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Entscheidung 31 C 150/21


Metadaten

Gericht AG Brandenburg Entscheidungsdatum 12.09.2022
Aktenzeichen 31 C 150/21 ECLI ECLI:DE:AGBRAND:2022:0912.31C150.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Leitsatz

- In der Regel steht einem Betroffene gegenüber seinem Betreuer ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz zu, wenn der Betreuer – entgegen seiner Verpflichtung, für einen zu deckenden Bedarf des Betroffenen hinsichtlich der Unterkunftskosten (Grundmiete und Nebenkosten) zu sorgen – es schuldhaft unterlässt, die entsprechende Sozialhilfe bei dem Sozialamt zu beantragen (§ 276, § 1833, § 1901, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB).
- Hängt die Schadensursächlichkeit der Pflichtverletzung des Betreuers aber davon ab, ob das Sozialamt im Rahmen seines Ermessens die Sozialhilfe bereits zu dem früheren Zeitpunkt gewährt hätte oder nicht, so ist darauf abzustellen, wie das Sozialamt richtigerweise zum damaligen Zeitpukt hätte entscheiden müssen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 1.468,46 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten als seine ehemalige Betreuerin Schadensersatzansprüche in Höhe von 1.468,46 Euro wegen Pflichtverletzungen bei Ausübung der Betreuertätigkeit geltend.

Die Beklagte war durch das Amtsgericht zur gesetzlichen Betreuerin des Klägers bestellt worden, und zwar u.a. auch mit den Aufgabenkreisen „Vermögensorge“ und „Wohnungsangelegenheiten“ sowie die „Vertretung gegenüber Behörden und Pflegeeinrichtungen“. Das Amtsgericht Potsdam hat die Beklagte dann aus dieser Betreuung entlassen und die nunmehrige Betreuerin des Klägers am 05.11.2020 bestellt – Anlage K 3 (Blatt 16 der Akte).

Der Kläger bewohnte gemäß dem Mietvertrag vom 24.07.2017/07.09.2017 – Anlage AG 1 (Blatt 28 bis 35 der Akte) – zunächst ein Bewohnerzimmer in der Senioren-Wohngemeinschaft in der …straße … in … mit einer Wohnfläche von 23,02 m². Er wollte in ein größeres Zimmer umziehen. Dieser Umzug von einem kleineren in ein größeres Zimmer wurde mit einem Mietvertrag vom 21.05.2019 – Anlage K 1 (Blatt 8 bis 14 der Akte) – schriftlich vereinbart und zum 01.06.2019 vollzogen. Die Beklagte hat als damalige gesetzliche Betreuerin neben dem Kläger diesen Mietvertrag vom 21.05.2019 mit unterzeichnet. Insofern bewohnt der Kläger seit dieser Zeit im Obergeschoss das Zimmer mit der Nummer 09, dessen Wohnfläche inklusive anteiliger gemeinschaftlicher Flächen 30,33 m² beträgt.

Dieses Zimmer weist jedoch eine im Vergleich zur alten Wohnung um 86,38 Euro höhere Miete auf.

Mit Schriftsatz vom 21.05.2019 – Anlage K 2 (Blatt 15 der Akte) – bestätigte der nunmehrige Kläger, dass er die Mehrkosten für diese neue Wohnung in Höhe von „ca. 100,- €“ selbst trägt. Der Kläger hat diese Mehrkosten dann auch unstreitig selbst getragen. Einen Antrag beim Sozialamt bezüglich der Miet-Mehrkosten hat die Beklagte ebenso unstreitig nicht gestellt.

Die am 05.11.2020 gerichtlich bestellte, nunmehrige Betreuerin des Klägers hat sodann einen Antrag beim Sozialamt bezüglich der Miet-Mehrkosten gestellt. Mit Bescheid des Landkreises … vom 07.12.2019 – Anlage K 6 (Blatt 52 bis 57 der Akte) – übernahm das Sozialamt des Landkreises … seit dem 01.11.2020 die Mietkosten in Höhe von 468,43 Euro zuzüglich Heizkosten von 85,00 Euro, mithin insgesamt 568,24 Euro.

Die jetzige Betreuerin hat hiernach dann die von dem Kläger entrichteten Miet-Mehrkosten von der Beklagten eingefordert. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.02.2021 – Anlage K 4 (Blatt 17 bis 18 der Akte) – wurde die Beklagte aufgefordert, an den Kläger den ihm entstandenen Schaden von monatlich 86,38 Euro von Juni 2019 bis Oktober 2020, mithin 1.468,46 Euro, zu zahlen. Hierzu wurde der Beklagten eine Frist zur Zahlung bis zum 26.02.2021 gesetzt. Mit einem erneuten anwaltlichen Erinnerungsschreiben vom 06.04.2021 – Anlage K 5 (Blatt 19 bis 20 der Akte) – wurde die Beklagte dann durch die Klägerseite nochmals zur Zahlung aufgefordert.

Der Kläger behauptet, dass ihm gegenüber der Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Mehrkosten der Miete und ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen anwaltlichen Gebühren zustehen würde. Als Betreuerin sei die Beklagte verpflichtet gewesen, finanziellen Schaden von ihm abzuwenden, indem unter anderem bei entsprechenden Behörden entsprechende Anträge zur Kostenerstattung oder Übernahme hätten gestellt werden müssen.

