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Entscheidung 7 K 7031/19


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 11.04.2022
Aktenzeichen 7 K 7031/19 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2022:0411.7K7031.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin wegen eines unberechtigten Ausweises von Umsatzsteuer diese gemäß § 14c Umsatzsteuergesetz -UStG- deshalb schuldet, weil die Klägerin mit dem Eigentumserwerb an einem Haus gemäß § 566 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis übernommen hat.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung -GmbH-. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 09.05.1990 gegründet und ist im Handelsregister des Amtsgerichts C… unter HRB … eingetragen.

Seit dem 01.01.2014 bestand zwischen ihr als Organgesellschaft und der B… GmbH als Organträgerin eine umsatzsteuerliche Organschaft.

Im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens erwarb die Klägerin durch Beschluss des Amtsgerichts D… vom 26.03.2013 (Aktenzeichen 17 K 49/2006) das Grundstück E…-straße, F…-straße in G…. Dieses war mit einem mehrstöckigen Bürogebäude sowie einer Tiefgarage bebaut (Bild - Exposé im Arbeitsbogen vor Trennblatt 1). Sowohl das Gebäude als auch die Tiefgarage waren größtenteils vermietet. Unter den Mietverträgen befanden sich ein am 23.03.2007 abgeschlossener Mietvertrag mit den H… Fachkliniken und ein am 07.06.2012 abgeschlossener Mietvertrag über Physiopraxisräume (I…). In diesen vom Voreigentümer abgeschlossenen Mietverträgen waren jeweils eine Nettokaltmiete und sonstige Vorschüsse ausgewiesen. Es findet sich der Zusatz „zzgl. 19 % Mehrwertsteuer“ und ein ausgewiesener entsprechender Betrag. In der Folgezeit schloss die Klägerin (nach Mieterwechseln) auch selbst Mietverträge. Darunter befand sich ein Vertrag vom 10.09.2013 über Physiopraxisräume (I…), in denen ausgewiesen ist „+ 19 %“ ohne weiteren Text sowie ein entsprechender Betrag. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Mietverträge verwiesen (Arbeitsbogen, vor Trennblatt 1).

Die Klägerin verbuchte die im Streitjahr vereinnahmten Mieten für dieses Objekt in Höhe von 55.696,61 € zunächst als Bruttomiete und behandelte sie als zum Regelsteuersatz umsatzsteuerpflichtig. Mieten aus dem Mietvertrag mit Frau I… vom 10.09.2013 gingen in dieser Summe nicht ein. Im Zuge der Abschlussarbeiten qualifizierte die Klägerin diese Mieten als umsatzsteuerfrei. Die Aufstellung der betroffenen Beträge findet sich auf Blatt 27 Rechtsbehelfsakte, auf die verwiesen wird.

In ihrer am 27.05.2015 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2013, die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand, erklärte die Klägerin umsatzsteuerfreie Umsätze hieraus in Höhe von 55.696,61 €.

Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2013 bis 2015 durch.

Die Prüferin vertrat dazu die Auffassung, dass sowohl in den Altmietverträgen als auch in den neu abgeschlossenen Mietverträgen Umsatzsteuer mit 19 % ausgewiesen sei. Weil es sich bei den genannten Verträgen um Mietverträge gehandelt habe, für die wegen der von den Mietern erzielten umsatzsteuerfreien Umsätze eine Option der Klägerin zur Steuerpflicht gemäß § 9 Abs. 2 UStG nicht in Betracht komme, handele es sich um einen unberechtigten Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 1 UStG, sodass die Klägerin die Umsatzsteuer hieraus schulde. Die Prüferin berechnete die Umsatzsteuer mit 19 % aus einem Bruttobetrag in Höhe von 55.696,61 € mit 8.892,74 €. Es ergab sich ein Nettobetrag in Höhe von 46.803,87 €, den die Prüferin erhöhend bei der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigte.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 20.02.2018 (vollständig in der Akte Betriebsprüfungsberichte, nur die hier relevanten Auszüge Blatt 1 bis 9 Rechtsbehelfsakte), dort die Textziffern 5 bis 5.3, Anlage 6 und insbesondere Anlage 7, verwiesen.

