grundsätze der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz wurden gemäß § 3 Abs. 2 PflSchG durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft festgelegt (Bundesanzeiger Nr. 76A vom 21. Mai 2010). Nach Nr. 12 der genannten Grundsätze gilt bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln zum Schutz bestimmter angrenzender Flächen das Folgende: „Pflanzenschutzmittel sollen bestimmungsgemäß und sachgerecht angewandt werden, so dass sie ihre Wirksamkeit entfalten können. Abtrift in benachbarte Flächen verfehlt dieses Ziel und ist unerwünscht. Durch Abtrift können Beeinträchtigungen von Fauna und Flora angrenzender Flächen verursacht werden. (…) Abtrift ist grundsätzlich zu vermeiden (…).“ Gegen diese Grundsätze wurde verstoßen, indem bei der Aufbringung von Pflanzenschutzmitteln am 18. Mai 2014 durch den Zeugen W...eine Abdrift dieser Mittel auf Flächen außerhalb des behandelten Schlages stattfand. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem vorgelegten Bericht der Vor-Ort-Kontrolle am 20. Mai 2014 durch den Mitarbeiter des LELF, Herrn M..., sowie aus dem Prüfbericht, einschließlich der Analyseergebnisse der gezogenen Proben.
Aufgrund der informatorischen Befragung des für die genannte Beprobung verantwortlichen, sachkundigen Mitarbeiters des LELF, Herrn M..., steht es zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beprobung ordnungsgemäß erfolgt ist und dass eine Wirkstoffkonzentration der fraglichen Pflanzenschutzmittel in relevanter Höhe außerhalb des Schlags 144000 der Klägerin festgestellt wurde. Herr M...führte aus, dass er die Beprobung anhand des Handbuchs „Pflanzenschutzkontrollprogramm“ durchgeführt habe. Die Beurteilung der Analyseergebnisse der Beprobung sei auf der der Grundlage der amtlichen Abdrifteckwertkurve erfolgt, die vom Julius-Kühn-Institut herausgegeben werde. Dabei war Herr M...insbesondere in der Lage, die Analyseunsicherheiten nachvollziehbar darzustellen und darzulegen, dass diese in der Bewertung der Ergebnisse der Probenanalyse ausreichend berücksichtigt wurden. Die Klägerin ist den Ausführungen des Herrn M...nicht in qualifizierter Weise entgegengetreten, so dass das Gericht keinen Anlass zur weiteren Beweiserhebung sieht.
c) Die durch das LELF festgellte Abdrift auf Flächen außerhalb der Schläge der Klägerin stellt ebenfalls einen Verstoß gegen § 12 Abs. 2 PflSchG dar. Nach § 12 Abs. 2 PflSchG dürfen Pflanzenschutzmittel auf Freilandflächen nur angewendet werden, soweit diese landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden; sie dürfen jedoch nicht in oder unmittelbar an oberirdischen Gewässern und Küstengewässern angewendet werden. Auch diese Norm kann bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes der „guten Pflanzenschutzpraxis“ in Art. 4 VO (EG) 73/2009 herangezogen werden, da es zweifelsohne zur guten Pflanzenschutzpraxis gehört, Pflanzenschutzmittel nur auf in § 12 Abs. 2 PflSchG beschriebenen Flächen zu verwenden. Hecken, Feldgehölze und Feldraine in der landwirtschaftlichen Flur zählen nicht zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen iSd Pflanzenschutzrechts; auf ihnen ist somit die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln grundsätzlich verboten. (Dombert/Witt, AgrR, Teil D. Verwaltungsrecht und Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 19 Pflanzenschutz- und Düngerecht, Rn. 27). 2. Der Verstoß gegen die gute fachliche Praxis beim Pflanzenschutz und damit gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Art. 23 Abs. 1 UA 1 VO (EG) 73/2009 ist der Klägerin aber nicht unmittelbar anzulasten.
