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Entscheidung 3 W 83/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Zivilsenat Entscheidungsdatum 06.01.2022
Aktenzeichen 3 W 83/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0106.3W83.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 16.07.2021, Az. 6 VI 55/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Beschwerdewert: 12.077,58 €

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 28.01.2020 ist die Beschwerdeführerin, eine Rechtsfachwirtin, zur berufsmäßigen Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben des Erblassers mit dem Aufgabenkreis „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses“ bestellt worden. Die Nachlasspflegschaft ist mit Beschluss vom 19.08.2021 aufgehoben worden.

Mit Schreiben vom 15.06.2021 hat die Nachlasspflegerin für ihre Tätigkeit im Zeitraum vom 20.05.2020 bis zum 15.06.2021 die Festsetzung ihrer Vergütung in Höhe von 12.077,58 € brutto beantragt. Hierbei hat sie einen Zeitaufwand von 101,52 Stunden und einen Stundensatz von netto 92,50 € netto zugrunde gelegt.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 16.07.2021 die Vergütung wie beantragt festgesetzt, nachdem von Seiten der Beteiligten zu 2 bis 4 keine Einwendungen erhoben worden waren. Der Beschluss ist der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 4 am 22.07.2021 zugestellt worden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 4 mit ihrer am 17.08.2021 eingelegten Beschwerde.

Sie wendet ein, der Stundensatz von 92,50 € könne nicht für sämtliche Tätigkeiten der Nachlasspflegerin zugrunde gelegt werden. Zwar habe das Oberlandesgericht den Stundensatz der Nachlasspflegerin für ihre Tätigkeit im streitgegenständlichen Nachlassverfahren mit Beschluss vom 13.01.2021 im Verfahren 3 W 131/20 auf 92,50 € festgesetzt. Dieser Satz sei aber für einzelne Tätigkeit der Nachlasspflegerin, die keine besonderen Kenntnisse erforderten, nicht angemessen. Dies betreffe Überweisungen, Zeiten für Fahrten zu Ortsterminen und Telefonate oder e-mail- Verkehr mit den Kindern des Erblassers.

Der Zeitaufwand, den die Nachlasspflegerin für Überweisungen angesetzt habe, sei zudem nicht nachvollziehbar. In einer früheren Abrechnung habe sie für eine einzelne Überweisung einen Zeitaufwand von nur 5 Minuten angegeben, während sie jetzt durchgängig 8 bis 9 Minuten abrechne.

Die Lagerkosten in Höhe von 227,13 € für die Lagerung von 1 ½ Umzugskisten seien überhöht und unangemessen. Die Versicherungskosten dürften nicht zu Lasten des Nachlasses gehen, da sie im eigenen Interesse der Nachlasspflegerin veranlasst gewesen seien.

Der Umfang der Telefonate mit dem Sohn des Erblassers, C… H…, sei nicht nachvollziehbar, ein Einzelnachweis des Telefonanbieters sei nicht vorgelegt worden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, inwieweit die Tätigkeit auf die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses gerichtet gewesen sei.

Gleiches gelte für die Telefonate mit den Töchtern des Erblassers.

Die Kosten für Telefonate mit dem Gericht (OLG Brandenburg) seien nicht plausibel. Es sei zu vermuten, dass die Nachlasspflegerin diese in eigener Sache geführt habe.

Die verfahrensbezogenen Kosten bezüglich einer angeblichen Mietforderung gegen die Beschwerdeführerin seien überflüssig gewesen, wodurch dem Nachlass ein Schaden in Höhe von 2.944,64 € entstanden sei.

Die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Recherchetätigkeit für den Rauchmelder (60 Minuten) seien ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Die Tätigkeit der Nachlasspflegerin für den Abrechnungszeitraum sei insgesamt mit Ausnahme der Tätigkeit bezüglich des Verfahrens vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) 12 O 308/19 ohne jeglichen Nutzen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe den Nachlass zum Zeitpunkt der Bestallung ordnungsgemäß und kostenlos verwaltet. Es sei ausreichend gewesen, die Kontensperrung, die Auszahlungssperre für das Guthaben des Erblassers bei der Lebensversicherung und die Hinterlegung aller Ausfertigungen der für den Sohn der Erblasserin ausgestellten Generalvollmacht anzuordnen.