Er sei mehrfach an die Beklagte herangetreten und habe darum gebeten, in ein größeres Zimmer umziehen zu können. Dass er diese Forderung aggressiv gestellt habe, würde er im Übrigen bestreiten.

Ebenso würde er bestreiten, dass die Beklagte ihn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen habe, dass die Kosten für das größere Zimmer durch den zuständigen Landkreis … nicht übernommen werden, da die Miete zum damaligen Zeitpunkt bereits 481,86 Euro betragen habe. In diesem Zusammenhang stelle sich nämlich für ihn bereits die Frage, wie die Beklagte dies beurteilen wolle, da sie unstreitig einen Antrag auf Kostenübernahme beim Landkreis nicht gestellt habe. Dazu sei die Beklagte jedoch seiner Meinung nach verpflichtet gewesen. Die Beklagte hätte auch vor der Entscheidung des Bezugs in das größere Zimmer einen solchen Antrag auf Übernahme der Kosten stellen können.

Die Beklagte könne jedenfalls nicht eigenmächtig und selbstständig darüber befinden, ob das Sozialamt die Kosten für ein größeres Zimmer übernimmt oder nicht. Diese Entscheidung obliege der zuständigen Behörde und nicht der Beklagten.

Auch würde er bestreiten, dass der Beklagten aus ihrer Tätigkeit als Betreuerin bekannt gewesen sei, dass durch den Landkreis … als zuständigen Träger der entsprechenden Sozialleistungen Kosten der Unterkunft nur in einem begrenzten Umfang, nämlich in Höhe von 416,00 Euro, übernommen werden.

Unerheblich und neben der Sache seien im Übrigen die Ausführungen der Beklagten in Bezug auf einen anderen Fall.

Wie die Beklagte jedoch selbst ausführen würde, nehme die Behörde bei jedem Fall eine Einzelfallabwägung der konkreten Umstände und des Sachverhaltes vor.

Demnach sei der Beklagten somit bekannt gewesen, dass die Behörde die Übernahme der Wohnkosten im Einzelfall prüft und dabei besondere Gründe des Einzelfalls berücksichtigt und bewertet. Diese Kenntnisse der Beklagten hätten aber seiner Ansicht nach gerade Anlass für sie sein müssen, einen Antrag auf Kostenübernahme beim zuständigen Amt zustellen.

Unstreitig habe die Beklagte dies hier aber unterlassen. Wie sie nunmehr nämlich selbst ausführen würde, habe sie einen solchen Antrag nicht gestellt, weil sie der Annahme gewesen sei, dieser würde abgelehnt werden. Auf eine solche Annahme könne und dürfe sich die Beklagte als Betreuerin und damit Verwalterin über fremdes Vermögen aber seiner Meinung nach nicht zurückziehen. Sie habe vielmehr alles zu unternehmen, um sein Vermögen zu schützen und kostensparend einzusetzen. Dazu gehöre es unter anderem auch, Anträge auf Übernahme etwaiger Kosten bei den zuständigen Ämtern zu stellen.

Nach alledem könne der Beklagten hier ein pflichtwidriges Unterlassen vorgeworfen werden, indem sie die notwendige Antragstellung beim zuständigen Sozialamt auf Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung unterlassen habe.

Die Beklagte habe die Antragstellung hier im Übrigen nicht nur pflichtwidrig unterlassen, sondern sich von ihm - obgleich er das Schriftstück mangels Sehkraft optisch nicht wahrnehmen und inhaltlich nicht habe verstehen können - eine Erklärung unterzeichnen lassen.

Bestreiten würde er auch, dass die Beklagte ihn am 21.05.2019 darauf hingewiesen habe, dass er die durch den Abschluss des Mietvertrages entstehenden Mehrkosten für die Miete selbst tragen müsse. Selbst wenn die Beklagte ihn darauf hingewiesen hätte, sei diese Aussage und dieser Hinweis nachweislich falsch, so dass die Beklagte falsche Angaben ihm gegenüber gemacht habe.

Hätte die Beklagte den Kostenübernahmeantrag bereits zu Beginn des neuen Mietvertragsverhältnisses beim Sozialamt gestellt, wäre dieser seiner Meinung nach auch schon positiv beschieden worden. Dies würde seiner Ansicht nach die spätere Bewilligung zeigen.

Demnach schulde die Beklagte ihm – dem Kläger – für die Monate Juni 2019 bis Oktober 2020 den Differenzbetrag der Miete. Da die Beklagte auf die außergerichtliche Aufforderung keine Zahlungen geleistet habe, sei der Betrag ab dem 27.02.2021 mit dem gesetzlichen Verzugszins zu verzinsen.

Auch die Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit seien von der Beklagten zu ersetzen.

Die Beklagte sei somit antragsgemäß zu verurteilen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn – den Kläger – 1.468,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 27.02.2021 zu zahlen

und

die Beklagte zu verurteilen, an ihn – den Kläger – vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 220,27 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 27.02.2021 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass der Kläger wiederholt ihr gegenüber als seiner damaligen Betreuerin und den Mitarbeiterinnen der Hauskrankenpflege, die für ihn zuständig war, erklärt habe, dass er gern ein größeres Zimmer haben wolle. Dies sei teilweise auch sehr aggressiv erfolgt. Daraufhin sei ihm von ihr – der Beklagten – erklärt worden, dass ein solches größeres Zimmer bei den Kostensätzen, die im Rahmen der Grundsicherung für Miete durch den zuständigen Landkreis … übernommen werden, nicht finanzierbar sei, da die Miete zum damaligen Zeitpunkt für dieses Zimmer bereits 481,86 Euro betragen habe.

