Gericht | FG Berlin-Brandenburg 13. Senat | Entscheidungsdatum | 23.06.2022 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 13 K 8105/21 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2022:0623.13K8105.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Bescheid über die Aufforderung zur Änderung der Beitragsordnung vom 12. März 2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2021 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckten Betrages leistet.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Der Kläger, ein LHV, wehrt sich gegen die von dem Beklagten erforderte Änderung seiner Beitragsordnung.
Der Kläger übersandte dem Beklagten am 23. November 2020 die ab 1. Januar 2021 geänderte Beitragsordnung. Diese enthielt unter § 2 Abs. 1 – Beitragshöhe – folgende Regelung:
„Die Beitragshöhe richtet sich nach der Beitragsbemessungsgrundlage. Beitragsbemessungsgrundlage bilden die steuerpflichtigen Einnahmen einschließlich Renten und Unterhaltszahlungen, pauschal versteuerter Arbeitslohn aus Mini-Jobs und pauschal versteuerte Arbeitgeberleistungen, steuerfreie Arbeitgeberleistungen, steuerfreie Stipendien, die Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld, Krankengeld, Elterngeld, Mutterschaftsgeld, usw.), Kindergeld und ausländische Einnahmen des Mitglieds, bei Ehegatten/Lebenspartnern die entsprechenden Einnahmen beider Mitglieder. (…)“
Der Beklagte beabsichtigte zunächst, die Anerkennung des Klägers als LHV gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz -StBerG- zu widerrufen, da die neue Beitragsordnung nicht mit dem Gebot der unentgeltlichen Beratungsleistung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG übereinstimme. Die Mitgliedsbeiträge seien ein pauschaliertes Leistungsentgelt. Ein besonderes leistungsbezogenes Entgelt dürfe daneben nicht erhoben werden. Mit der neuen Beitragsordnung werde durch die Einbeziehung des Kindergeldes in die Bemessungsgrundlage das Gegenteil einer nicht zu beanstandenden Staffelung der Beiträge nach sozialen Kriterien, etwa durch Abstufung nach der Zahl der Kinder, erreicht. Vielmehr sei in dieser Einbeziehung ein verstecktes gesondertes Entgelt zu sehen, da sich für Mitglieder mit Kindern in fast allen Fällen der Beitrag um mindestens eine Stufe erhöhe. Diese Beitragserhöhung stehe in direktem Zusammenhang mit dem erhöhten Arbeitsaufwand, da für jedes Kind eine gesonderte Anlage K auszufüllen sei.
Auf den Einwand des Klägers, der Widerruf der Anerkennung sei unverhältnismäßig, forderte der Beklagte den Kläger in einem mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 12. März 2021 unter Bezugnahme auf die zuvor geäußerte Rechtsauffassung auf, den Leistungsbezug aus der ab 1. Januar 2021 geltenden Beitragsordnung herauszunehmen und ihm eine geänderte Beitragsordnung bis zum 15. April 2021 zu übersenden.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Einspruch vom 23. März 2021, zu dessen Begründung er darauf verwies, die Beitragsordnung verstoße nicht gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StBerG. Auch wirtschaftliche Vorteile, die die Leistungsfähigkeit der Mitglieder erhöhen, dürften in die Beitragsbemessung eingestellt werden. Unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte dürfe die Staffelung des Mitgliedsbeitrages nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds vorgenommen und dabei auch der Bezug von Krankengeld, Elterngeld oder auch steuerfreie Stipendien berücksichtigt werden. Eine Grundlage für den Eingriff in die Satzungsautonomie sei nicht ersichtlich. Auch im Bereich des Sozialhilferechts sei es anerkannt, Kindergeld als Einkommen des Beziehers zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung von Kindergeldzahlungen führten nur in sehr wenigen Fällen zu einer maßgeblichen Erhöhung des Mitgliedsbeitrages. Dies sei aber nicht dem höheren Beratungsaufwand geschuldet. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- sei es zulässig, auch Einkünfte aus Kapitalvermögen oder sonstigen Vermögenswerten zu berücksichtigen.
