Gericht | FG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 25.05.2022 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 3 K 3247/18 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2022:0525.3K3247.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 1. zu ¼ und dem Kläger zu 2. zu ¾ auferlegt.
Die Beteiligten streiten im Rahmen der gesonderten Feststellung des Grundbesitzwertes für das Grundstück C…-straße, D…, für Zwecke der Erbschaftsteuer über den Ansatz eines niedrigeren gemeinen Wertes gemäß § 198 Bewertungsgesetz (BewG).
Eigentümerin des Grundstücks war die E… GbR. Gesellschaftszweck war die Vermietung von Supermärkten. Die Anteile an der E… GbR wurde den Klägern durch Vermächtnisse übertragen. Dabei übertrug der am 2. März 2015 verstorbene Herr F… auf die Kläger jeweils einen Anteil von ¼ an der E… GbR und mithin am Grundbesitz. Die Kläger waren gleichfalls die einzigen Erben des Verstorbenen (Erbengemeinschaft G… – Bl. 29 Grundbesitzakte). Die am 21. Mai 2015 verstorbene Frau H… übertrug auf den Kläger den verbleibenden Anteil an der E… GbR und mithin am Grundbesitz von ½.
Das Grundstück hat eine Fläche von 3.722 qm. Es war mit einem 1996 errichteten eingeschossigen Gebäude bebaut, welches neben einem Supermarkt der Marke I… Flächen für einen Fleischer und einen Bäcker enthielt. Daneben befanden sich auf dem Grundstück Parkflächen mit insgesamt 72 Stellplätzen. Das Gebäude hatte eine Fläche von 895 qm einschließlich Lagerflächen und wurde für eine Nettokaltmiete von insgesamt EUR 9.999,00 vermietet. Die Restlaufzeit des bestehenden Mietvertrages mit I… betrug rund 1,5 Jahre.
Mit Kaufvertrag vom 1. November 2016 wurde das Grundstück zu einem Kaufpreis von EUR 894.311,35 an die J… GmbH verkauft. Nach der vertraglichen Abrede verteilt sich der Kaufpreis wie folgt: Grund und Boden EUR 352.179,80, Gebäude 433.705,24 und Außenanlagen EUR 108.426,31. Die Erwerberin steht im Konzernverbund mit der bisherigen Mieterin I…. Unternehmensgegenstand der Erwerberin ist der Erwerb, die Veräußerung, Verwaltung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien sowie aller dazugehörigen Geschäfte. Die Erwerberin verlängerte den für den Markt bestehenden Mietvertrag bis Oktober 2018. Im Anschluss wurde der …, wie bereits im Kaufzeitpunkt beabsichtigt, abgerissen und dem überarbeiteten Konzept für die Marke I… entsprechend neu aufgebaut.
Mit ihren jeweiligen Erklärungen zur Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 2. März 2015 und den 21. Mai 2015 reichten die Kläger ein Gutachten ein, welches den Verkehrswert des Grundstücks zum Stichtag 2. März 2015 mit EUR 480.000,00 auswies.
Der Beklagte stellte den Bedarfswert des Grundstücks für Zwecke der Erbschaftsteuer mit den Feststellungsbescheiden gegenüber den Klägern jeweils vom 3. Mai 2017 auf den Stichtag 2. März 2015 und gegenüber dem Kläger vom 23. Mai 2017 auf den Stichtag 21. Mai 2015, jeweils auf EUR 1.164.920,00 fest (Berechnung Bl. 30 f. Grundbesitzwertakte). Der Grundbesitzwert wurde dabei im Wege des Ertragswertverfahrens ermittelt. Das durch die Kläger eingereichte Gutachten wurde entsprechend der Stellungnahme des Bausachverständigen der Finanzverwaltung nicht als Nachweis eines geringeren gemeinen Wertes zugelassen.
Hiergegen wandten sich die Kläger mit ihren Einsprüchen vom 10. Mai 2017 gegen die Bescheide vom 3. Mai 2017, sowie der Kläger mit seinem Einspruch vom 1. Juni 2017 gegen den Bescheid vom 23. Mai 2017.
Sie reichten ein neues, durch den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken der Industrie- und Handelskammer K… Hr. L… erstelltes Gutachten vom 30. September 2017 ein. Dieses wies den Verkehrswert des Grundstücks mit EUR 490.000,00 aus. Der Verkehrswert wurde auf den Stichtag 21. Mai 2015 ermittelt. Dieser sei auch für den Stichtag 2. März 2015 maßgeblich, soweit explizit die längere Restlaufzeit der bestehenden Mietverträge berücksichtigt werde. Der Gutachter ermittelte den Verkehrswert im Ertragswertverfahren sowie unter Heranziehung von Vergleichsmieten und Kaufpreisen. Im Vergleichswertverfahren ermittelte der Gutachter eine Vergleichspreisspanne von EUR 200.000 bis EUR 600.000. Im Ertragswertverfahren sei maßgeblicher Faktor für die Wertermittlung das bestehende Mietverhältnis und dessen geringe Restlaufzeit. Für den Zeitraum nach Ablauf des Mietvertrages sei die Folgenutzung des Gebäudes mit erheblichen Unsicherheiten behaftet (S. 19, 20 Gutachten). Dies gelte vor allem deshalb, weil am Wertermittlungsstichtag der vorhandene Markt als nicht mehr zeitgemäß einzustufen sei. Der Berechnung des Gebäudeertragswertes legte der Sachverständige die nach seiner Einschätzung nach Ablauf des laufenden Mietvertrages als Anschlussmiete realisierbare Miete von rund EUR 4,50 pro qm statt der vereinbarten Vertragsmiete zugrunde. Bei der Ermittlung der Anschlussmiete ging der Gutachter unter Bezug auf eine Literaturquelle (Kleiber-digital „Verkehrswertermittlung von Grundstücken“) davon aus, dass regelmäßig im Rahmen der Folgevermietung Abschläge von 30-40 % sowie bei eingeschränkter Nutzungseignung, vorliegend durch das Alter des Marktes und die nicht mehr zeitgemäße Fläche, auch mehr möglich seien. Er nahm darauf einen Abschlag von 50 % vor und glich diesen mit den im Rahmen des Vergleichswertverfahrens ermittelten Mieten ab (S. 56 ff. Gutachten). Ob daneben eine Erweiterung des Gebäudes baurechtlich zulässig sei, sei fraglich, da dies nur zu Lasten der ohnehin wenigen Stellplätze erfolgen könne (S. 27, 29 Gutachten). Zwar sei der Mikrostandort des „…“ grundsätzlich als gut einzustufen, sollte jedoch im Bereich der C…-straße ein unbebautes Grundstück angeboten werden, welches baurechtlich mit einem „…“ bebaubar wäre, sei damit zu rechnen, dass der derzeitige Mieter den Standort aufgebe (S. 34 Gutachten). Umgekehrt sei, sofern der derzeitige Mieter den Mikrostandort auch zukünftig als bevorzugt einstufen würde, ein Abriss mit anschließender Neubebauung das wahrscheinlichste Szenario. Da nach der Verkehrswertdefinition des § 194 BauGB stets die wirtschaftlich sinnvollste, den höchsten Wert ausweisende Handlungsalternative auszuwählen sei, sei von der Fortführung der bestehenden Nutzung im Ist-Zustand auszugehen. Bei einem Abriss mit anschließender Neubebauung sei der Wert im Liquidationswertverfahren durch Verminderung des Bodenwertes um die Abrisskosten zu ermitteln, was einen deutlich geringeren Wert ergebe. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen
