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Entscheidung 23 Sa 1135/21


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 23. Kammer Entscheidungsdatum 04.05.2022
Aktenzeichen 23 Sa 1135/21 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2022:0504.23SA1135.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Juli 2021 – 58 Ca 2300/21 – teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin für das Jahr 2019 weitere drei Arbeitstage und für das Jahr 2020 weitere vier Arbeitstage Erholungsurlaub zu gewähren.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits haben das beklagte Land zu 7/8 und die Klägerin zu 1/8 zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Anzahl der Arbeitstage Erholungsurlaub bei einer Wechselschichttätigkeit im Anwendungsbereich des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

Die Klägerin ist seit dem Jahr 1992 bei dem beklagten Land im G. im Tarifgebiet West des TV-L vollzeitig beschäftigt.

In ihrem Arbeitsvertrag vom 14.01.1993 vereinbarten die Parteien, dass sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) bestimmt. Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft d. und t. und das beklagte Land ist seit dem Jahr 2013 wieder Mitglied der TdL. TdL und d. und t. haben als Tarifvertragsparteien den TV-L abgeschlossen.

Die Klägerin arbeitete seit dem Jahr 2019 in einem Schichtmodell mit einem 4-wöchigen Schichtplan-Turnus bei durchgängiger Schichtabfolge im gesamten Kalenderjahr. Bei einem beispielhaften Beginn mit einer Tagschicht an einem Montag verläuft der Schichtplan wie folgt:

- Tagschicht 5:45 Uhr bis 18:00 Uhr am Montag

- Nachtschicht beginnend um 17.45 Uhr am Dienstag bis 06:00 Uhr am Mittwoch

- Kein weiterer Schichtbeginn am Mittwoch

- Keine Arbeit und kein Schichtbeginn am Donnerstag

- Tagschicht 5:45 Uhr bis 18:00 Uhr am Freitag

- Nachtschicht beginnend um 17.45 Uhr am Samstag bis 06:00 Uhr am Sonntag

- Kein weiterer Schichtbeginn am Sonntag

- Keine Arbeit und kein Schichtbeginn am Montag

Es ergibt sich ein regelmäßiger Turnus von jeweils 4 Wochen mit jeweils 21 Arbeitstagen unter Ansatz von jeweils einem Arbeitstag für Tagschichten und zwei Arbeitstagen für Nachtschichten wie folgt:

Woche 

Mo.     

Di.     

Mi.     

Do.     

Fr.     

Sa.     

So.     

1       

T       

N       

bis 6 

frei   

T       

N       

bis 6 

2       

frei   

T       

N       

bis 6 

frei   

T       

N       

3       

bis 6 

frei   

T       

N       

bis 6 

frei   

T       

4       

N       

bis 6 

frei   

T       

N       

bis 6 

frei   

                                                                

5       

T       

N       

bis 6 

frei   

T       

N       

bis 6 

6       

frei   

T       

N       

bis 6 

frei   

T       

N       

7       

bis 6 

frei   

T       

N       

bis 6 

frei   

T       

8       

N       

bis 6 

frei   

T       

N       

bis 6 

frei   

Das beklagte Land stellt die Dienstpläne für das jeweils folgende Kalenderjahr vor Beginn des Jahres auf und sieht bei der Dienstplanung einen durchgehenden Turnus im gesamten Kalenderjahr ohne Einplanung von Freischichten, Urlaubstagen und Zusatzurlaubstagen vor. Auf die von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Schichtpläne für ihre Schicht B/4 in den Kalenderjahren 2019, 2020 und 2021 wird Bezug genommen (Anlagen K16 – K18, Bl. 139 ff. d.A.).

Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. b) aa) TV-L beträgt die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen im Tarifgebiet West 38,5 Stunden für Beschäftigte, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit leisten. Gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 TV-L werden bei Wechselschichtarbeit die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen in die Arbeitszeit eingerechnet.

Im regelmäßigen Turnus von vier Wochen leistet die Klägerin in 14 Schichten zu jeweils 12,25 Stunden insgesamt 171,5 Stunden Arbeit nach dem Dienstplan. Zum Ausgleich der in diesem Wechselschichtmodell in vier Wochen über 154 Stunden (38,5 Stunden pro Woche x 4 Wochen) geleisteten Arbeitszeit von 17,5 Stunden (171,5 h – 154 h) ist vom beklagten Land die Gewährung von insgesamt 18 Freischichten (nachfolgend: F-Schichten) vorgesehen, und zwar anstelle von neun Tagschichten und neun Nachtschichten im Kalenderjahr, die sich - unter Berücksichtigung von zwei Arbeitstagen für eine Nachtschicht - auf 27 Kalendertage (9 Kalendertage tags+ 18 Kalendertage nachts) erstrecken. Die F-Schichten werden nicht zu Jahresbeginn bei der Dienstplanung in den Dienstplan eingestellt, sondern unterjährig händisch in den Dienstplan eingepflegt und gewährt.

