Gericht | OLG Brandenburg 7. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 24.08.2022 | |
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Aktenzeichen | 7 U 213/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0824.7U213.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 28.10.2021, Az. 6 O 26/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem jeweiligen Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
Der Kläger nimmt im Urkundenprozess den Beklagten als ehemaligen Mitgesellschafter der … GbR auf Zahlung von Beratungshonorar aus einem Beratervertrag in Anspruch, den er mit der GbR am 30.08.2012 (Anl K1, Bl. 23) geschlossen hat und der hinsichtlich seiner Laufzeit mit weiteren Verträgen jedenfalls bis zum 31.07.2015 (Anl K 3, Bl. 26) verlängert worden ist. Eine weitere Verlängerung bis zum 31.07.2017 ist zwischen den Parteien streitig (Anl K4, Bl. 27). Gegenstand des Vertrages war die Beratung hinsichtlich des Bauprojekts (X). Nach dem Vertrag sollte dem Kläger eine monatliche Vergütung von 4.500 € zuzüglich Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe gezahlt werden. Auf diese monatliche Vergütung erhielt der Kläger unstreitig von der GbR Zahlungen in Höhe von 40.000 € am 20.08.2013 und in Höhe von 4.500 € am 20.12.2013. Weitere Zahlungen wurden nicht geleistet.
Mit Schreiben vom 01.11.2017 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten den Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für die von ihm gegenüber der Gesellschaft erbrachten Beratungsleistungen in Höhe von 100.000 € geltend. Der Beklagte ist durch Beschluss vom 19.12.2017 aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden. In einem zwischen dem Kläger und der Gesellschaft sowie den übrigen Gesellschaftern geführten Rechtsstreit (5 O 73/18 LG Neuruppin, 7 U 99/19 Brandenburgisches Oberlandesgericht) einigten sich die Parteien in einem am 16.12.2020 geschlossenen Vergleich (Anl E 4, Bl. 404) unter anderem darauf, dass der Beklagte mit Wirkung zum 31.12.2016 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte hafte persönlich für die Vergütung, da es sich um eine Verbindlichkeit aus einem Drittverhältnis der Gesellschaft handele, bei dem er der Gesellschaft wie ein nicht an der Gesellschaft beteiligter Dritter als Vertragspartner gegenüberstehe. Er hat behauptet, er habe im gesamten Zeitraum vom Leistungsbeginn im März 2012 bis August 2015 Leistungen erbracht. Er hat hierzu Ausdrucke von E-Mail-Nachrichten zu der von ihm für die Gesellschaft geführten Korrespondenz vorgelegt und die Ansicht vertreten, dass sich die tatsächliche Leistungserbringung auch daraus ergebe, dass sein Vertrag mehrfach von den Gesellschaftern verlängert worden sei. Er hat zudem vorgetragen, er sei aufgrund seines Vertrages mit der Gesellschaft berechtigt gewesen, sich einen Vorabgewinn zuschreiben zu lassen, aus dem sich ein zusätzlicher Gewinnanspruch in Höhe der Vergütung für die Beratungsleistung für ihn ergebe. Daher sei sein Kapitalkonto erhöht worden und er sei zur Gewinnentnahme berechtigt. Dem Kläger sei vorab ein jährlicher Gewinnanteil zuzuweisen gewesen, der infolge dessen sein Kapitalkonto erhöht und einen Entnahmeanspruch begründet habe. Es sei ein entnahmefähiger Vorteil in sein Kapitalkonto eingestellt worden. Im Einzelnen verweist er auf ein Schreiben der Steuerberaterin der GbR (Anlage K 110, Bl. 419 ff.). Die anderen Gesellschafter hätten keine Tätigkeiten erbracht, um das operative Geschäft der GbR auszuführen.
Er hat vorrangig die Vergütung für den Zeitraum Januar bis Mai 2015 geltend gemacht und auf landgerichtlichen Hinweis den auf das Vertragsverhältnis mit der Gesellschaft gestützten Zahlungsanspruch unter Berücksichtigung eigener anteiliger Haftung im Innenverhältnis um den Zeitraum von Januar 2017 bis Februar 2018 vorsorglich hilfsweise erweitert (Bl. 318), sofern die Kammer an ihrer Auffassung festhalte, dass der Kläger nicht berechtigt sei, die vertragliche Vergütung ohne Kürzung um einen eigenen Haftungsanteil geltend zu machen. Für den Zeitraum Januar 2015 bis 20. Mai 2015 hat er einen Anspruch von monatlich 5.355 € geltend gemacht, den er berechnet auf 4,66 Monate mit gerundet 25.000 € angegeben hat (Bl. 65). Für die Monate Januar 2017 bis Februar 2018 hat er den Beklagten mit der hilfsweise erklärten Erweiterung auf insgesamt 18.750 € in Anspruch genommen (Bl. 319).