Aus ihrer Tätigkeit als Betreuerin sei ihr nämlich bekannt gewesen, dass durch den Landkreis … als zuständigen Träger der entsprechenden Sozialleistungen Kosten der Unterkunft nur in einem begrenzten Umfang übernommen werden. Insoweit wurden nach ihrer – der Beklagten – Kenntnis in dem hier streitigen Zeitraum Mietkosten lediglich in Höhe von bis zu 416,00 Euro übernommen. So habe sie z.B. in einem Fall – Anlage AG 2 (Blatt 36 bis 37 der Akte) – einen Antrag auf Übernahme entsprechender Unterkunftskosten für eine ähnliche Unterkunft, wie es sich um die hier streitgegenständliche handele, gestellt. Daraufhin seien lediglich im Rahmen einer Einzelfallentscheidung, wegen der körperlichen Behinderung des Betroffenen, Kosten für die Bruttokaltmiete in Höhe von 491,00 Euro sowie Heizkostenhöhe von 41,00 Euro durch das Sozialamt des Landkreises … übernommen worden.

Dies bedeute ihrer Ansicht nach, dass im Rahmen, des durch den Kläger neu abgeschlossenen Mietvertrages die anfallende Miete in Höhe von 568,24 Euro durch das Sozialamt des Landkreises … keinesfalls zum damaligen Zeitpunkt übernommen worden wären. Auf diesen Sachverhalt habe sie den Kläger deshalb auch mehrfach hingewiesen.

Letztendlich habe dann der Kläger, ohne sie als Betreuerin hieran zu beteiligen, den neuen Mietvertrag selbst abgeschlossen; wozu er – da ein Einwilligungsvorbehalt nicht durch das Betreuungsgericht angeordnet war – durchaus berechtigt gewesen war.

Unter Berücksichtigung dieser konkreten Umstände habe sie dann den Kläger noch einmal am 21.05.2019, als sie vom Abschluss des Mietvertrages Kenntnis erlangt habe, darauf hingewiesen, dass der Kläger die durch den Abschluss des Mietvertrages entstehenden Mehrkosten für die Miete deshalb selbst tragen müsse. Dem habe der Kläger auch zugestimmt, so dass das als Anlage K 2 durch die Klägerseite beigefügte Schreiben gefertigt wurde.

Soweit durch den Kläger diesbezüglich nunmehr behauptet werde, er hätte den Inhalt dieses Schriftstückes nicht wahrnehmen und inhaltlich nicht verstehen können, so entspreche dies offensichtlich nicht den Tatsachen. Zum einen sei ihr bekannt, dass der Kläger sehr wohl noch über so viel Sehkraft verfügen würde, dass er sich im Wesentlichen selbstständig bewegen könne. So habe der Kläger während der Zeit ihrer Betreuung zum Beispiel den Weg zur Behindertenwerkstatt ohne fremde Hilfe und regelmäßig auch größere Strecken allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigt. Zum anderen sei dem Kläger die Erklärung auch laut vorgelesen und dann erläutert worden.

Weiter sei in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass der Kläger seinen Arbeitsvertrag mit der Behindertenwerkstatt ohne ihre Kenntnis als seine Betreuerin abgeschlossen habe, durch den Kläger auch Post für die Wohngemeinschaft regelmäßig aus dem Briefkasten geholt wurde und der Kläger dann seine Post aussortiert habe, woraus sich ergebe, dass er durchaus in der Lage gewesen sei Anschriften auf diesen Briefen zu lesen.

Aus alledem ergebe sich somit, dass der Kläger sehr wohl Kenntnis über die gesamten Zusammenhänge hatte, die dazu geführt hätten das er Mehrkosten für das neu angemietete Zimmer selbst zu tragen hatte und auch in der Lage war, diese zu verstehen.

Soweit der Kläger behaupten würde, dass die höhere Miete von Anfang an vom Sozialamt übernommen worden wäre, so sei dies offensichtlich falsch.

Insofern sei relevant, auf welcher Grundlage und welchen Angaben die nunmehrige Betreuerin des Klägers den entsprechenden Antrag auf Übernahme höherer Mietkosten beim Landkreis … gestellt habe. Nach ihrer Kenntnis habe sich die zuständige Sachbearbeiterin des Sozialamtes des Landkreises … jedenfalls dahingehend geäußert, dass sie bei Kenntnis sämtlicher Zusammenhänge in der Sache die Mehrkosten für die Miete durch den Landkreis … nicht übernommen worden wären.

Soweit durch den Kläger der Bescheid des Landkreises … vom 07.12.2019 vorlegt werde, ergebe sich daraus noch nichts dazu, dass dem Kläger tatsächlich der geltend gemachte, angebliche Schaden in Höhe von 86,38 Euro monatlich entstanden sei. Insbesondere ergebe sich aus dem Bescheid nicht, dass durch den Landkreis … diese Kosten vollständig übernommen worden sind, insbesondere auch dass diese Kosten für die hier geltend gemachten Zeitraum von Juli 2019 bis Oktober 2020 so vom Landkreis … getragen worden wären.