Die Klägerin war in ihrer B/4-Schicht nach dem Dienstplan für das Jahr 2019 insgesamt für 92 Tagschichten und 91 Nachtschichten im Dienstplan eingeteilt, mithin für insgesamt 274 Kalendertage (92 Kalendertage tags und 2 x 91 = 182 Kalendertage nachts). Im Jahr 2020 hatte die Klägerin nach ihrem Dienstplan für die B/4-Schicht jeweils 91 Tag- und Nachtschichten sowie eine zusätzliche Nachtschicht, sodass sie nach dem Dienstplan an 275 Kalendertagen Dienst hatte (91 Kalendertage tags und 2 x 92 = 184 Kalendertage nachts). Die Beklagte gewährte der Klägerin im Jahr 2019 insgesamt 17 F-Schichten anstelle von 13 Tagschichten und vier Nachtschichten (insgesamt 21 Kalendertage), im Jahr 2020 gewährte sie der Klägerin zehn F-Schichten für neun Tagschichten und eine Nachtschicht (insgesamt 11 Kalendertage).

§ 26 Abs. 1 TV-L trifft die folgende Regelung zum Erholungsurlaub:

§ 26 Erholungsurlaub

(1) 1Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). 2Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage. 3Arbeitstage sind alle Kalendertage, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten haben oder zu arbeiten hätten, mit Ausnahme der auf Arbeitstage fallenden gesetzlichen Feiertage, für die kein Freizeitausgleich gewährt wird. 4Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. 5Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. 6Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt werden; er kann auch in Teilen genommen werden.

Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass zur Ermittlung des Erholungsurlaubsanspruchs bei Wechselschicht mit einem von der 5-Tage-Woche abweichenden Schicht-Rhythmus die vom Bundesarbeitsgericht (21. Juli 2015 – 9 AZR 145/14 –Rn. 17) entwickelte Umrechnungsformel wie folgt anzuwenden ist:

Urlaubstage x Arbeitstage im Jahr bei abweichender Verteilung
Arbeitstage im Jahr bei einer Fünftagewoche

Das beklagte Land errechnete – unter Ansatz von 260 Kalendertagen Arbeit pro Kalenderjahr bei einer Fünftagewoche und unter Ansatz von 273 Kalendertagen Arbeit der Klägerin abzüglich 27 Kalendertagen für F-Schichten pro Kalenderjahr - einen jährlichen Anspruch auf 28 Arbeitstage Erholungsurlaub (246 x 30 : 260 = 28,38). Es gewährte der Klägerin seit dem Jahr 2019 jährlich 28 Arbeitstage Erholungsurlaub, wobei jeweils zwei Arbeitstage für eine dienstplanmäßig vorgesehene Nachtschicht während des Urlaubs einzusetzen waren.

Die Klägerin machte mit Geltendmachungsschreiben vom 29.12.2019 und 17.03.2020 zunächst einen weiteren Urlaubstag und mit Schreiben vom 25.03.2020 noch drei weitere Urlaubstage geltend. Für das Jahr 2020 machte sie mit Schreiben vom 05.01.2021 und 29.01.2021 weitere vier Urlaubstage geltend. Nachdem das beklagte Land mit Schreiben vom 30.03.2020 und 06.02.2021 die Gewährung weiterer Arbeitstage Erholungsurlaub abgelehnt hatte, verfolgte sie ihr Begehren mit der Klage von Februar 2021 weiter.

