Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 30.08.2022 | |
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Aktenzeichen | OVG 10 S 27/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0830.OVG10S27.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 2 S 2 GG, Art 33 Abs 4 GG, Art 33 Abs 5 GG, § 1 FinDAG, § 6 FinDAG, § 9 FinDAG, § 80 Abs 5 VwGO, § 123 Abs 1 VwGO, § 146 Abs 4 VwGO |
Zum vorbeugenden Eilrechtsschutz gegen die vorzeitige Entlassung eines Mitglieds des Direktoriums der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Mai 2022 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf bis zu 65.000,00 EUR festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Ankündigung des Bundesministeriums der Finanzen, die Bundesregierung um einen Beschluss über ihre Entlassung als Mitglied des Direktoriums der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu ersuchen.
Die Antragstellerin war als Beamtin auf Lebenszeit Abteilungspräsidentin (Besoldungsgruppe B 2) bei der BaFin. Durch Vertrag vom 1. März 2016 mit der Antragsgegnerin übernahm sie für eine Amtszeit von acht Jahren das Amt der Exekutivdirektorin der BaFin für den Bereich Innere Verwaltung und Recht.
Die BaFin wurde zum 1. Mai 2002 im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen durch Zusammenlegung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen, des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen und des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel als bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet (§ 1 Abs. 1 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes – FinDAG). Zu ihren gesetzlichen Aufgaben gehören u.a. die Übernahme der jenen Bundesämtern übertragenen Aufgaben (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FinDAG) und die ihr nach anderen Bestimmungen übertragenen Aufgaben einschließlich der Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit dem Aufbau und der Unterstützung ausländischer Aufsichtssysteme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 FinDAG). Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Antragstellerin am 1. März 2016 wurde sie von einem Direktorium bestehend aus dem Präsidenten und vier Exekutivdirektoren geleitet (§ 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 FinDAG in der Fassung der Änderung durch Art. 10 des am 26. November 2015 in Kraft getretenen Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 20. November 2015, BGBl. I S. 2029 – FinDAG 2015). Den Exekutivdirektoren oblag die Verantwortung für ihren jeweiligen Geschäftsbereich (§ 6 Abs. 3 Satz 2 FinDAG 2015). Es gab vier Geschäftsbereiche: Neben den drei Geschäftsbereichen Bankenaufsicht, Versicherungsaufsicht und Wertpapieraufsicht war das der von der Antragstellerin übernommene Geschäftsbereich Querschnittsaufgaben/Innere Verwaltung (§ 6 Abs. 4 FinDAG 2015), der die zentralen Querschnittsaufgaben des Rechts und der Compliance umfasste.
Aktuell sind bei der BaFin sechs Geschäftsbereiche eingerichtet (§ 1 Abs. 2 des Organisationsstatuts für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – OsBaFin –, zuletzt geändert durch Beschluss des Direktoriums der BaFin vom 30. März 2022, Internetportal www.bafin.de unter „Die BaFin“/„Grundlagen & Organisation“/„Rechtsgrundlagen“). Im Gegensatz zu allen anderen Geschäftsbereichen besteht der von der Antragstellerin jetzt verantwortete Geschäftsbereich „Innere Verwaltung“ nur aus einer Abteilung („Organisation, Haushalt und Finanzen“) mit sechs Referaten und sind die ursprünglich von der Antragstellerin verantworteten Querschnittsbereiche Recht und Compliance einem anderen Geschäftsbereich zugewiesen, der von einer mit der Wahrnehmung der Geschäfte betrauten Abteilungspräsidentin geleitet wird (Organigramm vom 1. Juni 2022, Internetportal www.bafin.de unter „Die BaFin“/„Grundlagen & Organisation“/„Organigramm“)
Die Mitglieder des Direktoriums stehen in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zum Bund (§ 9 Abs. 1 Satz 1 FinDAG). Ihre Rechtsverhältnisse werden durch § 9 FinDAG und im Übrigen durch Verträge geregelt, die das Bundesministerium der Finanzen mit den Direktoriumsmitgliedern schließt (§ 9 Abs. 6 Satz 1 FinDAG) und die der Zustimmung der Bundesregierung bedürfen (§ 9 Abs. 6 Satz 2 FinDAG). Wird ein Bundesbeamter zum Mitglied des Direktoriums ernannt, scheidet er mit Beginn des Amtsverhältnisses aus dem bisherigen Amt aus (§ 9 Abs. 7 Satz 1 FinDAG). Für die Dauer des Amtsverhältnisses ruhen die Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis (§ 9 Abs. 7 Satz 2 FinDAG).
Das vertraglich vereinbarte jährliche Amtsgehalt der Antragstellerin betrug 190.000 Euro brutto (Nr. 2 des Vertrages vom 1. März 2016) und unterlag einer vertraglich vereinbarten Anpassung im Verhältnis von Veränderungen des Grundgehaltes von Bundesbeamten der Besoldungsgruppe B 10 (Nr. 3 des Vertrages). Nach Angaben der Antragstellerin betrug es zuletzt 219.690,72 Euro brutto. Nach Nr. 7 Satz 1 des Vertrages vom 1. März 2016 tritt die Antragstellerin gemäß § 9 Abs. 8 FinDAG in den einstweiligen Ruhestand, wenn sie aus ihrem Amt ausscheidet. Das Ausscheiden aus dem Amt erfolgt u.a. mit Entlassung durch den Bundespräsidenten auf Beschluss der Bundesregierung aus wichtigem Grund (§ 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG, Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c des Vertrages vom 1. März 2016) und dabei insbesondere u.a. wegen einer wesentlichen und grundlegenden Veränderung des Amtes infolge politischer oder organisatorischer Maßnahmen (Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c dritter Spiegelstrich des Vertrages).
Am 25. Juni 2020 stellte die Wirecard AG, ein international tätiges deutsches Unternehmen, das sich u.a. mit Finanzdienstleistungen befasste, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Kurz zuvor war in den Medien berichtet worden, dass eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft das Testat für den Jahresabschluss 2019 der Wirecard AG verweigere. Unmittelbar vor der geplanten Veröffentlichung seines lange erwarteten Jahresabschlusses 2019 habe das Unternehmen die Vorlage erneut verschoben. Der Abschlussprüfer habe die Wirecard AG darüber informiert, dass es über die Existenz von im Konzernabschluss zu konsolidierenden Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro keine ausreichenden Prüfungsnachweise gebe (Bericht des 3. Untersuchungsausschusses, BT-Drs. 19/30900 vom 22. Juni 2021, S. 87).
In der Folge des Geschehens um die Wirecard AG (zur Wahrnehmung des Geschehens in der Öffentlichkeit: Bericht des 3. Untersuchungsausschusses, BT-Drs. 19/30900, S. 87 – 89) wurde Ende Januar 2021 das Ausscheiden des Präsidenten der BaFin zum 1. April 2021 und das Ausscheiden der Exekutivdirektorin für den Geschäftsbereich Wertpapieraufsicht und Vizepräsidentin der BaFin zum 1. Mai 2021 bekannt („BaFin verliert Führung wegen Wirecard“, FAZ vom 29. Januar 2021, www.faz.net/-gqe-a827f; „Termin steht fest: BaFin-Vizechefin E...R... geht zum 1. Mai“, www.boerse-online.de vom 2. Februar 2021).
Als weitere Folge des Geschehens um die Wirecard AG erging das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) vom 3. Juni 2021 (BGBl. I S. 1534), das am 1. Juli 2021 in Kraft trat. In der Begründung des Gesetzentwurfes heißt es (BT-Drs. 19/26966 vom 24. Februar 2021, S. 1):
„Die Funktionsfähigkeit des deutschen Finanzmarktes ist für die deutsche Wirtschaft und für den Wohlstand der Bundesrepublik Deutschland von zentraler Bedeutung. Manipulationen der Bilanzen von Kapitalmarktunternehmen erschüttern das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt und fügen ihm schweren Schaden zu. Jüngste Vorkommnisse haben gezeigt, dass insbesondere die Bilanzkontrolle gestärkt und die Abschlussprüfung weiter reguliert werden müssen, um die Richtigkeit der Rechnungslegungsunterlagen von Unternehmen sicherzustellen. Verbesserungsbedarf besteht aber auch hinsichtlich der Aufsichtsstrukturen und der Befugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bei der Prüfung von Auslagerungen seitens der Finanzdienstleistungsunternehmen. Der Entwurf zielt auf die Umsetzung der vordringlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung und dauerhaften Stärkung des Vertrauens in den deutschen Finanzmarkt.“
Dazu gehörten auch Änderungen des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes, welche die Befugnisse der BaFin wesentlich ausweiteten und die Leitungsstruktur der BaFin fortentwickelten, insbesondere die Anpassungen in und zwischen den Geschäftsbereichen flexibilisierten, um die Organisation der BaFin leichter als Allfinanzaufsicht an neue Gegebenheiten auf dem Markt oder an Herausforderungen in der Aufsicht anpassen zu können, die Verantwortung für die Organisationsstruktur und Finanzierung der BaFin zu zentralisieren und die Verantwortung des Präsidenten und seine Steuerungsfunktion für die Organisation als Ganzes zu stärken (vgl. BT-Drs. 19/29879, S. 149). U.a. wurden die gesetzlichen Festlegungen der Mitgliederzahl des Direktoriums der BaFin (§ 6 Abs. 1 Satz 2 FinDAG 2015) und der Geschäftsbereiche des Direktoriums (§ 6 Abs. 4 FinDAG 2015) gestrichen und die Amtszeit der Direktoriumsmitglieder gekürzt (Art. 4 Nr. 4 und 5 FISG).
