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Entscheidung 10 UF 15/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 09.08.2022
Aktenzeichen 10 UF 15/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0809.10UF15.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts Prenzlau vom 16.02.2022 in seinem Ausspruch über den Versorgungsausgleich (Ziffer 2. des Tenors) teilweise (Anrechte der Antragstellerin bei der weiteren Beteiligten zu 1) abgeändert.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin in der allgemeinen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, Versicherungsnummer …, zu Gunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 0,0283 Entgeltpunkten auf sein Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, bezogen auf den 31.10.2020, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin für langjährige Versicherung in der allgemeinen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, Versicherungsnummer …, zu Gunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 0,0011 Entgeltpunkten auf sein Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, bezogen auf den 31.10.2020, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, Versicherungsnummer …, zu Gunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 6,0632 Entgeltpunkten (Ost) auf sein Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, bezogen auf den 31.10.2020, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin für langjährige Versicherung in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, Versicherungsnummer …, zu Gunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 0,2684 Entgeltpunkten (Ost) auf sein Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, bezogen auf den 31.10.2020, übertragen.

Im Übrigen (Anrechte bei der weiteren Beteiligten zu 2 und Anrechte des Antragsgegners bei der weiteren Beteiligten zu 1) bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden insoweit nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.440 € festgesetzt.

Gründe

I.

Auf den am 12.11.2020 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 16.02.2022 die am 01.09.1998 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wendet sich die weitere Beteiligte zu 1) mit der Beschwerde. Sie macht geltend, das Amtsgericht habe bei den Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Seiten der Antragstellerin zu Unrecht die Entgeltpunkte für langjährige Versicherung mit den übrigen Entgeltpunkten zusammengerechnet. Es handele sich insoweit nicht um Anrechte gleicher Art, sodass sie gesondert auszugleichen seien.

Die beteiligten Ehegatten sind der Beschwerde nicht entgegengetreten.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) ist begründet und führt im Hinblick auf das Anrecht der Antragstellerin bei der weiteren Beteiligten zu 1) zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Die Anrechte der Antragstellerin für langjährige Versicherung sind entgegen der Auffassung des Amtsgerichts gesondert auszugleichen und nicht mit den weiteren Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung zusammenzurechnen.

Der Senat entscheidet nach Gewährung rechtlichen Gehörs ohne die in § 221 Abs. 1 FamFG vorgesehene Erörterung in einem Termin.

1.

Bezüglich der Anrechte bei der weiteren Beteiligten zu 2) und der Anrechte des Antragsgegners bei der weiteren Beteiligten zu 1) verbleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts, ohne dass es hierzu weiterer Ausführungen bedarf. Die weitere Beteiligte zu 1) hat ihre Beschwerde auf den Ausgleich der Anrechte beschränkt, welche die Antragstellerin bei ihr erworben hat. Eine solche Teilanfechtung ist zulässig, weil bei mehreren Anrechten der Ehegatten die Teilung innerhalb der einzelnen Versorgung erfolgt und die Entscheidungen zu den jeweiligen Anrechten nicht voneinander abhängig sind (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2011, 547 Rn. 17). Daher beschränkt sich die Überprüfung des Senats auf den angefochtenen Teil der Entscheidung.

2.

Zutreffend ist das Amtsgericht von einer Ehezeit gemäß § 3 Abs. 1 VersAusglG vom

01.09.1998 bis zum 31.10.2020 ausgegangen.

3.

Die von der weiteren Beteiligten zu 1) mit der Beschwerde geäußerte Rechtsauffassung ist zutreffend.

Die Zuschläge an Entgeltpunkten wegen langjähriger Versicherung (§ 76g SGB VI) und die übrigen Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung sind keine Anrechte gleicher Art. Zwar bestimmt § 120f Abs. 1 SGB VI, dass die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte als Anrechte gleicher Art im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG gelten. Aber gemäß § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI werden hiervon ausdrücklich die in der Rentenversicherung als Zuschläge für langjährige Versicherung gewährten Entgeltpunkte ausgenommen. Denn die Grundrentenzuschläge sind nicht beitragsfinanziert, sondern die Kosten hierfür werden aus Steuermitteln über einen erhöhten Bundeszuschuss getragen (OLG Koblenz, Beschluss vom 04.03.2022 – 7 UF 46/22, BeckRS 2022, 3462 Rn. 10). Mithin scheidet eine Zusammenfassung und gemeinsame interne Teilung aus. Vielmehr sind beide Anrechte im Versorgungsausgleich im Rahmen der internen Teilung separat auszuweisen und zu übertragen (OLG Koblenz, Beschluss vom 04.03.2022 – 7 UF 46/22, BeckRS 2022, 3462 Rn. 10; Ruland, NZS 2021, 241, 248).