Der Europäische Gerichtshof hat ausgeführt, dass ein durch die Beihilfe Begünstigter für ein Handeln oder ein Unterlassen eines Dritten, der in seinem Auftrag auf seinem Land Arbeiten verrichtet hat, nur verantwortlich gemacht werden kann, wenn das Verhalten des Begünstigten selbst vorsätzlich oder fahrlässig gewesen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2014 – C-396/12 –, Rn. 49, juris). In einem solchen Fall kann das Verhalten des durch die Beihilfe Begünstigten, selbst wenn es dem Verstoß nicht unmittelbar zugrunde liegt, durch die Auswahl des Dritten, dessen Überwachung oder die ihm gegebenen Anweisungen ursächlich für den Verstoß sein (vgl. EuGH, aaO, Rn. 50). Wie die Generalanwältin in ihrem der Entscheidung vorausgegangenem Schlussantrag überzeugend dargelegt hat, ist demgegenüber eine bloße Zurechnung des Fehlverhaltens von Hilfspersonen unabhängig von eigenem Verschulden nach dem Prinzip respondeat superior, das in Deutschland vor allem in § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches seinen Niederschlag gefunden hat, nicht ausreichend (vgl. Schlussantrag vom 24. Oktober 2013, Celex-Nr. 62012CC0396, Rn. 73 ff.).
Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs bezog sich zwar auf die Vorschrift des Art. 67 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 sowie Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1975/2006. Die Vorschrift des Art. 67 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 entspricht aber der Vorschrift des Art. 72 Abs. 1 der hier anzuwendenden VO (EG) 1122/2009 mit Durchführungsbestimmungen zur VO (EG) 73/2009, die den Art. 23 VO (EG) 73/2009 konkretisiert. Dass Art. 72 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 die Höhe der Kürzung im Falle eines vorsätzlichen Verstoßes gegen anderweitige Verpflichtungen zum Gegenstand hat, steht einer Übertragung auf Fälle, in denen – wie hier – nur ein fahrlässiger Verstoß im Raum steht, der Gegenstand des Art. 71 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 ist, nicht entgegen. Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ergeben sich allgemeine Kriterien für die Zurechnung eines Verstoßes gegen anderweitige Verpflichtungen, der auf Handlungen eines Dritten zurückzuführen ist (vgl. zum Ganzen VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 10. Juni 2020 – VG 8 K 1271/15 –, nicht veröffentlicht).
Vorliegend ist nach dem Erkenntnisstand des Gerichts aufgrund des Vortrages der Beteiligten, der vorgelegten Verwaltungsvorgänge und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht davon auszugehen, dass die Klägerin ein eigener Verschuldensvorwurf im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs trifft (dazu a)). Selbst wenn der Klägerin ein solcher Schuldvorwurf gemacht werden könnte, würde es hier an der Kausalität der entsprechenden Pflichtverletzung fehlen (dazu b)).
a) Die Klägerin trifft hinsichtlich der Beauftragung des Zeugen W...zunächst kein Auswahlverschulden (dazu aa)). Auch ein Überwachungsverschulden (dazu bb)) oder Anweisungsverschulden (dazu cc)) kann nicht positiv festgestellt werden.
aa) Die Klägerin trifft kein Auswahlverschulden, soweit sie den Zeugen W...auswählte, auf dem Schlag 144000 Pflanzenschutzmittel auszubringen, da sie zur Überzeugung der Kammer auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls ihrer Sorgfaltspflicht zur sorgfältigen Auswahl genügt hat.
Die der Klägerin obliegende Sorgfaltspflicht zur sorgfältigen Auswahl verlangt von ihr, dass sie eine Tätigkeit nur solchen Personen übertragen darf, die hierfür die gesetzlichen Anforderungen erfüllen und von denen eine gefahrlose Durchführung der Tätigkeit erwarten werden kann. Sie muss sich insoweit von ihren Fähigkeiten, ihrer Eignung und ihrer Zuverlässigkeit überzeugen (BGH, Urteil vom 08. Oktober 2002 – VI ZR 182/01 –, Rn. 16, juris).