Er ist der Ansicht gewesen, nicht verpflichtet zu sein, die GbR oder die früheren Mitgesellschafter in Anspruch nehmen zu müssen, da der Beklagte sich ebenfalls gegenüber der Gesellschaft treuwidrig verhalten, die Zustimmung zu einer für die Veräußerung von Wohnungen wichtigen Teilungserklärung verweigert und eine weitere Einlage, die alle anderen Gesellschafter erbracht hätten, nicht geleistet habe.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 25.000 € nebst Zinsen zu verurteilen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat eingewandt, der Kläger habe keine Leistungen erbracht und keine Rechnungen gelegt. Ein Zahlungsanspruch sei nicht begründet und jedenfalls nicht fällig. Dem Kläger stehe aber überdies deshalb kein Anspruch auf Zahlung zu, weil er sich ausweislich eines Schreibens der Steuerberater der GbR für die Zeit vom 01.03.2012 bis zum 31.12.2016 eine Vorabentnahme habe gutschreiben lassen (Anl E3, Bl. 198). Er habe mithin das Honorar aufgrund dieser Gutschriften auf seinem Gesellschafterkonto bereits erhalten. Die von ihm jetzt vorgetragenen Tätigkeiten hätte der Kläger bereits aufgrund seiner Aufgabe als Geschäftsführer erfüllen müssen. Sein eigener Anteil habe darin bestanden, das Bauprojekt den übrigen Gesellschaftern durch seine Kontakte verschafft zu haben. Hinsichtlich der Vergütung für den Zeitraum von Januar 2017 bis Februar 2018 hafte er nicht, weil er an der Vertragsverlängerung nicht mehr beteiligt gewesen sei, es fehle an der seiner Auffassung nach notwendigen Einstimmigkeit der Beschlussfassung. Überdies hat er die Einrede der Verjährung hinsichtlich der für den Zeitraum ab Januar 2017 geltend gemachten Ansprüche erhoben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung von 25.000 € aus dem mit der GbR geschlossenen Beratervertrag nicht zustehe. Der vertragliche Anspruch habe dem Kläger wie einem Außenstehenden gegenüber der Gesellschaft zustehen sollen, so dass die gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter für diese Verbindlichkeit begründet sei. Insofern müsse der Kläger sich seinen von ihm im Innenverhältnis zu tragenden Anteil anrechnen lassen, weil er anderenfalls etwas fordern würde, was er sofort zurückzugewähren hätte. Zudem müsse er berücksichtigen, dass die Gesellschafter aufgrund der Treuepflicht gehalten seien, einander nur in Höhe des letztlich von jedem Gesellschafter zu tragenden Anteils in Anspruch zu nehmen. Soweit nach Abzug der Anteile von jeweils 6.250 € für jeden Gesellschafter ein auf den Beklagten entfallender Anteil verbleibe, sei weiter Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Mitgesellschafter, dass die Gesellschaft keine zur Begleichung der Drittverbindlichkeit verfügbaren Mittel habe. Dies sei nicht ausreichend dargelegt, insbesondere deute ein hoher nicht von Vermögenseinlagen gedeckter Verlustanteil auf möglicherweise erhebliche Überentnahmen hin.
Gegen das am 03.11.2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.12.2021 Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 01.02.2022 an diesem Tag begründet hat.
Zur Begründung seines Rechtsmittels führt der Kläger aus: Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass er wegen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet sei, zunächst seine Mitgesellschafter in Anspruch zu nehmen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung habe der von einem Gesellschafter-Gläubiger in Anspruch genommene Mitgesellschafter zwar einen Freistellungs- und im Fall der Zahlung einen Aufwendungsersatzanspruch gegenüber der Gesellschaft; dies stehe aber nicht seiner Haftung im Außenverhältnis entgegen. Unrichtig sei es weiter, dass das Landgericht angenommen habe, der Gesellschafter-Gläubiger müsse sich stets die Mithaftung der übrigen Gesellschafter entgegenhalten lassen. Vielmehr gebiete die Treuepflicht nur im Einzelfall eine Einschränkung der Inanspruchnahme der Mitgesellschafter. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte sich selbst auch treuwidrig verhalten habe; mit seinen Ausführungen dazu habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt.