Der Beklagte folgte der Einschätzung der Prüferin und setzte die Umsatzsteuer 2013 mit Bescheid vom 23.03.2018 gegenüber der Klägerin entsprechend geändert fest. Er minderte die umsatzsteuerfreien Umsätze um 55.696,61 € und erhöhte die Bemessungsgrundlage für Lieferungen und Leistungen zu 19 % um 46.803,87 €. Dies führte zu einer Umsatzsteuerfestsetzung in Höhe von 27.612,05 € und einer Umsatzsteuererhöhung von 8.892,76 €.

Dagegen legte die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 08.04.2018, eingegangen beim Beklagten am 16.04.2018, unter Verweis auf die anlässlich der Betriebsprüfung zu dieser Frage geführte Korrespondenz Einspruch ein und beantragte, den Bescheid aufzuheben.

Zu dem Zuschlag von 19 % in dem Mietvertrag I… vom 10.09.2013 führte die Klägerin aus, dass dieser Zuschlag bewusst unbenannt geblieben sei. Grundsätzlich sei eine Erklärbarkeit des Zuschlags nicht erforderlich. Es handele sich aber nach ihrer internen Auffassung um einen Ausgleich dafür, dass aufgrund der Umsatzsteuerfreiheit der Vermietung das Recht auf Vorsteuerabzug insoweit verloren gehe und ein höherer Abrechnungsaufwand bei Betriebskosten und Nachteile bei anstehenden Reparaturen entstehen würden. Bei den Mietern gebe es solche, die dies akzeptieren würden, und solche, die dies nicht oder nicht in voller Höhe tun würden.

Die als umsatzsteuerfrei behandelten Mieten seien im Jahr 2013 allein aus den Altverträgen H… Kliniken (41.570,52 € Zahlungseingang), Physiotherapie I… (13.007,49 € Zahlungseingang) und Wohnungsbaugesellschaft G… (1.118,60 € Zahlungseingang) erzielt worden. Der Betrag in Höhe von 55.696,61 € setze sich aus verschiedenen Beträgen gemäß der Aufstellung Blatt 27 Rechtsbehelfsakte zusammen. Die Umbuchungen seien in den Kontenblättern ab Blatt 28 Rechtsbehelfsakte ersichtlich. Sie seien unter dem 31.12.2013 bei Durchführung der Abschlussarbeiten erfolgt.

Darüber hinaus könne keine Dauerrechnung und Ergänzung durch die jeweilige monatliche Überweisung angenommen werden. In keiner der streitigen Zahlungen seien von den Mietern Angaben zum Leistungszeitraum gemacht worden. Damit läge bereits keine Rechnung (durch Mietvertrag und Überweisungstext) vor, sodass mangels Rechnung schon aus diesem Grund keine Umsatzsteuer unberechtigt ausgewiesen sei.

Auch sei in den einzelnen Monaten keine Rechnung ausgegeben worden. Wenn überhaupt, könne nur auf das Datum des Vertragsschlusses abgestellt werden. Dies sei bei den H… Kliniken das Jahr 2007, in dem der gesamte Betrag entstanden sei.

Wenn für die Anwendung des § 14c UStG ausreichen solle, dass einige in § 14 UStG geforderte Rechnungsangaben fehlen, so sei anzumerken, dass hier nahezu alle Angaben fehlen würden oder falsch seien. Weder Name und Anschrift des Leistenden, dessen Steuernummer, der Leistungszeitraum, eine fortlaufende Rechnungsnummer, das Entgelt im Sinne von § 31 Abs. 1 UStDV (Nettosumme), der Steuersatz, ein Hinweis auf die Steuerbefreiung seien im Vertrag angegeben. Damit liege schon keine „Rechnung“ vor. Auch in der Zusammenschau mit den monatlichen Überweisungen sei dies nicht anders. Denn in diesen sei der Leistungszeitraum ebenfalls nicht angegeben.