Die Klägerin hat, ausgehend von einem neunwöchigen Turnus und durchschnittlich 5,33 Arbeitstagen pro Kalenderwoche, einen Anspruch auf 32 Arbeitstage Erholungsurlaub pro Kalenderjahr errechnet (277 x 30 : 260 = 31,96). Sie hat die Auffassung vertreten, die gewährten F-Schichten seien weder im Umfang von 27 Kalendertagen noch in geringerem Umfang abzuziehen, weil es sich dabei um einen Freizeitausgleich für bereits geleistete Mehrarbeit handele. Da die Beklagte die F-Schichten nicht in den Dienstplan einstelle, könnten diese auch nicht im Laufe des Jahres zu einer Reduzierung des Urlaubsanspruchs der Klägerin führen, sondern seien wie Gleitzeit zu behandeln. Die im Jahr 2019 nicht gewährten vier Urlaubstage seien in das Jahr 2020 übertragen worden. Bei einem Untergang des weiteren Urlaubsanspruchs von vier Arbeitstagen wegen Verfalls am 31.03. des Folgejahres bestehe ein Schadensersatzanspruch auf Gewährung dieser Urlaubstage.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihr für die Jahre 2019 und 2020 jeweils vier Ersatzurlaubstage zu gewähren.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist davon ausgegangen, dass bei der Errechnung des Erholungsurlaubsanspruchs die durchschnittlich gewährten 18 F-Schichten an 27 Kalendertagen von den dienstplanmäßig vorgesehenen Arbeitsschichten abzuziehen seien mit der Folge, dass sich lediglich 246 Arbeitstage ergäben. Unter Ansatz der Berechnungsformel für den Jahresurlaub sei deshalb Erholungsurlaub an 28 Arbeitstagen von allen Arbeitnehmern im Wechselschichtmodell der Klägerin zu beanspruchen. Die F-Schichten seien in Abzug zu bringen, weil während dieser Schichten keine Arbeitspflicht bestehe und die F-Schichten nicht dem Ausgleich von Mehrarbeitsstunden, sondern dem Ausgleich der Jahresarbeitszeit im Schichtbetrieb dienten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und hat - wie die Klägerin – unter Ansatz von 5,33 Arbeitstagen pro Woche insgesamt 32 Arbeitstage Erholungsurlaub pro Jahr errechnet. Es hat die tatsächliche Gewährung von 18 F-Schichten pro Jahr (neun Tagschichten und neun Nachtschichten) im Laufe des Jahres angenommen. Die F-Schichten seien bei der Berechnung des Erholungsurlaubs nicht abzuziehen, da sie weder dienstplanmäßig noch betriebsüblich freie Zeit im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 3 TV-L seien. Eine Berücksichtigung der F-Schichten bei der Berechnung des Erholungsurlaubs könne nur bei Einstellung dieser F-Schichten in den Dienstplan zu Jahresbeginn erfolgen, da anderenfalls eine Urlaubsplanung unter Berücksichtigung und Einbeziehung der F-Schichten nicht möglich sei. Zweck der F-Schichten sei nicht die Reduzierung der Arbeitspflicht der in Wechselschicht tätigen Arbeitnehmer, sondern der Ausgleich bereits im Schichtsystem geleisteter Mehrarbeitsstunden, wobei dieser Ausgleich nach Maßgabe von § 7 Abs. 8 Buchst. c TV-L nach Stunden und nicht nach Tagen erfolge. Bei einer flexiblen Handhabung der F-Schichten im Laufe des Jahres sei eine Gleichbehandlung der Dienstkräfte nicht gewährleistet, weil etwa langzeiterkrankte Arbeitnehmer mit einer geringeren Anzahl von F-Schichten sonst unter Anwendung der Berechnungsformel einen höheren Urlaubsanspruch hätten als Arbeitnehmer, die nicht langzeiterkrankt seien. Der über 28 Arbeitstage Urlaub hinausgehende Urlaubsanspruch der Klägerin für beide streitgegenständlichen Jahre sei nicht verfallen, da das beklagte Land seine Mitwirkungspflicht bei der Urlaubserteilung nicht erfüllt habe und diese Mitwirkungspflicht sowohl für den gesetzlichen Urlaub als auch für den übergesetzlichen tariflichen Urlaub gelte.