Nach Einschätzung des Bausachverständigen der Finanzverwaltung (Stellungnahmen vom 13. März 2018 und vom 11. Juli 2018), sei das Gutachten ohne weitere Ermittlungen nachvollziehbar und nachprüfbar. Es entspreche den methodischen, inhaltlichen und formal normativen Vorgaben für die Verkehrswertermittlung und sei rechnerisch richtig zustande gekommen. Der Sachverständige habe die im Ertragswertverfahren verwendeten Wertansätze, u.a. die ortsübliche Miete nach Ablauf des am Wertermittlungsstichtag bestehenden Mietverhältnisses, unter Berücksichtigung von Grundstücksart, Lage, Beschaffenheit, Marktgepflogenheiten und der konjunkturellen Lage geschätzt. Dabei habe er die hierfür getroffenen Annahmen durch Erläuterung des Nutzwertes der Flächen, insbesondere ihrer Drittverwendungsfähigkeit, begründet. Auf Unsicherheiten hinsichtlich der in Bezug auf die Folgenutzung getroffenen Annahmen habe er explizit hingewiesen und diese durch einen zur vertraglichen Miete um rund 40 % gesenkten Mietansatz und einen leicht erhöhten Liegenschaftszinssatz berücksichtigt. Dennoch empfahl der Bausachverständige der Finanzverwaltung das Gutachten nicht zuzulassen und den Wert des Grundstücks stattdessen anhand des tatsächlich erzielten Kaufpreises aus dem Jahr 2016 festzusetzen. Der tatsächlich erzielte Kaufpreis stelle, auch wenn er wegen des Stichtagsprinzips nicht im Gutachten zu beachten sei, ein Indiz für die Unrichtigkeit des Ergebnisses des Gutachtens dar. Es seien keine Umstände bekannt, die auf eine vom örtlichen Grundstücksmarkt abweichende Preisgestaltung schließen ließen. Für eine realistische, marktübliche Preisgestaltung spreche insoweit die Professionalität der Erwerberin, die die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises nahezu ausschließe. Ferner sei unbeachtlich, dass der Verkaufszeitpunkt etwa 18 Monate nach dem Wertermittlungsstichtag liege. Auch außerhalb des Zeitraums von einem Jahr vor oder nach dem Bewertungsstrichtag liegende Verkäufe könnten berücksichtigt werden, wenn sich die maßgeblichen Wertverhältnisse zwischen den Stichtagen und dem Verkaufstag nicht geändert hätten. Dies sei vorliegend der Fall. Die rechtlichen Gegebenheiten, der Zustand des Grundstücks und die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Markt für gemischte Bauflächen seien 2016 gegenüber 2015 im Wesentlichen unverändert. Auch seien keine anderen, einen steigenden Verkehrswert erklärenden, konjunkturellen Einflüsse erkennbar. Die Gewerbemieten hätten sich zwischen dem Stichtag und dem Veräußerungszeitraum ebenfalls nicht wesentlich verändert, was dem Grundstücksmarktbericht M… 2015 bzw. 2016 unter Gewerbemieten (Orientierung), N… Umland, großflächige Verkaufsflächen zu entnehmen sei. Dort wurden die Gewerbemieten für O… in 2015 mit EUR 11,75 pro qm und in 2016 mit EUR 11,75 pro qm bis EUR 12, 00 pro qm angegeben, für P… mit 3,75 pro qm und für Q… in 2015 mit 4,90 pro qm bis 12,20 pro qm und in 2016 mit 10,45 pro qm. Für D…, welches ebenfalls in die Kategorie N… Umland fiel, lagen keine Werte vor. Die im Veräußerungszeitpunkt verringerte Restnutzungsdauer könne ebenfalls nicht als Indiz für eine Wertsteigerung gewertet werden.
Mit Bescheiden jeweils vom 25. September 2018 half der Beklagte den Einsprüchen teilweise ab und stellte den Grundbesitzwert auf den im Jahr 2016 erzielten Kaufpreis in Höhe von EUR 894.311,00 fest. Die Kläger hielten ihre Einsprüche aufrecht. Mit Einspruchsentscheidungen jeweils vom 26. November 2018 wies der Beklagte die Einsprüche unter Verweis auf die Stellungnahme des Bausachverständigen als unbegründet zurück.
Die Kläger haben jeweils am 21. Dezember 2018 Klagen erhoben, die mit Beschluss vom 18. März 2019 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.
Sie begehren den Ansatz eines niedrigeren gemeinen Wertes gemäß § 198 BewG in Höhe von EUR 490.000,00. Der Beklagte habe die Vorschrift des § 198 BewG rechtsfehlerhaft angewendet, insbesondere habe der Beklagte das Stichtagsprinzip verkannt. Der Gutachter habe den Kaufpreis im Rahmen des Gutachtens nicht berücksichtigen können, da er insoweit auf die Wertverhältnisse am Bewertungsstichtag abzustellen habe. Am Bewertungsstichtag sei der erzielte Kaufpreis für einen besonnenen nüchternen Betrachter jedoch noch nicht erkennbar gewesen. Insoweit sei das im Übrigen methodisch inhaltlich und formal einwandfreie Verkehrswertgutachten der Bewertung zugrunde zu legen.
Auch im Rahmen der freien Beweiswürdigung sei der später erzielte Kaufpreis jedoch nicht zu berücksichtigen.
Der für das Bewertungsgrundstück erzielte Kaufpreis sei nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen, sondern beruhe allein auf dem persönlichen Verhandlungsgeschick der Verkäufer und möglicherweise den subjektiven unternehmensspezifischen Kaufmotiven der Erwerberin. Dass der Kaufpreis nicht dem im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbaren Wert entspreche, zeige sich darüber hinaus darin, dass das durch den Gutachter zur Bekräftigung des Ertragswertverfahrens durchgeführte Vergleichswertverfahren eine Spanne von EUR 200.000 bis EUR 600.000 ergeben habe, die insoweit als im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbare Preisspanne betrachtet werden müsse. Der Beklagte könne sich demgegenüber nicht auf einen einzelnen Kaufpreis berufen, sondern müsse zum Beleg des im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbaren Preises ebenfalls mehrere Kaufpreise heranziehen.
Auch könne der Kaufpreis deshalb nicht zur Würdigung des Gutachtens herangezogen werden, weil dieser nicht stichtagsnah erzielt worden sei. Grundsätzlich sei der Steuerpflichtige frei in seiner Wahl, ob er den niedrigeren gemeinen Wert durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken oder einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah innerhalb eines Jahres zustande gekommenen Kaufpreis nachweise. Beide Nachweise seien gleichwertig. Nichts Anderes ergebe sich aus dem Urteil des Finanzgerichtes Berlin Brandenburg (vom 15.09.2010 3 K 3232/07, juris). Dieser Entscheidung habe ein Anwendungskonflikt zwischen einem Sachverständigengutachten und einem stichtagsnah erzielten Kaufpreis zugrunde gelegen. Vorliegend sei die Veräußerung des Grundstücks jedoch nicht stichtagsnah, sondern vielmehr erst 18 bzw. 20 Monate nach dem jeweiligen Bewertungsstichtag erfolgt. Ein Kaufpreis außerhalb der Zeitspanne von einem Jahr stelle wegen des Stichtagsprinzips regelmäßig keinen geeigneten unmittelbaren Nachweis für einen niedrigeren Verkehrswert dar. Hintergrund sei, dass die Indizwirkung eines Kaufpreises für den gemeinen Wert mit zeitlichem Abstand zum Besteuerungszeitpunkt nachlasse.