Nach dem Ergebnis der Vernehmung des Zeugen W...ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Zeuge W..., der auf das Gericht einen durchweg glaubwürdigen Eindruck machte, über hinreichende Kenntnisse und Fähigkeiten für die ihm übertragene Aufgabe verfügte und sich in der Vergangenheit als zuverlässig erwiesen hat. So hat der Zeuge eine Ausbildung als Landwirt absolviert und ist seit dem Jahr 1996 bei der Klägerin beschäftigt. Darüber hinaus wies der Zeuge W...im Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Aufgabenübertragung zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln auf dem Schlag 144000-0 im Mai 2014 eine etwa dreijährige Erfahrung mit hinreichender Sachkunde in Bezug auf die übertragene Aufgabe auf, da er – nach eigenen Angaben – die Maschine zum Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln seit 2011 mehr oder weniger regelmäßig gefahren sei und sich nur mit einem anderen Fahrer abgewechselt habe. Die Sachkunde des Zeugen W...wird ferner dadurch verdeutlicht, dass er während seiner Befragung angab, regelmäßig an Fortbildungen zur guten fachliche Praxis im Pflanzenschutz teilzunehmen. Schließlich ist das Gericht auch überzeugt, dass sich der Zeuge W...auch im Übrigen als zuverlässig erwies. Bis auf den streitgegenständlichen Vorfall, aufgrund dessen ihm gegenüber die Anordnung nach § 3 Abs. 1 Satz 3 des PflSchG erlassen wurde, sind keine weiteren Erkenntnisse darüber vorhanden, dass der Kläger auch anderweitig pflanzenschutzrechtliche Vorgaben missachtet hätte.
bb) Die Kammer hat ferner nicht feststellen können, dass die Klägerin es unterlassen hat, den Zeugen W...in ausreichendem Maße zu überwachen.
An die Pflicht zur Überwachung von Mitarbeitern, die mit der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln auf landwirtschaftlichen Flächen betraut werden, sind im Interesse des Schutzes der Umwelt im Ausgangspunkt zwar hohe Anforderungen zu stellen. Bei der Beurteilung der Frage, in welcher Art und in welchem Umfang die Überwachung durchzuführen ist, ist aber nicht von starren Regeln auszugehen. Einfluss auf die Überwachungsintensität hat vor allem die praktische Bewährung der betreffenden Mitarbeiter. In dem Maße, wie der Unternehmer im Laufe einer längeren Dienstzeit von der Eignung seines Mitarbeiters überzeugt sein darf, reduziert sich der Umfang der gebotenen Überwachungsmaßnahmen. Dies schließt auch mit ein, von bestimmten Formen der Kontrolle gänzlich abzusehen (vgl. Förster, in: Hau/Poseck, BeckOK BGB, 60. Ed., § 831 Rn. 59 und 62 f.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin ihren Überwachungspflichten in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Zeuge W...im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Vorfalls bereits etwa drei Jahre einer der beiden Fahrer des zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln verwendeten Fahrzeugs. In dieser Zeit bewährte er sich offenbar und erwies sich als zuverlässig, da nicht erkennbar ist, dass der Zeuge W...anderweitig gegen pflanzenschutzrechtliche Vorgaben verstoßen hätte. Hinsichtlich der Überwachung der Mitarbeiter im Betrieb der Klägerin führte der Zeuge W...aus, er sei ab und zu von Herrn R..., dem damaligen Betriebsleiter, kontrolliert worden, könne aber nicht sagen, in welchen Abständen dies geschehen sei. Er habe aber auch jederzeit telefonisch mit Herrn R...Kontakt gehabt. Eine Überprüfung der Angaben des Klägers und eine nähere Sachverhaltsermittlung, wie und in welchem Umfang der damalige Betriebsleiter, Herr R..., den Zeugen bei der