Gegen dieses dem beklagten Land am 09.08.2021 zugestellte Urteil wendet es sich mit der am 18.08.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung, die es mit einem am 08.09.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Das beklagte Land trägt vor, es gewähre in jedem Jahr 18 F-Schichten und damit 27 Kalendertage zusätzliche Freizeit. Diese seien gemäß § 26 Abs. 1 S. 3 TV-L von den zu leistenden Arbeitstagen abzuziehen, da die Klägerin an F-Schichten nicht arbeiten müsse und nicht hätte arbeiten müssen. Es mache keinen Unterschied, ob die F-Schichten zu Beginn des Jahres eingeplant seien oder nicht, da maßgeblich für die Berechnung des Erholungsurlaubs die Anzahl der durchschnittlichen Wochenarbeitstage ohne Arbeitspflicht seien. Wegen der gewährten Freischichten habe die Klägerin im Jahresdurchschnitt tatsächlich keine höhere Arbeitsbelastung als bei einer Fünftagewoche, sondern eine geringere. Ein über 30 Arbeitstage hinausgehender jährlicher Urlaubsanspruch setze eine tatsächliche Arbeitsleistung an mehr als fünf Tagen wöchentlich voraus, mit dem diese ergänzende Belastung ausgeglichen werden solle. Da die Klägerin unter Berücksichtigung der gewährten F-Schichten bei einer Jahresbetrachtung durchschnittlich nicht mehr, sondern weniger als fünf Tage pro Woche eingesetzt werde, bestehe ihr Urlaubsanspruch nur im Umfang von 28 Arbeitstagen. Etwaige Unschärfen bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern würden automatisch ausgeglichen, die Notwendigkeit von Neuberechnungen des Urlaubsanspruchs bei Abweichungen vom Regelfall seien für die rechtliche Beurteilung irrelevant. Etwaige Ansprüche der Klägerin auf Gewährung weiterer Urlaubstage seien im Übrigen am 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres verfallen. Eine Mitwirkungspflicht des beklagten Landes bestehe nur für den gesetzlichen Urlaub, aber nicht für den im Rahmen der Tarifautonomie tariflich geregelten übergesetzlichen Urlaub. Im Übrigen seien etwaige Ansprüche der Klägerin gemäß § 37 TV-L ausgeschlossen und gehe die tarifliche Regelung zur Ausschlussfrist dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes vor.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Juli 2021 – 58 Ca 2300/21 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt aus, die F-Schichten dienten dem stundenweisen Ausgleich von im Schichtsystem geleisteter Mehrarbeit. Dies zeige sich auch daran, dass für nicht gewährte F-Schichten im Folgejahr ein Überstundenausgleich stattfinde. Nach den Arbeitshinweisen des beklagten Landes müsse mit den gewährten Arbeitstagen Erholungsurlaub insgesamt ein Urlaubszeitraum von 42 Kalendertagen bzw. 6 Kalenderwochen erreichbar sein. Dies werde in ihrem Fall bei einer Gewährung von nur 28 Arbeitstagen Urlaub nicht erreicht, da sie die F-Schichten mangels Einstellung in den Dienstplan vorab bei ihrer Urlaubsplanung nicht berücksichtigen können.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Schriftsatz des beklagten Landes vom 08.09.2021 (Bl. 83 ff. d.A.), auf die Schriftsätze der Klägerin vom 26.10.2021 und 24.01.2022 nebst Anlagen (Bl. 101 ff. und Bl. 136 ff. d.A.) sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 04.05.2022 (Bl. 163 f. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des beklagten Landes ist gemäß §§ 66 Abs. 1 S. 1 und 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist damit zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch überwiegend unbegründet. Nach Maßgabe von § 26 Abs. 1 S. 2 – 4 TV-L hat die Klägerin – in Abhängigkeit von der Zahl der nach dem Dienstplan zu leistenden Arbeitstage im jeweiligen Kalenderjahr – Anspruch auf die sich bei Anwendung der Umrechnungsformel „Urlaubstage x Arbeitstage im Jahr bei abweichender Verteilung : Arbeitsjahre im Jahr bei einer 5-Tage-Woche“ ergebende Zahl von Arbeitstagen Erholungsurlaub. Bei der Berechnung sind F-Schichten nicht zu berücksichtigen, weil weder dienstplanmäßig noch betriebsüblich zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Jahresurlaubs am 1. Januar des Kalenderjahres feststeht, wann und in welchem Umfang diese tatsächlich gewährt werden. In Anwendung der Berechnungsformel ergeben sich für die Klägerin im Jahr 2019 insgesamt 31 Urlaubstage und im Jahr 2020 insgesamt 32 Urlaubstage, von denen jeweils 28 Arbeitstage Erholungsurlaub bereits gewährt worden sind. Die verbliebenen insgesamt sieben Arbeitstage Erholungsurlaub für beide Jahre sind nach dem - gemäß § 26 Abs. 2 TV-L modifiziert anzuwendenden - Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes nicht verfallen, weil das beklagte Land seiner Mitwirkungspflicht bei der Urlaubserteilung nicht nachgekommen ist. Im Umfang eines Urlaubstages für das Kalenderjahr 2019 ist die Berufung des beklagten Landes erfolgreich, weil insoweit die Berechnung der Klägerin unzutreffend ist.