Der Beklagte wies den Einspruch in der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2021 als unbegründet zurück.
In der Begründung führte der Beklagte aus, die Satzungsautonomie des LHV sei durch den angegriffenen Bescheid nur in dem Maße betroffen, wie es aus Gründen eines übergeordneten öffentlichen Interesses – hier des Schutzes der Steuerrechtspflege – vertretbar sei.
Nach dem Willen des Gesetzgebers erfolge die Zahlung des Kindergeldes nicht zur Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern, sondern als ein staatlicher Beitrag zum Kindeswohl. Ansonsten müsste in den Fällen, in denen der Anspruch auf Kindergeld die nach § 31 Satz 1 Einkommensteuergesetz -EStG- gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes nicht vollständig erfüllt und nach § 31 Satz 4 EStG bei der Einkommensteuerveranlagung die Kinderfreibeträge vom Einkommen abgezogen würden, der den Anspruch auf Kindergeld übersteigende Betrag ebenfalls bei der Beitragsbemessungsgrundlage einbezogen werden. Eine solche Ermittlung entspreche aber nicht den Anforderungen gemäß der Verwaltungspraxis, wie sie in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Bundesländer vom 10. November 2011 niedergelegt sei. Im Sozialrecht werde das Kindergeld nur insoweit dem Einkommen des Beziehers zugerechnet als es nicht zur Bestreitung des notwendigen Unterhalts eines minderjährigen Kindes zu verwenden sei. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit könne nicht ausschließlich auf die Zahlungseingänge des jeweiligen Mitglieds gestützt werden. Vielmehr seien soziale Aspekte insoweit zu berücksichtigen als neben den verfügbaren Mitteln auch die Anzahl der davon lebenden Personen zu berücksichtigen sei. Die Auffassung des Klägers verkenne, dass die Zahlung des Kindergeldes an die Erbringung des Lebensunterhaltes für das Kind gekoppelt sei, während Kapitaleinkünfte oder Lohnersatzleistungen tatsächlich die Leistungsfähigkeit der Mitglieder erhöhten und anders als das Kindergeld der Besteuerung oder dem Progressionsvorbehalt unterworfen seien.
Entgegen der Behauptung des Klägers werde bereits beim Bezug von Kindergeld für das 1. Kind für 5 Monate stets die nächste Beitragsstufe und damit eine Beitragserhöhung erreicht, so dass bis auf wenige Ausnahmen Bezieher von Kindergeld stets von der angegriffenen Regelung in der Beitragsordnung betroffen seien. Wegen der vom Beklagten vorgenommenen Berechnungen im Einzelnen nimmt der Senat gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug. Da für jedes Kind, für das das Mitglied Kindergeld bezieht, eine Anlage „Kind“ zu fertigen sei, stehe die Erhöhung des Mitgliedsbeitrages unmittelbar mit der Anzahl der zu bearbeitenden Anlagen in Korrelation.
Zur Begründung der dagegen am 28. Mai 2021 erhobenen Klage vertieft der Kläger das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und führt weiter aus, mangels einer einfach-gesetzlichen Regelung könne der Verein alle den Mitgliedern zufließenden Geldmittel in die Beitragsbemessungsgrundlage einbeziehen, auch wenn es sich nicht um Bezüge der Eltern im steuerlichen Sinne handele. Der Kläger müsse bei der Abstufung des Mitgliedsbeitrages nicht auf das zu versteuernde Einkommen abstellen. Die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder seien lediglich Verwaltungsanweisungen, keine Normen.