Hier würde sie zunächst darauf verweisen, dass zwar für den Monat November 2020 Leistung in Höhe von 584,41 Euro gezahlt worden seien, wobei nicht ersichtlich sei, dass diese tatsächlich 86,38 Euro höher gewesen sind, als die Leistungen die der Kläger zuvor erhalten habe. Dazu komme, dass in dem Bescheid ausdrücklich aufgeführt sei, dass Kosten für den Haushaltsstrom im Regelsatz enthalten sind und die Miete entsprechend zu kürzen war. Insoweit entspreche es also offensichtlich nicht den Tatsachen, dass die Kostenübernahme bezüglich der gesamten erhöhten Mietkosten von zusammen 568,43 Euro durch das Sozialamt erfolgt sei. Vielmehr seien nach der im Bescheid erfolgten Berechnung lediglich 398,24 Euro an Grundmiete und jeweils pauschal 85,00 Euro für Nebenkosten und Heizung anerkannt worden. Wie sich also auf dieser Grundlage der angeblich dem Kläger entstandene Schaden in Höhe von 86,38 Euro monatlich ergeben soll, trage der Kläger schon nicht vor. Es fehle auch an jeglichem Nachweis dazu, dass der behauptete Schaden über den geltend gemachten Zeitraum entstanden ist.

Weiterhin würden sich auch Zweifel daran ergeben, dass der Kläger dauerhaft im hier streitigen Zeitraum Anspruch auf entsprechende Sozialleistungen der geltend gemachten Höhe gehabt hatte, den für den Monat Dezember 2020 sei dann der Auszahlungsbetrag im Bescheid nur noch mit 539,22 Euro angegeben worden.

Nach alledem ergebe sich hier ihrer Ansicht nach, dass sie – die Beklagte – im Rahmen ihrer Betreuungstätigkeit für den Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, einen Antrag auf Übernahme der erhöhten Wohnkosten zu stellen, da ein derartiger Antrag zum damaligen Zeitpunkt keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Dem Kläger sei demzufolge ein Schaden auch nicht entstanden.

Da ein Anspruch auf die Hauptforderung nicht bestehe, habe der Kläger auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.

Nach alledem sei die Klage unbegründet.

Das Gericht hat nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 23.08.2022 Beweis erhoben. Hinsichtlich der Vernehmung der Zeugin A… K… wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 23.08.2022 verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird im Übrigen auf die unter Angabe der Blattzahl der Akte angeführten Schriftstücke ergänzend Bezug genommen. Zudem wird auf die zwischen den Prozessparteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird darüber hinaus auch auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Amtsgerichts ergibt sich aus § 23 Nr. 1 GVG in Verbindung mit § 12 und § 13 ZPO.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von insgesamt 1.468,46 Euro nicht zu (§ 276, § 1833, § 1901, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB).

Da eine Betreuerin – wie hier die Beklagte – grundsätzlich an die Wünsche des Betreuten (vorliegend dem Kläger) gebunden ist, kann sich zwar ggf. dessen ungeachtet die Frage einer Haftung der Beklagten als Betreuerin ergeben; da das Handeln der Beklagten als Betreuerin des Klägers aber im Innenverhältnis durch die Wünsche und subjektiven Lebensvorstellungen des Klägers gebunden war, haftet die Beklagte grundsätzlich nicht, wenn sie dementsprechend gehandelt hat (BGH, Beschluss vom 19.05.2021, Az.: XII ZB 518/20, u.a. in: NJW-RR 2021, Seiten 1082 ff.; BGH, Urteil vom 22.07.2009, Az.: XII ZR 77/06, u.a. in: NJW 2009, Seiten 2814 ff.; LG Berlin, Urteil vom 20.09.2000, Az.: 11 O 75/00, u.a. in: BtPrax 2001, Seiten 83 f.).

Daher wäre eine Haftung der Beklagten als Betreuerin allein deswegen, weil der Kläger unstreitig in eine größere Wohnung umziehen wollte und diese Wohnung dann hier auch auf eigenen Wunsch bezogen hat, noch nicht gegeben. Nur wenn die Wunscherfüllungspflicht der Beklagten als Betreuerin zu einem objektiven Vermögensschaden für den Kläger als Betreuten geführt hat, kann somit die Beklagte ggf. dafür auch haften.