Ausführung seiner Tätigkeiten überwacht hat, war nicht möglich, da Herr R...nach Angaben der Klägerin seit Jahren nicht mehr bei ihr tätig sei und die aktuelle Adresse nicht habe ermittelt werden können. Die Kammer hat gleichwohl keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Zeuge, für den aufgrund seiner langjährigen, zuverlässigen Tätigkeit im Betrieb der Klägerin eine reduzierte Überwachungspflicht galt, in ausreichendem Maße überwacht wurde. Dies beruht insbesondere darauf, dass der gegenwärtige Betriebsleiter, Herr H..., während seiner informatorischen Befragung im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte, dass er seit dem 20. Juni 2018 bei der Klägerin beschäftigt und Herr R...den Betrieb etwa ein halbes Jahr, nachdem er selbst begonnen habe, verlassen habe. Er habe daher einen Überblick, wie die Mitarbeiter bisher geführt worden seien. Bei seinem Eintreten in den Betrieb seien keine wesentlichen Abläufe geändert worden, sondern die Abläufe, wie er sie organisiere und durchführe, seien auch in der Vergangenheit so üblich gewesen. Zu der Überwachung von Mitarbeitern erläuterte Herr H..., dass die Durchführung der Mitarbeiter von ihm selbst und einem weiteren Mitarbeiter, der auch ein leitender Mitarbeiter sei, überwacht werde. Er habe das so organisiert, dass er auf verschiedene Arten kontrollieren könne. Er könne natürlich rausfahren und selbst gucken. Er könne auch über GPS schauen, welcher Mitarbeiter gerade wo unterwegs sei und natürlich kontrolliere er auch über das Telefon. Er – bzw. sein Mitarbeiter – fahre regelmäßig raus und schaue sich Dinge an. Aber er könne eben auch telefonisch Anweisungen geben. Die Mitarbeiter seien auch gehalten, sich bei Problemen telefonisch zu melden. Insgesamt lässt dieser Vortrag den Rückschluss zu, dass auch im Zeitpunkt des verfahrensgegenständlichen Vorfalls im Mai 2014 eine nicht zu beanstandende, regelmäßige Kontrolle der Mitarbeiter bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln stattfand. Im Übrigen ist auch der Beklagte den Ausführungen des Herrn H...nicht in qualifizierter Weise entgegengetreten, so dass das Gericht keinen Anlass zur weiteren Beweiserhebung sieht.
cc) Auf der Grundlage der Ausführungen des Zeugen W...und des Herrn H...ist die Kammer auch davon überzeugt, dass der Klägerin im vorliegenden Fall kein Anweisungsverschulden zur Last fällt.
Die der Klägerin obliegende Sorgfaltspflicht zur sorgfältigen Anweisung verlangt von ihr, dass sie durch geeignete Anweisungen sicherstellt, dass der Zeuge W...bei der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgabe nicht gegen die gute fachliche Praxis des Pflanzenschutzes und somit gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung im Sinne des Art. 4 VO (EG) 73/2009 verstößt. Art und Ausmaß der Anweisungen richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Hierbei sind insbesondere die Gefährlichkeit der übertragenen Tätigkeit sowie die Persönlichkeit, Vorbildung und Erfahrung des Angewiesenen zu berücksichtigen (vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 13. September 2018 – 9 A 29/16 –, Rn. 54, juris, unter Verweis auf BGH, Urteil vom 08.10.2002 – VI ZR 182/01 –, Rn. 17, juris, zur Bestimmung des Umfangs bei Überwachungspflichten iRd. § 831 BGB).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Kammer der Auffassung, dass die Klägerin den Zeugen W...bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln auf dem Schlag 144000-0 am 18. Mai 2014 im Rahmen des im Einzelfall erforderlichen Umfanges sachgerecht anwies.