Die in ganz wenigen Fällen zu einer Erhöhung des Mitgliedsbeitrages führende Berücksichtigung der Kindergeldzahlungen sei allein der höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern geschuldet, nicht aber einem höheren Beratungsaufwand.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Aufforderung zur Änderung der Beitragsordnung vom 12. März 2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2021 aufzuheben,
hilfsweise im Falle der Klageabweisung die Zulassung der Revision.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
hilfsweise im Falle der Stattgabe die Zulassung der Revision.
Zur Begründung seines Klageabweisungsantrages nimmt der Beklagte Bezug auf die Begründung der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2021.
Dem Senat hat bei der Verhandlung und Beratung der bei dem Beklagten für den Kläger geführte Verwaltungsvorgang (1 Ordner Bd. II) nebst einem Hefter Rechtsbehelfsakten vorgelegen.
I.
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 1 Satz 1 FGO statthaft.
Die angegriffene Anordnung des Beklagten ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 118 Abgabenordnung -AO-. Die - wohl schon aufgrund der Rechtsbehelfsbelehrung (vgl. Hessisches Finanzgericht -FG-, Urteil vom 2. Februar 2009 –13 K 1506/08–, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2009, 1149) - in die Form des Verwaltungsakts gekleidete Regelung des Einzelfalles besteht darin, dass dem Kläger aufgegeben wird, die Beitragsordnung ab 1. Januar 2021 in dem sich aus dem in der Anordnung in Bezug genommenen Anhörungsschreiben vom 16. Februar 2021 näher umschriebenen Umfang zu ändern.
Die Nichtigkeitsfeststellungsklage gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 FGO ist nicht vorrangig. Der angegriffene Bescheid ist trotz seiner im Text eher versteckten Regelung nicht wegen völliger Unbestimmtheit nach § 125 Abs. 1 i. V. m. § 119 Abs. 1 AO nichtig.
Gemäß § 119 Abs. 1 AO muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Bei einer Unbestimmtheit in sachlicher Hinsicht ist der Verwaltungsakt nur bei völliger Unbestimmtheit nichtig. Das ist der Fall, wenn der Betroffene selbst dem Verwaltungsakt nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht hinreichend sicher entnehmen kann, so dass nicht deutlich ist, was von ihm verlangt wird (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 25. September 1990 -IX R 84/88-, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1991, 120; BFH, Beschluss vom 8. Februar 2001 -VII B 82/00-, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2001, 103 m.w.N.). Der Formulierung des Beklagten im Schreiben vom 16. Januar 2021, auf die der Bescheid Bezug nimmt, ist nachvollziehbar zu entnehmen, dass der Kläger seine Beitragsordnung durch Herausnahme des Kindergeldes aus dem Katalog zur Bemessungsgrundlage ändern sollte.
II.
Der angegriffene Verwaltungsakt in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Der Verwaltungsakt ist jedoch nicht etwa schon rechtswidrig, weil das StBerG eine Auflagenverfügung der Aufsichtsbehörde nicht ausdrücklich vorsieht. Nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 StBerG hat die Aufsichtsbehörde die Anerkennung eines LHV zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für seine Anerkennung nachträglich wegfallen. Da das Gesetz jedoch selbst die gebundene Entscheidung über den Widerruf davon abhängig macht, ob der Verein innerhalb einer angemessenen, von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Frist den dem Gesetz entsprechenden Zustand herbeiführt, ist von einer Befugnis der Behörde zu einer entsprechenden Aufforderung auszugehen.
Im Übrigen ist auch auf Grund der umfassenden Kompetenz zur Aufsicht über die LHV von der Befugnis auszugehen, die Vereine durch entsprechende Verfügungen zu rechtmäßigem Handeln anzuhalten (vgl. BFH, Urteil vom 23. März 1999 -VII R 19/98-, BStBl II 1999, 370, 371).
2. Der Beklagte kann seine Verfügung nicht auf die Regelung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG stützen.
Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG darf nach der Satzung eines LHV für die Hilfeleistung in Steuersachen im Rahmen der Befugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG kein besonderes Entgelt erhoben werden.