Die Beklagte war als Betreuerin des Klägers allerdings innerhalb der ihr übertragenen Aufgabenkreises zu allen Tätigkeiten verpflichtet, die dem Wohl des Klägers dienen (§ 1901 Abs. 2 BGB; BGH, Urteil vom 04.05.2011, Az.: XII ZR 86/10, u.a. in: NJW-RR 2011, Seiten 1009 f.; OLG Braunschweig, Urteil vom 14.11.2019, Az.: 9 U 119/15, u.a. in: NdsRpfl 2021, Seiten 21 ff.; OLG Naumburg, Urteil vom 26.09.2013, Az.: 1 U 8/13, u.a. in: „juris“; OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.12.2012, Az.: 4 U 2022/12, u.a. in: NJW-RR 2013, Seiten 836 f.; OLG Hamm, Urteil vom 08.08.2009, Az.: 13 U 75/07, u.a. in: FamRZ 2010, Seiten 754 f.; OLG Brandenburg, Urteil vom 08.01.2008, Az.: 6 U 49/07, u.a. in: OLG-Report 2008, Seiten 614 ff.: OLG Schleswig, Urteil vom 30.08.2002, Az.: 1 U 176/01, u.a. in: OLG-Report 2003, Seiten 8 ff.; KG Berlin, Urteil vom 31.08.2001, Az.: 25 U 1018/00, u.a. in: ZMR 2002, Seiten 265 ff.; LG Bonn, Urteil vom 23.08.2018, Az.: 19 O 149/16, u.a. in: Rpfleger 2019, Seiten 590 f.; LG Köln, Urteil vom 29.11.2004, Az.: 4 O 215/04, u.a. in: FamRZ 2006, Seite 1874; LG Berlin, Urteil vom 10.05.2001, Az.: 31 O 658/99, u.a. in: FamRZ 2002, Seiten 345 ff.).

Die Beklagte war daher im Rahmen der ihr übertragenen Aufgabenkreise „Vermögensorge“ und „Wohnungsangelegenheiten“ sowie „Vertretung gegenüber Behörden und Pflegeeinrichtungen“ grundsätzlich hier auch verpflichtet, für einen zu deckenden Bedarf des Klägers hinsichtlich der Unterkunftskosten (Grundmiete und Nebenkosten) die entsprechende Sozialhilfe zu beantragen (BGH, Urteil vom 04.05.2011, Az.: XII ZR 86/10, u.a. in: NJW-RR 2011, Seiten 1009 f.; OLG Braunschweig, Urteil vom 14.11.2019, Az.: 9 U 119/15, u.a. in: NdsRpfl 2021, Seiten 21 ff.; OLG Schleswig, Urteil vom 30.08.2002, Az.: 1 U 176/01, u.a. in: OLG-Report 2003, Seiten 8 ff.; LG Bonn, Urteil vom 23.08.2018, Az.: 19 O 149/16, u.a. in: Rpfleger 2019, Seiten 590 f.; LG Berlin, Urteil vom 10.05.2001, Az.: 31 O 658/99, u.a. in: FamRZ 2002, Seiten 345 ff.; AG Kirchhain, Urteil vom 29.12.2004, Az.: 7 C 277/04, u.a. in: RdLH 2005, Seite 35 = „juris“).

Die Beklagte hatte insofern aber zunächst schuldhaft versäumt, unverzüglich nach Kenntniserlangung des Abschlusses des neuen Mietvertrages durch den Kläger/Betreuten und die insoweit teilweise aus eigenen Mitteln des Klägers/Betreuten aufzubringenden Unterkunftskosten den Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe zu stellen. Hierzu wäre sie grundsätzlich verpflichtet gewesen, denn die Sozialhilfe setzt in der Regel erst ein, wenn dem Träger der Sozialhilfe bekannt wird, dass eine Notlage bestehen könnte.

Die Beklagte hat sich dies bezüglich auch schuldhaft, nämlich fahrlässig, verhalten. Gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB haftet ein Betreuer für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit. Der Maßstab der gemäß § 276 Abs. 2 BGB geforderten Sorgfalt wird jedoch insoweit konkretisiert, als er sich nach dem Lebenskreis, den Lebensumständen und der Rechts- und Geschäftserfahrung des Betreuers bemisst. Ist eine Person gerade im Hinblick auf ihre Fachkunde als Berufsbetreuer zum Betreuer bestellt worden, kann erwartet werden, dass sie sich über rechtliche Risiken vergewissert (BGH, Urteil vom 18.09.2003, Az.: XII ZR 13/01, u.a. in: NJW 2004, Seiten 220 f.; OLG Braunschweig, Urteil vom 14.11.2019, Az.: 9 U 119/15, u.a. in: NdsRpfl 2021, Seiten 21 ff.).

Gemessen an diesem Maßstab ist das Verhalten der Beklagten als zum streitgegenständlichen Zeitpunkt zugelassene Berufsbetreuerin gemäß § 276 Abs. 2 BGB aber zumindest fahrlässig gewesen, weil sie einen entsprechenden Sozialhilfeantrag hier unstreitig nicht gestellt hat. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten, dass ihr als Berufsbetreuerin bekannt gewesen, dass durch den Landkreis … als zuständigen Träger der entsprechenden Sozialleistungen Kosten der Unterkunft nur in einem begrenzten Umfang übernommen werden, so dass insoweit nach ihrer – der Beklagten – Kenntnis in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum Mietkosten lediglich in Höhe von bis zu 416,00 Euro durch das Sozialamt übernommen worden wären.

Die Beklagte hat die aufgrund dieses neuen Wohnungsmietvertrages bestehende Hilfsbedürftigkeit des Klägers/Betreuten insofern also zumindest fahrlässig nicht dem Sozialamt gegenüber angezeigt.