Der Zeuge W...hat hierzu erklärt, dass es immer so sei, dass er morgens in den Betrieb komme und dann gebe es eine Besprechung mit dem unmittelbaren Vorgesetzten. Damals sei das Herr R...gewesen. Er habe die Aufträge in schriftlicher Form ausgegeben. Am 18. Mai 2014 habe er dann auf dem Schlag, auf dem nach seiner Erinnerung Weizen gestanden habe, eine Fungizidmaßnahme durchgeführt. Auch zum damaligen Zeitpunkt habe es Windmesser an Bord gegeben, die er habe nutzen müssen. Nach seiner Erinnerung habe er den Wind gemessen und festgestellt, dass er habe spritzen dürfen. Außerdem habe er dann die Düsen entsprechend eingestellt. Diese Angaben wurden durch die Aussagen des jetzigen Betriebsleiters, Herrn H..., insofern bestätigt, als dieser darlegte, dass es im Betrieb seines Wissens auch vor seinem Eintreten so gewesen sei, dass die Arbeitsaufträge morgens mit den Mitarbeitern im Einzelnen besprochen würden. Es gebe jeden Morgen eine Runde, wo die vorbereiteten Arbeitsaufträge verteilt und besprochen würden. Auch während des Tages überlege er sich, ob bestimmte Arbeiten wegen der Wetterverhältnisse einzustellen oder fortgeführt werden könnten. Die Kammer hat nach Würdigung dieser Aussagen keine Zweifel, dass der Zeuge W...regelmäßig und auch am 18. Mai 2014 unter Beachtung der gebotenen Sorgfalt in seinen Arbeitsauftrag zur Aufbringung von Pflanzenschutzmitteln eingewiesen wurde.
b) Selbst wenn der Klägerin hier ein Verschuldensvorwurf zu machen wäre, würde es nach Ansicht der Kammer an der Kausalität der entsprechenden Pflichtverletzung fehlen. Dieses Erfordernis ergibt sich daraus, dass der CC-Verstoß nach dem Wortlaut des Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 VO (EG) 73/2009 „das Ergebnis“ einer dem Betriebsinhaber unmittelbar anzulastenden Handlung oder Unterlassung, d. h. einer Pflichtverletzung sein muss. Der vorliegende CC-Verstoß wäre dann nicht „das Ergebnis“ einer Pflichtverletzung der Klägerin, wenn der CC-Verstoß auch bei pflichtgemäßen Verhalten nicht zu verhindern gewesen wäre. In diesem Fall hätte sich die Pflichtverletzung nämlich nicht im CC-Verstoß realisiert. So verhielte es sich nach Auffassung der Kammer aber hier, selbst wann man eine Pflichtverletzung der Klägerin annähme.
In Ermangelung einer näheren Regelung im Unionsrecht über die Methode zur Bestimmung der Kausalität ist es Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die Voraussetzungen zu regeln, unter denen die Kausalität zu bejahen ist; diese Voraussetzungen müssen dem Äquivalenzprinzip und dem Effektivitätsprinzip entsprechen, d. h., sie dürfen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die auf Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, und sie dürfen nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 – C-291/03 –, juris, Rn. 17 zur Methode für die Berechnung der Mehrwertsteuer durch Reiseveranstalter). Hieran gemessen dürfen an das Vorliegen der Kausalität der Pflichtverletzung zwar keine strenge Anforderungen gestellt werden, weil die Sanktionen für Verstöße gegen CC-Vorschriften das Ziel haben, die Betriebsinhaber dazu zu bringen, die auf den verschiedenen Gebieten der anderweitigen Verpflichtungen bestehenden Rechtsvorschriften zu beachten (vgl. EuGH, a. a. O., Rn. 52). Mit dieser Anreizfunktion wäre es vor dem Hintergrund des Effektivitätsprinzips nicht zu vereinbaren, analog strafrechtlicher Grundsätze einen praktisch kaum zu führenden Kausalnachweis in dem Sinne zu verlangen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen muss, dass ein pflichtgemäßes Verhalten des Betriebsinhabers den CC-Verstoß verhindert hätte. Vielmehr dürfte es im Sinne der sog. Risikoerhöhungslehre genügen, dass ein pflichtgemäßes Verhalten das Risiko des Erfolgseintritts wenigstens gemindert hätte (vgl. Beck, in: Graf, BeckOK OWiG, 25. Ed., § 130 Rn. 93). Allerdings muss auch in diesem Fall zumindest eine reale Rettungschance bestanden haben. Denn die Rechtsordnung darf von den Rechtssubjekten nicht Unmögliches verlangen (ultra posse nemo obligatur).