Die hier beanstandete Fassung des § 2 Abs. 1 der Beitragsordnung des Klägers, die nach § 4 Abs. 2 der Satzung erlassen worden ist, enthält keine Regelung, die zur Erhebung eines besonderen Entgelts für Beratungsleistungen führt.
Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass es nach dem Wortlaut der Beitragsordnung kein Entgelt neben dem Beitrag und auch keine ausdrückliche Anknüpfung der Beitragshöhe an konkrete Beratungsleistungen gibt. Anders als etwa in dem vom BFH im Urteil vom 9. September 1997 (-VII R 108/96-, BStBl II 1997, 778) entschiedenen Fall wird für die Bemessung des Beitrages nicht an etwa für das jeweilige Mitglied zu erstellende Anlagen angeknüpft.
Entgegen der Ansicht des Beklagten besteht auch kein zwangsläufiger Zusammenhang des Bezugs von Kindergeld mit der Erstellung der Anlage K, der die Annahme eines verdeckten Leistungsentgelts begründet.
Entscheidend ist insoweit zunächst, dass die Mitgliedsbeiträge kein verdecktes Leistungsentgelt darstellen dürfen (vgl. BFH, Urteil vom 9. September 1997 -VII R 108/96-, BStBl II 1997, 778, 779; vgl. auch Bundesgerichtshof -BGH-, Urteil vom 15. Juni 1989 -I ZR 158/87, Der Betrieb -DB- 1989, 2168). LHV sind nach § 13 Abs. 1 StBerG Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Steuersachen. Sie sind nach der Konzeption des Gesetzes nicht dazu bestimmt, ihren Gründern oder den geschäftsführenden Personen eine Grundlage zur Ausübung der Lohnsteuerberatung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zu ermöglichen. Diesem Ziel dient auch das in § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG enthaltene Verbot der Erhebung eines besonderen Entgelts neben dem Mitgliedsbeitrag. Die LHV dürfen demnach ihre an die Mitglieder zu erbringenden Dienstleistungen auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen i. S. d. § 4 Nr. 11 StBerG nicht leistungsbezogen nach Maßgabe einer Gebührenordnung abrechnen. Zur Finanzierung der Beratungsleistungen dienen vielmehr allein die Mitgliedsbeiträge, die wirtschaftlich und auch steuerrechtlich als pauschaliertes Leistungsentgelt für die Hilfeleistung in Lohnsteuersachen anzusehen sind. Durch das in § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG zum Ausdruck kommende Gebot der Unentgeltlichkeit der eigentlichen Beratungsleistung soll sichergestellt werden, dass der LHV als Selbsthilfeeinrichtung nach dem Kostendeckungsprinzip arbeitet, d. h. dass er lediglich Beiträge zur Abdeckung der mit der Tätigkeit des Vereins zwangsläufig verbundenen Kosten erheben darf. Aus der vom Gesetz geforderten Unentgeltlichkeit der Beratungsleistung als solcher folgt, dass sowohl die Beitragspflicht als auch die Beitragshöhe nicht an die vom Verein zu erbringenden Leistungen gekoppelt werden darf.
Die Frage der Festlegung der Beitragshöhe ist Ausfluss der Satzungsautonomie. In dem durch die gesetzliche Vorgabe bestimmten allgemeinen Rahmen genießt auch ein LHV wie der Kläger Autonomie bei der Ausgestaltung seiner Beitragsordnung (vgl. BFH, Urteil vom 26. Oktober 2010 –VII R 23/09–, BStBl II 2011, 188, 190). Eingriffe der Aufsichtsbehörde in die Satzungsautonomie eines LHV sind aber geboten, soweit sich im Wege der Auslegung aus den gesetzlichen Vorschriften zwingende Anforderungen an die Gestaltung der Satzung ergeben. Der Aufsichtsbehörde ist insofern kein Ermessen eingeräumt (vgl. BFH, Urteil vom 23. März 1999 –VII R 19/98–, BStBl II 1999, 370, 373).