Im Übrigen sind hier auch keinerlei Anhaltspunkte für ein Mitverschulden des Klägers ersichtlich. Zwar hat der Kläger unstreitig mit Schriftsatz vom 21.05.2019 – Anlage K 2 (Blatt 15 der Akte) – bestätigt, dass er die Mehrkosten für diese neue Wohnung in Höhe von „ca. 100,- €“ selbst trägt, jedoch hatte der Kläger gerade für die Aufgabenkreise „Vermögensorge“ und „Wohnungsangelegenheiten“ sowie „Vertretung gegenüber Behörden und Pflegeeinrichtungen“ eine Betreuung durch das Betreuungsgericht erhalten und war die nunmehrige Beklagte seine damalige Betreuerin (AG Kirchhain, Urteil vom 29.12.2004, Az.: 7 C 277/04, u.a. in: RdLH 2005, Seite 35 = „juris“), so dass die Beklagte insofern hier auch hinsichtlich der Antragstellung beim Sozialamt bezüglich dieser Unterkunftskosten verantwortlich war.

Ein Unterlassen kann aber auch einen Schaden zurechenbar verursachen, sofern eine Pflicht zum Handeln bestand und die Vornahme der gebotenen Handlung den Schaden verhindert hätte (OLG Braunschweig, Urteil vom 14.11.2019, Az.: 9 U 119/15, u.a. in: NdsRpfl 2021, Seiten 21 ff.; KG Berlin, Urteil vom 31.08.2001, Az.: 25 U 1018/00, u.a. in: ZMR 2002, Seiten 265 ff.).

Ein Schaden wäre demnach aufgrund des Versäumnisses bei der Beantragung von Sozialleistungen für den Kläger hier dann eingetreten, wenn dem Kläger im Zeitraum von Juni 2019 bis einschließlich Oktober 2020 ohne dieses Versäumnis der Beklagten erhöhte Unterkunftskosten als Sozialleistungen gewährt worden wären. Eine derartig unterlassene unverzügliche Beantragung der Sozialhilfe hätte somit grundsätzlich hier dazu führen können, dass wegen der fehlenden Kenntnis des Sozialhilfeträgers Sozialhilfe für die Zeit von Juni 2019 bis einschließlich Oktober 2020 nicht gewährt worden war.

Gleichwohl kann der Klägerin für den Zeitraum von Juni 2019 bis einschließlich Oktober 2020 den ihm möglicherweise entstandenen Schaden in Höhe von 1.468,46 Euro (86,38 Euro x 17 Monate) hier nicht von der Beklagten ersetzt verlangen.

Dem Kläger wäre ein Schaden nämlich nur dann entstanden, wenn er für diesen Zeitraum tatsächlich einen Anspruch auf Sozialhilfe hinsichtlich der Übernahme der erhöhten Wohnkosten gehabt hätte, er mithin diese erhöhten Kosten der Unterkunft nicht aus seinem Einkommen und Vermögen hätte decken müssen bzw. können (BGH, Urteil vom 04.05.2011, Az.: XII ZR 86/10, u.a. in: NJW-RR 2011, Seiten 1009 f.; OLG Schleswig, Urteil vom 30.08.2002, Az.: 1 U 176/01, u.a. in: OLG-Report 2003, Seiten 8 ff.).

Für die schlüssige Darlegung eines so begründeten Schadens wäre es aber erforderlich, im Einzelnen die Voraussetzungen darzutun, aus denen sich das Bestehen desjenigen Anspruches ergibt, dessen Vereitelung den Schaden erst herbeigeführt hat. Nur wenn nämlich von der Klägerseite nachvollziehbar dargestellt worden wäre, dass dem Kläger/Betreuten tatsächlich auch für den Zeitraum von Juni 2019 bis einschließlich Oktober 2020 ein Anspruch auf Übernahme dieser erhöhten Wohnkosten gegenüber dem Sozialamt zugestanden hätte und deren Durchsetzung allein wegen der fehlenden Antragstellung gescheitert wäre, ließe sich ein hierdurch entstandener Vermögensschaden des Klägers/Betreuten bejahen.

Der für den Schaden und die Kausalität darlegungs- und beweispflichtige Kläger (BGH, Urteil vom 04.05.2011, Az.: XII ZR 86/10, u.a. in: NJW-RR 2011, Seiten 1009 f.; OLG Schleswig, Urteil vom 30.08.2002, Az.: 1 U 176/01, u.a. in: OLG-Report 2003, Seiten 8 ff.; Götz, in: Grüneberg, BGB-Kommentar, 81. Aufl. 2022, § 1833 BGB, Rn. 3; Meier, BtPrax 1999, Seiten 57 ff.) hat aber vorliegend gerade nicht bewiesen, dass ihm tatsächlich ein Anspruch auf Übernahme der erhöhten Wohnkosten im Rahmen der Sozialhilfe für den hier streitigen Zeitraum sicher gegenüber dem Sozialamt zugestanden hätte.