Die Verlängerung des Beratervertrages sei auch hinsichtlich ihrer zeitlichen Einordnung nicht unklar, sie müsse notwendig vor Beendigung der auf den 31.07.2015 befristeten Verlängerung beschlossen worden sein. Die Verlängerung habe mit Mehrheitsentscheidung beschlossen werden können. Spätestens mit dem Ausscheiden des Beklagten sei der von den übrigen Gesellschaftern beschlossene Vertrag wirksam geworden.
Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag zur Buchung des Honorars aus dem Beratervertrag als Vorabgewinn aus den Einnahmen der Gesellschaft.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 28.10.2021 – 6 O 26/21 – den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 25.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
hilfsweise,
das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 28.10.2021 – 6 O 26/21 – aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Neuruppin zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wendet ein, dass der Kläger es versäumt habe, sich damit auseinander zu setzen, dass die Erweiterung der Klage auf den Zeitraum seiner streitigen Tätigkeit von Januar 2017 bis Februar 2018 unbegründet sei, da er die Einrede der Verjährung erhoben habe.
Zudem hätten die Gesellschafter in § 5 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages vereinbart, dass sie im rechtsgeschäftlichen Verkehr gegenüber Gläubigern der Gesellschaft unter Ausschluss der gesamtschuldnerischen Haftung nur anteilig (quotal) im Verhältnis ihrer Anteile am Gesellschaftsvermögen haften wollten. Zutreffend sei zudem die Auffassung des Landgerichts, dass die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eine lediglich anteilige Inanspruchnahme des Beklagten begründe. Ferner verteidigt er die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass die Verlängerung des Vertrages über die Beratertätigkeit nicht hinreichend dargelegt und mit Beweisantritten unterlegt sei. Schließlich wiederholt er seine Auffassung, dass die bilanzielle Berücksichtigung der Vergütung als Guthaben auf dem buchhalterischen Gesellschafterkonto die Inanspruchnahme des einzelnen Gesellschafters im Wege der subsidiären Haftung für Schulden der Gesellschaft ausschließe.
Ergänzend wird wegen des Sach- und Streitstandes auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung aus einem mit der GbR … geschlossenen Beratervertrag aus § 675 BGB, § 128 HGB analog.
1.
Voraussetzung der persönlichen Haftung des Beklagten für Ansprüche eines Gesellschafters aus einem Vertragsverhältnis mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist der Abschluss eines Vertrages, der außerhalb des Gesellschaftsvertrages mit dem Mitgesellschafter geschlossen wird und Leistungsansprüche des Gesellschafters begründet, die sich nicht bereits aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben (MüKoBGB-Schäfer, BGB § 705 Rn. 208; Staudinger/Habermeier, BGB (2003), § 705 Rn. 45).
Der Kläger hat hier einen Vertrag mit der Gesellschaft als „Berater“ geschlossen, der eine monatliche Vergütung vorsieht. Eine vertragliche Verpflichtung, Beratungsleistungen bei der Baubetreuung zu übernehmen, war im Gesellschaftervertrag nicht vorgesehen (GV, Anl E2, Bl. 192 ff.). Dies spricht für die Vereinbarung eines Drittgeschäfts, das zudem, wie der Beratervertrag vom 30.08.2012 vorsieht, eine umsatzsteuerpflichtige Leistung, also eine eigene Leistung des Klägers gegenüber der Gesellschaft vorsah. Als Vergütung ist darin ein Betrag von 4.500 € zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart (Anl K1, Bl. 24), der monatlich gezahlt werden sollte.
Der Beklagten wendet gegen die Vereinbarung eines Drittgeschäfts indes erheblich ein, dass der Vertrag von den Parteien des Beratervertrages in der Folgezeit nicht als Drittgeschäft behandelt worden ist. Der Kläger stellte zunächst Rechnungen und erhielt Zahlungen der Gesellschaft nur über Nettobeträge (Bl. 21 sowie Anl BB1, Bl. 528 f.). Später unterblieb die Rechnungslegung vollständig. Sein mit nachgelassenem Schriftsatz vom 09.08.2022 für seine Rechtsauffassung angeführter Vortrag, dass er über die Umsatzsteuerpflicht seiner Leistung im Irrtum gewesen sei, ist infolge der ausdrücklichen vertraglichen Regelung nicht glaubhaft.
Die Frage der Vergütung der Tätigkeit des Klägers haben die Gesellschafter schließlich ausdrücklich klarstellend abweichend von einem Drittgeschäft geregelt. So fügte der Kläger in der von dem Beklagten vorgelegten Aufstellung über die Buchungskonten der Gesellschafter unter der Überschrift „Gesellschaftereinlagen“ (Anl. E1, Bl. 137) für die Jahre 2012 bis 2016 unter „Beraterverträge“ (roter Balken) seinem Konto für den Zeitraum von März 2012 bis Dezember 2016 einen Anteil von 75 % des Honorars, nämlich 195.750 € (= 58 Monate x 4.500 € x 75 %), also den von den übrigen Gesellschaftern im Verhältnis zu ihm zu tragenden Anteil als Gutschrift hinzu und brachte hiervon die tatsächlich geleisteten Auszahlungen von 40.000 € und 4.500 € in Abzug.