Etwas Anderes gelte ausnahmsweise nur dann, wenn ein Sachverständiger oder der örtliche Gutachterausschuss bestätigen würden, dass die maßgebenden Verkehrswertkomponenten seit dem Stichtag unverändert geblieben seien. Insoweit sei bereits zu berücksichtigen, dass dies von der Rechtsprechung nur zugunsten des Steuerpflichtigen angenommen werde, was Ausdruck des dem Steuerpflichtigen zugebilligten Wahlrechts der Mittel des Nachweises sei. Ein solches Wahlrecht könne durch den Beklagten nicht in Anspruch genommen werden. Anderenfalls könne jedes noch so sorgsam erstellte Gutachten verworfen werden. Auch sei insgesamt fraglich, ob diese Rechtsprechung auf Gewerbeobjekte anwendbar sei, da diese sehr volatil seien und sich die Wertverhältnisse regelmäßig schnell ändern würden. Jedenfalls habe der Beklagte den in Form eines Gutachtens erforderlichen Nachweis, dass sich die Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag nicht geändert hätten, nicht erbracht. Wolle der Beklagte das Verkehrswertgutachten verwerfen, so habe er dessen Richtigkeit konkret und nachvollziehbar zu widerlegen. Insoweit habe der Beklagte in der baufachlichen Stellungnahme vom 13. März 2018 lediglich auf die Entwicklung der Bodenrichtwerte verwiesen. Das Gleichbleiben der Bodenrichtwerte könne jedoch bereits deshalb nicht als maßgeblich angesehen werden, weil zwischen dem auf den Boden entfallenden Kaufpreis von rund EUR 352.000 und dem Bodenwert laut Gutachten von rund EUR 300.000,00 eine eher geringe Abweichung von weniger als 15 % bestehe. Die Differenz liege vorliegend mithin in der Bewertung der baulichen Anlage. Soweit der Beklagte daneben auf die Entwicklung der Gewerbemieten abstelle, sei weder der Verschleiß der 20 Jahre alten Anlage berücksichtigt worden, noch die Tatsache, dass die entscheidungserhebliche Einflussgröße des Gutachtens, die Restlaufzeit des Mietvertrages, sich zwischenzeitlich geändert habe, da der Mietvertrag mit der Firma I… im Verkaufszeitpunkt ausgelaufen war. Die Kläger beziehen sich insoweit auf die Stellungnahme des klägerischen Gutachters, welcher im Rahmen des Klageverfahrens auf Aufforderung des Gerichts noch einmal ausführlich zu den Abweichungen des Kaufpreises zum Gutachtenwert Stellung genommen hat. Dem Gutachter sei die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem durch ihn ermittelten Verkehrswert bei Erstellung des Gutachtens bekannt gewesen, er habe diese jedoch im Gutachten nicht berücksichtigt, da der Verkauf im Bewertungszeitpunkt nicht erkennbar gewesen sei. Der Kaufpreis sei deshalb nicht mit dem im Gutachten ermittelten Wert vergleichbar, da die Verhältnisse zum Bewertungsstichtag gerade nicht gleichgeblieben seien, was der Bausachverständige des Finanzamtes verkannt habe. Wertentscheidende Einflussgröße sei die Restlaufzeit des Gewerbemietvertrages mit dem „…“-betreiber, welcher im Kaufzeitpunkt ausgelaufen sei. Im Bewertungszeitpunkt seien die auf den Erblasser zurückzuführende Restlaufzeit des Mietvertrages von 1,5 Jahren und die Tatsache zu berücksichtigen gewesen, dass der „…“ für moderne Verhältnisse zu klein gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem Einzelhandelserlass Brandenburg vom 17. Juni 2014, welcher für sogenannte Vollsortimenter eine Verkaufsfläche von mindestens 800 qm annehmen. Dass kleinere „…“ daraufhin aufgegeben worden seien, zeige der als Vergleichswert Verkaufsfall 8 berücksichtigte Fall eines I…-Geschäftes in Q…. Zuschläge für noch nicht bestehende Anschlussmietverträge würden im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nicht gezahlt. Dies sei im Kaufzeitpunkt anders gewesen, da die Folgenutzung/-vermietung geklärt gewesen sei, ohne dass dies auf den Erblasser zurückzuführen und damit im Zeitpunkt des Erbfalls zu berücksichtigen gewesen wäre. Die Käuferin habe das Grundstück bereits in der Absicht erworben, die Bebauung abzureißen und neu zu errichten. Bis zum Abriss habe die mit der Mieterin im Konzernverbund stehende Erwerberin das Mietverhältnis fortgeführt. Dies stelle eine wesentliche Änderung der maßgebenden Verkehrswertkomponenten dar. Das im Kaufzeitpunkt veränderte Mietverhältnis habe jedoch, als am Bewertungsstichtag nicht erkennbarer Umstand, im Gutachten gemäß § 3 der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken vom 19. Mai 2010 (ImmoWertV 2010) nicht berücksichtigt werden dürfen. Gleiches gelte für die ebenfalls erst nachträgliche Entwicklung, dass Discountmarktbetreiber in Einzelfällen an bevorzugten Standorten mit Bodenwertsteigerungspotenzial auch kleinere Märkte als Nahversorger beibehalten würden.
Schließlich könne auch auf die vergleichbare Rechtslage zur Ableitung des gemeinen Wertes von nicht börsennotierten Kapitalgesellschaftsanteilen verwiesen werden. Im Rahmen des dort einschlägigen § 11 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz BewG lasse der Bundesfinanzhof Kaufpreise außerhalb der Jahresfrist nur dann zu, wenn der Vertragsschluss kurz vor dem maßgeblichen Zeitraum (innerhalb einer nach Wochen bemessenen Zeitspanne) stattgefunden habe und sich der vereinbarte Kaufpreis auf einen Zeitpunkt innerhalb der Jahresfrist beziehe. Der Kaufpreis sei im Zuge von langfristigen Verkaufsverhandlungen regelmäßig jedoch der letzte Einigungspunkt, was dagegenspreche, dass dieser vorliegend noch innerhalb der Jahresfrist zustande gekommen sei. Anderweitige Annahmen des Beklagten seien rein spekulativ.
Die Kläger beantragen,
den geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 02.03.2015 für Zwecke der Erbschaftsteuer zur Steuernummer … vom 25.09.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2018 (B…) mit der Maßgabe zu ändern, dass der Grundbesitzwert mit EUR 490.000,00 festgestellt wird,
den geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 21.05.2015 für Zwecke der Erbschaftsteuer zur Steuernummer … vom 25.09.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2018 (B…) mit der Maßgabe zu ändern, dass der Grundbesitzwert mit EUR 490.000,00 festgestellt wird,
den geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 02.03.2015 für Zwecke der Erbschaftsteuer zur Steuernummer … vom 25.09.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2018 (Freifrau A…) mit der Maßgabe zu ändern, dass der Grundbesitzwert mit EUR 490.000,00 festgestellt wird und
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist dabei im Wesentlichen auf die Begründung des Bausachverständigen des Finanzamtes im Rechtsbehelfsverfahren und die Einspruchsentscheidung.
Der Grundbesitzwert sei zutreffend ermittelt worden.
Es sei davon auszugehen, dass es sich bei dem erzielten Kaufpreis um den am Markt erzielbaren Preis (Verkehrswert) handele. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass es sich bei der Erwerberin um eine Gesellschaft handele, die professionell mit Grundstücksgeschäften befasst sei. Die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises sei dadurch nahezu ausgeschlossen.
Die von den Klägern zur Berücksichtigung von Kaufpreisen außerhalb der Jahresfrist herangezogene Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26. September 1980 (II R 21/78), könne nicht herangezogen werden. In dieser Entscheidung sei es um die der Wertermittlung nach Durchschnittswerten vorzuziehende unmittelbare Ableitung des Kaufpreises aus Vergleichswerten gegangen. In diesem Fall sei es erforderlich, dass eine ausreichende Zahl von im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommenen Vergleichskaufpreisen vorliege. Vorliegend liege dagegen ein konkreter Kaufpreis für das streitgegenständliche Grundstück vor. Insoweit sei es nicht erforderlich Vergleichspreise beizubringen.
Demgegenüber lasse die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs es zu, dass auch außerhalb der Jahresfrist liegende Kaufpreise zur Wertermittlung herangezogen würden. Entsprechend der Ausführungen des Bausachverständigen des Finanzamtes stelle die zeitliche Abweichung des Kaufpreises zum Stichtag dabei eine geringere Unsicherheit dar, als sie in dem Gutachten begründet liege. Zwar könnten Grundstücksverkäufe, die eine wesentlich längere Zeit als ein Jahr vor oder nach dem Bewertungsstichtag lägen, bei der Bewertung im Allgemeinen nicht berücksichtigt werden. Jedoch bestünden vorliegend keine Bedenken, den 18 bzw. 20 Monaten nach den Stichtagen erzielten Verkaufspreis auch ohne Wertkorrektur anzusetzen, da sich die rechtlichen Gegebenheiten, der Zustand des Grundstücks und die Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt nicht maßgeblich geändert hätten. Insbesondere ergebe sich eine solche Änderung nicht aus der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters im Klageverfahren. Soweit dieser auf den Einzelhandelserlass aus 2014 verweise sei zu berücksichtigen, dass dieser auch im Verkaufszeitpunkt noch anwendbar gewesen und insoweit keine Änderung der rechtlichen Gegebenheiten erkennbar sei. Es sei ferner weder nachvollziehbar, ob die durch den Gutachter angeführte Aufgabe des I…-Geschäftes in Q… tatsächlich auf den Einzelhandelserlass zurückzuführen sei, noch spreche die im Erlass vorgegebene Mindestgröße gegen die Nutzung des gegenständlichen Marktes, da dieser insgesamt über eine Fläche von 895 qm verfüge. Auch mache der Erlass als bauplanungsrechtliche Vorschrift insgesamt keine Vorgaben zur Nutzung bestehender Märkte. Aus den durch den Gutachter dargelegten Daten zu Vergleichskauffällen lasse sich ferner nicht entnehmen, dass bei „…“-märkten jeweils Preise in Höhe des, sich aus Erträgen innerhalb der Restlaufzeit der jeweiligen Mietverträge errechnenden, Ertragswertes gezahlt worden seien. Der Verkaufserlös zeige, dass der durch den Sachverständigen ermittelte Wert unzutreffend sei. Insoweit stelle es keine Änderung der allgemeinen Wertverhältnisse dar, wenn die tatsächlich eingetretene Entwicklung (Folgemietverhältnis) von den mit Unsicherheit behafteten Annahmen des Sachverständigen abweichte.
Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Kaufpreis für das Grundstück nicht erst zum Vertragsschluss festgestanden habe. Da der Mietvertrag mit I… zum 31. Oktober 2016 habe auslaufen sollen, sei vielmehr davon auszugehen, dass mit den Vertragsverhandlungen ein halbes Jahr vorher begonnen worden sei. Dem Kaufpreis hätten mithin die Wertverhältnisse eines weit früheren Zeitpunktes zugrunde gelegen.
Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung ein Band Grundbesitzwertakten (Vermächtnis zu Gunsten der Klägerin einschließlich des gemeinsamen Rechtsbehelfsverfahrens beider Kläger) vorgelegen.
I.
Soweit die Kläger im Rahmen des Klageverfahrens von der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Grundbesitzwerte sprechen, Gegenstand dieses Verfahrens jedoch die gesonderte (nicht einheitliche) Feststellung der Grundbesitzwerte ist, ist dies unschädlich. Die Kläger sind sich aufgrund der Bezeichnung der Bescheide als Bescheide über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts, der Tatsache, dass vor einer entsprechenden Verbindung das Klageverfahren bezüglich beider Kläger gesondert betrieben wurde und der Erörterungen im Klageverfahren, insbesondere bezüglich möglicher, als nicht erforderlich angesehener Beiladungen von Erben bewusst, dass eine einheitliche Feststellung nicht vorliegt. Nichts Anderes ergibt sich aus dem klägerischen Vortrag. Es handelt sich insoweit um eine unbeachtliche Falschbezeichnung (vgl. Gräber, FGO, 9. Auflage, § 65 Rn. 10).
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide über die gesonderte Feststellung von Grundbesitzwerten sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO). Die Kläger haben den Nachweis, dass der gemeine Wert des Grundstücks niedriger ist als vom Beklagten zuletzt festgestellt, nicht erbracht.
Die Bewertung des vorliegenden Grundstücks für Zwecke der Erbschaftsteuer (Bedarfsbewertung) richtet sich grundsätzlich nach § 182 Abs. 1 BewG. Danach ist der Wert bebauter Grundstücke mit dem Vergleichswertverfahren, dem Ertragswertverfahren oder dem Sachwertverfahren zu ermitteln. Abweichend hiervon ist ein niedrigerer gemeiner Wert anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige einen solchen nachweist (§ 198 BewG). Nach § 9 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der einzelnen Wirtschaftsgüter bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dies ist bei Grundstücken und Gebäuden regelmäßig der Verkehrswert (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 2. Februar 1990 III R 173/86, BStBl. II 1990, 497). Der Steuerpflichtige trägt für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes die Nachweislast (vgl. BFH-Urteile vom 10. November 2004 II R 69/01, BStBl. II 2005, 259 und vom 14. Dezember 2006 II B 53/06, BFH/NV 2007, 403). § 198 BewG in der hier anzuwendenden Fassung vom 1. Januar 2009 regelt nicht, wie der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zum maßgeblichen Bewertungsstichtag zu erbringen ist. Dies kann entweder durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken (vgl. R 177 ErbStR 2003; BFH-Urteil vom 8. Oktober 2003 II R 27/02, BStBl. II 2004, 179) oder durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück (vgl. BFH-Urteile vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BStBl. II 2004, 703 und vom 26. April 2006 II R 58/04, BStBl. II 2006, 793) geschehen. Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich frei in der Wahl, welches dieser Mittel zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts er wählt (vgl. BFH-Urteile vom 10. November 2004 II R 69/01, BStBl. II 2005, 259; vom 8. Oktober 2003 II R 27/02, BStBl. II 2004, 179 und vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BStBl. II 2004,703). Führt der Steuerpflichtige den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch ein Gutachten, so handelt es sich um ein Privatgutachten und damit um substantiiertes, urkundlich belegtes Parteivorbringen (vgl. BFH-Urteil vom 4. März 1993 IV R 33/92, BFH/NV 1993, 739 und BGH-Urteil vom 27. Mai 1982 III ZR 201/80, NJW 1982, 2874).
Vorliegend haben die Kläger einerseits ein durch einen qualifizierten Gutachter erstelltes Gutachten beigebracht. Andererseits liegt ein (höherer) Kaufpreis für das streitgegenständliche Grundstück aus einem Verkauf des Grundstücks 18 bzw. 20 Monate nach dem Bewertungsstichtag vor, auf den sich die Kläger jedoch explizit nicht berufen.
1.
Das durch die Kläger beigebrachte Verkehrswertgutachten ist grundsätzlich geeignet, den Nachweis für einen niedrigeren gemeinen Wert auf den Feststellungszeitpunkt (= Todestag der Vermächtnisgeber) im Sinne des § 198 BewG zu erbringen. Es wurde durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken nach §§ 194, 199 BauGB i.V.m. den Regelungen der ImmoWertV 2010 erstellt. Zwar liegt dem Gutachten als Wertermittlungsstichtag der 21. Mai 2015 zugrunde, jedoch geht der Gutachter explizit auch darauf ein, dass das Gutachten auch den Wert zum 2. März 2015 abbildet und insoweit allein auf die (geringfügig) längere Restlaufzeit des Mietvertrages abzustellen wäre. Im Übrigen ist auch unstreitig, dass keine Umstände ersichtlich sind, aus denen sich ergäbe, dass sich die wertbildenden Faktoren in der relativ kurzen Zeit zwischen dem Stichtag 2. März 2015 und dem Stichtag 21. Mai 2015 geändert hätten. Auch ist das Gutachten formal sowie hinsichtlich der durchgeführten Berechnungen nicht zu beanstanden. Insoweit kann zunächst dahinstehen, ob das Gutachten bereits deshalb als unplausibel anzusehen ist, weil sich dieses nicht mit dem, dem Gutachter im Zeitpunkt der Gutachtenerstellung bekannten, rund 83 % höheren Kaufpreis als werterhellende Tatsache auseinandersetzt oder dies, wie die Kläger vortragen, dem Gutachter aufgrund des für die Erstellung von Wertgutachten gemäß § 3 ImmoWertV 2010 geltenden Stichtagsprinzip untersagt war, denn der Gutachter hat jedenfalls im Klageverfahren hierzu ergänzend Stellung genommen.
2.
Allerdings unterliegt die Wertung des Gutachtens als Parteivorbringen der freien Beweiswürdigung durch das Gericht (§ 96 Abs. 1 FGO). Dieses ist gehalten, selbst und eigenverantwortlich zu prüfen, ob es dem Gutachten folgt und warum (vgl. BFH-Urteile vom 9. Dezember 1982 IV R 176/78, BStBl. II 1983, 417 und vom 10. November 2004 II R 69/01, BStBl. II 2005, 239). Das Wahlrecht des Steuerpflichtigen, welchen Mittels er sich zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts bedient, kann vor dem Hintergrund der freien Beweiswürdigung nicht dahingehend verstanden werden, dass es dem Finanzgericht bei Vorliegen sowohl eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten Sachverständigengutachtens als auch eines Grundstückskaufvertrages versagt wäre, beide Beweismittel für seine Überzeugungsbildung heranzuziehen. Der im Finanzgerichtsprozess herrschende Untersuchungsgrundsatz (vgl. § 76 Abs. 1 FGO) gebietet es, bei der Wertung des Parteivorbringens auch weitere Erkenntnisse zu berücksichtigen (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2017 3 K 3047/17, juris, und FG Niedersachsen, Urteil vom 6. September 2018
1 K 68/17, juris). Auch ein formal und methodisch einwandfreies Gutachten ist der Bewertung nur dann zugrunde zu legen, wenn es im Rahmen der freien Beweiswürdigung insgesamt als nachvollziehbar und im Ergebnis überzeugend angesehen werden kann.