Zwar hat die hier für den Kläger zuständige Mitarbeiterin des Sozialamtes des Landkreises … – die Zeugin A… K… – insofern ausgesagt, dass wenn die Beklagte als Betreuerin des Klägers bereits vor bzw. bei Abschluss des neuen Mietvertrages im Juni 2019 einen entsprechenden Antrag auf Übernahme der erhöhten Wohnkosten beim Sozialamt gestellt hätte, der Kläger vermutlich (d.h., wenn sie die Bearbeiterin gewesen wäre) diese erhöhten Wohnkosten von 86,38 Euro im Monat von dem zuständigen Sozialamt auch erstattet bekommen hätte. Genau konnte sie dies aber gerade nicht sagen. Vielmehr verwies sie darauf, dass dies insbesondere davon abhängig gewesen wäre, wie die Beklagte als Betreuerin des Klägers diese höheren Wohnkosten zum damaligen Zeitpunkt begründet hätte, d.h., warum diese erhöhten Wohnkosten hier bei dem Kläger so konkret notwendig sind. Insofern räumte sie auch ein, dass der Preis für den neuen Wohnraum - den der Kläger hier jetzt bewohnt - für den Kläger gerade nicht angemessen ist, sondern zu groß. Sie habe insoweit dann aber für die Zeit ab November 2020 als zuständige Mitarbeiterin des Sozialamtes eine entsprechende Ermessens-Entscheidung im Rahmen des ihr möglichen Ermessens-Spielraums getroffen.

Diesbezüglich hat die nunmehr zuständige Mitarbeiterin des Sozialamtes des Landkreises … – die Zeugin A… K… – auch noch ausgeführt, das sie insoweit mit ihren Kollegen vom Sozialamt über diesen Fall gesprochen habe und die Mehrheit ihrer Kollegen erklärt hätten, dass sie diese Entscheidung hinsichtlich der Bewilligung der erhöhten Wohnkosten so wohl nicht getroffen und somit die Übernahme dieser erhöhten Wohnkosten abgelehnt hätten.

Insofern betonte die Zeugin K… auch ausdrücklich, dass die Übernahme dieser erhöhten Wohnkosten ab November 2020 nur aufgrund ihres eigenen Ermessens hier vom Sozialamt genehmigt worden sei. Bei ihrer Ermessensentscheidung habe sie nämlich mit berücksichtigt, dass der Kläger hier eine neue Wohnung in einem speziellen Wohn-Modell angemietet habe im Rahmen einer Wohngemeinschaft, und zwar eine Wohngemeinschaft mit „Handicaps“. Diese spezielle Wohn-Art sei für sie unter anderem ein Grund gewesen, weshalb sie hier ihr Ermessen dann so zu Gunsten des Klägers ausgeübt habe und auch diese erhöhten Wohnkosten beim Kläger gebilligt habe. Nach der Aussage der Zeugin sei dies insoweit immer eine Einzelfallentscheidung bei dem ihr zur Verfügung stehenden Ermessen. Wenn z.B. konkrete Probleme innerhalb der Wohngemeinschaft bestehen und jemand ausziehen oder umziehen wolle, könne sie dies auch mit berücksichtigen bei ihrem Ermessen bezüglich der Übernahme von erhöhten Wohnkosten.

Insofern handelte es sich hier aber bei der Entscheidung des Sozialamtes des Landkreises … vom 07.12.2020 - Anlage K 6 (Blatt 52 bis 57 der Akte) - um eine Einzelentscheidung der zuständigen Mitarbeiterin des Sozialamtes, die sie nach ihrem Ermessen getroffen hat.

Für die Feststellung eines tatsächlich eingetretenen Schadens wäre es aber hier erforderlich gewesen, dass der Kläger substantiiert darlegt hätte, dass diese Ermessensentscheidung des zuständigen Mitarbeiters des Sozialamtes bereits im Juni 2019 dazu geführt hätte, dass das Sozialamt diese erhöhten Wohnkosten für den Zeitraum von Juni 2019 bis Oktober 2020 auch wirklich (und nicht nur eventuell) übernommen hätte.

Hängt die Schadensursächlichkeit einer Pflichtverletzung einer Betreuerin aber von einer behördlichen Ermessens-Entscheidung ab - so wie hier -, so ist darauf abzustellen, wie die Verwaltungsbehörde richtigerweise hätte entscheiden müssen (BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az.: IX ZR 34/04, u.a. in: NJW 2008, Seiten 440 ff.; BGH, Urteil vom 10.12.1998, Az.: IX ZR 358/97, u.a. in: NJW-RR 1999, Seiten 641 ff.; BGH, Urteil vom 23.11.1995, Az.: IX ZR 225/94, u.a. in: NJW 1996, Seiten 842 ff.; BGH, Urteil vom 03.06.1993, Az.: IX ZR 173/92, u.a. in: NJW 1993, Seiten 2799 ff.; BGH, Urteil vom 06.02.1991, Az.: VIII ZR 26/90, u.a. in: NJW-RR 1991, Seiten 660 ff.).

Kommt es für die Feststellung der Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung der Beklagten somit hier darauf an, wie die Entscheidung des zuständigen Sozialamts im Juni 2019 ausgefallen wäre, ist im Allgemeinen darauf abzustellen, wie nach Auffassung des über den Ersatzanspruch entscheidenden Gerichts richtigerweise durch das Sozialamt hätte entschieden werden müssen (BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az.: IX ZR 34/04, u.a. in: NJW 2008, Seiten 440 ff.; BGH, Urteil vom 06.07.2000, Az.: IX ZR 198/99, u.a. in: NJW 2001, Seiten 673 ff.; BGH, Urteil vom 10.12.1998, Az.: IX ZR 358/97, u.a. in: NJW-RR 1999, Seiten 641 ff.; BGH, Urteil vom 23.11.1995, Az.: IX ZR 225/94, u.a. in: NJW 1996, Seiten 842 ff.; BGH, Urteil vom 03.06.1993, Az.: IX ZR 173/92, u.a. in: NJW 1993, Seiten 2799 ff.; BGH, Urteil vom 06.02.1991, Az.: VIII ZR 26/90, u.a. in: NJW-RR 1991, Seiten 660 ff.).