Ausweislich der Auskunft vom 07.01.2022 hat die Antragstellerin in der Ehezeit bei der weiteren Beteiligten zu 1) folgende dem Wertausgleich unterliegenden Anrechte erworben:

in der allgemeinen Rentenversicherung

        

Ehezeitanteil

0,0566 Entgeltpunkte

Ausgleichswert

0,0283 Entgeltpunkte

korrespondierender Kapitalwert

213,45 €

                
                
                

für langjährige Versicherung in der allgemeinen Rentenversicherung

        

Ehezeitanteil

0,0022 Entgeltpunkte

Ausgleichswert

0,0011 Entgeltpunkte

korrespondierender Kapitalwert

8,30 €.

                
                

in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost)

        

Ehezeitanteil

12,1263 Entgeltpunkte (Ost)

Ausgleichswert

 6,0632 Entgeltpunkte (Ost)

korrespondierender Kapitalwert

42.739,81 €

                

für langjährige Versicherung in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost)

        

Ehezeitanteil

0,5368 Entgeltpunkte (Ost)

Ausgleichswert

0,2684 Entgeltpunkte (Ost)

korrespondierender Kapitalwert

1.891,97 €.

4.

Die genannten Anrechte für langjährige Versicherung sind auszugleichen, obwohl sie als geringfügig im Sinne des § 18 Abs. 3 VersAusglG anzusehen sind.Die Wertgrenze insoweit belief sich bei Ehezeitende im Jahr 2020 auf 3.822 € (Fischer, Tabellen zum Familienrecht, 42. Aufl., S. 37). Dieser Wert wird hier deutlich unterschritten. Dennoch sind die Anrechte auszugleichen. Denn zu beachten ist, dass die Anrechte der Ehegatten, die oberhalb des Grenzwerts liegen, ohnehin ausgeglichen werden. Für die Versorgungsträger verursacht es keinen nennenswerten Mehraufwand, zusätzlich das geringwertige Anrecht auszugleichen.

Die Vorschrift des § 18 Abs. 2 VersAusglG eröffnet dem Gericht einen Ermessensspielraum, einzelne Anrechte, die einen geringen Ausgleichswert aufweisen, nicht auszugleichen. In die gebotene Ermessensentscheidung ist auch einzubeziehen, dass dem Halbteilungsgrundsatz erhebliches Gewicht zukommt, er der grundlegende Maßstab der Entscheidung ist und einer Abweichung davon besonderer Rechtfertigung bedarf (BGH, Beschluss vom 30.11.2011 – XII ZB 344/10, FamRZ 2012, 192 Rn. 40). Mit § 18 Abs. 2 VersAusglG soll vornehmlich ein hoher Verwaltungsaufwand für den Versorgungsträger vermieden werden, der durch die Teilung und Aufnahme eines neuen Anwärters verursacht wird und der im Hinblick auf geringwertige Anrechte unverhältnismäßig wäre. Der Ausschluss von geringfügigen Anrechten zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung findet aber seine Grenze in einer unverhältnismäßigen Durchbrechung des Halbteilungsgrundsatzes (BGH, a.a.O., Rn. 41). Eine solche Durchbrechung liegt insbesondere dann vor, wenn ein Anrecht mit geringem Ausgleichswert unter Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht ausgeglichen wird, obwohl der mit dieser Vorschrift erstrebte Zweck nicht oder nur unwesentlich erreicht wird. Haben – wie im vorliegenden Fall – beide Ehegatten jeweils ein Konto in der gesetzlichen Rentenversicherung, so erfolgt auch der Ausgleich eines nach § 18 Abs. 2 VersAusglG einzeln zu betrachtenden Anrechts lediglich durch Umbuchungen auf diese Konten. Ein weiterer erheblicher Verwaltungsaufwand entsteht nicht. Ein unterlassener Ausgleich ehezeitlicher Versorgungsanrechte insoweit würde daher eine unverhältnismäßige Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes bedeuten. Dieser Umstand ist bei der Ermessensentscheidung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vorrangig zu würdigen (BGH, a.a.O., Rn. 42; vgl. auch OLG Koblenz, Beschluss vom 04.03.2022 – 7 UF 46/22, BeckRS 2022, 3462 Rn. 11). Das spricht hier eindeutig dafür, das geringfügige Anrecht der Antragstellerin auszugleichen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 150 FamFG, 20 FamGKG, die Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren auf §§ 40 Abs. 1, 50 Abs. 1 FamGKG.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.