Auch der Kostenansatz für die Beauftragung des Rechtsanwalts R… und die Informationsbeschaffung für die Ausführung der Mandate betreffend diverser Rechtsstreitigkeiten und die Beauftragung einer Steuerberaterin für die Erstellung der Einkommenssteuererklärung seien zu kürzen, da auch hierfür besondere Fachkenntnisse nicht erforderlich gewesen seien.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Das gem. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 4, das fristgerecht innerhalb der Beschwerdefirst von einem Monat (§ 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt, worden ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Der Vergütungsanspruch eines berufsmäßigen Nachlasspflegers richtet sich nach §§ 1915 Abs. 1 Satz 1 und 2, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. den Vorschriften des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG). Danach hat das Nachlassgericht im Falle eines vermögenden (nicht mittellosen) Nachlasses grundsätzlich einerseits einen Stundensatz zu bestimmen und hierbei gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB ausschlaggebend auf die für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse des Pflegers sowie auf die Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte abzustellen, andererseits den Umfang dieser Geschäfte durch den konkreten Zeitaufwand, also die Zahl der zu vergütenden Stunden zu berücksichtigen. Hierbei ist die vom Nachlasspfleger vorzulegende Aufstellung über den Zeitaufwand vom Gericht lediglich auf ihre Plausibilität zu überprüfen (BGH Beschluss vom 14.03.2018, IV ZB 16/17). Einwendungen gegen die Festsetzung sind im Vergütungsverfahren nur insoweit zu berücksichtigen, als sie ihre Grundlage im Vergütungsrecht haben. Dies sind solche Einwendungen, die die Angemessenheit der Tätigkeit und des Zeitaufwandes betreffen. Nicht berücksichtigt werden können indessen Einwendungen, die darauf gestützt werden, dass der Pfleger sein Amt mangelhaft ausgeführt hat (Senatsbeschluss vom 12.01.2021, 3 W 131/20; BGH, XII ZB 459/10, Beschluss vom 11.04.2012, FamRZ 2012, 1051).

2.

Nach diesen Grundsätzen ist die vom Nachlassgericht festgesetzte Vergütung von 12.077,58 €  brutto nicht zu beanstanden.

Die von der Beteiligten zu 1. zur Akte gereichte Aufstellung über ihren Zeitaufwand ist prüffähig sowie in den Einzelpositionen und in ihrer Gesamtheit plausibel. Die erbrachten Tätigkeiten sind jeweils unter Angabe des erforderlichen Zeitaufwandes chronologisch aufgeführt und mit den aus der Akte ersichtlichen Anforderungen der vorliegenden Nachlasspflegschaft in Übereinstimmung zu bringen. Die Nachlasspflegerin hat darüber hinaus mit Schreiben vom 29.09.2021 nochmals Stellung genommen und die beanstandeten Einzelpositionen weiter erläutert.

3.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

a)

Die Beschwerdeführerin kann sich nicht darauf berufen, dass einzelne Tätigkeiten der Nachlasspflegerin nur mit einem geringeren Stundensatz als 92,50 € zu vergüten seien. Der Senat hat die Höhe des angemessenen Stundensatzes der Nachlasspflegerin für die als schwierig anzusehende Pflegschaft in dem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 12.01.2021 (3 W 131/20) auf 92,50 € netto festgesetzt. Dieser Stundensatz gilt einheitlich für alle Tätigkeiten der Nachlasspflegerin. Eine unterschiedliche Bewertung einzelner Tätigkeiten findet grundsätzlich nicht statt.

b)