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere liegt das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse bei gebotener Auslegung des Antrags vor. Feststellungsklagen brauchen sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen zu beziehen, sondern können einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen – wie hier den Umfang des Urlaubsanspruchs – zum Gegenstand haben. Da die Klägerin ein rechtliches Interesse daran hat, den Umfang des ihr zustehenden Jahresurlaubs einer gerichtlichen Feststellung zuzuführen, liegt das erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit einer Klage, mit der ein Arbeitnehmer den Umfang des ihm zustehenden Urlaubs gerichtlich festgestellt wissen will, nicht entgegen (BAG 21. Juli 2015 – 9 AZR 145/14 – Rn. 9 mwN).

Der Feststellungsantrag der Klägerin, der nach dem Wortlaut auf die Feststellung einer Verpflichtung zur Gewährung von jeweils vier Ersatzurlaubstagen für beide Jahre gerichtet ist, war unter Berücksichtigung der von der Klägerin abgegebenen Begründung auszulegen. Danach war Ziel der Klage die Feststellung, wieviele Arbeitstage Erholungsurlaub über die gewährten 28 Urlaubstage hinaus der Klägerin in beiden Jahren zustanden. Dieses Auslegungsergebnis ergibt sich aus der abgegebenen Begründung der Klägerin und entspricht – ausweislich der im Kammertermin am 04.05.2022 von beiden Parteien abgegebenen Erklärungen – dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien.

2. Die Klage ist im Umfang von weiteren drei Arbeitstagen Erholungsurlaub für das Jahr 2019 und weiteren vier Arbeitstagen Erholungsurlaub für das Jahr 2020 begründet. Im Umfang eines Arbeitstages Erholungsurlaub für das Jahr 2019 ist sie unbegründet.

2.1. Der Klägerin standen bei zutreffender Berechnung gemäß § 26 Abs. 1 TV-L im Jahr 2019 insgesamt 31 Arbeitstage Erholungsurlaub und im Jahr 2020 insgesamt 32 Arbeitstage Erholungsurlaub zu. Der TV-L findet aufgrund beidseitiger Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) sowie im Übrigen wegen der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

2.1.1. Nach Maßgabe von § 26 Abs. 1 TV-L beträgt der Urlaubsanspruch bei der – gewöhnlichen – Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage pro Woche in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage (S. 2). Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend (Satz 4). Arbeitstage sind nach der Definition der Tarifvertragsparteien alle Kalendertage, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten haben oder zu arbeiten hätten (Satz 3).

2.1.2. Bei einer von der 5-Tage-Woche abweichenden Verteilung der Arbeitszeit ist danach zu ermitteln, an wievielen Kalendertagen dienstplanmäßig gearbeitet werden muss oder – in Fällen des nachträglichen Wegfalls der Arbeitspflicht, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit, Urlaubs oder sonstiger Freistellung – hätte gearbeitet werden müssen. Bei einem zu Beginn des Kalenderjahres durchgängig für das gesamte Jahr aufgestellten Dienstplan sind danach Arbeitstage alle Kalendertage, an denen der Arbeitnehmer für einen Arbeitseinsatz vorgesehen ist, im Falle der Klägerin sämtliche Kalendertage, in denen eine Tagschicht vorgesehen ist und eine Nachtschicht beginnt oder endet. Nach den von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Dienstplänen für ihre B/4-Schicht war sie im Jahr 2019 an 274 Kalendertagen in der Tag- oder der Nachtschicht zur Arbeit eingeteilt und im Jahr 2020 an insgesamt 275 Kalendertagen.

2.1.3. Die Klägerin arbeitet nicht in einer 5-Tage-Woche, sondern durchschnittlich in einer 5,25-Tage-Woche. Dies ergibt sich daraus, dass sie in jedem regelmäßig wiederkehrenden vierwöchigen Turnus ihrer Schicht insgesamt an 21 Kalendertagen zur Arbeit herangezogen wird (21 : 4 = 5,25). Soweit die Parteien und auch das Arbeitsgericht übereinstimmend auf der Grundlage der vom beklagten Land erstellten Arbeitshinweise für ein anderes Schichtmodell von durchschnittlich 5,33 Arbeitstagen pro Woche ausgegangen sind, trifft diese Berechnung für das streitgegenständliche Schichtmodell nicht zu.