Insgesamt sei eine Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens im Streitfall völlig ausgeschlossen, weil den hier betroffenen Mietern als medizinische Nutzer ohnehin kein Vorsteuerabzug zustehe.

Auch seien die Mietverträge nicht auf sie, die Klägerin, „übergegangen“. Sie sei nach § 566 BGB lediglich in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eingetreten. Dies erstrecke sich nicht auf steuerliche Belange. Damit müsse sich der Erwerber eines Grundstücks gerade nicht formale oder öffentlich-rechtliche Fehler anrechnen lassen, die in der Zeit vor seinem Eigentumserwerb entstanden seien. Es gebe auch keine steuerliche Entsprechung zu § 566 BGB.

Der Beklagte wies den Einspruch mit seiner Einspruchsentscheidung vom 17.01.2019 als unbegründet zurück.

Am 11.02.2019 hat die Klägerin Klage erhoben, auf ihren bisherigen Vortrag während der Betriebsprüfung und im Einspruchsverfahren verwiesen sowie ergänzend ausgeführt, dass sie mit der Übernahme der Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis nicht die steuerlichen Pflichten der Rechtsvorgängerin übernommen habe. Sie selbst habe keine Umsatzsteuer ausgewiesen.

Darüber hinaus könne die Umsatzsteuer nicht im Jahr 2013 entstanden sein. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG entstehe die Steuer im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Der streitgegenständliche Mietvertrag sei im Jahr 2007 unterzeichnet worden. Weitere Rechnungen seien nicht ausgestellt worden. Damit könne eine Umsatzsteuer nicht im Jahr 2013 entstanden sein.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von dem Bescheid vom 23.03.2018 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 17.01.2019 die Umsatzsteuer für 2013 um 8.892,74 € niedriger festzusetzen und

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die in der Einspruchsentscheidung niedergelegten Gründe und führt ergänzend aus, dass es für die Entstehung der Umsatzsteuer nicht (ausschließlich) auf die Ausgabe der Rechnung ankomme. Die Steuer entstehe bei § 14c Abs. 1 UStG gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG in der Fassung bis zum 05.11.2015 in dem Zeitpunkt, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung nach Nummer 1 Buchstabe a) oder Buchstabe b) entstehe, spätestens jedoch im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Im Streitfall sei die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstanden.

Der Klägerin sei auch die fehlerhafte Ausgabe der Rechnung durch den Voreigentümer (in Gestalt des von den Voreigentümern abgeschlossenen Mietvertrages) zuzurechnen. Eine solche Zurechnung sei ausreichend. Es sei nicht erforderlich, dass die Klägerin die Rechnung tatsächlich selbst ausgegeben habe.

Beide Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (Klägerin mit Schriftsatz vom 09.02.2022, Blatt 27 Gerichtsakte, und Beklagter mit Schriftsatz vom 25.02.2022, Blatt 29 Gerichtsakte).

Dem Gericht haben bei der Entscheidung vier Bände Akten des Beklagten (Umsatzsteuer, Rechtsbehelf, Verträge und Betriebsprüfungsberichte) zur Steuernummer … vorgelegen, die dieser für die Klägerin führt, sowie der Arbeitsbogen zur Auftragslistennummer … (HRB).

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- mit Zustimmung der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Der Sach- und Streitstand ist schriftsätzlich ausreichend erörtert. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung des Klageverfahrens durch eine mündliche Verhandlung noch gefördert werden könnte.

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die Klägerin schuldet den streitigen Umsatzsteuerbetrag in Höhe von 8.892,74 € gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG.

Nach dieser Vorschrift schuldet ein Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag ausweist als er nach dem Umsatzsteuergesetz schuldet, auch den Mehrbetrag.

Die Klägerin ist Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG, weil sie ihre auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit selbständig ausübt.