Am 22. Juni 2021 veröffentlichte der Deutsche Bundestag den Bericht des 3. Untersuchungsausschusses, der sich mit dem Geschehen um die Wirecard AG befasst hatte. In einem gemeinsamen Sondervotum der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke wird u.a. die Leitung des von der Antragstellerin verantworteten Geschäftsbereichs der BaFin bewertet. In diesem Geschäftsbereich seien unter Compliance-Gesichtspunkten „erschütternde Feststellungen“ zu treffen. Die Antragstellerin trage maßgeblich dafür Verantwortung, dass die von den BaFin-Bediensteten „beinahe schon exzessiv“ getätigten privaten Finanzgeschäfte die BaFin in Verruf gebracht hätten, ohne dass eine Überprüfung möglicher Interessenkonflikte erfolgt sei (BT-Drs. 19/30900, S. 1947). Insbesondere die für Innere Verwaltung und Recht zuständige Exekutivdirektorin der BaFin habe das Thema „private Finanzgeschäfte“ seit Jahren nicht beachtet (BT-Drs. 19/30900, S 1949). Die Reputation der BaFin sei durch die mangelnde Kontrolle der privaten Finanzgeschäfte „enorm“ geschädigt worden und könne unter der derzeitigen Exekutivdirektorin auch nicht glaubhaft wiederhergestellt werden (BT-Drs. 19/30900, S. 1950). In die Zuständigkeit der Antragstellerin falle ebenso die „berüchtigte“ Hinweisgeberstelle der BaFin, die im Fall Wirecard dafür bekannt geworden sei, dass sie „Whistleblower“ bei Kontaktaufnahmen auf Englisch abgeblockt habe und Hinweisen nicht in angemessener Form nachgegangen sei (BT-Drs. 19/30900, S. 1947). Die Antragstellerin sei dafür verantwortlich, dass Hinweise von „Whistleblowern“ insbesondere im Fall Wirecard nicht oder nur unzureichend zur Kenntnis genommen, ausgewertet und zum Anlass von Maßnahmen genommen worden seien. Nach einem Bericht der Zeitung „Handelsblatt“ bestätigten die Analysen der Innenrevision und der Unternehmensberatung Roland Berger, dass es in dem von der Antragstellerin verantworteten Bereich Nachbesserungsbedarf gebe (BT-Drs. 19/30900, S. 1951).
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2021 teilte das Bundesministerium der Finanzen der Antragstellerin mit, dass es beabsichtige, auf einen Beschluss der Bundesregierung hinzuwirken, der vorsehe, den Bundespräsidenten gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG zu bitten, sie als Exekutivdirektorin der BaFin aus wichtigem Grund zu entlassen. Zur Begründung führte das Schreiben aus, die beabsichtigte Entlassung beruhe auf der bis Ende 2021 erfolgenden organisatorischen Umstrukturierung der BaFin. In deren Folge würden zentrale Aufgaben verlagert und der bisherige Geschäftsbereich der Antragstellerin auf rein betriebliche Funktionen fokussiert werden. Daraus ergebe sich ein verändertes Kompetenzprofil für die Leitung des neu zugeschnittenen Geschäftsbereichs. Die organisatorischen Maßnahmen führten zu einer wesentlichen und grundlegenden Veränderung des der Antragstellerin übertragenen Amtes im Sinne des Entlassungsgrundes nach Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c dritter Spiegelstrich des mit ihr geschlossenen Vertrages. Außerdem hätten der Bundesminister der Finanzen und der Präsident der BaFin nicht das erforderliche Vertrauen, dass unter der Leitung des in Rede stehenden Geschäftsbereichs durch die Antragstellerin die technologische Transformation und die Personalentwicklung gelingen könnten, die beide für das laufende Projekt zur Modernisierung der Bundesanstalt von überragender und zentraler Bedeutung seien. Leider bestehe auf Seiten des Bundesministeriums der Finanzen und der Leitungsebene der BaFin nicht das erforderliche Vertrauen, dass dies unter Leitung der Antragstellerin als Exekutivdirektorin gelingen könne. Die Antragstellerin erhalte Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen ab Erhalt des Schreibens.
Die Antragstellerin nahm mit anwaltlichem Schreiben vom 29. November 2021 Stellung und wandte sich gegen ihre Entlassung als rechtswidrig.
Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2022 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Köln unter Hinweis auf eine am 9. Februar 2022 beabsichtigte Beschlussfassung des Bundeskabinetts den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Das Verwaltungsgericht Köln hat das Verfahren an das Verwaltungsgericht Berlin verwiesen, das den Antrag abgelehnt hat. Gegen diesen ablehnenden Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
Die Antragsgegnerin hat dem erkennenden Senat am 27. Mai 2022 telefonisch mitgeteilt, dass eine Befassung des Kabinetts über die Entlassung der Antragstellerin nicht unmittelbar bevorstehe. Zugleich hat sie zugesichert, bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens von einer Befassung des Kabinetts über die streitgegenständliche Entlassung der Antragstellerin abzusehen, und diese Zusicherung mit Schriftsatz vom 1. Juni 2022 bestätigt.
II.
Die Beschwerde mit dem sinngemäßen Antrag,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu untersagen, dem Bundeskabinett den im Schreiben vom 14. Oktober 2021 an die Antragstellerin angekündigten Beschlussentwurf vorzulegen, um die Antragstellerin als Exekutivdirektorin der BaFin aus wichtigem Grund zu entlassen,
hat keinen Erfolg. Soweit sie den Darlegungsanforderungen nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gerecht wird, nach denen sie sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss, statt nur auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen, dieses zu wiederholen oder der Bewertung des Verwaltungsgerichts lediglich die eigene Bewertung gegenüberzustellen, ist sie jedenfalls unbegründet. Die innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Vielmehr ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO schon unzulässig (1.). Ungeachtet dessen fehlt weiterhin die Darlegung eines Anordnungsanspruchs (2.).
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur einstweiligen Verpflichtung der Antragsgegnerin, die der Antragstellerin angekündigte Kabinettsvorlage über ihre Entlassung zu unterlassen, erweist sich mangels eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses der Antragstellerin für eine Gewährung vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutzes bereits als unzulässig. Das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO hier statthaft sei, oder ob sich die Antragstellerin nicht auf einen nachträglichen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen eine etwaige Entlassung verweisen lassen müsste, denn der Antrag sei jedenfalls unbegründet (EA S. 5). Indessen macht die Beschwerdeerwiderung der Antragsgegnerin (Schriftsatz vom 13. Juli 2022, S. 1) zu Recht geltend, dass der Eilantrag bereits unstatthaft sei.
Es kann offenbleiben, ob sich ein späterer Antrag, wie das Verwaltungsgericht angedeutet hat, nach § 80 Abs. 5 VwGO richten würde oder ob – mangels eines Verwaltungsakts – ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zu stellen wäre, etwa weil die vertragliche Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses (§ 9 Abs. 6 FinDAG), die auch Beginn, Dauer und Ende des Amtes umfasst (vgl. Nr. 1 und 7 des Vertrages der Antragstellerin vom 1. März 2016), dafür sprechen könnte, dass die gesetzlichen Regelungen über die Ernennung und Entlassung ebenfalls im Sinne vertraglicher Erklärungen zu verstehen sind. Die einseitige Entlassung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG könnte als gegenläufige Rechtshandlung zum Vertragsschluss anzusehen sein und damit – ähnlich wie eine Kündigung nach § 60 VwVfG – als eine einseitige empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung zur Beendigung des Vertragsverhältnisses und nicht als Verwaltungsakt (zur Kündigung eines Vertrages nach § 60 VwVfG vgl. Bonk/Neumann/Siegel, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 60 Rn. 36; Brosius-Gersdorf, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht – VwVfG, Stand: August 2021, § 60 Rn. 75 und 88; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Juni 2002 – 8 A 10236/02 – juris, Rn. 34; a.A. für das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis der Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit wohl Weckmann, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage, § 382 SGB III [Stand: 15.01.2019] Rn. 47, der in Anlehnung an das – gerade nicht geltende – Beamtenrecht die Aushändigung und Entgegennahme der Ernennungsurkunde nach § 382 Abs. 3 Satz 1 SGB III nicht als Angebot und Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, sondern als rechtsgestaltenden mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt ansieht und dafür ohne nähere Begründung auf eine Kommentierung zu § 10 BBG verweist). Die Frage bedarf hier keiner Entscheidung, weil die Antragstellerin in jedem Falle den Beschluss der Bundesregierung über ihre Entlassung abwarten und um (Eil-)Rechtsschutz nachsuchen kann, sobald der Bundespräsident ankündigt, dass er den Regierungsbeschluss vollziehen und ihr die Entlassungsurkunde überreichen wolle (§ 9 Abs. 2 Satz 3, 5 und 7 FinDAG).