Eine solche reale Rettungschance bestand hier nach Auffassung der Kammer nicht. Insoweit führte der Zeuge W...nachvollziehbar aus, dass er selbst keine Erklärung habe, wie es zu der Abdrift gekommen sei. Er führte zum streitgegenständlichen Vorfall ferner glaubhaft aus, er habe den Windmesser aktiviert gehabt und die Windstärke habe etwa 3 km/h betragen, was leichtem Zug entspricht (https://de.wikipedia.org/wiki/Windgeschwindigkeit). Dies wird bestätigt durch den im Internet unter der Adresse www.proplanta.de abgerufenen Wetterrückblick für Wriezen am 18. Mai 2014. Zwischen 11.00 und 17.00 Uhr 3,6 km/h (vgl. Anlage zum Protokoll der Sitzung). Der Kläger hat weiterhin vorgetragen, dass er an der Spritzmaschine die grobtröpfigen Düsen eingestellt habe, so dass die ausgebrachte Flüssigkeit schwerer sei und nicht so leicht vom Wind habe weggeweht werden können. Zudem verfügten die Düsen des Fahrzeugs nach Aussage des Zeugen W...über eine Abdriftminderung von 90 Prozent. Der Zeuge hat weiterhin erläutert, dass das von ihm gesteuerte Fahrzeug eine Arbeitsbreite von 36 m habe. Er könne damit nicht einfach über Grundstücksgrenzen fahren, da dort immer irgendwelche Hindernisse seien, die dies verhindern würden. Er fahre immer erst eine Runde außen herum und dann fahre er das Innenfeld in Bahnen von 36 m ab. Wenn trotz dieser Vorkehrungen aufgrund einer vereinzelten Böe oder eines kurzzeitigen Verziehens des Spritzfahrzeuges es zu einer einmaligen Abdrift kommt, so ist nicht erkennbar, auf welche Weise eine solches Vorkommnis von der Klägerin hätte verhindert werden können, selbst wenn der Zeuge W...ständig überwacht würde.
3. Darüber hinaus ist auch die Höhe der vorgenommenen Kürzung zu beanstanden, soweit der Beklagte darin die Erstattung aus Mitteln der Haushaltsdisziplin einbezogen hat.
Gegenstand der Kürzungen nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 VO (EG) 73/2009 ist der „Gesamtbetrag der Direktzahlungen, der nach Anwendung der Artikel 7, 10 und 11 diesem Betriebsinhaber gewährt wurde oder zu gewähren ist". Nach Art. 2 Buchst. d) VO (EG) 73/2009 meint Direktzahlung eine direkt an Betriebsinhaber geleistete Zuwendung „im Rahmen einer Einkommensstützungsregelung nach Anhang l“. Anhang l der Verordnung bezeichnet in seiner mit Wirkung vom 01. Januar 2014 geänderten und hier maßgeblichen Fassung zwar unter anderem die Betriebsprämie und die Umverteilungsprämie als Stützungsregelungen, nicht aber die auf Art. 26 Absatz 5 und 7 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 beruhende Erstattung von Mitteln aus der Haushaltsdisziplin. Selbst wenn die Erstattung aus Mitteln der Haushaltsdisziplin unter den Begriff der Direktzahlungen zu subsumieren wäre, wäre ihre Einbeziehung bei der Berechnung des Kürzungsbetrags offensichtlich rechtswidrig. Die Kürzung nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 VO (EG) 73/2009 bezieht sich ersichtlich auf den Gesamtbetrag der Direktzahlungen, die dem Betriebsinhaber im Kalenderjahr des Verstoßes gewährt wurde oder zu gewähren ist. Bei der Erstattung von Mitteln der Haushaltsdisziplin geht es jedoch um einen Geldbetrag, um den bereits im Vorjahr der Anspruch auf Direktzahlungen für jenes Vorjahr aus Gründen der Haushaltsdisziplin abgesenkt wurde. Hat die Erstattung folglich ihre Wurzeln in einem Direktzahlungsanspruch für das Vorjahr, kann sie auch deshalb nicht nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 VO (EG) 73/2009 wegen eines Verstoßes im Folgejahr gekürzt werden (vgl. zum Ganzen VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 10. Juni 2020 – VG 8 K 1271/15 –, nicht veröffentlicht).