Nach dem Umsatzsteuergesetz schuldete die Klägerin keine Umsatzsteuer aus der Vermietung von Räumlichkeiten an die H… Fachkliniken, als Physiopraxisräume und an die Wohnungsbaugenossenschaft. Denn sie konnte für diese Umsätze nach § 4 Nr. 12 Buchstabe a) UStG nicht gemäß § 9 Abs. 1 UStG optieren. Denn dies war gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG nicht zulässig, weil die Mieter das Grundstück nicht ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt haben, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Dies war im Streitfall gegeben, weil die Umsätze der H… Fachkliniken und der Physiotherapiepraxis zum größten Teil gemäß § 4 Nr. 14 UStG sowie die Umsätze der Wohnungsbaugesellschaft gemäß § 4 Nr. 12 UStG umsatzsteuerfrei sind. Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Auffassung unzutreffend ist.

Weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG ist, dass die Klägerin die überhöhte Umsatzsteuer in einer Rechnung auswies.

Grundsätzlich ist eine Rechnung im Umsatzsteuerrecht die Abrechnung über das Entgelt für eine Lieferung oder sonstige Leistung, die der leistende Unternehmer an den Leistungsempfänger erbracht hat. Dies ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG jedes Dokument, mit dem über eine Leistung abgerechnet wird, gleichgültig wie dieses Dokument im Rechtsverkehr bezeichnet wird. Es ist auch unerheblich, ob der Leistende eine Rechnung stellt oder ob der Leistungsempfänger die Abrechnung mittels Gutschrift erteilt. Dies entspricht den europäischen Vorgaben gemäß Art. 218 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem -Mehrwertsteuersystemrichtlinie- -MwStSystRL-, nach dem die Mitgliedstaaten als Rechnung alle auf Papier oder elektronisch vorliegende Dokumente oder Mitteilungen anerkennen, die den Anforderungen der Art. 219 ff. MwStSystRL genügen (Bunjes/Korn, 20. Auflage München 2021, § 14 Rn. 32).

Bei Dauerschuldverhältnissen kann sich eine Rechnung auch aus verschiedenen Elementen zusammensetzen (Miet- oder Pachtvertrag und monatliche Kontoauszüge oder andere Zahlungsbelege), wobei sich ein Teil der Rechnungsbestandteile wie Leistungsgegenstand, leistender Unternehmer und Leistungsempfänger und - bis auf weiteres - monatliches Entgelt, Steuerbetrag und Steuersatz aus dem Vertrag ergeben und der konkrete Leistungszeitraum aus dem jeweiligen Kontoauszug ersichtlich ist.  Soweit die Zahlungen in der Höhe und zum Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeiten erfolgen und keine ausdrückliche (andere) Zahlungsbestimmung vorliegt, ergibt sich der Zeitpunkt der Leistung nach Abschnitt 14.5 Abs. 17 Umsatzsteuer-Anwendungserlass -UStAE- aus Vereinfachungsgründen durch die Zuordnung der Zahlung zu der Periode, in der sie geleistet wird (Bunjes/Korn, 20. Auflage München 2021, § 14 Rn. 164 mit weiteren Nachweisen).  Nach Abschnitt 14.5 Abs. 17 UStAE reicht es dann, wenn in einem Vertrag - zum Beispiel Miet- oder Pachtvertrag, Wartungsvertrag oder Pauschalvertrag mit einem Steuerberater - der Zeitraum, über den sich die jeweilige Leistung oder Teilleistung erstreckt, nicht angegeben ist, aus, wenn sich dieser Zeitraum aus den einzelnen Zahlungsbelegen, zum Beispiel aus den Überweisungsaufträgen oder den Kontoauszügen, ergibt. Soweit periodisch wiederkehrende Zahlungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in der Höhe und zum Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeiten erfolgen und keine ausdrückliche Zahlungsbestimmung vorliegt, ergibt sich der Zeitpunkt der Leistung aus Vereinfachungsgründen durch die Zuordnung der Zahlung zu der Periode, in der sie geleistet wird. Dabei wird es nicht beanstandet, wenn der Zahlungsbeleg vom Leistungsempfänger ausgestellt wird.

