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Entscheidung 3 U 35/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Zivilsenat Entscheidungsdatum 08.08.2022
Aktenzeichen 3 U 35/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0808.3U35.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 03.02.2022, Az. 2 O 304/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Das Urteil des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 78.838,94 € bejaht.

1.

Die Klägerin hat aus dem Mietkaufvertrag vom 15.01.2008 Anspruch auf Zahlung des rückständigen Mietzinses. Es ist unstreitig, dass der Beklagte die monatlichen Nettomieten in Höhe von 4.041,41 € für die Monate Oktober und November 2015 sowie ab Januar 2016 bis Juni 2016 nicht gezahlt hat. Bis zur fristlosen Kündigung vom 02.06.2016 sind somit 8 Mietraten in Höhe von 4.041,41 € nicht gezahlt worden, hieraus ergibt sich eine Summe von 32.331,26 €.

2.

Der Beklagte schuldete darüber hinaus, wie sich aus dem Mietkaufvertrag ergibt, auch die Zahlung der Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 64.500,90 €. Diese war zunächst mit der ersten Mietrate fällig.

Dieser Anspruch ist nicht dadurch erfüllt worden, dass der Beklagte den Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer gegen das Finanzamt an die Klägerin abgetreten hat. Unabhängig davon, dass die Abtretung ohnehin nur erfüllungshalber erfolgt ist, der Anspruch also nicht bereits durch die Abtretung erloschen wäre - eine Auszahlung durch das Finanzamt an die Klägerin hat es unstreitig nie gegeben - ist die Abtretung bereits nach § 46 Abs. 2 AO nicht wirksam geworden, da diese nicht in der nach § 46 Abs. 3 AO vorgeschriebenen Form nach Entstehung der Forderung gegenüber der Finanzbehörde angezeigt wurde. Voraussetzung einer wirksamen Abtretung ist neben der den Anforderungen des § 46 Abs. 2 und 3 AO entsprechenden Anzeige, dass dem Anzeigenden überhaupt eine Forderung gegenüber dem Finanzamt zusteht. Nach der Mitteilung des Finanzamtes vom 08.09.2011 war der Vorsteuererstattungsanspruch zum Zeitpunkt der Anzeige der Abtretung aber noch nicht entstanden, so dass die Abtretung unwirksam war. Dass der Erstattungsanspruch entgegen den Angaben des Finanzamtes zum Zeitpunkt der Anzeige bereits entstanden war, lässt sich dem Vorbringen des Berufungsführers nicht entnehmen. Der jeweilige Vorsteuererstattungsanspruch entsteht nicht vor Ablauf des jeweiligen Voranmeldezeitraums. Nach den Angaben des Finanzamtes war der Beklagte zum Zeitpunkt der Abtretungsanzeige „Jahreszahler“, d.h dieser Zeitraum war - unabhängig davon, dass der Beklagte nicht einmal vorgetragen hat, dass eine Voranmeldung überhaupt stattgefunden hat - zum Zeitpunkt der Abtretungsanzeige noch nicht abgelaufen. Dies ergibt sich auch aus der Bezugnahme des Finanzamtes auf § 18 UStG (vgl, z.Bsp. FG Mecklenburg-Vorpommerrn, Urteil vom 24.02.2005, 2 K 739/01). Gegenteiliges hat der Beklagte nicht vorgetragen.

Die Klägerin hat also Anspruch auf die noch ausstehende Zahlung der Umsatzsteuer. Diese ist nach den Insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts im unstreitigen Tatbestand bis auf eine Summe von 17.117,94 € beglichen worden.

3.