Insoweit ist der durch das Verkehrswertgutachten ermittelte Wert von EUR 490.000, ungeachtet möglicher im Gutachten selbst liegender Fehler, im Rahmen der freien Beweiswürdigung als durch den tatsächlich erzielten Verkaufspreis von EUR 894.311,35 widerlegt anzusehen. Das Gericht kann den Klägern nicht darin folgen, dass a. der tatsächlich erzielte Kaufpreis bereits nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr zuzurechnen wäre und b. dieser wegen des Zeitabstandes von 18 bzw. 20 Monaten zum Bewertungsstichtag generell nicht zur Beweiswürdigung herangezogen werden könne. Vielmehr ist das Gericht c. nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls überzeugt, dass das durch die Kläger beigebrachte Gutachten im Ergebnis einen niedrigeren gemeinen Wert für das Bewertungsgrundstück nicht zweifelsfrei nachweist.
a.
Soweit die Kläger vortragen, der erzielte Kaufpreis sei vorliegend nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen, vermag das Gericht dem nicht zu folgen.
Als gewöhnlicher Geschäftsverkehr anzusehen ist der Handel nach den wirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage, bei dem die Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern in Wahrung ihrer eigenen Interessen agieren (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 2006 II R 58/04, BStBl. II 2006, 793 m.w.N.). Dies ist im Hinblick auf den für das Bewertungsgrundstück gezahlten Kaufpreis anzunehmen. Dieser ist zwischen fremden Dritten mit jeweils eigenständigen wirtschaftlichen Interessen zustande gekommen. Eine Verbundenheit bestand vorliegend zwar zwischen der bisherigen Mieterin und der Erwerberin, nicht jedoch zwischen den Veräußerern und der Erwerberin. Insoweit hat der Gutachter der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, ein den gewöhnlichen Geschäftsverkehr ausschließender ungewöhnlicher Umstand liege gerade in der Tatsache, dass Erwerberin und Mieterin in einem Konzernverhältnis stünden, denn ihm sei kein Fall bekannt (oder durch Erkundigungen bekannt geworden), in dem die (vormalige) Mieterin ein Geschäftsgrundstück erworben habe. Dies schließt nach Auffassung des Gerichts den gewöhnlichen Geschäftsverkehr jedoch nicht aus. Die Konzernverbundenheit von Erwerberin und Mieterin führt vorliegend zwar dazu, dass die Erwerberin nicht isoliert als Grundstücksgesellschaft (im Sinne einer Investorin) betrachtet werden kann, sondern vielmehr in einer Konzernbetrachtung wohl als Marktbetreiberin anzusehen ist. Auch soweit man jedoch davon ausginge, dass das Grundstück nicht für einen weiteren Investorenkreis, sondern vielmehr nur für Marktbetreiber interessant gewesen sei, ist dies kein den gewöhnlichen Geschäftsverkehr ausschließender Umstand. Zwar handelt es sich bei dem Kreis der „…“-betreiber nur um einen eingegrenzten Käuferkreis. Ein begrenzter Käuferkreis schließt jedoch den gewöhnlichen Geschäftsverkehr nicht aus (vgl. Halaczinsky, in: Rössler/Troll, BewG, 34. Ergänzungslieferung, § 9 Rn. 13).
Bei der Erwerberin des Grundstücks handelt es sich ferner um eine Gesellschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und Verwalten von Grundstücken, und zwar konkret solchen Grundstücken wie dem streitgegenständlichen, besteht. Insoweit spricht bereits der erste Anschein dafür, dass ein solches Unternehmen aktiv zu seinen Gunsten auf die Kaufpreisgestaltung einwirkt und ein Grundstück nicht erheblich über dem Marktwert erwerben wird. Dies wird durch den Vortrag der Kläger, der Kaufpreis sei Ausfluss des besonderen Verhandlungsgeschicks des Verkäufers sowie möglicherweise unternehmensspezifischer Motive der Käuferin nicht widerlegt. Der Einsatz eigenen Verhandlungsgeschicks und das Verfechten eigener Interessen in Form von wirtschaftlichen Motiven stehen einem im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommenen Kaufpreis gerade nicht entgegen, sondern sind vielmehr Ausfluss desselben (vgl. so bereits FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2017 3 K 3047/17, juris).
Auch wird das Zustandekommen des Kaufpreises im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nicht durch das im Rahmen des Gutachtens durchgeführte Vergleichswertverfahren widerlegt, welches eine Spanne von EUR 200.000 bis EUR 600.000 ergab. Insoweit gilt bereits, dass auch durch das Vergleichswertverfahren in der Regel ein weniger genauer Wert ermittelt werden kann, als durch den Verkauf des konkreten Grundstücks unter fremden Dritten. Zudem gilt, dass beim Vergleichswertverfahren gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV 2010 Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen sind, die mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmende Grundstücksmerkmale aufweisen (Vergleichsgrundstücke). Ein ganz wesentliches, da den Wert beeinflussendes, Merkmal in diesem Sinne ist die Lage des Grundstücks (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2017, 3 K 3047/17, juris). Für die vom Gutachter aus der Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses entnommenen Kaufpreise (S. 54 Gutachten) kann eine unmittelbare Vergleichbarkeit nicht ohne weiteres angenommen werden, da insoweit die individuellen Grundstückmerkmale der Kauffälle nicht hinreichend bekannt sind. Der Gutachter hat sich im Rahmen der Mietpreisermittlung insbesondere auf ein vormals als Supermarkt genutztes Grundstück in R… bezogen. Dieses ist jedoch bereits von der Lage nicht vergleichbar. Insoweit wird auch im Grundstücksmarktbericht für M… zwischen N… Umland und weiterem Metropolraum unterschieden, wobei D… zu ersterem, R… jedoch zu letzterem gehört. Dass vergleichbare Grundstücke im N… Umland insoweit grundsätzlich einen höheren Wert aufweisen sollten als solche im weiteren Metropolraum entspricht der Lebenserfahrung und wird auch im Rahmen der von dem Gutachter herangezogenen Vergleichskauffälle zumindest bei den Bodenwerten deutlich. Insoweit sind aus den zugrunde gelegten Kauffällen lediglich drei Kauffälle etwa gleichalter Gebäude in Q… und P… dem N… Umland zuzuordnen (Kauffall 8 bis 10). Die Bodenwerte im N… Umland sind dabei im Durchschnitt 2,5-mal so hoch wie in der weiteren Metropolregion. Die betreffenden Kauffälle im N… Umland können aufgrund ihrer geringen Zahl wohl nicht als repräsentativ angesehen werden. Soweit der Gutachter darauf verweist, bei dem Kauffall 8 handele es sich um einen vergleichbaren Fall, da auch hier ein zu kleiner „…“ der Marke I… aufgegeben worden ist, sind bereits keine Einzelheiten des Verkaufs bekannt. Anzumerken ist, dass das dortige Grundstück noch einmal rund 800 qm kleiner war, so dass auf diesem die auf dem Bewertungsgrundstück letztendlich vorgenommenen Neubaumaßnahmen jedenfalls nicht in der Form umsetzbar gewesen wären. Jedenfalls ergibt sich aus diesem einzelnen Kauffall nicht, dass der für das gegenständliche Grundstück gezahlte Kaufpreis nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen ist.
