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Entscheidung 2 O 223/21


Metadaten

Gericht LG Cottbus 2. Zivilkammer Entscheidungsdatum 29.09.2022
Aktenzeichen 2 O 223/21 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 312g Abs 2 Nr 1 BGB, Art 246a § 1 Abs 1 S 1 Nr 2 BGBEG, Art 246a § 1 Abs 2 S 1 Nr 2 BGBEG

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt,

a) an den Kläger 7.920,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 05.02.2021 Zug um Zug gegen Rückgabe des Faksimiles „Liber Scivias – Die göttlichen Visionen der Hildegard von Bingen“ mit der auf der vorletzten Umschlagseite aufgebrachten Bezeichnung „DEX 87“ zu zahlen und

b) den Kläger von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Kanzlei ... i.H.v. 800,39 € freizustellen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 7.920,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Kaufvertrages über ein Faksimile.

Die Beklagte handelt mit Faksimiles historischer Bücher. Der Vertrieb erfolgt über Handelsvertreter, welche potentielle Käufer in deren Häuslichkeit aufsuchen.

Am 28.05.2020 erhielt der hochbetagte Kläger in seiner Wohnung Besuch von einem Vertreter der Beklagten und schloss mit der Beklagten einen Vertrag über den Kauf eines Faksimiles mit dem Titel „Liber Scivias Die göttlichen Visionen der Hildegard von Bingen" zu einem Preis von 7.920,00 €.

Auf der Bestellurkunde vom 28.05.2020 (Anlage HKLW 1, Bl. 47) befindet sich ein Kästchen mit dem nachfolgenden Text „Personalisierung gewünscht / Name und Editionsnummer auf Messingschild (Widerrufsrecht nach Lieferung ausgeschlossen)". Das Kästchen ist händisch angekreuzt.

Nach dem – unbestrittenen – Vortrag des Klägers kostet ein entsprechendes Messingschild weniger als 20,00 € und wird üblicherweise mit Schrauben oder Nieten befestigt. Es lässt sich ohne Substanzbeeinträchtigung an der eigentlichen Ware wieder entfernen und durch ein anderes, gleichgroßes Messingschild ersetzen.

Der Bestellurkunde lagen eine Widerrufsbelehrung und ein Widerrufsformular bei. Die Widerrufsbelehrung enthält den Hinweis, dass der Widerruf „mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail)“ auszuüben sei. Eine Anschrift, eine Telefaxnummer oder eine E-Mail-Adresse der Beklagten enthält die Widerrufsbelehrung nicht.

Der Kläger zahlte den Kaufpreis und erhielt das Faksimile. Auf der Innenseite des Einbandes des gelieferten Faksimiles ist ein gefaltetes Blatt Papier eingeklebt. Auf der linken Seite des Blattes wird unter der Überschrift „Notarielle Beurkundung" bekundet, dass das Faksimile die Nummer „DEX - 87 -“ trage. Die Erklärung ist mit einer unleserlichen Unterschrift über dem gedruckten Namen „Mag. Bernhard Schilcher“ versehen und auf den 15.05.2022 datiert. Auf der rechten Seite des Blattes wird u.a. erklärt, dass die Verkaufsauflage dieser Faksimile-Ausgabe auf 180 von Hand nummerierte Exemplare limitiert sei. Ferner ist dort unter dem vorgedruckten Text „Dies ist das persönliche Exemplar für" handschriftlich der Name des Klägers eingetragen. Eine Unterschrift befindet sich auf dieser Seite des eingeklebten Blattes nicht. Außer dieser Eintragung des Namens des Klägers enthält das Buch keine auf den Kläger individualisierten Merkmale, insbesondere auch kein Messingschild.

Mit Schreiben vom 25.01.2021 erklärte der Kläger, dass er „Widerspruch zum Auftrag vom 28.5.2020" einlege. Mit Schreiben vom 04.02.2021 antwortete die Beklagte dem Kläger, dass „Widerrufsschreiben“ am 29.01.2021 per Post erhalten zu haben. Dem Wunsch des Klägers auf „Stornierung“ des Vertrages könne sie jedoch nicht entgegenkommen, weil die Widerrufsfrist bereits abgelaufen sei und der Kläger ein personalisiertes Buch erhalten habe.