Verwaltungsrechtsschutz ist grundsätzlich nachgängiger Rechtsschutz. Das folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), welcher der Gerichtsbarkeit nur die Kontrolle der Exekutivtätigkeit aufträgt, ihr aber grundsätzlich nicht gestattet, bereits im Vorhinein gebietend oder verbietend in den Bereich der Exekutive – hier: der Bundesregierung und ggf. auch des Bundespräsidenten – einzugreifen. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt darum ein System nachgängigen – ggf. einstweiligen – Rechtsschutzes bereit und geht davon aus, dass dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich ausreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – BVerwG 2 C 52.17 – juris Rn. 37). Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfordert daher regelmäßig den Erlass einer Maßnahme, der nachfolgend Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete Anordnungen der Verwaltung – oder hier: der Bundesregierung – ist daher grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2016 – BVerwG 2 C 18.15 – juris Rn. 19).
Ausnahmsweise ist nach ständiger Rechtsprechung vorbeugender Rechtsschutz dann zulässig, wenn ein besonderes schützenswertes Interesse gerade an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes besteht, weil der Verweis auf den nachgängigen Rechtsschutz – einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes – mit für den Kläger bzw. Antragsteller unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018, a.a.O., Rn. 37 m.w.N.), d.h. wenn dem Betroffenen ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Behörde tätig werden wird, nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht. Eine derartige Ausnahmekonstellation liegt insbesondere bei drohenden Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren vor, die an verwaltungsrechtliche Vorfragen anknüpfen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2016, a.a.O., Rn. 20).
Diese besonderen Voraussetzungen einer Ausnahme zulässigen vorbeugenden Rechtsschutzes liegen für den hier gestellten Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht vor. Es ist der Antragstellerin ohne Weiteres zuzumuten, den Beschluss der Bundesregierung über ihre Entlassung abzuwarten. Folgt man ihrem eigenen Vorbringen zu einem eingeschränkten Prüfungsrecht des Bundespräsidenten mit Blick auf die Verfassungsgemäßheit der Entlassung (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 31; für die ähnliche Regelung beim Vorstand der Bundesagentur für Arbeit vgl. Weckmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, a.a.O., § 382 Rn. 46: „formelles und materielles Prüfrecht auf Rechtsfehler“; a.A. Wendtland, in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand: März 2022, § 382 SGB III Rn. 16: jedenfalls keine „materielle Prüfungskompetenz“; vgl. auch Attendorn/Geppert, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommentar, 4. Auflage 2013, § 116 Rn. 48 zum Ernennungsverfahren nach § 3 Abs. 3 und 4 BEGTPG für das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis – § 4 Abs. 1 BEGTPG – des Präsidenten und der Vizepräsidenten der Bundesnetzagentur: „materielles Prüfungsrecht“ des Bundespräsidenten), so dürfte sie wohl außerdem die Ankündigung des Bundespräsidenten über das Aushändigen der Entlassungsurkunde abzuwarten haben, bevor sie – auch nur vorläufigen – Rechtsschutz gegen die Entlassung sucht. Der Senat erkennt keine Rechtfertigung dafür, hier schon dem Beschluss der Bundesregierung vorzugreifen. Die Antragstellerin vermag auch im Beschwerdeverfahren keinen Grund aufzuzeigen, der es verfassungsrechtlich rechtfertigen könnte, die Gewaltenteilung zu durchbrechen und hier im Wege vorbeugenden einstweiligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes einem Mitglied der Bundesregierung das Einbringen einer Kabinettvorlage zu verbieten.
Warum schon durch die bloße Vorbereitung der internen Willensbildung der Bundesregierung über ihre Entlassung ein „Reputationsschaden“ eintreten soll, der „sich nicht wiedergutmachen“ ließe und „im Nachhinein nicht mehr zu beheben“ sei (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 31, ebenso auf S. 35), erschließt sich nicht, zumal es über die Antragstellerin schon die veröffentlichte Einschätzung von drei Bundestagsfraktionen in dem gemeinsamen Sondervotum zum Bericht des 3. Untersuchungsausschusses (BT-Drs. 19/30900, S. 1947, 1949, 1950 und 1951) sowie mehrere Medienberichte (Handelsblatt vom 23. November 2021 und vom 13. April 2022, im Internetportal www.handelsblatt.com unter „Finanzen“ / „Banken + Versicherungen“ / „Finanzaufsicht“) gibt. Ebenso wenig verfangen die Hinweise auf eine gleichzeitig mit der Entlassung der Antragstellerin beabsichtigte Ernennung eines Nachfolgers bzw. einer Nachfolgerin und auf „eine vergleichbare Situation wie bei Konkurrentenstreitverfahren“ (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 32). Denn sie vermögen nicht zu erklären, warum der Antragstellerin nicht das Abwarten der Entscheidung der Bundesregierung – und ggf. auch das Ergebnis einer etwaigen Prüfung dieser Entscheidung durch den Bundespräsidenten – zugemutet werden kann, sondern das Gericht in Durchbrechung der Gewaltenteilung diesen Entscheidungen vorgreifen können soll. Im Übrigen gilt insoweit in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren nichts anderes, weil dort ebenfalls erst die Auswahlentscheidung des Dienstherrn und nicht schon deren Vorbereitung Gegenstand gerichtlicher Kontrolle sein kann und dem Mitbewerber zuzumuten ist, die Auswahlentscheidung des Dienstherrn abzuwarten, deren Mitteilung ihm – ebenso wie hier der Antragstellerin eine Mitteilung des Bundespräsidenten über die Absicht der Aushändigung der Entlassungsurkunde – hinreichend die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes eröffnet (zum Konkurrentenstreit vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 2011 – BVerwG 2 B 106.11 – juris Rn. 12). Auch in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren ist daher ein vorbeugendes Rechtsschutzbegehren gegen eine noch nicht erfolgte (Auswahl-)Entscheidung unzulässig (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juni 2017 – 4 S 1055/17 – juris Rn. 7).
2. Selbst wenn der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO – entgegen den Ausführungen zu 1. – zulässig wäre, bliebe er unbegründet, weil der angefochtene Beschluss im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Das Beschwerdevorbringen vermag die Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht zu erschüttern, dass die geplante Entlassung der Antragstellerin nach der im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung wahrscheinlich rechtmäßig sei (EA S. 5). Umstände eines Anordnungsanspruchs im Sinne von § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO hat auch die Beschwerde nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr liegt weiterhin ein wichtiger Grund zur Entlassung im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG in Gestalt der Konkretisierung nach Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c dritter Spiegelstrich des Vertrages vom 1. März 2016 vor.
Allerdings erscheint es mit Blick auf das von der Antragstellerin geltend gemachte Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 23 – 27) zumindest missverständlich, wenn das Verwaltungsgericht ausführt, dass sich die vertragliche Gestaltung an die rechtliche Situation sogenannter politischer Beamter anlehne, bei denen der Dienstherr ebenfalls ein weites – gerichtlich kaum überprüfbares – Ermessen darüber habe, wann eine Entlassung (dort: Versetzung in den einstweiligen Ruhestand) erfolgen könne (EA S. 6). Denn von dem Fall des politischen Beamten im Sinne von § 54 Abs. 1 BBG unterscheidet sich die Rechtsstellung der Direktoriumsmitglieder der BaFin nicht nur dadurch, dass sie keine Beamten auf Lebenszeit sind, vielmehr nicht in einem Beamtenverhältnis stehen, sondern auch dadurch, dass bei sog. politischen Beamten das Versetzen in den einstweiligen Ruhestand keinen „wichtigen Grund“ voraussetzt und stattdessen ausdrücklich „jederzeit“ – also ohne eine weitere Voraussetzung – zulässig ist. Indessen hat das Verwaltungsgericht die Position der Antragstellerin nicht mit der eines politischen Beamten gleichgesetzt, sondern sie nur angelehnt, also als ähnlich angesehen. Das dürfte jedenfalls im Ergebnis der nach Art. 19 Abs. 4 GG den Gerichten obliegenden Auslegung des Begriffs „wichtiger Grund“ in § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG und Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c des Vertrages der Antragstellerin vom 1. März 2016 nicht zu beanstanden sein.