2.1.4. Für die Umrechnung der Urlaubstage bei abweichendem Arbeitszeitmodell ist nach Maßgabe von § 26 Abs. 1 Satz 4 TV-L die Anzahl der Arbeitstage mit dienstplanmäßiger Arbeitspflicht mit der Anzahl der Arbeitstage in der 5-Tage-Woche ins Verhältnis zu setzen. Der Schicht-Rhythmus, in dem das beklagte Land die Klägerin einsetzt, ist nicht auf eine Woche beschränkt. Für die Berechnung ist deshalb der repräsentative Zeitabschnitt heranzuziehen, in dem die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt erreicht wird. Dabei muss die Berechnungsmethode eine Gleichwertigkeit insbesondere der Urlaubsdauer sicherstellen. Dies wird erreicht, wenn jahresbezogen die für die Arbeitnehmer mit abweichender Arbeitszeit maßgebliche Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht mit der Anzahl der in der 5-Tage-Woche geltenden Anzahl der Arbeitstage ins Verhältnis gesetzt wird (vgl. BAG 15. März 2011 – 9 AZR 799/09 – Rn. 25).

2.1.5. Die danach maßgebliche Umrechnungsformel, die auch die Parteien und das Arbeitsgericht nach Maßgabe der Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts (BAG 21. Juli 2015 – 9 AZR 145/14 – Rn. 17) zugrunde gelegt haben, ist dabei anzuwenden. Dabei ist als Dividend die nominell die im Tarifvertrag in § 26 Abs. 1 Satz 2 TV-L festgelegte Anzahl von 30 Urlaubstagen einzusetzen, die mit der im Schichtsystem zu leistenden Anzahl von dienstplanmäßigen Arbeitstagen zu multiplizieren ist, im Falle der Klägerin mit 274 Tagen für das Jahr 2019 und mit 275 Tagen für das Jahr 2020. Als Divisor sind die in der 5-Tage-Woche möglichen 261 Arbeitstage einzusetzen und nicht, wie die Parteien angenommen haben, 260 Arbeitstage. Zwar geht das Bundesarbeitsgericht bei Anwendung der Berechnungsformel grundsätzlich von 52 Kalenderwochen und damit von 364 Kalender- und 260 Soll-Arbeitstagen aus (364 : 7 x 5 = 260), weil die Berechnungsvorschrift für das Urlaubsentgelt in § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG auf 13 Wochen für ein Vierteljahr abstellt. Nach Maßgabe der Regelungen des TV-L ist jedoch das Jahr nach § 191 BGB mit 365 Kalendertagen und für die in der 5-Tage-Woche beschäftigten Arbeitnehmer mit 261 Arbeitstagen (365 : 7 x 5 = 260,71) anzusetzen, weil die Tarifvertragsparteien in § 21 TV-L für die Bemessung der Entgeltfortzahlung während des Urlaubs auf einen anderen Referenzzeitraum als auf die letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn abgestellt haben (vgl. für den insoweit wortgleichen TVöD: BAG 15 März 2011 – 9 AZR 799/09 – Rn. 25 mwN).

2.1.6. Bei Anwendung der Berechnungsformel mit diesen Zahlen als Dividend und Divisor ergibt sich für die Klägerin im Jahr 2019 ein Urlaubsanspruch von insgesamt 31 Arbeitstagen (30 x 274 : 261 = 31,49) und für das Jahr 2020 im Umfang von 32 Arbeitstagen (30 x 275 : 261 = 31,61). Unter Abzug der in beiden Jahren bereits gewährten 28 Arbeitstagen Erholungsurlaub verbleiben für das Jahr 2019 drei Arbeitstage und für das Jahr 2020 vier Arbeitstage Erholungsurlaub.

2.2. Die F-Schichten sind bei der Berechnung des abweichenden Urlaubsanspruchs nicht in Abzug zu bringen, weil sie, anders als in § 26 Abs. 1 Satz 3 TV-L vorgesehen, nicht dienstplanmäßig von dem beklagten Land erfasst und als Freischichten bzw. freie Kalendertage ausgewiesen sind.