Dabei ist die Satzungsautonomie nicht nur durch § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG, sondern auch durch das Kostendeckungsprinzip begrenzt (Schmucker/Rauhöft, Das Recht der LHV, 3. Aufl. 2019, 147 f.; Wacker in: Kuhls u.a., Kommentar zum Steuerberatungsgesetz, 4. Aufl. 2020, § 14 Rn. 35 m.w.N.). Der Mitgliedsbeitrag muss indessen nicht einheitlich gegenüber allen Mitgliedern festgesetzt werden. Eine Staffelung der Mitgliedsbeiträge nach der Höhe der Jahreseinnahmen macht aus den Beiträgen keine Entgelte, die nach der konkreten oder nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab gemessenen Beratungsleistung des Vereins festgelegt wären (vgl. BFH, Urteil vom 26. Oktober 2010 -VII R 23/09-, BStBl II 2011, 188). Vielmehr ist eine Staffelung der Mitgliedsbeiträge nach den Jahreseinnahmen des jeweiligen Mitglieds möglich, und zwar sowohl eine Steigerung bei höheren Einnahmen als auch Ermäßigungen aus sozialen Gesichtspunkten (vgl. Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 7. Aufl. 2015, § 14 Rn. 6). Der Bruttoarbeitslohn sagt etwas über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds aus, so dass eine Verringerung des Beitrags bei weniger Arbeitslohn grundsätzlich geeignet ist, ein brauchbarer Maßstab für eine Beitragsminderung nach sozialen Gesichtspunkten zu sein. Umgekehrt können bestimmte Zurechnungen zum Bruttoarbeitslohn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds erhöhen und deshalb unter sozialen Gesichtspunkten eine verringerte Ermäßigung des Mitgliederbeitrags rechtfertigen (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 24. September 2002 –13 K 4527/00–, EFG 2003, 573).
Als gewichtiges Kriterium für die Annahme eines Leistungsentgelts ergibt sich aus der Abgrenzung der LHV zu den Steuerberatern. Es soll jeder Anschein, auch die LHV rechneten ihre Beratungsleistungen nach einer Gebührentabelle ab, vermieden werden. So spricht etwa der BFH in seinem Urteil vom 26. Oktober 2010 (-VII R 23/09-, BStBl II 2011, 188) von einer „etwa zu argwöhnende[n] Verbindung von Beitragshöhe und erwarteter Beratungsleistung“, wenn er die proportionale Staffelung der Mitgliedbeiträge nach den Jahreseinnahmen für grundsätzlich zulässig hält. Dass bei entsprechender Ausgestaltung der in die Bemessungsgrundlage aufzunehmenden Einnahmen bestimmte Arbeiten bei der Erstellung der Steuererklärung auszuführen sind, stellt allein noch keine unzulässige Verbindung zwischen einer konkreten Beratungsleistung und der Beitragshöhe dar. Ansonsten wäre konsequent nur ein abstrakt errechneter gleicher Beitragssatz für alle Mitglieder vertretbar. Allein in der Staffelung der Beiträge nach den anlässlich der Beratungsleistung ermittelten Einkommensverhältnissen des Mitglieds ein Indiz dafür zu sehen, dass der LHV keinen eigentlichen Beitrag erhebt, sondern ein Entgelt für die konkrete Beratungsleistung (so aber BGH, Urteil vom 15. Juni 1989 -I ZR 158/87-, DB 1989, 2168), geht an der Zweckrichtung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG vorbei. Eine Übertragung der wettbewerbsrechtlich motivierten Rechtsprechung des BGH auf das Aufsichtsverfahren nach dem StBerG hält der Senat daher nicht für sachgerecht.