In Übereinstimmung damit haben die Steuerberater der Klägerin (Anl E3, Bl. 198 ff.), die die Jahresabschlüsse 2012 bis 2016 für die GbR erstellt haben, in ihren Buchungen ebenfalls die Vergütung aus dem Beratervertrag als Gewinnanspruch des Klägers verbucht (Bl. 199). Sie führten hierzu aus (Bl. 199):
„(...)
Die Verteilung des Gewinns kann den Anlagen zur Feststellungserklärung entnommen werden. Wir haben gemäß der vorliegenden Beschlüsse Herrn G… für seine Tätigkeiten vor 2012 im Kalenderjahr 2012 einen Vorabgewinn in Höhe von 25.000 € zugewiesen. Weiterhin sind Herrn G… monatliche Vorabentnahmen für seine Arbeiten in Höhe von 4.500 € ab März 2012 gewährt worden.“
Der Kläger, dem Gelegenheit gegeben worden ist, diese rechtliche Behandlung der mit dem Kläger vereinbarten Vergütung als Gewinnanspruch zu erläutern, hat den Vortrag des Beklagten mit dem nachgelassenen Schriftsatz bestätigt. Die Gesellschafter J…, V… und der Kläger haben in einem am 28.02.2016 einstimmig gefassten Beschluss (Anl. BB 3) entschieden:
„Die anwesenden Gesellschafter beschließen einstimmig, dass die Zahlungen in Höhe von 4.500 € monatlich vom Beratervertrag vom 30.08.2012 zwischen der GbR … und S… G… als Vorabgewinn zu verstehen sind.“
Danach haben sie die uneindeutige Praxis der vertraglichen Regelung mit dem Kläger dahin klargestellt, dass dem Kläger in Höhe der Vergütung ein Gewinnanspruch in ihrem Verhältnis zusteht.
Zu einer solchen Regelung waren die Gesellschafter auch befugt. Die Regelung von individuellen Gewinnansprüchen, die gesellschaftsvertraglich nicht vorgesehen sind, betrifft das Recht aller Gesellschafter als mitgliedschaftliches Recht und damit die Grundlagen der Gesellschaft. Änderungen in diesem Bereich sind grundsätzlich nur einstimmig und unter Beteiligung aller Gesellschafter zulässig (vgl. zur Feststellung von Gewinnansprüchen in der Bilanz BGH, Urteil vom 29.3.1996 - II ZR 263/94, NJW 1996, 1680, juris Rn 9; Urteil vom 18.04.2005, II ZR 55/03, ZIP 2006, 1368 Rn. 10 f.). Der Beschluss vom 28.02.2016 ist einstimmig gefasst worden, allerdings ohne Mitwirkung des Beklagten, der zum 31.12.2016 aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurde. Von der Verpflichtung zur Mitwirkung aller Gesellschafter bei der Änderung der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen abweichend sieht § 8 Nr. 9 GV (Bl. 195) vor, dass Änderungen des Gesellschaftsvertrages mit einer Mehrheit von nur 75 % beschlossen werden können, es sei denn, es handele sich um Beschlüsse über Nachschüsse, die die Gesellschafter leisten müssen.
Die Klarstellung, es handele sich bei dem Anspruch des Klägers um einen Gewinnanspruch führt zur Unbegründetheit des geltend gemachten Anspruchs. Sozialverbindlichkeiten müssen gegen die Gesellschaft als Anspruchsgegnerin erhoben werden, solange die Gesellschaft besteht. Für die Forderung haftet das Gesellschaftsvermögen, daneben besteht keine persönliche Haftung. Die persönliche Haftung würde gegen den Ausschluss von Nachschüssen durch die Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen verstoßen, § 707 BGB. Etwas anderes gilt erst im Fall der Liquidation: Die Gesellschafter sind gemäß § 735 BGB dann zum Ausgleich des sich abschließend ergebenden Verlusts verpflichtet. Gleiches gilt für einen vorzeitig ausscheidenden Gesellschafter, der ebenfalls für den bei Abrechnung sich ergebenden negativen Saldo im Umfang seines Anteils zum Ausgleich verpflichtet ist, § 739 BGB. Ein gegen den Beklagten gerichteter Anspruch auf anteiligen Ausgleich eines sich zum Zeitpunkt seines Ausscheidens ergebenden Verlusts bedürfte einer zum 31.12.2016 erstellten Auseinandersetzungsbilanz, § 738, § 739 BGB. Ergibt sich ein Verlust, so hat der Beklagten diesen nach seinem Anteil an der Gesellschaft auszugleichen, § 739 BGB. Aktivlegitimiert für die Geltendmachung des Verlusts wäre die Gesellschaft, nicht der Kläger aus eigenem Recht.