Demgegenüber ist eine Rechnung im Sinne von § 14c UStG ein Dokument, das wegen des Ausweises der Umsatzsteuer abstrakt die Gefahr begründet, vom Empfänger oder einem Dritten zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden. Dabei muss es sich nicht um eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG handeln, die alle Ordnungsmerkmale des § 14 Abs. 4 UStG erfüllt. Ausreichend ist, dass das Dokument den Eindruck erwecken kann, eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG zu sein. Danach reicht es aus, wenn das Dokument den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ausweist. Es gilt dasselbe wie für eine Rechnung gemäß § 14 UStG (Bunjes/Korn, 20. Auflage München 2021, § 14c Rn. 7 und Rn. 8 zur früheren Rechtsprechung, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen mit den Mietverträgen über Räumlichkeiten an die H… Fachkliniken, als Physiopraxisräume und an die Wohnungsbaugenossenschaft Verträge über die Vermietung vor, in denen die Angaben über die vermieteten Räumlichkeiten, den monatlichen Mietzins und gegebenenfalls Nebenkosten und den anzuwendenden Umsatzsteuersatz sowie den Umsatzsteuerbetrag gemacht sind. Zusammen mit den jeweiligen Zahlungsbelegen (Kontoauszüge) ist auch davon auszugehen, dass sich die Leistungszeitpunkte (die Monate, in denen die Leistung jeweils erbracht worden sind) mit der nach Abschnitt 14.5 Abs. 17 UStAE erforderlichen Genauigkeit ergeben.

Damit liegen auch Rechnungen im Sinne von § 14c Abs. 1 UStG vor, in denen die Klägerin ihr zurechenbar Umsatzsteuer ausgewiesen hat, die sie nicht nach dem Umsatzsteuergesetz an sich schuldet.

Die nicht von ihr selbst abgeschlossenen Mietverträge muss sich die Klägerin zusammen mit den weiteren Unterlagen (Kontoauszüge) in der Weise zurechnen lassen, dass eine ihr zuzurechnende Rechnung vorliegt, die sie als Leistende bezeichnet und die sie im Sinne von § 14c Abs. 1 UStG ausgestellt hat.

Nach § 566 Abs. 1 BGB, der gemäß § 578 Abs. 1 und Abs. 2 BGB auch auf die Vermietung von Grundstücken und Räumen, die keine Wohnräume sind, anwendbar ist, tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, wenn der vermietete Raum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten übertragen wird. Ausgehend davon ist die Klägerin durch den Erwerb des Grundstücks in die sich aus den bereits bestehenden Mietverhältnissen ergebenden Rechte und Pflichten eingetreten.

Zusammen mit den Zahlungsbelegen (Kontoauszüge, Überweisungsbelege etc.) bilden die Mitverträge auch Rechnungen der Klägerin gemäß § 14c Abs. 1 UStG. Denn den jeweiligen Mietern ist durch die Klägerin oder in ihr zuzurechnender Weise mitgeteilt worden, dass nach dem Übergang des Eigentums am Grundstück nunmehr die Klägerin die Vermieterin ist. Denn die Miete ist auf dem Bankkonto der Klägerin eingegangen. Dies setzt voraus, dass die Mieter von dem Vermieterwechsel erfahren haben und dass die Klägerin mit der Begleichung der Mietverbindlichkeiten durch Überweisung auf ihr Bankkonto einverstanden war. Durch die Bezeichnung der Klägerin als Zahlungsempfängerin in ihrem Einverständnis stellt der jeweilige Zahlungsbeleg gleichzeitig eine Änderung der Bezeichnung des Leistenden aus dem Mietvertrag und eine Änderung des Rechnungsausstellers dar. Denn die Mieter haben - wie bei einer Gutschrift - im Einverständnis der Klägerin den auf die Klägerin jeweils lautenden Zahlungsbeleg erzeugt und so konkludent auch den jeweiligen Mietvertrag insoweit geändert, dass die Klägerin nunmehr bezeichnet ist.