Daraufhin beauftragte der Kläger seine späteren Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Durchsetzung seines Rückzahlungsbegehren, wodurch er Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen i.H.v. 800,39 € ausgesetzt ist. Die außergerichtlichen Bemühungen der Prozessbevollmächtigten blieben erfolglos.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei der in das Faksimile eingeklebten „Beglaubigung" um eine aufgedrängte Personalisierung handele, durch die das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen sei. Es lasse sich nicht mit dem Schutzzweck des § 312g Abs. 1 S. 2 BGB vereinbaren, dass der Verkäufer eine Personalisierung dadurch vornehme, dass er vor dem Versand den Namen des Käufers händisch eintrage. Dieser Eintrag sei wertlos und ziele nur darauf ab, das Widerrufsrecht auszuschließen. Durch die Vereinbarung, dass ein Messingschild angebracht werden solle, sei das Widerrufsrecht ohnehin nicht ausgeschlossen worden, da ein solches Schild tatsächlich nicht angebracht worden sei.

Der Kläger hat zunächst die Zahlung von 7.920,00 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Buches „Liber Scivias – Die göttlichen Visionen der Hildegard von Bingen“ und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen beantragt. Nachdem die Beklagte die aus ihrer Sicht zu unbestimmte Beschreibung der Zug-um-Zug-Leistung beanstandet hatte, hat der Kläger die Zug-um-Zug-Leistung durch die Ergänzung um die Bezeichnung „DEX 87“ konkretisiert.

Der Kläger beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger einen Betrag von 7.920,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 05.02.2021 Zug um Zug gegen Rückgabe des Faksimiles „Liber Scivias – Die göttlichen Visionen der Hildegard von Bingen“ mit der auf der vorletzten Umschlagseite aufgebrachten Bezeichnung „DEX 87“ zu zahlen und

2. den Kläger von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Kanzlei ..., in Höhe von 800,39 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dem Faksimile habe auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers eine notarielle Beglaubigung hinzugefügt werden sollen, die die Limitiertheit des Faksimiles und eine Gravur vorgesehen habe.

Die Beklagte behauptet ferner, dass eine Entfernung der eingeklebten „Notariellen Beurkundung" zu einer Substanzbeeinträchtigung des Faksimiles führen würde. Die Wiederherstellung des Buches nach einer Entfernung des Vermerks würde „hohe Kosten“ verursachen und sich „erheblich wertmindernd“ auswirken, weil das Faksimile infolge der Substanzbeeinträchtigung nicht mehr dem Originalwerk entsprechen würde, dem es nachgebildet sei.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass dem Kläger ein Widerrufsrecht nicht zustehe, weil das kaufgegenständliche Faksimile auf Wunsch des Klägers personalisiert worden sei.

Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört. Für die Beklagte, deren persönliches Erscheinen das Gericht ebenfalls angeordnet hatte, ist außer deren Prozessbevollmächtigten niemand erschienen. Ihr Prozessbevollmächtigter konnte auf die Fragen des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhaltes keine über seinen schriftsätzlichen Vortrag hinausgehenden Angaben machen. Für das Ergebnis der Parteianhörung wird auf das Protokoll vom 08.09.2022 (Bl. 81 f.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig. Jedenfalls nachdem der Kläger die Faksimile-Nummer „DEX 87“ in die Antragsfassung aufgenommen hat, ist der von ihm Zug um Zug herauszugebende Gegenstand ausreichend konkretisiert, womit die Antragsfassung den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt.

II.

Die Klage ist auch begründet.

1.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Faksimiles aus §§ 357 Abs. 1, 355 Abs. 1, 312g Abs. 1, 312b, 312 BGB.

a)
Dem Kläger stand gemäß § 312g Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu. Der Kläger hat mit der Beklagten einen Verbrauchervertrag i.S.d. § 310 Abs. 3 BGB über die Lieferung eines Faksimiles „Liber Scivias – Die göttlichen Visionen der Hildegard von Bingen“ geschlossen und sich zur Zahlung eines Kaufpreises i.H.v. 7.920,00 € verpflichtet. Für eine Einschränkung des Anwendungsbereiches der Widerrufsvorschriften nach § 312 Abs. 2 bis 6 BGB bestehen keine Anhaltspunkte. Es handelt sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag im Sinne des § 312b BGB, denn jedenfalls hat der Kläger hat sein Kaufangebot bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit eines Vertreters der Beklagten in seiner Wohnung abgegeben, was gem. § 312b Abs. 1 Nr. 2 BGB ausreichend ist. Insofern kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte das Angebot sogleich in der Wohnung des Klägers durch ihren Vertreter oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durch die Lieferung des Faksimiles angenommen hat.

b)
Das Widerrufsrecht war entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen.