Weitere gegen den gewöhnlichen Geschäftsverkehr sprechende Umstände sind nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich aus der durch den Kläger herangezogenen, zur Einheitsbewertung ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 26. September 1980 III R 21/78, BStBl. II 1981, 153) nicht entnehmen, dass bei einem Einzelkauffall für das betreffende Grundstück nur dann von einem Zustandekommen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr auszugehen sei, wenn dies durch weitere dies untermauernde Vergleichskauffälle belegt wäre. Die betreffende Entscheidung setzt sich nicht mit der Berücksichtigungsfähigkeit eines für das konkrete Grundstück erzielten Kaufpreises im Rahmen der freien Beweiswürdigung auseinander, sondern vielmehr damit, unter welchen Umständen aus Kaufpreisen für vergleichbare Grundstücke ein gemeiner Wert direkt abgeleitet werden könne.
b.
Auch steht der Berücksichtigung des Kaufpreises im Rahmen der Beweiswürdigung nicht grundsätzlich entgegen, dass dieser nicht innerhalb eines Jahres seit dem Bewertungsstichtag zustande gekommen ist.
Zwar bieten Grundstücksverkäufe, die eine wesentlich längere Zeit als ein Jahr vom Bewertungsstichtag entfernt liegen, im Allgemeinen keine geeignete Grundlage zur unmittelbaren Ableitung des gemeinen Werts (vgl. zur Einheitsbewertung BFH-Urteil vom 26. September 1980 III R 21/78, BStBl. II 1981, 153 sowie BFH-Urteile vom 2. Juli 2004, II R 55/01, BStBl. II 2004, 703). Ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommener Kaufpreis kann jedoch nach den Verhältnissen des Einzelfalls auch dann der Bewertung zugrunde gelegt werden, wenn er außerhalb der Jahresfrist zustande gekommen ist und sich die maßgeblichen Verhältnisse für die Bewertung gegenüber den Verhältnissen zum Bewertungsstichtag nicht verändert haben (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 2004, II R 55/01, BStBl. II 2004, 703 und Beschluss vom 22. Juli 2004 II B 176/02, BFH/NV 2004, 1628).
Insoweit ist nicht ersichtlich, dass sich die Heranziehung eines nicht innerhalb der Jahresfrist liegenden Kaufpreises bei Gewerbeimmobilien generell verbieten würde, da sich deren wertbildende Umstände schnell ändern würden. Die Änderung wertbildender Umstände wird vielmehr in der Rechtsprechung gerade dadurch berücksichtigt, dass diese verlangt, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse für die Bewertung gegenüber den Verhältnissen zum Bewertungsstichtag nicht verändert haben (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 2004, II R 55/01, BStBl. II 2004, 703 und Beschluss vom 22. Juli 2004 II B 176/02, BFH/NV 2004, 1628). Ob dies der Fall ist, ist Teil der durch das Gericht durchzuführenden Würdigung des Kaufpreises und der Beurteilung, ob dieser das Gutachten widerlegt.
Zugunsten des Steuerpflichtigen kann ein außerhalb der Jahresfrist liegender Kaufpreis dabei regelmäßig nur dann berücksichtigt werden, wenn die aufgrund des Abstandes zum Stichtag nachlassende Indizwirkung durch eine Bestätigung eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken oder des örtlichen Gutachterausschusses, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse zum Wertermittlungsstichtag (Entwicklung der Bodenwerte und Jahresmieten) nicht geändert haben, ausgeglichen wird (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 2004, II R 55/01, BStBl. II 2004, 703).
Hieraus kann im Umkehrschluss jedoch nicht geschlossen werden, dass ein Kaufpreis außerhalb der Jahresfrist zuungunsten des Steuerpflichtigen nicht herangezogen werden kann. Soweit die Kläger dies aus dem Mittelwahlrecht des Steuerpflichtigen ableiten will, ist dem nicht zu folgen. Richtig ist insoweit, dass das Finanzamt vorrangig an die Regeln des Bewertungsgesetzes gebunden ist und allein der Steuerpflichtige gemäß § 198 BewG einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen kann (vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, 34. Lieferung, § 198, Rn. 9; Mannek, in: Stenger/Loose, Bewertungsrecht, 159. Lieferung, § 198 Rn. 46 ff. und Schnitter, in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 118. Lieferung, § 198 BewG, Rn. 13). Tritt der Steuerpflichtige den Nachweis jedoch durch ein Sachverständigengutachten an, so sind bei der Würdigung eines solchen Gutachtens alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, mithin auch der zwischen dem durch das Finanzamt und dem durch den Gutachter ermittelten Wert liegende Kaufpreis. Insoweit wird dem Finanzamt kein Wahlrecht eröffnet, welches den Nachweis eines höheren als nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ermittelten gemeinen Wertes ermöglichen würde. Vielmehr geht es darum, im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu klären, ob dem Steuerpflichtigen der ihm obliegende Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes durch das von ihm beigebrachte Gutachten zur Überzeugung des Finanzamtes und nunmehr des Gerichtes gelungen ist.
Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich aus der Rechtsprechung betreffend zugunsten von Steuerpflichtigen auch außerhalb der Jahresfrist berücksichtigten Kaufpreisen im Umkehrschluss nicht, dass auch der Beklagte und nunmehr das Gericht zur Einholung eines Gutachtens über das Gleichbleiben der Wertverhältnisse verpflichtet sei. Den Steuerpflichtigen trifft für den geringeren gemeinen Wert nicht nur die Darlegungs- sondern die Nachweislast (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 2004 II R 69/01, BStBl. II 2005, 259 und Beschluss vom 14. Dezember 2006 II B 53/06, BFH/NV 2007, 403). Er hat den Nachweis so zu führen, dass ihm durch das Gericht ohne Bestellung eines weiteren Sachverständigen gefolgt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 2004 II R 69/01, BStBl. II 2005, 259 und Beschluss vom 14. Dezember 2006 II B 53/06, juris). Insoweit ist die Situation wegen der dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweislast für ihn eine andere als für das Finanzamt. Der Steuerpflichtige kann bei einem nicht mehr innerhalb der Jahresfrist liegenden Kaufpreis dessen nachlassende Indizwirkung nur in einer Art und Weise ausgleichen, die zum Nachweis des geringeren gemeinen Wertes insgesamt als tauglich anzusehen ist, dem Gutachten. Denn insoweit hebt er den von ihm erbrachten Nachweis wieder auf das (von der Rechtsprechung) im Rahmen der § 198 BewG i.V.m. § 199 Abs. 1 BauGB geforderte Niveau. Die Finanzverwaltung und das Gericht haben dagegen im Rahmen der freien Beweiswürdigung darüber zu befinden, ob dem Steuerpflichtigen der Nachweis des geringeren gemeinen Wertes im jeweiligen Einzelfall gelungen ist. Dabei ist ohne Hinzuziehung eines weiteren Sachverständigen zu würdigen ob das Gutachten durch den Kaufpreis auch dann erschüttert ist, wenn dessen Indizwirkung nicht mehr im gleichen Umfang wie bei einem innerhalb der Jahresfrist erzielten Kaufpreis besteht.
Schließlich kommt der durch die Kläger zitierten Rechtsprechung zu § 11 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BewG (BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 4/11, BFH/NV 2013, 1223) im Hinblick auf das Vorstehende keine weitergehende Bedeutung zu. Dieser lässt sich entnehmen, dass ein Kaufpreis außerhalb der Jahresfrist im Anwendungsbereich von § 11 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BewG ausnahmsweise dann zu berücksichtigen ist, wenn der Vertragsabschluss kurze Zeit (d.h. innerhalb einer nach Wochen zu bemessenen Zeitspanne) vor dem maßgeblichen Zeitraum stattgefunden hat und der Kaufpreis nach einem Zeitpunkt innerhalb der Jahresfrist bemessen wurde. Insoweit wird die innerhalb der Jahresfrist geltende Vermutung, die Wertverhältnisse hätten sich im Vergleich zum Stichtag nicht geändert, auf Sachverhalte erstreckt, in denen zwar nicht der Vertragsschluss innerhalb der Jahresfrist erfolgte, sich jedoch der Kaufpreis auf einen Zeitpunkt innerhalb derselben bezieht. Da insoweit für den Kaufpreis auf die Wertverhältnisse innerhalb der Jahresfrist abgestellt wird, lässt sich dies auch auf Grundbewertungssachverhalte übertragen. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann insoweit jedoch auch bei einer größeren Transaktion mit professionellen Beteiligten nicht zwangsläufig darauf geschlossen werden, dass der Kaufpreis mindestens ein halbes Jahr vor dem Vertragsschluss und damit innerhalb der Jahresfrist festgelegt wurde. Letztendlich war diese Frage jedoch nicht klärungsbedürftig, da entsprechend der vorstehend dargelegten Rechtsprechung bei der Grundbewertung ein außerhalb der Jahresfrist liegender Kaufpreis auch dann berücksichtigt werden kann, wenn der Kaufpreis zwar nicht innerhalb der Jahresfrist vereinbart war, sich die Wertverhältnisse zum Stichtag jedoch nicht maßgeblich geändert haben.
c.