Bei dem „wichtigen Grund“, den eine einseitige Entlassung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG voraussetzt, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der einer Auslegung bedarf (a). Diese Auslegung führt hier dazu, dass das von der Antragstellerin vertraglich vereinbarte Beispiel („insbes.“) eines wichtigen Grundes nach Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c dritter Spiegelstrich des Vertrages vom 1. März 2016 keinen rechtlichen Bedenken begegnet (b) und außerdem offensichtlich tatsächlich vorliegt (c). Außerdem ist ein – unbenannter – wichtiger Grund nach § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG und Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c des Vertrages hier in Gestalt des Vertrauensentzuges durch das Bundesministerium der Finanzen und den Präsidenten der BaFin offensichtlich gegeben (d).
a) Die Bedeutung des Begriffs des wichtigen Grundes als Voraussetzung einer einseitigen Entlassung lässt sich aus Wortlaut, Regelungszusammenhang und Regelungszweck des § 9 FinDAG vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Vorschrift erschließen. Danach ist dieser Begriff weit auszulegen, weil der Gesetzgeber damit der Bundesregierung weitgehende Flexibilität bei den allein ihr zustehenden Entscheidungen über die Zusammensetzung des Direktoriums der BaFin verschaffen wollte (ähnlich für § 382 Abs. 3 Satz 4 SGB III: Wendtland, in: Gagel, a.a.O., § 382 SBG III Rn. 16). Ein wichtiger Grund liegt danach vor, wenn der BaFin nicht zugemutet werden kann, das reguläre Ende der Amtszeit abzuwarten. Abzuwägen sind das Interesse der BaFin an einer vorzeitigen Beendigung des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses des Direktoriumsmitglieds gegen dessen Amtserhaltungsinteresse. Der Grund muss erwarten lassen, dass das Direktoriumsmitglied seine Organfunktionen nicht mehr ordnungsgemäß wahrnehmen kann und die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der BaFin dadurch objektiv gefährdet wäre (vgl. Weckmann, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage, § 382 SGB III [Stand: 15.01.2019] Rn. 50 für die ähnliche Regelung in § 382 Abs. 3 Satz 4 SGB III).
aa) Der Wortlaut von § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG ist offen formuliert. Eine ausdrückliche Umschreibung, nach der die Voraussetzung vorliege, wenn das Direktoriumsmitglied „nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausübung des Amtes erfüllt“ (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 3, Abs. 8 BEGTPG für den Präsidenten und die Vizepräsidenten der Bundesnetzagentur), enthält er nicht. Anders als Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c des Vertrages vom 1. März 2016 in den vier Spiegelstrichen („insbes.“) führt er auch kein Beispiel für einen wichtigen Grund an, und auch nicht, dass ein wichtiger Grund „insbesondere“ vorliege, wenn sich das Direktoriumsmitglied „eines erheblichen Fehlverhaltens schuldig gemacht“ habe (so § 4 Abs. 5 Satz 3, Abs. 8 BEGTPG). Er ist damit nicht nur für die genannten vertraglichen Konkretisierungen offen, sondern auch für solche Fälle, die andere gesetzliche Regelungen der vorzeitigen einseitigen Entlassung aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis neben dem wichtigen Grund als alternativen Entlassungsgrund nennen, wie etwa ein gestörtes Vertrauensverhältnis (vgl. § 382 Abs. 3 Satz 4 SGB III, § 5 Abs. 2 Satz 4 BImAG), das folglich hier vom Begriff des wichtigen Grundes umfasst sein kann. Das Adjektiv „wichtig“ zeigt, dass nicht jeder Grund eine vorzeitige Entlassung rechtfertigt, und deutet damit zugleich an, dass insoweit eine Gewichtung vorzunehmen ist, die das Interesse der BaFin an einer vorzeitigen Beendigung des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses des Direktoriumsmitglieds gegen dessen Amtserhaltungsinteresse abwägt.
bb) Aus dem Zusammenhang mit den anderen Regelungen der Rechtsstellung der Direktoriumsmitglieder in derselben Vorschrift erschließt sich, dass diese Rechtsstellung als öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis ausgestaltet ist (§ 9 Abs. 1 Satz 1 FinDAG), zwar eine besondere fachliche Eignung, aber keine bestimmten beamtenrechtlichen Laufbahnvoraussetzungen (§ 16 Abs. 2, § 17 BBG) verlangt (§ 9 Abs. 1 Satz 2 FinDAG), das Amt befristet ist (früher: acht, mindestens fünf Jahre nach § 9 Abs. 1 Satz 3 FinDAG 2015; jetzt: in der Regel für fünf Jahre, § 9 Abs. 1 Satz 3 FinDAG n.F.) und die Rechtsverhältnisse der Direktoriumsmitglieder ausschließlich und abschließend durch § 9 FinDAG und durch die mit ihnen geschlossenen Verträge geregelt werden (§ 9 Abs. 6 Satz 1 FinDAG). Dabei überlässt das Gesetz die Regelung des Amtsgehalts, insbesondere auch der Höhe nach, der vertraglichen Vereinbarung.
Außerdem obliegt die Entscheidung über die Besetzung des Direktoriums durch Ernennung und vorzeitige einseitige Entlassung allein der Bundesregierung (§ 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 FinDAG), ohne dass andere Gremien vorher zu beteiligen wären (vgl. dagegen für die Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit § 382 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB III, allerdings mit Letztentscheidungsrecht der Bundesregierung, § 382 Abs. 1 Satz 4 SGB IV, sowie § 382 Abs. 3 Satz 4 SGB III – vorzeitige einseitige Entlassung auch auf Beschluss des Verwaltungsrats mit Zustimmung der Bundesregierung; ähnlich für das Ernennungsverfahren beim Präsidenten und den Vizepräsidenten der Bundesnetzagentur – Vorschlagsrecht des Beirates mit Letztentscheidungsbefugnis der Bundesregierung – § 3 Abs. 3 BEGTPG).
Aus der Zusammenschau der genannten Regelungen in § 9 FinDAG ergibt sich danach für die Besetzung des Direktoriums der BaFin eine erhebliche und von den Grundsätzen und Regeln des Beamtenrechts einschließlich des Besoldungsrechts losgelöste Flexibilität sowie eine Alleinentscheidungsbefugnis der Bundesregierung.
Hinweise auf die Bedeutung des wichtigen Grundes im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG für die vorzeitige einseitige Entlassung eines Direktoriumsmitglieds der BaFin ergeben sich außerdem aus den weiteren Vorschriften des FinDAG über die gesetzlichen Aufgaben der BaFin (§ 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 FinDAG) sowie über die Funktion des Direktoriums (§ 6 Abs. 1 FinDAG) und der Geschäftsbereiche und ihrer Leitung durch die Direktoriumsmitglieder (§ 6 Abs. 3 Satz 2 FinDAG, außerdem § 6 Abs. 4 FinDAG in der bis zum 1. Juli 2021 geltenden Fassung). Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FinDAG sind in der BaFin die Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel zusammengelegt. Damit kommt ihr eine große gesamtpolitische Bedeutung als „Allfinanzaufsicht“ (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 1 FinDAG) zu. In der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Antragstellerin am 1. März 2016 und bis zum 1. Juli 2021 geltenden Fassung des § 6 Abs. 4 FinDAG entsprachen drei der vier jeweils von einem Direktoriumsmitglied geleiteten Geschäftsbereiche dem Aufgabenbereich eines der drei früheren Bundesaufsichtsämter und oblagen dem von der Antragstellerin verantworteten vierten Geschäftsbereich die zentralen Querschnittsaufgaben des Rechts und der Compliance. Für die zur BaFin verschmolzenen selbständigen Bundesoberbehörden, denen jeweils eine zentrale Bedeutung dafür zukam, die Funktionsfähigkeit des Finanzsektors in der Volkswirtschaft sicherzustellen, entspricht die Position eines Exekutivdirektors der BaFin in ihrer Funktion also der des Präsidenten des jeweiligen früheren Bundesaufsichtsamtes (vgl. § 5 KWG, § 90 VAG und § 3 WpHG jeweils in der bis zum 30. April 2002 geltenden Fassung). Diese Position ist in ihrer gesamtpolitischen Bedeutung durchaus mit der vom Verwaltungsgericht als Vergleich herangezogenen Position eines politischen Beamten etwa im Sinne der Mitarbeiter an der Spitze der Geheimdienste (§ 54 Nr. 3 BBG) oder der Präsidenten der in § 54 Nr. 7 bis 12 BBG aufgeführten Bundesoberbehörden vergleichbar.
Unverändert gilt, dass der Präsident der BaFin die strategische Ausrichtung der Bundesanstalt als Allfinanzaufsicht national und international bestimmt (§ 6 Abs. 3 Satz 1 FinDAG) und im Rahmen dieser Vorgaben den Exekutivdirektoren die Verantwortung für ihren Geschäftsbereich obliegt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 BaFin). Mit Blick auf die gesamtpolitische Bedeutung der Position der Direktoriumsmitglieder und ihrer Leitungsfunktion für ihren jeweiligen Geschäftsbereich weist der Begriff „Verantwortung“ ihnen auch die funktionelle Verantwortung für in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich auftretende Missstände zu, so dass ein „wichtiger Grund“ für die vorzeitige Entlassung auch in dem Auftreten solcher Missstände liegen kann, ohne die Verantwortung des Direktoriumsmitglieds dafür außerdem an ein persönliches schuldhaftes Fehlverhalten zu knüpfen.