Als Schadensersatz aufgrund der fristlosen Kündigung vom 02.06.2016 kann der Kläger die noch ausstehenden Mieten nach Ziffer 16. (3) der AGB des streitgegenständlichen Mietvertrages verlangen.

a)

Die fristlose Kündigung vom 02.06.2016 hat den Mietkaufvertrag beendet. Der Beklagte befand sich zum Zeitpunkt der Kündigung, wie oben ausgeführt, mit der Zahlung von insgesamt 8 Monatsmieten in Verzug, da er diese nicht zum vereinbarten Fälligkeitsdatum gezahlt hatte. Eine Überzahlung wegen zu Unrecht auf die Umsatzsteuer geleisteter Zahlungen lag nicht vor, da diese, wie ebenfalls ausgeführt, geschuldet war. Damit lag ein Grund zur fristlosen Kündigung nach Ziffer 16 (2) Stz 3 der AGB vor.

Den Zugang der Kündigungserklärung stellt der Beklagte in der Berufungsbegründung nicht mehr in Abrede.

Bis einschließlich Februar 2018 - der vereinbarten Beendigung des Vertrages - ergeben sich damit insgesamt 20 Monatsmieten, die der Beklagte als Schadensersatz zu zahlen hat. Dies sind 80.828,20 €.

b)

Dieser Betrag ist nach der Vereinbarung in Ziffer 16 (3) Satz 1 der AGB mit dem Refinanzierungszins des Vermieters abzuzinsen.

Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht bei der Berechnung den vom Kläger mitgeteilten Refinanzierungszinssatz von 3,6 Prozent zugrunde gelegt hat. Es ist zwar zutreffend, dass der Beklagte den Refinanzierungszinssatz von 3,6 Prozent bestritten hat. Die Klägerin hat aber substantiiert zur Höhe ihres Refinanzierungszinssatzes vorgetragen. Dem ist der Beklagte nicht hinreichend entgegengetreten. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass jede Berechnung eines Abzinsungsbetrages nur zu einem Annäherungswert führt, dessen Maßgeblichkeit der Tatrichter im Rahmen des § 287 ZPO zu beurteilen hat (BGH, Urteil vom 30.10.2019, VIII ZR 177/18).

Hiernach ergibt sich nach der insoweit nicht angegriffenen Berechnung des Landgerichts bei einem Refinanzierungszins von 3,6 % eine Zinsgutschrift in Höhe von 2.234,58 €, die unterhalb der von der Klägerin errechneten Summe von 2.256,01 € liegt, so dass dieser von der Klägerin angesetzte Betrag abzuziehen ist.

4.

a)

Geschuldet waren auch Verzugszinsen auf die Umsatzsteuerforderung, wie sich aus der Vereinbarung der Parteien vom 02.01.2012 über den Ausgleich der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Forderung von 62.500 € ergibt. In dieser ist vereinbart, dass die Forderung mit einem Zinssatz von 6 % zu verzinsen ist. Der Beklagte hat die - nachträglich eingefügte - Angabe des Zinssatzes mit seiner Paraphe bestätigt. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, wieso er diese Vereinbarung unter Berufung auf eine andere Handschrift bzw. Schreibweise in Abrede stellt.

b)

Aus der Zinsberechnung der Klägerin (Anlage K 42), die das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ergibt sich Stand 16.06.2016 ein Verzugszins von insgesamt 15.661,58 €, der oberhalb der von der Klägerin im hiesigen Verfahren angesetzten 13.584,89 € liegt. Diese Berechnung, die im Einzelnen den offenen Stand der Hauptforderung und die darauf geleisteten Zahlungen auflistet, hat der Beklagte nicht substantiiert angegriffen. Dass er im Zeitraum bis zum 16.06.2016 weitere Zahlungen hierauf geleistet hat, hat er nicht behauptet.

5.

Darüber hinaus hatte die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung einer Verzugspauschale in Höhe von 40 € nach § 288 Abs. 5 S. 1 BGB. Hiergegen erhebt der Beklagte in der Berufung keine Einwände.

6.

Insgesamt errechnet sich damit ein Anspruch der Klägerin in Höhe von ursprünglich 143,902,31 € (32.331,28 € + 17.117,94 €  + 80.828,20 € +13.584,89 € + 40 €).

Soweit der Beklagte rügt, dass sich aus dem Urteil nicht ergebe, worauf die Klägerin die von ihm geleisteten Zahlungen von 47.450 € verbucht hat, so ist dies zwar zutreffend, ändert an der zutreffend berechneten Endsumme allerdings nichts.