III. Wegen des Erfolgs des Hauptantrags ist mangels Eintritts der innerprozessualen Bedingungen über den Hilfsantrag (Antrag zu 2.) der Klägerin nicht zu entscheiden.
IV. Soweit der Klägerin für das Antragsjahr 2014 ein Anspruch auf eine weitere Betriebsprämie zusteht, ist die noch zu bewilligende Betriebsprämie für jeden vollen Monat gemäß dem Klageantrag ab 01. August 2015 mit 0,5 % zu verzinsen. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation und der Direktzahlungen (MOG) sind unter anderem Ansprüche auf besondere Vergünstigungen ab Rechtshängigkeit nach Maßgabe der §§ 236, 238 und 239 der Abgabenordnung (AO) zu verzinsen. Die dem Kläger zu gewährende weitere Betriebsprämie ist als Direktzahlung eine besondere Vergünstigung in diesem Sinne (vgl. §§ 1 Abs. 1a, 6 Abs. 1 Nr. 2 MOG; Art. 2 Buchstabe d) VO (EG) 73/2009). Der der Klägerin zustehende Betrag ist entsprechend § 236 Abs. 1 Satz 1 AO vom Tag der Rechtshängigkeit bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Entsprechend § 238 Abs. 1 AO betragen die nur für volle Monate zu zahlenden Zinsen für jeden Monat 0,5 %. Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag gemäß § 238 Abs. 2 AO auf den nächsten durch 50 EUR teilbaren Betrag abgerundet (vgl. zum Ganzen VG Hannover, Urteil vom 18. September 2015 – 11 A 1535/14 –, nicht veröffentlicht; VG Bremen, Urteil vom 27. September 2018 – 5 K 52/17 –, Rn. 65, juris). Auch angesichts der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Nichtigkeit von Säumniszuschlägen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08. Juli 2021 – 1 BvR 2237/14 –, juris) bestehen hieran keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil diese Rechtsprechung nach Auffassung der Kammer nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung auf andere Verzinsungstatbestände nach der AO nicht in Betracht kommt (BVerfG, Beschluss vom 08. Juli 2021 – 1 BvR 2237/14 –, Rn. 242, juris). Nichts Anderes kann nach Auffassung der Kammer für außerhalb der AO geregelte Verzinsungstatbestände gelten, die, wie vorliegend § 14 Abs. 2 MOG, lediglich auf § 238 AO verweisen. Hierfür spricht insbesondere auch, dass anders als § 233a AO, § 14 MOG nicht eine einheitliche Regelung für Erstattungen und Nachforderungen enthält; vielmehr legt die Regelung bei Erstattungen von Vergünstigungen eine Verzinsung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz fest, verweist aber für Ansprüche auf Vergünstigungen auf die §§ 236, 238 und 239 AO.
B. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, weil es der Klägerin aus der Sicht eines verständigen, nicht rechtskundigen Beteiligten nicht zuzumuten war, den Rechtsstreit ohne anwaltliche Hilfe zu führen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.
C. Da die Rechtssache hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 0,5 % für jeden vollen Monat seit Rechtshängigkeit grundsätzliche Bedeutung hat, ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO insofern die Berufung zuzulassen. Im Übrigen ist die Berufung nicht zuzulassen, da ein Berufungszulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO insoweit nicht vorliegt.
Beschluss:
Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes auf 26.779,16 EUR festgesetzt.