(1)
Auf die handschriftliche Eintragung des Namens des Klägers in die eingeklebte „Notarielle Beurkundung“ kommt es nicht an, denn eine derartige Individualisierung des Faksimiles hat der Kläger nicht bestellt. Vielmehr ist in der Bestellurkunde eine Individualisierung durch ein Messingschild angekreuzt. Zwar hat die Beklagte behauptet, dass der Kläger eine Individualisierung durch eine notarielle Beurkundung gewünscht habe. Für diese – vom Inhalt der Bestellurkunde abweichende – Behauptung hat die Beklagte jedoch keinen Beweis angetreten. Durch eine ohne ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vom Unternehmer vorgenommene und damit aufgedrängte Individualisierung wird das Widerrufsrecht nicht gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen.

(2)
Das Widerrufsrecht war jedoch auch nicht durch die vom Kläger bestellte Individualisierung in Form der Anbringung eines Messingschildes mit seinem Namen gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen.

(i)
Das Widerrufsrecht war schon deshalb nicht ausgeschlossen, weil die Beklagte ein Faksimile mit der bestellten Individualisierung durch ein Messingschild nicht geliefert hat.

Zwar ist es für das Eingreifen des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB – anders als der Kläger meint – grundsätzlich unerheblich, ob der Unternehmer die vereinbarte Individualisierung im Zeitpunkt des Widerrufs bereits vorgenommen hat. Insofern ist allein entscheidend, ob sich die Parteien über eine tatbestandsmäßige Individualisierung der Kaufsache geeinigt haben. Wann der Unternehmer diese Individualisierung vornimmt, spielt keine Rolle (EuGH, Urt. v. 21.10.2020 – C-529/19 – Juris, Rn. 15 ff.).

Vorliegend kann sich die Beklagte auf einen Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB vor der Lieferung eines entsprechend personalisierten Faksimiles jedoch nach Treu und Glauben aus § 242 BGB nicht berufen, denn sie hat den Kläger in der Bestellurkunde über einen Ausschluss des Widerrufsrechts irreführend belehrt, indem sie dort darauf hingewiesen hat, dass das Widerrufsrecht im Falle der Personalisierung „nach Lieferung“ ausgeschlossen sei. Der durchschnittliche Adressat der Bestellurkunde ohne besondere Rechtskenntnisse konnte diesen Hinweis ohne Weiteres dahingehend verstehen, dass ein Widerrufsrecht vor der Lieferung des entsprechend personalisierten Faksimile noch nicht ausgeschlossen ist. An diesem von ihr unmittelbar durch die Gestaltung der Bestellurkunde vermittelten (rechtlich unzutreffenden) Eindruck muss sich die Beklagte unbeschadet des Umstandes festhalten lassen, dass sie in der Widerrufsbelehrung (rechtlich zutreffend aber abstrakt) darauf hingewiesen hat, dass das Widerrufsrecht im Falle einer Individualisierung der Ware generell ausgeschlossen ist.

Die Beklagte hat das bestellte Faksimile mit einer Personalisierung durch ein Messingschild mit dem Namen des Klägers nicht geliefert. Sie kann sich somit auf einen etwaigen Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB aus Treu und Glauben nicht berufen.

(ii)
Unbeschadet dessen wäre das Widerrufsrecht jedoch auch ohne den rechtlich unzutreffenden Hinweis auf der Bestellurkunde nicht ausgeschlossen, weil sich das vom Kläger bestellte Messingschild nach seinem unbestrittenen Vortrag ohne Einbuße an der Substanz des Faksimiles wieder entfernen und durch ein anderes gleich großes Messingschild ersetzen ließe.

Nach dem Sinn und Zweck des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB soll ein Widerruf in Fällen ausgeschlossen sein, in denen die Angaben des Verbrauchers, nach denen die Ware angefertigt wird, die Sache so individualisieren, dass diese für den Unternehmer im Falle ihrer Rücknahme wirtschaftlich wertlos ist, weil er sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder allenfalls noch unter erhöhten Schwierigkeiten und mit erheblichem Preisnachlass absetzen kann. Entscheidend ist, ob die Anfertigung der Ware bzw. deren Zuschnitt auf die Bedürfnisse des Verbrauchers nicht ohne Einbuße an Substanz und Funktionsfähigkeit ihrer Bestandteile bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand wieder rückgängig zu machen ist (BGH, Urt. v. 19.03.2003 – VIII ZR 295/01 – Juris, Rn 15). Rückbaukosten jedenfalls unter 5 % des Warenwerts sind dabei als noch verhältnismäßig anzusehen (BGH, a.a.O., Rn. 19). An dieser Rechtsauffassung ist auch nach Inkrafttreten der Verbraucherrechterichtlinie vom 25.10.2011 (Richtlinie 2011/83/EU) unverändert festzuhalten (vgl. Buchmann, Das neue Fernabsatzrecht 2014 (Teil 3), in: K&R 2014, S. 369 (372); Wendehorst, in: MüKo-BGB, 9. Auflage 2022, § 312g Rn. 17).