Der Zusammenhang von § 9 FinDAG mit den anderen genannten Vorschriften desselben Gesetzes zeigt somit über die erhebliche Flexibilität bei der Besetzung des Direktoriums und der Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse seiner Mitglieder sowie die Alleinentscheidungsbefugnis der Bundesregierung hinaus auch die herausragende gesamtpolitische Bedeutung des Amtes eines Exekutivdirektors der BaFin auf und deutet das Auftreten von Missständen in seinem Verantwortungsbereich als wichtigen Entlassungsgrund an, der keines Nachweises eines eigenen schuldhaften Fehlverhaltens des Direktoriumsmitglieds bedarf.
cc) Aus der vorstehenden Analyse von Wortlaut und Regelungszusammenhang des § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG erschließt sich auch der Regelungszweck des wichtigen Grundes als Voraussetzung der vorzeitigen einseitigen Entlassung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG. Der Entlassungsgrund dient einer effizienten Wahrnehmung der Leitungsaufgaben. Wegen der gesamtpolitischen Bedeutung der BaFin soll er verhindern, dass Direktoriumsmitglieder trotz Vorliegens wichtiger Ablösungsgründe im Amt verbleiben und dadurch die Funktionsfähigkeit der BaFin gefährden. Er soll außerdem gewährleisten, dass die Geschäftspolitik des Direktoriums mit den Zielsetzungen der Bundesregierung übereinstimmt (für die Entlassungsgründe nach § 382 Abs. 3 Satz 4 Abs. SGB III entsprechend Weckmann, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage, § 382 SGB III [Stand: 15.01.2019] Rn. 33).
Die herausgehobene Position der Exekutivdirektoren der BaFin setzt deshalb nicht nur eine besondere fachliche Eignung (§ 9 Abs. 1 Satz 2) voraus, ist mit einer besonders hohen Verantwortung verbunden (§ 6 Abs. 3 Satz 2 FinDAG) und umfasst im Rahmen der vertraglichen Regelung (§ 9 Abs. 6 Satz 1 FinDAG) die Möglichkeit, ein entsprechend außergewöhnlich hohes Amtsgehalt zu vereinbaren (vgl. Nr. 2 und 3 des Vertrages vom 1. März 2016), sondern sie ist auch mit einem dementsprechend – etwa gegenüber Bundesbeamten in leitender Funktion außerhalb von § 54 BBG – deutlich erhöhten Entlassungsrisiko belastet, wenn sachliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aus Sicht der über die Besetzung des Direktoriums allein entscheidenden Bundesregierung die Leitung eines Geschäftsbereichs den Aufgaben und Zielen der BaFin und den strategischen Vorgaben ihres Präsidenten (§ 6 Abs. 3 Satz 1 FinDAG) nicht mehr gerecht zu werden vermag.
dd) Die Entstehungsgeschichte des § 9 FinDAG bestätigt die vorstehenden Ausführungen zu Wortlaut, Regelungszusammenhang und Regelungszweck der Vorschrift und zur weiten Auslegung des Begriffs „wichtiger Grund“ als Voraussetzung der vorzeitigen einseitigen Entlassung eines Direktoriumsmitglieds nach § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG. Durch die Abschaffung der Beamtenstellung der Mitglieder des Direktoriums der BaFin und die Einführung des vertraglich ausgestalteten öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses mit der höheren Verdienstmöglichkeit wollte der Gesetzgeber mit dem Einfügen des neuen § 9 FinDAG nach Art. 8 des Gesetzes zur Umsetzung der sog. Omnibus-I-Richtlinie der EU (Gesetz vom 4. Dezember 2011, BGBl. I S. 2427) die nach außen wirkende Qualität der Aufsicht und die Qualifikation der mit den nach außen wirkenden Aufsichtsaufgaben betrauten Personen mit Hilfe monetärer Anreize verbessern. Denn die im Rahmen einer qualitativen Aufsicht notwendige risikoorientierte Würdigung der Geschäftsstrategie der beaufsichtigten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Versicherungen benötige „Führungskräfte mit adäquaten Branchenkenntnissen und -erfahrungen“ (vgl. die Gesetzesbegründung, Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 17/7508, S. 10). Gleichzeitig bestehe ein erheblicher Wettbewerb um qualifizierte und im Finanzsektor erfahrene Führungskräfte. Um geeignete Persönlichkeiten finden zu können, müssten daher die Auswahloptionen unter den potentiellen Amtsinhabern erweitert werden. Die im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses bestehende Möglichkeit, Gehalts- und Versorgungsansprüche auf den Einzelfall abgestimmt vertraglich zu regeln, schaffe die dafür notwendige Grundlage. Dabei werde das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis in besonderem Maße den hoheitlichen Aufgaben der Bundesanstalt und ihrer herausgehobenen Funktion für den Finanzplatz Deutschland gerecht. Ähnliche Regelungen bestünden u.a. bei der Deutschen Bundesbank, der Bundesnetzagentur und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Gesetzesbegründung, ebd.). Die Neuregelung der Rechtsstellung der Mitglieder des Direktoriums und ihres Amtsgehalts soll auch sicherstellen, dass „Aufsicht und Beaufsichtigte … sich auf gleicher Augenhöhe bewegen“ bzw. „die BaFin-Spitze … auf Augenhöhe mit der Finanzindustrie agieren“ kann (Gesetzesbegründung, ebd.).
ee) Der sich daraus ergebenden weiten Auslegung des Begriffs „wichtiger Grund“ (s.o. einleitend zu II.2.a) als Voraussetzung einer einseitigen vorzeitigen Entlassung eines Direktoriumsmitglieds der BaFin nach § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG stehen die Einwände der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 5 GG (1), Art. 33 Abs. 4 GG (2), Art. 19 Abs. 4 GG (3) und privatrechtlichen Kündigungsschutzvorschriften (4) nicht entgegen.
(1) Soweit die Antragstellerin sich in ihrem Beschwerdevorbringen weiterhin auf Art. 33 Abs. 5 GG und das daraus folgende Lebenszeitprinzip für Beamte und die Rechtsprechung zu Beamten auf Zeit beruft (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 15 f., 22 f., 28 und 30; ergänzender Schriftsatz vom 24. August 2022, S. 2 f.), setzt sie sich nicht in der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen Weise mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander, dass hier gerade kein Beamtenverhältnis – auch nicht ein solches auf Zeit – vorliege, sondern ein vertraglich vereinbartes öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis (EA S. 7). Damit fällt das Amtsverhältnis, um dessen Beendigung es hier allein geht, nicht unter das „Berufsbeamtentum“ im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG und sind dessen „hergebrachte Grundsätze“, wie etwa das Lebenszeitprinzip, hier irrelevant. Der Gesetzgeber hat sich mit § 9 FinDAG – wie bereits dargelegt (s.o. unter II.2.a) – bewusst gegen die frühere Ausgestaltung der Ämter der Direktoriumsmitglieder der BaFin als Beamtenverhältnisse entschieden, sie vielmehr abgeschafft und durch vertraglich begründete öffentlich-rechtliche Amtsverhältnisse ersetzt (vgl. Gesetzesbegründung, a.a.O., BT-Drs. 17/7508, S. 10).
§ 9 FinDAG nimmt auch keineswegs „auf eine Vielzahl von beamtenrechtlichen Regelungen Bezug“ (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 12), insbesondere nicht in § 9 Abs. 2 und 3 FinDAG (so aber Beschwerdebegründung, ebd.). Vielmehr trifft § 9 FinDAG eigenständige Regelungen, etwa über das Begründen und Beenden der Amtsverhältnisse der Direktoriumsmitglieder (§ 9 Abs. 1, 2 und 6 FinDAG). Die Regelungen über die Rechtsstellung der Direktoriumsmitglieder in § 9 FinDAG verweisen, soweit es alle Direktoriumsmitglieder gleichermaßen betrifft, nur auf vier Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes, nämlich auf die – im Übrigen nur „entsprechend“ geltenden – Vorschriften über die Verschwiegenheitspflicht, die Aussagegenehmigung, die Gutachtenerstattung und das Verbot der Annahmen von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen (§ 9 Abs. 5 Satz 1 FinDAG). Hingegen handelt es sich bei § 9 Abs. 8 FinDAG mit den Verweisungen auf Vorschriften des Beamtenrechts (§ 9 Abs. 8 Satz 1, 2 , 5 und 7 FinDAG) um eine Sonderregelung für solche Direktoriumsmitglieder, die vor ihrer Ernennung Beamte waren, und außerdem betrifft sie lediglich die nach Beendigung des Amtsverhältnisses insoweit eintretenden Folgen. Ebenso wie § 9 Abs. 7 FinDAG regelt § 9 Abs. 8 FinDAG nur die Auswirkungen des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses auf ein bisheriges Beamtenverhältnis.
Das Verwaltungsgericht hat zu den öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnissen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 FinDAG weiter ausgeführt, dass sie in Abweichung vom herkömmlichen Beamtenrecht eine größere Flexibilität erlaubten, die nicht nur die Rekrutierung des Personals und die – gerade hier in außergewöhnlicher Höhe vereinbarte – Bezahlung betreffe, sondern auch die Entlassung von Führungspersonen, und dass der zum Teil gegenüber der im herkömmlichen Beamtenrecht vorgesehenen Besoldung weit höheren Entlohnung für solche Amtsverhältnisse, wie sie hier in Nr. 2 und Nr. 3 des Vertrages vom 1. März 2016 vereinbart ist, nicht nur ihre zeitliche Befristung, sondern auch die Möglichkeit, sie vorzeitig zu beenden, gegenüberstehe (EA S. 7). Mit all diesen Erwägungen setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht näher auseinander. Stattdessen begnügt es sich damit, das erstinstanzliche Vorbringen zu beamtenrechtlichen Grundsätzen und Vorschriften und zu auf Beamtenverhältnisse bezogener Rechtsprechung zu wiederholen und insoweit der Auffassung des Verwaltungsgerichts lediglich die eigene abweichende Auffassung der Antragstellerin gegenüberzustellen. Das ist wegen der bewussten Abweichung des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses vom Beamtenrecht, auf die bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist, irrelevant und genügt im Übrigen nicht der von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO geforderten Auseinandersetzung mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung.