Der von der Nachlasspflegerin für die Überweisungen angesetzte Zeitaufwand von 8 bis 9 Minuten pro Überweisung ist nicht zu beanstanden. Die Nachlasspflegerin hat mit Schreiben vom 29.09.2021 plausibel aufgeschlüsselt, woraus sich dieser zeitliche Aufwand ergibt. Die Anzahl der Überweisungen ergibt sich aus der vom Senat beigezogenen Handakte der Nachlasspflegerin.

c)

Die Lagerkosten sind ebenfalls plausibel und nachvollziehbar. Der Mietvertrag für das Lager liegt vor. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Nachlasspflegerin für die Lagerung der Umzugskartons 1/7 davon auf den hiesigen Nachlass umgelegt hat.

d)

Für die Nachvollziehbarkeit der mit dem Sohn und den Töchtern der Erblasserin geführten Telefonate und des e-mail Verkehrs muss die Nachlasspflegerin keine Einzelverbindungsnachweise des Telefonanbieters vorlegen. Die Nachlasspflegerin hat die Telefonate bereits in ihrem Vergütungsantrag einzeln aufgeführt. Mit Schreiben vom 29.09.2021 hat sie diese nochmals unter Vorlage von Auszügen aus ihrer Handakte belegt. Dies ist ausreichend und plausibel und lässt sich auch anhand der vom Senat beigezogenen Handakte nachvollziehen.

e)

Dass die von der Nachlasspflegerin für Telefonate mit dem Brandenburgischen Oberlandesgericht angesetzten Kosten deren eigene Vergütung betrafen, ist eine reine Spekulation der Beschwerdeführerin. Das Brandenburgische Oberlandesgericht war als Beschwerdegericht nicht nur mit der Beschwerde der hiesigen Beschwerdeführerin gegen den Festsetzungsbeschluss des Nachlassgerichts vom 08.06.2020 befasst, sondern ebenfalls mit deren Beschwerde gegen die der Nachlasspflegerin erteilten Genehmigung zur Umschichtung von Wertpapieren. Telefonate, die dieses Verfahren betrafen, fielen in den Aufgabenbereich der Nachlasspflegerin und können abgerechnet werden.

f)

Soweit die Beschwerdeführerin bemängelt, dem Nachlass sei durch die vermeintlich überflüssige Prozessführung vor dem Amtsgericht Strausberg (Mietforderung) ein Schaden entstanden, erhebt sie damit keine Einwand gegen die Plausibilität der Abrechnung, sondern gegen die ordnungsgemäße Amtsführung der Nachlasspflegerin, der im Vergütungsverfahren nicht berücksichtigungsfähig ist. Der Einwand einer mangelhaften Geschäftsführung ist im Vergütungsverfahren – wie bereits ausgeführt – unerheblich, da dieses die Festsetzung einer angemessenen Vergütung für tatsächlich erbrachte Tätigkeiten zum Gegenstand hat. Sofern aus der mangelhaften Geschäftsführung Ersatzansprüche gegen den Nachlass geltend gemacht werden wollen, müssen diese in einem Rechtsstreit vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden, für dessen Entscheidung das Prozessgericht zuständig ist (Senatsbeschluss vom 12.01.2021, 3 W 131/20 m.w.N.).

g)

Dass die Nachlasspflegerin eine Stunde aufgewendet hat, um Vergleichsangebote für die in den Wohnimmobilien zu installierenden Rauchmelder einzuholen, ist nachvolllziehbar und nicht zu beanstanden.

h)

Der pauschale Einwand, die Tätigkeiten seien überwiegend nutzlos gewesen, verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Nachlasspflegerin war mit der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses beauftragt, so dass ihre Tätigkeit sich gerade nicht auf die von der Beschwerdeführerin angeführten Maßnahmen beschränkte. Soweit die Beschwerdeführerin sich auch insoweit auf eine fehlerhafte Amtsführung berufen will, gilt das zu Ziffer f) Gesagte.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG sind nicht gegeben. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens entspricht der festgesetzten Nachlasspflegervergütung.