Unter Anwendung der zuvor geschilderten Grundsätze durfte der Beklagte dem Kläger nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG nicht die Auflage machen, die Bemessungsgrundlage für die Mitgliedsbeiträge ohne Berücksichtigung des Kindergeldes zu regeln.
Dabei gibt der Senat dem Kriterium der Vermeidung des Anscheins, auch die LHV rechneten ihre Beratungsleistungen nach einer Gebührentabelle ab, den Vorrang. Bei der vom Kläger gewählten Satzungsbestimmung ist nichts dafür ersichtlich, dass die Mitglieder des Klägers argwöhnen könnten, zwischen der Beratungsleistung und der Beitragshöhe bestünde eine Verbindung. Vielmehr geht der Betrag, den die Mitglieder als Kindergeld erhalten, lediglich als Rechnungsposten in die Berechnung der Bemessungsgrundlage ein. Darin unterscheidet sich diese Einnahme aus der Sicht des Mitglieds nicht von den anderen Einnahmen, die ebenfalls in diese Berechnung eingehen.
Dagegen spricht auch nicht das Argument der Anlage „Kind“, da bei Vorliegen von ausländischen Einnahmen, deren Berücksichtigung von dem Beklagten nicht beanstandet worden ist, ebenfalls Anlagen zu erstellen sein können. Die formale Anknüpfung an die Notwendigkeit der Fertigung bestimmter Anlagen überzeugt schon deshalb nicht, weil die organisatorische Grundentscheidung, ob bestimmte Angaben in einer Anlage gemacht werden müssen, allein der Finanzverwaltung obliegt. Dass Änderungen im Aufbau der Steuererklärung Einfluss auf die Einordnung bestimmter Einnahmen im Hinblick auf die Ausführung bestimmter Leistungen haben sollen, erschließt sich dem Senat nicht.
Ein schädlicher Eindruck im vorbezeichneten Sinne ergibt sich auch nicht aus der Kombination mit der Staffelung der Beiträge. Die Höhe der Einnahmen sagt etwas über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds aus. Dementsprechend ist eine Verringerung des Beitrags bei weniger Einnahmen bzw. eine Erhöhung bei höheren Einnahmen grundsätzlich geeignet, ein brauchbarer Maßstab für eine Beitragsregelung nach sozialen Gesichtspunkten zu sein. Wenn jedoch eine solche Staffelung grundsätzlich einer Abstufung nach sozialen Gesichtspunkten entspricht, dann bleibt die Beitragsordnung auch dann rechtmäßig, wenn sie im Einzelfall zu ähnlichen Ergebnissen wie eine Bezahlung nach dem Geschäftswert führt (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 24. September 2002 -13 K 4527/00-, EFG 2003, 573).
Lässt sich schon kein hinreichend belastbarer Zusammenhang zwischen dem Bezug des Kindergeldes und einer bestimmten Beratungsleistung herleiten, fehlt der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht, in Wahrheit handele es sich bei der beanstandeten Regelung um einen verkappten Beitrag für die Kinder selbst, erst recht die Grundlage.
Die Kinder selbst werden durch die Berücksichtigung des Bezuges von Kindergeld in keiner Weise in das Mitgliedschaftsverhältnis der Anspruchsberechtigten zum Kläger einbezogen. Bereits die Konstruktion des Kindergeldes lässt die Annahme eines solchen Zusammenhangs nicht zu. Die Kinder sind nicht Anspruchsberechtigte; nach § 62 Abs. 1 EStG haben bestimmte Steuerpflichtige Anspruch „für Kinder“. Daher ist die Überlegung, dass die Beratungsleistungen – wenn auch verdeckt – für die Kinder selbst und nicht für das anspruchsberechtigte Mitglied erbracht werden, nicht tragfähig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.
Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Rechtsfortbildung zugelassen, um dem BFH Gelegenheit zu geben, die Rechtsprechung zu den Grenzen bei der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage für Mitgliedsbeiträge von LHV fortzuentwickeln.