Entsprechend verfehlt ist es etwa, wenn die Antragstellerin meint, die vom Verwaltungsgericht benannten drei „Rechtfertigungsgründe“ für die öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisse (größere Flexibilität bei der Rekrutierung des Personals, bei der Bezahlung und der Entlassung von Führungspersonen) seien genau die Begründungen, die das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht, aber auch ganz aktuell das OVG Nordrhein-Westfalen nicht anerkannt hätten (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 21 f.). Denn zum einen hat das Verwaltungsgericht die drei genannten Gesichtspunkte nicht als Rechtfertigungsgründe für solche Amtsverhältnisse angeführt, sondern als diese Amtsverhältnisse prägende und damit als – anstelle beamtenrechtlicher Grundsätze – für die Auslegung der vertraglichen Vereinbarung und ihrer gesetzlichen Grundlagen zu berücksichtigende und die Anwendung des Gesetzes und des Vertrages steuernde Merkmale, wie etwa das gegenüber der herkömmlichen Besoldung im Beamtenrecht außergewöhnlich hohe Amtsgehalt als deutliches Indiz für ein deutlich erhöhtes Risiko der Entlassung aus einem – z.B. durch politische oder organisatorische Maßnahmen herbeigeführten – wichtigen Grund. Zum anderen betrifft die von der Antragstellerin angeführte Rechtsprechung – wie bereits vom Verwaltungsgericht dazu ausgeführt (EA S. 7) – Beamtenverhältnisse, nämlich solche auf Zeit, und hat daher mit dem hier in Rede stehenden öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis nichts zu tun.
(2) Ohne Erfolg bleiben auch die Ausführungen der Beschwerde zu Art. 33 Abs. 4 GG (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 23 und 29).
Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG garantiert lediglich institutionell das Strukturprinzip, dass hoheitsrechtliche Befugnisse in der Regel durch Beamte wahrgenommen werden (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2020 - BVerwG 2 A 2.20 - juris Rn. 16). Die Vorschrift vermittelt kein subjektives Recht auf Übertragung einer Beamtenposition (Battis, in: Sachs, GG, 9. Auflage 2021, Art. 33 Rn. 45 m.w.N.) und dient damit nicht dem Schutz individueller Verbeamtungsinteressen (BVerfG, Urteil vom 18. Januar 2012 – 2 BvR 133/10 – juris Rn. 126 m.w.N.).
Ungeachtet dessen sieht die Vorschrift nur „in der Regel“ vor, die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Es verstößt daher nicht gegen Art. 33 Abs. 4 GG, wenn der Gesetzgeber aus den in der Gesetzesbegründung genannten Erwägungen (s.o. unter II.2. a) dd)) in dem hier in Rede stehenden Sonderfall der Leitungspositionen der BaFin das herausgehobene und gesamtpolitisch bedeutsame Amt eines Direktoriumsmitglieds nicht als Beamtenverhältnis ausgestaltet, sondern als öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 FinDAG. Dem entgegenstehende und am Maßstab des Art. 33 Abs. 4 GG ausgerichtete Erwägungen enthält das Beschwerdevorbringen nicht. Anhaltspunkte für eine Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses bei der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben der BaFin legt die Antragstellerin nicht dar.
(3) Effektiver Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG ist auch bei der gebotenen weiten Auslegung des wichtigen Grundes in § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG als Prüfungsmaßstab für die einseitige vorzeitige Entlassung gewährleistet. Die Abwägung des Interesses der BaFin an einer vorzeitigen Beendigung des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses eines Direktoriumsmitglieds gegen dessen Amtserhaltungsinteresse ist gerichtlich auf Abwägungsfehler überprüfbar, die sich nach dem vom Verwaltungsgericht als Willkürverbot angesprochenen Maßstab etwa dann ergeben, wenn die Grenzen, die Art. 3 Abs. 1 GG der Abwägung setzt, überschritten sind, z.B. weil die Entlassungsentscheidung von einem unzutreffenden Sachverhalt oder einem offensichtlich unwichtigen Grund ausgeht oder sachfremde Erwägungen anstellt.
(4) Die Ausführungen der Antragstellerin zum Kündigungsschutz in privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnissen (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 13 und 36) und zu befristeten Arbeitsverhältnissen nach §§ 31 f. des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst – TVöD – (ergänzender Schriftsatz vom 24. August 2022, S. 6) gehen hier mit Blick auf die öffentlich-rechtliche und auf einer ganz anderen Ebene angesiedelte herausgehobene und gesetzlich befristete Leitungsfunktion und gesamtpolitische Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 FinDAG ins Leere. Für die Auslegung von § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG kann dem Inhalt des Begriffs „wichtiger Grund“ in § 626 BGB oder in der Sonderkündigungsschutzregelung des § 15 KSchG oder den genannten tarifvertraglichen Vereinbarungen für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst keine maßgebende Bedeutung zukommen, weil insoweit auch der vertraglich ausgestaltete Bereich des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses in keiner Weise einem in den genannten Vorschriften geregelten privaten Beschäftigungsverhältnis entspricht.
b) Nr. 7 Satz 2 dritter Spiegelstrich des Vertrages vom 1. März 2016 mit der Antragstellerin erweist sich nach alledem als unbedenkliche Konkretisierung des „wichtigen Grundes“ im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG. Tritt infolge politischer oder organisatorischer Maßnahmen eine wesentliche und grundlegende Veränderung des Amtes ein, so lässt dies erwarten, dass das Direktoriumsmitglied seine bisherige Organfunktion nicht mehr ordnungsgemäß wahrzunehmen vermag und deshalb sein Verbleib die Aufgabenerfüllung der BaFin beeinträchtigt. Dies bezweifelt auch die Beschwerde nicht, die sich nur dagegen wendet, dass ein solcher Fall hier vorliege.
c) Infolge sowohl organisatorischer als auch politischer Maßnahmen ist eine wesentliche und grundlegende Veränderung des Amtes der Antragstellerin hier auch offensichtlich eingetreten.
Das Vorliegen der Voraussetzungen der Entlassung der Antragstellerin ergibt sich zunächst infolge organisatorischer Maßnahmen. Zutreffend stellt das Verwaltungsgericht fest, dass die Antragsgegnerin die BaFin nach dem Wirecard-Skandal grundlegend umorganisiert habe (EA S. 5 f.) und eine wesentliche und grundlegende organisatorische Umgestaltung, die allein schon zur Entlassung berechtige, hier mit dem Organisationserlass des Präsidenten der BaFin vom 1. Dezember 2021 vorliege, durch den die Zentrale Rechtsabteilung sowie die Zentrale Compliance Funktion aus dem bisherigen Geschäftsbereich Innere Verwaltung und Recht herausgelöst worden seien. Vorübergehend seien zudem die Abteilungen ZI (Personal) und IT in den Präsidialbereich verlagert worden, da man der Antragstellerin deren weitere Modernisierung nicht zutraue (EA S. 6 f.).
Ohne Erfolg macht demgegenüber die Beschwerde geltend, der Tatbestand des von der Antragsgegnerin angeführten Entlassungsgrundes sei nicht erfüllt, weil das „Amt“ der Antragstellerin „nicht substantiell und dauerhaft verändert“ werde (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 3 – 7, Zitat auf S. 7) und das Verwaltungsgericht insoweit den Sachverhalt nicht ordnungsgemäß erfasst habe (a.a.O., S. 7 – 10).
Der von der Antragstellerin jetzt noch verantwortete Geschäftsbereich ist aller finanzaufsichtsrelevant nach außen wirkenden Funktionen entkleidet und schon nach seiner aktuellen Bezeichnung auf „Innere Verwaltung“ beschränkt, d.h. auf rein interne Aufgaben innerhalb der BaFin, wie sie sich näher aus der Bezeichnung der einzigen in dem Geschäftsbereich verbliebenen Abteilung für „Organisation, Haushalt und Finanzen“ der Bundesanstalt und der sechs Referate („Haushalt“, „Umlage“, „Kosten- und Leistungsrechnung und operative Steuerung“, „Schriftgutverwaltung“, „Organisationsentwicklung“ und „Zentrale Beschaffung“) ergeben. Alle anderen jetzt fünf Geschäftsbereiche haben demgegenüber nach außen wirkende Aufsichtsfunktionen, die sich sowohl aus den Bezeichnungen der Geschäftsbereiche („Bankenaufsicht“, „Strategie, Policy und Steuerung“, „Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht“, „Wertpapieraufsicht/Asset-Management“ und „Abwicklung und Geldwäscheprävention“) als auch aus den jeweiligen Abteilungs- und Referatsbezeichnungen ergeben (vgl. Organigramm vom 1. Juni 2022, a.a.O.). Das gilt insbesondere auch für den neueren Geschäftsbereich „Strategie, Policy und Steuerung“, dem nunmehr die früher von der Antragstellerin verantworteten zentralen Querschnittsaufgaben des Rechts und der Compliance in allen Geschäftsbereichen zufallen. Schon danach ist das Aufrechterhalten des Amtsverhältnisses der Antragstellerin mit dem außergewöhnlich hohen Amtsgehalt nicht mehr zu rechtfertigen. Vielmehr ist die deutlich geringere Bedeutung ihres Geschäftsbereichs im vom Beschwerdevorbringen geforderten Vergleich zu den anderen – jetzt fünf – Geschäftsbereichen (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 5) sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht schon mit einem Blick auf das aktuelle Organigramm (a.a.O.) geradezu augenfällig.