Auf dieser Grundlage sind die Voraussetzungen eines Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB durch die Vereinbarung der Anbringung eines Messingschildes mit dem Namen des Klägers nicht gegeben. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers ließe sich das Messingschild problemlos wieder entfernen und durch ein anderes, gleich großes Messingschild mit dem Namen eines anderen Käufers ersetzen. Der Wert des Messingschildes liegt unbestritten unter 20,00 € und damit weit unter 1 % des vereinbarten Kaufpreises. Die Beklagte könnte ein durch ein Messingschild für den Kläger personalisiertes Faksimile daher ohne Überschreiten der Opfergrenze wieder verkehrsfähig machen und erneut zum Kauf anbieten.

c)
Der Kläger hat das Widerrufsrecht auch ordnungsgemäß, insbesondere fristgemäß ausgeübt.

(1)
In seiner Erklärung vom 21.01.2021 hat der Kläger zwar nicht das Wort „Widerruf", sondern das Wort „Widerspruch" verwendet. Aus den Umständen konnte die Beklagte jedoch ohne Weiteres entnehmen, dass ein Widerruf gemeint war. Schließlich hat die Beklagte die Erklärung ausweislich ihres Antwortschreibens vom 04.02.2021 auch in diesem Sinne verstanden (falsa demonstratio non nocet).

(2)
Die Widerrufsfrist war am 21.01.2021 noch nicht abgelaufen.

(i)
Die allgemeine Widerrufsfrist von 14 Tagen (§§ 355 Abs. 2 Satz 1, 312g Abs. 1 BGB) hatte gem. § 356 Abs. 3 S. 1 BGB noch nicht zu laufen begonnen, weil die Beklagte den Kläger nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht unterrichtet hatte.

Grundvoraussetzung für eine ordnungsgemäße Belehrung über die Bedingungen für die Ausübung des Widerrufsrechts gem. Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB ist die Belehrung darüber, dass ein Widerrufsrecht überhaupt besteht. Die Beklagte hat durch die Gestaltung des Bestellformulars, wonach bei Ankreuzung des Kästchens zur Personalisierung durch das Messingschild ein Widerrufsrecht nach Lieferung ausgeschlossen sei, jedoch den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass ein Widerrufsrecht im konkreten Fall jedenfalls nach Lieferung nicht mehr bestehe. Dieser unmittelbar durch die Bestellurkunde erweckte unzutreffende Eindruck wird auch nicht dadurch ausgeräumt, dass die Voraussetzungen eines Ausschlusses des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB in der Widerrufsbelehrung in abstrakter Weise korrekt dargestellt worden sind.

Darüber hinaus ist die Widerrufsbelehrung jedoch auch deshalb fehlerhaft, weil entgegen Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EBGBG die Anschrift der Beklagten nicht angegeben ist. Insofern weicht die Widerrufsbelehrung auch von dem Muster nach Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB ab, nach dessen Gestaltungshinweis Nr. 2 in die Widerrufsbelehrung den Namen, die Anschrift, die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse des Unternehmers einzutragen sind.

(ii)
Die Ausschlussfrist gem. §§ 356 Abs. 3 S. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 lit. a BGB von zwölf Monaten und 14 Tagen ab Lieferung war zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung im Januar 2021 noch nicht verstrichen.

2.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Der Anspruch auf Rückgewähr des gezahlten Preises entstand mit Zugang der Widerrufserklärung des Klägers bei der Beklagten am 29.01.2021 (§ 355 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 357 Abs. 1 BGB). Das Schreiben der Beklagten vom 04.02.2021 ist als ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung anzusehen.

3.
Der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 249 Abs. 1 BGB. Als der Kläger seinen späteren Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung seines Rückzahlungsanspruchs beauftragte, befand sich die Beklagte mit der Rückzahlung des Kaufpreises bereits in Verzug. Die dem Kläger durch Beauftragung des Rechtsanwaltes entstandenen Kosten beruhten auf der vertragswidrigen Weigerung der Beklagten, ihrer Rückzahlungspflicht nachzukommen. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit der zunächst außergerichtlichen Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs entsprach einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

5.
Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

6.
Der Gebührenstreitwert war gemäß § 63 Abs. 1 GKG festzusetzen. Er entspricht der bezifferten Hauptforderung. Der Wert des Zug um Zug herauszugebenden Faksimiles mindert den Streitwert nicht.