In der Zusammenschau ist damit eine Beleglage entstanden, die Rechnungen im Sinne des § 14c Abs. 1 UStG darstellen. Denn mit den Mietverträgen und den mit den Zahlungsbelegen verbundenen Anpassungen stehen den Mietern Dokumente zur Verfügung, die wegen des Ausweises der Umsatzsteuer abstrakt die Gefahr begründen, von ihnen zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden. Die dafür erforderlichen Angaben, damit diese Dokumente den Eindruck erwecken können, Rechnungen im Sinne des § 14 UStG zu sein, sind mit den (ausgehend vom Mietvertrag geänderten) Angaben zum Rechnungsaussteller, dem jeweiligen Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer vorhanden.

Die Klägerin war auch mit der Änderung des Rechnungsausstellers gegenüber den vormaligen Mietverträgen einverstanden, weil die Mitteilung der Zahlungsweise auf das Konto der Klägerin erfolgt ist. Damit ist die Erstellung der Zahlungsbelege, soweit dies die Mieter vorgenommen haben, der Klägerin wie eine Gutschrift als eigene zuzurechnen, weil es sich bei ihr um eine Unternehmerin handelt und sie dieser Vorgehensweise nicht widersprochen hat (siehe dazu Bunjes/Korn, 20. Auflage München 2021, § 14c Rn. 9 am Ende zur Zurechnung einer in einer Gutschrift zu hoch ausgewiesenen Steuer durch einen Unternehmer mit weiteren Nachweisen).

Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Mieter dann die Vorsteuer nicht geltend machen können, wenn sie ausschließlich umsatzsteuerfreie Umsätze erzielen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Es kommt nur auf eine abstrakte Gefährdungslage an, die im Streitfall gegeben ist. Zudem ist nicht offensichtlich, dass die Mieter der Klägerin ausschließlich umsatzsteuerfreie und den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze erzielen. Es ist ohne weiteres denkbar, dass die Mieter auch Umsätze erzielen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, was zu einer teilweisen Geltendmachung von Vorsteuer im Wege der Aufteilung gemäß § 15 Abs. 4 UStG führen kann.

Auf den weiteren, von der Klägerin angesprochenen, von ihr selbst abgeschlossenen Vertrag mit der Physiotherapiepraxis, der die Angabe „+ 19 %“ ohne weitere Erläuterungen enthält, kommt es nicht an. Im Streitjahr hat sich die Behandlung dieses Vertrages nicht auf die Umsatzsteuerfestsetzung ausgewirkt. Die Klägerin hat diesen Vertrag nicht zunächst als umsatzsteuerpflichtig behandelt und diese Behandlung im Zuge der Abschlussarbeiten korrigiert. Daher ist für diesen Vertrag kein Teilbetrag in den 55.696,61 € enthalten, die der Beklagte zum Anlass genommen hat, die umsatzsteuerfreien Erlöse zu mindern und (um den daraus errechneten Nettobetrag) die Bemessungsgrundlage der zum Regelsteuersatz steuerpflichtigen Umsätze zu erhöhen. Der Beklagte hat dazu zwar Ausführungen gemacht, dies aber über die Änderung in Bezug auf die 55.696,61 € hinaus nicht zum Anlass genommen, die Umsätze zum Regelsteuersatz über den sich aus 55.696,61 € ergebenden Nettobetrag hinaus noch weiter zu erhöhen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.

Die Revisionszulassung folgt aus § 115 Abs. 2 FGO, weil die Frage ungeklärt ist, welche Folgen die Übernahme von Mietverhältnissen durch neue Eigentümer durch den Erwerb von umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstücken auf den Steuerausweis hat.