Insoweit ist das Gericht unter Würdigung der Gesamtumstände, insbesondere auch des tatsächlich für das Grundstück erzielten Kaufpreises, zu dem Ergebnis gekommen, dass den Klägern der Nachweis des geringeren gemeinen Wertes durch das von ihnen beigebrachte Gutachten nicht gelungen ist.
In § 9 Abs. 2 BewG kommt zum Ausdruck, dass der Marktpreis den gemeinen Wert eines Wirtschaftsguts am treffendsten widerspiegelt. Dort heißt es: „Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen…“ Ein nach den Regeln von Angebot und Nachfrage, unter Außerachtlassung ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse frei ausgehandelter Marktpreis bildet den wahren Wert (gemeiner Wert bzw. Verkehrswert) eines Wirtschaftsgutes damit regelmäßig am besten ab. Die Wertermittlung durch einen Gutachter stellt demgegenüber stets eine mit zahlreichen Unwägbarkeiten verbundene Schätzung dar, die zu Werten führen kann, die vom Verkehrswert weit entfernt liegen, auch wenn das Gutachten im Übrigen nicht zu beanstanden ist (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2017 3 K 3047/17 und FG Niedersachsen, Urteil vom 6. September 2018 1 K 68/17, juris).
Entsprechende Unsicherheiten bestanden auch vorliegend bei der Erstellung des Gutachtens jedenfalls hinsichtlich des vom Gutachter als maßgeblich angesehenen Umstandes der nach Ablauf des Mietvertrages zu erwartenden Folgenutzung. Der für das Bewertungsgrundstück tatsächlich erzielte Kaufpreis belegt dagegen zur Überzeugung des Gerichts, dass der im Gutachten ermittelte Wert nicht dem tatsächlichen gemeinen Wert entspricht. Insoweit war einerseits zu berücksichtigen, dass der Kaufpreis erst 18 beziehungsweise 20 Monate nach dem Bewertungsstichtag erzielt wurde und ihm daher nicht in gleichem Umfang Indizwirkung zugemessen werden kann, wie einem innerhalb der Jahresfrist erzielten Kaufpreis. Andererseits stellt ein unter fremden Dritten im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielter Kaufpreis regelmäßig den geeignetsten Nachweis für den gemeinen Wert dar und widerlegt insbesondere bei im Einzelfall erheblichen Abweichungen das Ergebnis des Gutachtens.
Das Gericht sieht dabei das Überschreiten der Jahresfrist vorliegend als weniger gravierend an. Insoweit lässt sich auch aus der von den Klägern zitierten Rechtsprechung zur Einheitsbewertung, soweit diese einen verallgemeinerungsfähigen Inhalt besitzt, entnehmen, dass außerhalb der Jahresfrist liegende Kaufpreise nicht stets zur unmittelbaren Ableitung des gemeinen Wertes ausscheiden, sondern nur bei wesentlich längere Zeit entfernten Kaufpreisen im Allgemeinen nicht mehr von deren Eignung zur unmittelbaren Ableitung des gemeinen Wertes ausgegangen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 1980
III R 21/78, BStBl. II 1981, 153). Diese Rechtsprechung wurde auch in späteren Entscheidungen des Bundesfinanzhofes aufgegriffen und dahingehend konkretisiert, dass auch ein wesentlich später erzielter Kaufpreis dann zur unmittelbaren Ableitung des gemeinen Wertes geeignet sei, wenn sich die wertbildenden Umstände nicht geändert haben (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 2004 II R 55/01, BStBl. II 2004, 703). Insoweit ist bereits festzustellen, dass es vorliegend nicht um die Eignung des Kaufpreises zur unmittelbaren Ableitung des gemeinen Wertes geht, sondern allein darum, ob dieser dazu geeignet ist, Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens zu wecken, die dazu führen, dass dieses den gemeinen Wert nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweist. Der zeitliche Abstand von 18 bzw. 20 Monaten ist vorliegend nicht so wesentlich, dass von einem Gleichbleiben der wertbildenden Umstände vernünftigerweise nicht mehr ausgegangen werden kann. Unter Berücksichtigung des Beweismaßes ist ferner im vorliegenden Fall auch nicht erkennbar, dass sich die wertbildenden Umstände seit dem Bewertungsstichtag geändert hätten.
Zwar ist allgemein bekannt, dass in Metropolregionen die Immobilienpreise seit 2015 massiv angestiegen sind. Eine derartige Entwicklung ist zwischen 2015 und 2016 jedoch für das N… Umland nicht in einer Weise erkennbar, die die Abweichungen zwischen Gutachten und Kaufpreis erhellt. Ferner schlägt sich eine solche Entwicklung regelmäßig auch in den betreffenden Bodenrichtwerten nieder. Insoweit hat der Beklagte jedoch dargelegt, dass sich diese zwischen 2015 und 2016 nicht maßgeblich verändert haben. Soweit die Kläger hierzu vortragen, das Gleichbleiben der Bodenrichtwerte sei unbeachtlich, da nach der vereinbarten Kaufpreisaufteilung der auf das Grundstück entfallende Kaufpreis von EUR 352.000,00 nur etwa 15 % oberhalb des Kaufpreises liege und die wesentliche Wertsteigerung daher in der Bebauung liegen müsse, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Es erscheint nicht nachvollziehbar, dass ein Erwerber, der ein Gebäude in Abrissabsicht erwirbt, den überwiegenden Teil des Kaufpreises für die Bebauung zahlt.
Im Klageverfahren hat der Gutachter der Kläger hierzu ausführlich vorgetragen. Danach sei der tatsächlich erzielte Kaufpreis mit dem am Wertermittlungsstichtag ermittelten Wert deshalb nicht vergleichbar, weil der für die Wertermittlung wesentliche Umstand das auslaufende Gewerbemietverhältnis gewesen sei. Im Verkaufszeitpunkt sei die Folgenutzung dagegen geklärt gewesen. Dies versteht das Gericht dahingehend, dass eben die Klärung der Folgenutzung aus Sicht der Kläger die wesentliche Änderung der wertbegründenden Umstände sei, die die Berücksichtigung eines nicht mehr in der Jahresfrist liegenden Kaufpreises ausschließt. Indes überzeugt dies nicht, denn im Zeitpunkt der Verkaufsverhandlungen war die Folgenutzung unverändert ungeklärt. Die Laufzeit des Gewerbemietvertrages hatte sich insoweit sogar von 1,5 auf 0 Jahre verringert. Die Klärung der Folgenutzung erfolgte nicht zum, sondern durch den Verkauf, denn die J… GmbH erwarb das Grundstück unstreitig zur (Konzern-)Eigennutzung (fortgesetzte Vermietung an I…, sowie bereits anfänglich geplanter Abriss und Neubau in 2018/19). Dass der Käufer jedoch einen Plan hinsichtlich der Folgenutzung des Grundstücks hat, ist dem Verkauf immanent und stellt keinen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr werterhöhenden Umstand dar. Dies gilt unabhängig davon, dass es sich bei dem Käufer um ein zum gleichen Konzern wie der Vormieter gehörendes Unternehmen handelt. Zum einen schließt dies den gewöhnlichen Geschäftsverkehr nicht aus, da die Transaktion nicht nur für diesen speziellen Käufer, sondern auch für andere Supermarktbetreiber in dieser Form möglich gewesen wäre. Es handelt sich insoweit also nicht um ein von Anfang an nur für einen Käufer interessantes, nicht verkehrsfähiges Objekt. Zum anderen würde sich auch bei Verkauf an einen Investor die Tatsache, dass dieser bereits einen Folgemieter (ohne Zutun des Verkäufers) an der Hand hat, nicht auf die Preisgestaltung in Form von Zahlung eines erhöhten Kaufpreises an den Verkäufer auswirken. Die daneben vom Gutachter vorgebrachte Behauptung, es habe eine zwischenzeitliche Entwicklung gegeben, dass „…“-betreiber in Einzelfällen an bevorzugten Standorten mit Bodenwertsteigerungspotenzial auch kleinere Märkte als Nahversorger beibehalten würden, ist bereits nicht belegt. Unterstellt, es hätte eine solche Entwicklung zwischen den Jahren 2015 und 2016 gegeben, die ein Ausmaß gehabt hätte, welches dazu geführt hätte, dass „…“-betreiber einen zuvor als zu klein angesehenen Markt zum nahezu doppelten Preis erworben hätten, so kann dem für den vorliegenden Fall jedoch keine entscheidende Bedeutung zugemessen werden, denn der Erwerber hat den Markt gerade nicht unverändert beibehalten, sondern abgerissen und neu bebaut, was auch im Erwerbszeitpunkt bereits geplant war.