2.2.1. Anders als der Arbeitgeber in dem vom Bundesarbeitsgericht am 09.09.2003 entschiedenen Fall (9 AZR 468/02 – Rn. 43 f.) legt das beklagte Land die F-Schichten nicht zu Jahresanfang im Dienstplan fest. In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Verfahren fand eine Betriebsvereinbarung Anwendung, nach der der Vorgesetzte am Jahresanfang die insgesamt 34 Freischichten in einem zeitlich regelmäßigen Abstand in den Schichtplänen festlegte. Durch die Festlegung der Freischichten im Dienstplan verblieb lediglich eine reduzierte Anzahl von Schichten, in denen Arbeit geleistet werden musste, sodass bereits nach der Dienstplanung automatisch lediglich die um die Freischichten verringerte Zahl von Arbeitsschichten verblieb. Dasselbe gilt für den vom Bundesarbeitsgericht am 15.03.2011 entschiedenen Fall (9 AZR 799/09), in dem im Anwendungsbereich des TVöD nach den getroffenen Feststellungen der dortige Kläger nach den Schichtplänen bei einer sich ständig wiederholenden Schichtabfolge von 24-Stunden-Schichten lediglich zu 147 Arbeitsschichten (294 Arbeitstagen) zur Arbeit eingeteilt war. Bei dienstplanmäßig zu leistenden 147 Arbeitsschichten in diesem Schichtmodell sind dienstplanmäßig die jährlich 36 gewährten Freischichten bereits berücksichtigt worden, da anderenfalls im Dienstplan insgesamt 183 Arbeitsschichten über jeweils 2 Kalendertage hätten ausgewiesen sein müssen, weil in diesem Schichtsystem ohne Berücksichtigung der Freischichten an jedem Kalendertag Arbeit zu leisten ist. In beiden Fällen hat das Bundesarbeitsgericht auf die im Dienstplan vorgesehenen Schichten und die daraus folgenden vorgesehenen Arbeitstage für die Berechnung abgestellt, weil bei dienstplanmäßig ausgewiesenen Freischichten bei Fälligkeit des Jahresurlaubs zu Jahresbeginn feststeht, dass an diesen Schicht- bzw. Kalendertagen keine Arbeit zu leisten ist.

2.2.2. Davon geht auch die Kammer aus. In § 26 Abs. 1 Satz 3 TV-L ist insoweit ausdrücklich definiert, dass Arbeitstage solche Kalendertage sind, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig zur Arbeit vorgesehen sind. Davon ist das Bundesarbeitsgericht auch bei Anwendung der anderen Tarifverträge ausgegangen, in denen sich eine solche ausdrückliche Regelung nicht findet.

Vorliegend sind jedoch die F-Schichten nicht im Dienstplan ausgewiesen und eingeplant mit der Folge, dass ausschließlich die dienstplanmäßig vorgesehenen Schichten, wie in § 26 Abs. 1 Satz 3 TV-L geregelt, bei der Berechnung zu berücksichtigen sind. Da der Jahresurlaubsanspruch am 01.01. des Kalenderjahres fällig ist und genommen werden kann, kann nicht erst am Jahresende rückblickend geprüft und festgestellt werden, wieviele F-Schichten in Arbeitstagen tatsächlich gewährt wurden. Werden F-Schichten händisch im Laufe des Jahres - wie vorliegend - eingepflegt, dienen sie der Einhaltung der durchschnittlichen tariflichen Arbeitszeit von 154 Stunden in jeweils vier Wochen, da ohne einen solchen Ausgleich Mehrarbeit anfiele. Erfolgt die Gewährung von neun Tagschichten und neun Nachtschichten als F-Schichten jedoch nicht dienstplanmäßig, können die F-Schichten für die Urlaubsberechnung nicht berücksichtigt werden.

2.2.3. Das beklagte Land hat auch nicht, wie von ihm vorgetragen, der Klägerin entsprechend einer Betriebsüblichkeit tatsächlich in beiden streitgegenständlichen Jahren 18 F-Schichten gewährt. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Dienstplänen für die Jahre 2019 bis 2021 unter Berücksichtigung ihrer tatsächlich geleisteten Arbeitstage und der aufgrund von Arbeitsbefreiung nicht geleisteten Arbeitstage. Danach hat das beklagte Land nicht nur keine 18 F-Schichten dienstplanmäßig eingeplant, sondern der Klägerin auch tatsächlich nicht gewährt, insbesondere nicht im Umfang von neun Tagschichten und neun Nachtschichten. Vielmehr hat das beklagte Land der Klägerin im Jahr 2019 im Wege der händischen Einpflege in den Dienstplan im laufenden Kalenderjahr an 13 Tagschichten und vier Nachtschichten insgesamt 17 F-Schichten gewährt und im Jahr 2020 an neun Tagschichten und einer Nachtschicht insgesamt zehn
F-Schichten. Auch im - hier nicht streitgegenständlichen - Jahr 2021 hat es der Klägerin, die in diesem Kalenderjahr an keinem Tag krankheitsbedingt ausgefallen ist, bei acht Tagschichten und fünf Nachtschichten insgesamt nur 13 Freischichten gewährt (18 statt 27 Kalendertage). Eine betriebsübliche Gewährung von 18 F-Schichten auch ohne deren Einstellung in den Dienstplan zum Jahresanfang kann daher nicht festgestellt werden