2.
Die hilfsweise begründete Klage wegen einer Vergütung für Leistungen nach dem 1.1.2017 hat ebensowenig Erfolg. Die Beschlussfassung vom 28.02.2016 über die Vereinbarung der Vergütung von Beratungsleistungen als Vorabgewinn ist zeitlich nicht beschränkt und bezieht sich auch auf die Verlängerungen des Beratervertrages. Der Vertrag vom 30.08.2012 war bei Beschlussfassung bereits bis zum 30.04.2013 und bis zum 31.07.2015 verlängert worden (Anl K2 u. K3, Bl. 25, 26). Auch nach der streitigen Verlängerung des Vertrages über den 31.07.2015 hinaus bis zum 31.07.2017 (Anl K4, Bl. 27) wären erbrachte Leistungen von der Vereinbarung über den Vorabgewinn erfasst.
Zudem bestehen Zweifel an der wirksamen Verlängerung des Vertrages über den 31.07.2015 hinaus (Anl K4, Bl. 27), die nach dem klägerischen Vortrag vor dem Ausscheiden des Beklagten vereinbart worden sein soll. Die Verlängerung ist nicht datiert und nicht vom Beklagten, sondern nur von den Gesellschaftern J… und V… unterzeichnet, die bei Vertragsabschluss die Gesellschaft vertraten. Der Abschluss des Beratervertrages im Jahr 2015 (so behauptet) wäre nach dem klägerischen Vortrag ein von der Gesellschaft mit dem Kläger abgeschlossenes Rechtsgeschäft, an dem der Kläger als geschäftsführender Gesellschafter gemäß § 181 BGB nicht wirksam mitwirken konnte. Die Vertretung der Gesellschaft ist im Gesellschaftsvertrag in § 6 erwähnt, allerdings nicht ausdrücklich geregelt. Die Geschäftsführung soll den Gesellschaftern gemeinschaftlich zustehen, wenn nicht ein Beschluss über die Geschäftsführung vorliegt (§ 6 Abs. 1 GV, Bl. 193). Dem geschäftsführenden Gesellschafter kann die Befugnis erteilt werden, die Gesellschaft allein zu vertreten, § 6 Abs. 2. Dass die Gesellschafter J… und V… geschäftsführende Gesellschafter waren, ist nicht vorgetragen. Geht man für die Vertretung gegenüber dem Kläger mangels abweichender Regelung von einer der Gesamtgeschäftsführung § 709 BGB folgenden Gesamtvertretung aus, bedurfte die Vertragsverlängerung der Vertretung durch alle verbleibenden Gesellschafter. Diese lag jedenfalls bei Unterzeichnung vor dem 31.12.2016 mangels Beteiligung des Beklagten nicht vor.
Für Ansprüche des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB aufgrund tatsächlicher Leistungserbringung als Berater im Zeitraum ab dem 01.01.2017 haftet der Beklagte nicht, da die tatsächlichen Leistungen nach seinem Ausscheiden erbracht wurden.
Schließlich wären die ab dem 01.01.2017 entstandenen Vergütungsansprüche auch verjährt. Der Kläger hat mit dem Schriftsatz vom 03.07.2020 seine Klage ergänzend hilfsweise auf Vergütungsansprüche für den Zeitraum ab dem 01.01.2017 erweitert. Die Klageerweiterung muss dem Beklagten zugestellt werden, damit Rechtshängigkeit eintritt, § 261 Abs. 2 ZPO. Anderenfalls tritt Rechtshängigkeit erst mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wird. Die mündliche Verhandlung, in der der Kläger den Klageantrag aus der Klageschrift gestellt und auf seinen klagebegründenden Vortrag Bezug genommen hat, § 137 Abs. 3 ZPO, war am 17.08.2021 (Protokoll Bl. 431). Zu diesem Zeitpunkt wären die im Jahr 2017 nach seinem Vortrag begründeten Vergütungsansprüche bereits verjährt gewesen, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB,
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 2, § 709 Satz 2 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.
Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird auf 25.000 € festgesetzt, § 47 Abs. 1, § 48 Abs. 1 GKG.