Hätte das zuständige Sozialamt hier somit bereits im Juni 2019 nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden gehabt, ist jedoch ausschlaggebend, welche Ermessensentscheidung das Sozialamt zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich wohl getroffen hätte bzw. hätte treffen müssen (BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az.: IX ZR 34/04, u.a. in: NJW 2008, Seiten 440 ff.; BGH, Urteil vom 06.07.2000, Az.: IX ZR 198/99, u.a. in: NJW 2001, Seiten 673 ff.; BGH, Urteil vom 10.12.1998, Az.: IX ZR 358/97, u.a. in: NJW-RR 1999, Seiten 641 ff.; BGH, Urteil vom 23.11.1995, Az.: IX ZR 225/94, u.a. in: NJW 1996, Seiten 842 ff.; BGH, Urteil vom 03.06.1993, Az.: IX ZR 173/92, u.a. in: NJW 1993, Seiten 2799 ff.; BGH, Urteil vom 06.02.1991, Az.: VIII ZR 26/90, u.a. in: NJW-RR 1991, Seiten 660 ff.).

Wenn sich die mit Bescheid vom 07.12.2020 - Anlage K 6 (Blatt 52 bis 57 der Akte) - dann tatsächlich getroffene Entscheidung des Sozialamtes insofern aber nicht im Rahmen des dem Sozialamt im Juni 2019 eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens gehalten hätte, wäre allerdings wieder darauf abzustellen, wie das Inzidentverfahren nach Meinung des Regressgerichts hätte ausgehen müssen (BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az.: IX ZR 34/04, u.a. in: NJW 2008, Seiten 440 ff.; BGH, Urteil vom 23.11.1995, Az.: IX ZR 225/94, u.a. in: NJW 1996, Seiten 842 ff.).

Das erkennende Gericht geht aufgrund der Aussage der Zeugin und unter Beachtung der o.g. Rechtsgrundsätze hier insofern aber davon aus, dass das zuständige Sozialamt sein Ermessen im Juni 2019 dahingehend richtigerweise ausgeübt hätte, dass eine Übernahme dieser erhöhten Wohnkosten verweigert worden wäre. Die Zeugin räumte nämlich ein, dass die Mehrheit ihrer Kollegen erklärt hätten, dass sie diese Entscheidung hinsichtlich der Bewilligung der erhöhten Wohnkosten im konkreten Fall so hier nicht getroffen und somit die Übernahme dieser erhöhten Wohnkosten abgelehnt hätten.

Ein Geschädigter soll grundsätzlich im Wege des Schadensersatzes aber nicht mehr erhalten als dasjenige, was er nach der materiellen Rechtslage hätte verlangen können. Der Verlust einer tatsächlichen oder rechtlichen Position, auf die er tatsächlich keinen Anspruch hat, ist grundsätzlich aber auch kein erstattungsfähiger Nachteil (BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az.: IX ZR 34/04, u.a. in: NJW 2008, Seiten 440 ff.; BGH, Urteil vom 06.07.2000, Az.: IX ZR 198/99, u.a. in: NJW 2001, Seiten 673 ff.).

Durch eine fiktive Entscheidung, die gerade mit diesem Inhalt wohl nicht so hätte im Juni 2019 ergehen dürfen, wird somit kein schutzwürdiger Besitzstand des Klägers begründet (BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az.: IX ZR 34/04, u.a. in: NJW 2008, Seiten 440 ff.).

Die Beklagte haftet somit hier dann aber auch nicht für den streitigen Zeitraum von Juni 2019 bis Oktober 2020, selbst wenn tatsächlich dann mit Bescheid vom 07.12.2020 diese erhöhten Wohnkosten für die Zeit ab November 2020 durch das Sozialamt übernommen wurden, da bei Zugrundelegung der im hier streitigen Zeitraum maßgeblichen allgemeinen Praxis des Sozialamtes sowie der damals gegebenen Rechtslage wohl im Juni 2019 kein Anlass zur Übernahme dieser höheren Wohnkosten bestanden hätte.

Nur wenn der Kläger hier aber nachvollziehbar hätte darstellen können, dass ihm ein entsprechender Anspruch auf Sozialhilfe tatsächlich schon für den streitigen Zeitraum von Juni 2019 bis Oktober 2020 wirklich zugestanden hätte und dieser allein aufgrund der fehlenden Antragstellung durch die Beklagte nicht gewährt wurde, käme ein hierdurch entstandener Vermögensschaden des Klägers überhaupt in Betracht (BGH, Urteil vom 04.05.2011, Az.: XII ZR 86/10, u.a. in: NJW-RR 2011, Seiten 1009 f.; OLG Schleswig, Urteil vom 30.08.2002, Az.: 1 U 176/01, u.a. in: OLG-Report 2003, Seiten 8 ff.). Diesen Nachweis hat der Kläger vorliegend aber gerade nicht erbracht.

Aus diesen Gründen ist die hiesige Klage nunmehr auch abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits stützt sich auf § 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Der Wert des Streitgegenstandes des Verfahrens ist hier zudem noch durch das Gericht festzusetzen gewesen.