Von einer den anderen Geschäftsbereichen vergleichbaren und mit entsprechendem Gewicht nach außen wirkenden Bedeutung kann hier bei dem von der Antragstellerin aktuell verantworteten Geschäftsbereich keine Rede mehr sein. Schon seit der bereits vom Verwaltungsgericht zutreffend hervorgehobenen Herauslösung der zentralen Querschnittsbereiche des Rechts und der Compliance (EA S. 7), die alle Geschäftsbereiche der BaFin in ihrer nach außen gerichteten Aufsichtsfunktion betreffen, aus dem Verantwortungsbereich der Antragstellerin im Dezember 2021 ist deren Geschäftsbereich weitgehend auf die sich bei jeder Behörde wohl gleichermaßen stellenden Fragen der Organisation, des Haushalts und der Finanzen beschränkt, die – neben Gebühren und Kostenerstattungen (§§ 13, 15 FinDAG) und Umlagen (§ 16 FinDAG) – im Wesentlichen hausinterne Angelegenheiten betreffen. Mit den weiteren Veränderungen im April 2022, insbesondere der vorläufigen Herauslösung der u.a. für die Personalentwicklung zuständigen Personalabteilung betrifft der Geschäftsbereich der Antragstellerin, ungeachtet der von der Antragsgegnerin mit der Person der Antragstellerin begründeten Vorläufigkeit, nur noch diese Fragen. Warum dafür im Sinne eines Amtserhaltungsinteresses der Antragstellerin noch eine Führungskraft „mit adäquaten Branchenkenntnissen und -erfahrungen“ aus dem erheblichen „Wettbewerb um qualifizierte und im Finanzsektor erfahrene Führungskräfte“ benötigt werden soll, auf die allein das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 FinDAG (Gesetzesbegründung, a.a.O., S. 10) und das außergewöhnlich hohe Amtsgehalt (Nr. 2 und 3 des Vertrages vom 1. März 2016) zielen, erschließt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.
Dessen ungeachtet ergibt sich ein wichtiger Grund im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG, Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c dritter Spiegelstrich des Vertrages vom 1. März 2016 aus der von der Antragsgegnerin erkannten Notwendigkeit, nach dem Geschehen um die Wirecard AG die BaFin nicht nur organisatorisch umzustrukturieren, sondern zumindest auf bestimmten Positionen der Leitungsebene auch personell zu erneuern. Darin kann eine wesentliche und grundlegende Veränderung des Amtes der Antragstellerin, nämlich durch Austausch der Amtswalterin infolge politischer Maßnahmen gesehen werden, anderenfalls liegt aber insoweit jedenfalls ein sonstiger (unbenannter) wichtiger Grund vor. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, hat die Antragsgegnerin die BaFin nach dem Geschehen um die Wirecard AG nicht nur grundlegend umorganisiert (s.o. unter II.2.a)), sondern auch in der Leitung neu besetzt (EA S. 5). Insoweit ist ebenfalls der Begründung des angefochtenen Beschlusses zu folgen, dass der Antragsgegnerin auch in personeller Hinsicht ein weites organisatorisches Ermessen darüber eingeräumt werden müsse, ob die Umorganisation mit dem vorhandenen Personal umgesetzt werden könne oder ob es auszutauschen ist. Es begegnet nach den Ausführungen zur Auslegung von § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG (s.o. unter II.2.a) keinen Bedenken, wenn die Antragsgegnerin den Personalaustausch in der Leitung der BaFin nicht auf das Präsidenten- und Vizepräsidentenamt bzw. dessen Geschäftsbereich für Wertpapierhandel beschränkt, sondern auch die Person einbezieht, die in den vier Jahren vor dem Insolvenzantrag der Wirecard AG den Geschäftsbereich der BaFin mit den für alle anderen Geschäftsbereiche zentralen Querschnittsaufgaben des Rechts und der Compliance zu verantworten hatte, ohne diesen Umstand mit dem Vorwurf eines konkreten persönlichen schuldhaften Fehlverhaltens in einem rechtlich relevanten Sinne oder überhaupt konkreter persönlicher Versäumnisse verbinden zu müssen. Auch insoweit besteht der Zweck der Abkehr des Gesetzgebers von dem früheren Beamtenstatus der Direktoriumsmitglieder der BaFin und der Neuregelungen über das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis (§ 9 Abs. 1 Satz 1 FinDAG) und dessen Beendigung aus wichtigem Grund (§ 9 Abs. 2 Satz 3 2. Fall FinDAG) darin, eine – hier mit den Vorgängen um die Wirecard AG – objektiv gerechtfertigte und politisch als notwendig erkannte Umorganisation auch personalpolitisch zu flankieren und ein in der Öffentlichkeit erschüttertes Vertrauen in die Qualität der Aufsicht und die Qualifikation der mit ihr betrauten Personen auch in personeller Hinsicht möglichst kurzfristig wiederherstellen zu können, damit Aufsicht und Beaufsichtigte sich wieder „auf Augenhöhe“ begegnen und auf personeller Kontinuität beruhenden Zweifeln der Beaufsichtigten an der Aufsicht die Grundlage entzogen wird. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat (EA S. 6), ist es danach keineswegs willkürlich, sondern liegt vielmehr nahe, gerade auch das Mitglied des Direktoriums, das während der Vorgänge um die Wirecard AG auf der Leitungsebene für den alle Bereich der Finanzaufsicht umfassenden Querschnittsbereich Recht und Compliance verantwortlich war, zu entlassen – und zwar ungeachtet etwaiger konkreter persönlicher Vorwürfe.
Die Antragstellerin stellt weder die Feststellung des Verwaltungsgerichts in Abrede, dass die Versäumnisse der BaFin im Wirecard-Skandal auf der Hand lägen (EA S. 6), noch dass sie selbst während dieser Vorgänge in den letzten vier Jahren vor dem Insolvenzantrag der Wirecard AG den Geschäftsbereich der BaFin mit den zentralen Querschnittsaufgaben des Rechts und der Compliance zu verantworten hatte. Wenn die Antragsgegnerin aus diesen beiden Umständen die politische Notwendigkeit erkennt, die BaFin nicht nur umzustrukturieren, sondern außerdem auf Leitungsebene auch personell zu erneuern, und dabei neben dem Präsidenten- und dem Vizepräsidentenamt bzw. der für den Geschäftsbereich Wertpapierhandel verantwortlichen Exekutivdirektorin außerdem das Amt der Antragstellerin einbezieht, so ist darin ohne Weiteres ein „wichtiger Grund“ im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG und Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c des Vertrages vom 1. März 2016 zu erkennen, ohne dass es zusätzlich einer Subsumtion unter eine der in der genannten vertraglichen Vereinbarung zur Kündigung aus wichtigem Grund mit vier Spiegelstrichen ohnehin nur beispielhaft („insbes.“) aufgeführten Konkretisierungen bedürfte.
Deshalb kann auch die Rüge der Antragstellerin nicht durchgreifen, dass zuerst die Absicht der Entlassung festgestanden habe, dann sukzessive die Initiierung der für diese Entlassung vorgeschobenen (vermeintlich erforderlichen) Änderungen mit Blick auf organisatorische Maßnahmen erfolgt sei, die dann eben erst im Oktober 2021 und März 2022 beschlossen worden seien, also erst nachdem der Entschluss gefasst worden sei, die Antragstellerin zu entlassen (Beschwerdebegründung, a.a.O., S. 27). Diese Vorgehensweise war aufgrund der beiden genannten Umstände (Versäumnisse der BaFin während der Wirecard-Vorgänge, Leitung des Querschnittsbereichs Recht und Compliance durch die Antragstellerin in dieser Zeit) mit Blick auf die funktionelle Verantwortung der Antragstellerin und wegen der von der Antragsgegnerin erkannten politischen Notwendigkeit der personellen Erneuerung, also des Personalaustauschs, auch in der Leitung des Geschäftsbereichs der Antragstellerin, die wohl unumgängliche Folge des fehlenden Einverständnisses der Antragstellerin mit ihrer Entlassung. Wie die BaFin nach dem erheblichen Ansehensverlust infolge der Wirecard-Vorgänge die vom Gesetzgeber beabsichtigte „Augenhöhe“ der Aufsicht mit den Beaufsichtigten auf Leitungsebene in den zentralen Querschnittsbereichen des Rechts und der Compliance vor der Entlassung der Antragstellerin und im Sinne eines Amtserhaltungsinteresses der Antragstellerin auf andere Weise und unter Wahrung personeller Kontinuität auf der Leitungsebene hätte erreichen können, vermag auch das Beschwerdevorbringen nicht darzulegen.
d) Unabhängig davon stellt das im letzten Absatz des Anhörungsschreibens vom 14. Oktober 2021 ausgeführte Fehlen des Vertrauens des Bundesministers der Finanzen und des Präsidenten der BaFin in die Antragstellerin als Leitung des Geschäftsbereichs Innere Verwaltung einen wichtigen Grund im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG, Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c des Vertrages vom 1. März 2016 zu ihrer vorzeitigen Entlassung dar. Das Anhörungsschreiben führt dazu aus, bei dem laufenden Projekt zur Modernisierung der Bundesanstalt und seinen strategischen Zielen komme der organisatorischen und personellen Neuausrichtung der Bundesanstalt im Bereich Innere Verwaltung ein besonders großes Gewicht zu, weil der Projekterfolg maßgebend von der technologischen Transformation und Personalentwicklung abhänge. Weder das Bundesfinanzministerium noch die Leitung der BaFin vertrauten darauf, dass dies dem in Rede stehenden Geschäftsbereich unter Leitung der Antragstellerin gelingen könne.