2.3. Durch den Anspruch auf mehr als 30 Urlaubstage wird die Klägerin nicht ohne Rechtsgrund begünstigt.

2.3.1. Sinn und Zweck der Umrechnung des Urlaubanspruchs in mehr oder weniger als 30 Arbeitstage bei einer von der 5-Tage-Woche abweichenden Verteilung der Wochenarbeitszeit ist nicht ein Ausgleich für die mit der Wechselschicht verbundene besondere Beanspruchung der Arbeitnehmer, sondern die Gewährleistung eines dem Umfang nach gleichen Urlaubsanspruch wie für die Arbeitnehmer, die in der „normalen“ 5-Tage-Woche arbeiten. Mit der Erhöhung oder Verringerung der Urlaubstage bei abweichender Verteilung der Arbeitszeit sollen die davon betroffenen Arbeitnehmer weder besser noch schlechter gestellt werden, sondern einen gleichen Urlaubsanspruch wie im Normalfall erhalten. Die Abweichung ist erforderlich, weil bei mehr als fünf Arbeitstagen pro Woche auch mehr als fünf Arbeitstage Erholungsurlaub pro Woche eingesetzt werden müssen, um eine Kalenderwoche Urlaub zu erreichen. Dasselbe gilt bei einer Verringerung der wöchentlichen Arbeitstage.

2.3.2. Bei der vom beklagten Land angewandten Methode, händisch unterschiedlich viele
F-Schichten im Laufe des Kalenderjahres ohne dienstplanmäßige Erfassung zu Beginn des Jahres zu gewähren, wird im Ergebnis lediglich die sich im Schichtplanturnus von vier Wochen über die tariflich geschuldete Arbeitszeit von 154 Stunden hinaus geleistete Arbeit von insgesamt 171,5 Stunden und damit die Differenz von 17,5 Stunden in vier Kalenderwochen tatsächlich ausgeglichen. Dies wirkt sich auf die Berechnung des Urlaubsanspruchs jedoch nicht aus und wird, wie die von der Klägerin vorgelegten individuellen Schichtpläne sowie ihr erheblich über dem Jahresarbeitszeit-Soll liegendes Arbeitszeitkonto zeigen, auch tatsächlich nicht vollständig erreicht.

2.4. Die Ansprüche der Klägerin auf Nachgewährung der sieben ausstehenden Urlaubstage sind nicht nach Maßgabe des Fristenregimes des Bundesurlaubsgesetzes, das gemäß § 26 Abs. 2 TV-L mit einzelnen – hier nicht relevanten - Modifikationen auch im Anwendungsbereich des TV-L anzuwenden ist, verfallen. Das Arbeitsgericht hat zutreffend und unter Berücksichtigung der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts festgestellt, dass das beklagte Land seiner Mitwirkungsobliegenheit bei der Urlaubsgewährung nicht nachgekommen ist. Auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter Ziffer 2b (Seite 6 des Urteils) wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich Bezug genommen und auf eine lediglich wiederholende Darstellung verzichtet.

Soweit das beklagte Land im Berufungsverfahren die Auffassung vertreten hat, im Anwendungsbereich des TV-L gelte für den übergesetzlichen tariflichen Urlaub keine Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers, trifft dies nicht zu. Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, demzufolge der tarifliche Mehrurlaub mit Ablauf des Kalenderjahres bzw. am Ende des Übertragungszeitraums unabhängig von der Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten durch den Arbeitgeber verfällt, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen solche, ist von einem diesbezüglichen Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub auszugehen (BAG 26. Mai 2020 – 9 AZR 259/19 – Rn. 22). Dass solche Anhaltspunkte für eine Differenzierung zwischen gesetzlichem und tariflichem Urlaub bei der Mitwirkungspflicht fehlen, hat das Bundesarbeitsgericht wiederholt für die – insoweit mit § 26 TV-L gleichlautenden – Regelungen des § 26 TVöD entschieden (BAG 19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15 – Rn. 36 ff.; 22. Januar 2019 – 9 AZR 149/17 – Rn. 28 f.). Dem schließt sich die Kammer an.

2.5. Schließlich ist der geltend gemachte weitere Urlaubsanspruch nicht nach § 37 TV-L verfallen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin jeweils vor Ablauf des Monats März des Folgejahres ihre Ansprüche gegenüber dem beklagten Land geltend gemacht hat. § 37 TV-L ist im Übrigen im Bereich des Verfalls von Urlaubsansprüchen ohnehin nicht maßgeblich, da das Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes - mit den teilweisen Modifikationen in § 26 Abs. 2 TV-L – vorrangig ist und für diesen Bereich ausschließlich gilt.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 92 Abs. 1 ZPO im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens von den Parteien zu tragen.

IV.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.