Ein allgemeiner Anstieg der Gewerbemieten im Landkreis M… ist nach dem durch den allgemein zugänglichen Grundstücksmarktbericht M… 2015/2016 belegten Vortrag des Beklagten zwischen 2015 und 2016 nicht ersichtlich. Weitere Anhaltpunkte für Ermittlungen bezüglich im Gutachten dargelegter und im Verkaufszeitpunkt ggf. veränderter Umstände sieht das Gericht nicht.
Insoweit legen bereits die Umstände des Verkaufs des Grundstücks nahe, dass der im Gutachten ermittelte gemeine Wert unzutreffend ist. Der Gutachter hat im Gutachten mehrfach darauf hingewiesen, ein Abriss und Neubau auf dem Grundstück sei nicht zu erwarten, da dieser aufgrund der Grundstücksgröße nur zu Lasten der ohnehin schon zu geringen Stellplatzanzahl erfolgen könne, was die Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung unwahrscheinlich mache. Es sei daher davon auszugehen, dass ein Erwerber mit Neubauabsichten auf ein anderes Grundstück ausweichen würde. Insoweit führt das Gutachten zwar an, das Grundstück liege im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Nr. …, S…-straße, T…-Zentrum“, verhält sich im Übrigen jedoch nicht zur bauplanungsrechtlichen Situation. Dies betrifft zunächst die Frage, ob auf dem Grundstück selbst nach den Vorgaben des durch den Gutachter herangezogenen Einzelhandelserlasses ein Neubau für einen großflächigen Einzelhandel zulässig war. Insoweit führt das Gutachten lediglich an, die Bestandsbebauung, welche jedoch keinen großflächigen Einzelhandel (Verkaufsfläche größer als 800 qm in diesem Sinne darstellte, sei baurechtlich genehmigt. Auch die Frage, ob in der näheren Umgebung überhaupt weitere Grundstücke vorhanden waren, welche baurechtlich großflächigen Einzelhandel zulassen, behandelt das Gutachten nicht. Rückfragen des Gerichtes zu beiden Fragen blieben im Rahmen der mündlichen Verhandlung unbeantwortet. Auch ist nicht bekannt, ob der Bebauungsplan Nr. … Vorgaben zur erforderlichen Stellplatzanzahl macht. Das Gutachten verhält sich zu der Anzahl der erforderlichen Stellplätze nicht, sondern weist allein darauf hin, das Grundstück verfüge bereits im Ist-Zustand am Bewertungsstichtag über zu wenig Stellplätze. Jedenfalls vor dem Hintergrund der (gegenüber dem Bebauungsplan nachrangigen) Satzung der Gemeinde D… über die Herstellung von Stellplätzen bei der Errichtung und wesentlichen Änderung baulicher oder sonstiger Anlagen (Stellplatzsatzung – abrufbar unter www. … .de) entspricht dies nicht uneingeschränkt den Tatsachen, denn der bis dahin 895 qm Nutzfläche umfassende Markt verfügte über 72 Stellplätze. Nach § 4 Abs. 3 Stellplatzsatzung benötigen Verkaufsstätten grundsätzlich einen Stellplatz pro 25 qm. Im Zustand am Bewertungsstichtag waren daher lediglich höchstens 36 Stellplätze erforderlich, jedoch 72 Stellplätze vorhanden. Zusätzlich sieht die Stellplatzsatzung in § 5 Ausnahmetatbestände gegen Zahlung einer Ablöse vor. Zumindest ein gewisser Ausbau wäre daher vor dem Hintergrund der Stellplatzsatzung keineswegs an der Zahl der Stellplätze gescheitert. Vor dem Hintergrund des auch durch den Gutachter im Rahmen der mündlichen Verhandlung als „hervorragend“ bezeichneten Standortes ist daher nicht auszuschließen, dass es sich bei dem Grundstück, insbesondere dann, wenn es sich um das einzige Grundstück an besagtem Standort gehandelt haben sollte, welches großflächigen Einzelhandel zuließe, was aufgrund der fehlenden Angaben zur bauplanungsrechtlichen Situation nicht beurteilt werden kann, um ein für eine Neubebauung besonders attraktives und damit wertvolles Grundstück handelte. Ferner erfolgte die Beurteilung durch den Gutachter in Kenntnis der Tatsache, dass genau dies (Abriss und Neubau) durch den Käufer beabsichtigt war. Soweit der Gutachter zu dem Ergebnis kommt, diese Folgenutzungsalternative sei nicht zu berücksichtigen, da in diesem Fall der Wert unter Abzug der Abrisskosten vom Bodenrichtwert zu ermitteln sei und mithin noch deutlich geringer ausfalle, so untermalt dies die durch den Kaufpreis hervorgerufenen Zweifel an der Richtigkeit des im Gutachten ermittelten Verkehrswertes. Der Kaufpreis liegt vorliegend mehr als 80 % über dem im Gutachten ermittelten Wert. Berücksichtigt man, dass der Gutachter für den tatsächlichen Hergang, nämlich Abriss und Neubau, zu dem Ergebnis gekommen ist, in diesem Fall sei der Verkehrswert noch deutlich geringer anzusetzen, nämlich auf Höhe des Bodenwertes (ohne Berücksichtigung der Abrisskosten, da diese durch die Erwerberin getragen würden), ergäbe sich eine noch deutlich höhere Differenz (vorliegend etwa des Dreifachen). Vor dem Hintergrund der nicht erkennbaren Abweichung der tatsächlichen Verhältnisse zwischen Bewertungsstichtag und Verkaufszeitpunkt schließt diese immense Abweichung die Richtigkeit des im Gutachten ermittelten Verkehrswertes nahezu aus.
Insoweit ist der gemeine Wert des Grundstücks durch das Gutachten nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Bestehende Zweifel gehen aufgrund der diesen obliegenden Nachweislast zu Lasten der Kläger. Soweit diese vortragen, dies könne nicht zutreffen, da insoweit jedes noch so sorgsam erstellte Gutachten verworfen werden könne, liegt dies bereits in der Natur der Sache, da es sich bei den Gutachten eben stets um eine mit gewissen Unsicherheiten behaftete Schätzung handelt. Insoweit ist es je nach Einzelfall stets möglich, dass sich aus weiteren Umständen, insbesondere einem später unter unveränderten Bedingungen erzielten Kaufpreis, ergibt, dass das Gutachten den tatsächlichen gemeinen Wert nicht zutreffend abbildet. Zwar ist nach Auffassung des Gerichts ein Gutachten nicht stets bei jeder Abweichung von einem später erzielten Kaufpreis zu verwerfen, da der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbare Preis für ein Grundstück naturgemäß eine gewisse Bandbreite aufweisen dürfte. Kommt es jedoch im Einzelfall wie auch vorliegend zu erheblichen Abweichungen, die nicht mehr durch die am Markt bestehende Bandbreite abgedeckt werden, so ist der gemeine Wert nicht mehr als durch das Gutachten nachgewiesen anzusehen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 FGO.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der dafür nach § 115 Abs. 2 FGO maßgeblichen Gründe vorliegt. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, da die Frage, ob ein außerhalb der Jahresfrist zustande gekommener Kaufpreis im Rahmen der freien Beweiswürdigung die Überzeugungskraft eines Verkehrswertgutachtens erschüttert, stets eine Frage des Einzelfalls ist.