Der aus diesen Ausführungen ersichtliche Entzug des Vertrauens in die Antragstellerin als Leiterin des Geschäftsbereichs Innere Verwaltung durch das Bundesfinanzministerium und den Präsidenten der BaFin stellt einen weiteren wichtigen Grund zur Entlassung der Antragstellerin dar.
Als oberste Bundesbehörde, die der BaFin übergeordnet ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 FinDAG), bestimmt der Bundesminister der Finanzen deren Aufsichtspolitik und hat innerhalb der Bundesregierung, die über die Vergabe des Amtes (§ 9 Abs. 1 Satz 2 FinDAG) und die Entlassung (§ 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG) entscheidet, die Federführung bei der Frage, wer diese Aufsichtspolitik auf der Leitungsebene des Direktoriums nach außen vertritt. Der Präsident der BaFin bestimmt als Vorgabe für die dem Direktorium angehörenden Exekutivdirektoren die strategische Ausrichtung der BaFin als Allfinanzaufsicht (§ 6 Abs. 3 FinDAG). Daraus folgt, dass das persönliche Vertrauen des Bundesministers der Finanzen in die Umsetzung seiner Aufsichtspolitik und das persönliche Vertrauen des Präsidenten der BaFin in die Umsetzung der von ihm vorgegebenen strategischen Ausrichtung der BaFin durch den jeweiligen Exekutivdirektor in dessen Geschäftsbereich von maßgebender Bedeutung für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Organfunktion des Direktoriumsmitglieds und damit auch für das ordnungsgemäße Erfüllen der Aufgaben der BaFin ist. Sobald dieses Vertrauen fehlt oder entfällt, liegt daher ein wichtiger Grund für die Entlassung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG und Nr. 7 Satz 2 Buchstabe c des Vertrages vom 1. März 2016 vor. Einer weiteren Voraussetzung, etwa eines persönlichen schuldhaften Fehlverhaltens des jeweiligen Direktoriumsmitglieds, bedarf es nicht.
Insoweit sind nach der oben dargelegten Auslegung der Vorschrift an den wichtigen Grund im Fall des Fehlens und Wegfalls des Vertrauens des Bundesministers der Finanzen bzw. des Präsidenten der BaFin keine höheren Anforderungen zu stellen als etwa nach der ähnlichen Regelung der vorzeitigen einseitigen Entlassung aus dem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis in § 382 Abs. 3 Satz 4 SGB III. Jene Regelung sieht es für Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit ausdrücklich als Entlassungsgrund vor, „wenn das Vertrauensverhältnis gestört ist“. Entsprechend dürfte ein gestörtes Vertrauensverhältnis als „wichtiger Grund“ im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG vorliegen, wenn sachliche Anhaltspunkte eine den Zwecken der BaFin dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung oder dem Präsidenten der BaFin und dem Direktoriumsmitglied nicht erwarten lassen.
Dafür dürfte nicht mehr zu verlangen sein, als nach der im Schrifttum zu § 382 Abs. 3 Satz 4 SGB III befürworteten Anlehnung an die Regelung über den Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft in § 84 Abs. 4 AktG n.F. (vgl. Weckmann, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage, § 382 SGB III [Stand: 15.01.2019] Rn. 50). Wenn der Bundesminister der Finanzen oder der Präsident der BaFin - die jeweils im Falle des gestörten Vertrauensverhältnisses als „wichtiger Grund“ im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG an die Stelle der Hauptversammlung in § 84 Abs. 4 Satz 2 3. Fall AktG treten – der Auffassung ist, ein Direktoriumsmitglied sei wegen bestimmter Vorgänge nicht mehr tragbar, lässt sich dem darauf beruhenden Vertrauensentzug auch dann nicht die Bedeutung eines wichtigen Grundes absprechen, wenn dem Direktoriumsmitglied subjektiv kein Vorwurf zu machen war oder es sogar objektiv im Recht gewesen sein sollte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2016 – II ZR 217/15 – juris Rn. 14 zu § 84 Abs. 3 Satz 2 3. Fall AktG a.F.).
Dabei dürfte auch die gesetzliche Ausnahme vom wichtigen Grund des gestörten Vertrauensverhältnisses in § 84 Abs. 4 Satz 2 3. Fall AktG auf den Fall des gestörten Vertrauensverhältnisses als wichtigem Grund im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 FinDAG übertragbar sein. Danach ist der Vertrauensentzug nur dann kein wichtiger Grund zur vorzeitigen Entlassung, wenn „das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist“. Diese Ausnahme stellt klar, dass nicht der nur möglicherweise oder erst nach längerer Prüfung als unsachlich erscheinende Vertrauensentzug, sondern nur der Vertrauensentzug, dessen Unsachlichkeit auf der Hand liegt („offenbar“), als wichtiger Grund für den Widerruf der Bestellung – hier: für die vorzeitige Entlassung – ausscheidet (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2016, a.a.O., Rn. 14 und 17 m.w.N.). Die Beweislast dafür trägt das Direktoriumsmitglied, dessen vorzeitige Entlassung in Rede steht (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2016, a.a.O., Rn. 12 m.w.N.). Offenbar unsachlich ist ein willkürlicher, haltloser oder wegen des damit verfolgten Zwecks sittenwidriger, treuwidriger oder sonst wie rechtswidriger Entzug des Vertrauens (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2016, a.a.O., Rn. 15 m.w.N.). Selbst wenn etwa konkret behauptete „Verfehlungen“ widerlegt wären, wäre der Vertrauensentzug schon dann nicht willkürlich, wenn der Bundesminister der Finanzen oder der Präsident der BaFin ohne Willkür davon ausgehen durfte, dass sie zutreffen (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2016, a.a.O., Rn. 15 m.w.N.). Der wichtige Grund für den Widerruf der Bestellung – hier: für die vorzeitige Entlassung – liegt allein im Vertrauensentzug, der weder eine Pflichtwidrigkeit oder ein Verschulden noch seinerseits einen wichtigen Grund voraussetzt. Der Umstand, dass kein sachlicher Grund für den Vertrauensentzug festgestellt werden kann, reicht gerade nicht aus, um den Ausnahmetatbestand des Vertrauensentzugs aus offenbar unsachlichen Gründen zu verwirklichen. Da es nicht genügt, wenn kein sachlicher Grund festzustellen ist, genügt es auch nicht, wenn ein Grund zwar benannt ist, dieser sich aber nicht als zutreffend erweist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2016, a.a.O., Rn. 12 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist hier die Entlassung der Antragstellerin aus wichtigem Grund auch deshalb gerechtfertigt, weil dem Bundesminister der Finanzen und dem Präsidenten der BaFin das Vertrauen fehlt, dass die Antragstellerin den Geschäftsbereich der Inneren Verwaltung hinsichtlich der technologischen Transformation und der Personalentwicklung für das Projekt zur Modernisierung der BaFin künftig nach den Zielen der Bundesregierung und den Vorgaben des Präsidenten der BaFin zu führen und die dabei gebotene sehr enge, von einem gemeinsamen Zielverständnis getragenen Zusammenarbeit zu gewährleisten vermag (Anhörungsschreiben vom 14. Oktober 2021). In Ansehung der Medienberichterstattung und der Einschätzung des Verhaltens der Antragstellerin während der Geschehnisse um die Wirecard AG in dem u.a. von der Fraktion des aktuellen Bundesministers der Finanzen getragenen Sondervotum zum Bericht des 3. Untersuchungsausschusses (BT-Drs. 19/30900, S. 1947, 1949, 1950 und 1951) legt das Beschwerdevorbringen keine ein Amtserhaltungsinteresse der Antragstellerin stützenden konkreten Anhaltspunkte dar, nach denen es auf der Hand läge, dass der Entzug des Vertrauens durch den Bundesminister der Finanzen oder den Präsidenten der BaFin willkürlich, haltlos oder wegen des damit verfolgten Zwecks sittenwidrig, treuwidrig oder sonst wie rechtswidrig wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG, wobei der Betrag mit Blick auf den einstweiligen Charakter des begehrten Rechtsschutzes hier zu halbieren ist. Von einer Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GKG) sieht der Senat wegen der dort anhängigen Streitwertbeschwerde ab.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).