Abzuziehen von den 80.828,20 € Nichterfüllungsschaden war die Zinsgutschrift in Höhe von 2.256,01 €, so dass 78.572,19 € verbleiben.

Von der offenen Umsatzsteuer in Höhe von 17.117,94 € war die Umsatzsteuergutschrift in Höhe von 15.357,35 € in Abzug zu bringen, so dass 1.760,59 € verblieben.

Die weitere Zahlung von 47.450 € im Jahr 2016 war mangels Tilgungsbestimmung auf die offenen Forderungen der Klägerin unter Berücksichtigung von § 362 Abs. 2 BGB zunächst auf den Zinsanspruch in Höhe von 13.584,89 € anzurechnen (§ 367 Abs. 1 BGB), dann auf die noch offene Umsatzsteuerforderung von noch 1.760,59 €, die damit erloschen ist und der verbleibende Rest von 32.104,52 € auf die bis zur fristlosen Kündigung offenen Mietforderungen von insgesamt 32.331,26 € zu verrechnen (§ 362 Abs. 2 BGB), so dass von dieser Forderung noch 226,74 € offen sind.

Zusammen ergeben die offenen Forderungen damit ebenfalls den vom Landgericht ausgeurteilten Betrag von 78.838,94 € (78.572,19 € + 226,74 € + 40,00 €).

7.

Die hilfsweise - erstmals im Schriftsatz vom 26.02.2018 erklärte Aufrechnung führt nicht zum Erfolg, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

a)

Die Klägerin und der Beklagte haben in der Garantieerklärung vom 27.02.2008 vereinbart, dass die Anzahlung auf das Mietobjekt bis zum Vertragsbeginn zum jeweils gültigen Hauptrefinanzierungssatz der EZB zuzüglich eines Aufschlags von 5,5 % verzinst werden sollten und diese Zinsen zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer monatlich fällig werden sollten. Diese dokumentierte Vereinbarung trägt die Unterschrift beider Vertragsparteien. Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, wie es zum Abschluss dieser Vereinbarung gekommen ist. Die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hierzu werden in der Berufung nicht konkret angegriffen.

b)

Darüber hinaus wäre ein etwaiger Rückzahlungsanspruch auch verjährt. Der Rückforderungsanspruch des Beklagten betrifft Zahlungen aus den Jahren 2008 bis 2011. Etwaige Bereicherungsansprüche aus § 812 BGB wären damit spätestens Ende des Jahres 2014 verjährt (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Gegenstand der Klage sind, nachdem die Zinsforderungen, die Umsatzsteuerforderung und ein überwiegender Teil der rückständigen Mieten nach Zahlung der 47.000 € seitens des Beklagten bereits getilgt waren, nur noch Forderungen frühestens aus dem Jahr 2015. Forderungen aus den Jahren zuvor waren bereits erloschen. Die Voraussetzungen des § 215 BGB lagen damit zum Zeitpunkt des Zugangs der Aufrechnungserklärung, die erstmals im Schriftsatz vom 26.02.2018 erfolgt ist, nicht vor, da es zu diesem Zeitpunkt an einer Aufrechnungslage fehlte (vgl. Grüneberg/Ellenberger, BGB § 215, Rn 1).

8.

Auf den Anspruch der Klägerin ist auch kein etwaiger fiktiver Verwertungserlös anzurechnen. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich ein solcher Anspruch nicht aus der Regelung in Ziffer 16 (3) der AGB ergibt. Abzuziehen vom Schadensersatzanspruch ist nicht der Verkehrswert der Anlage, sondern ein tatsächlich erzielter Verwertungserlös.

9.

Das Landgericht hat auch zutreffend einen Anspruch auf Verzugszinsen aus §§ 187 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1, 288 BGB ab dem 17.06.2016 bejaht. Die Ausführungen zum Verzugsbeginn hat der Beklagte in der Berufung nicht konkret angegriffen.

10.

Auch die Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten ist nicht zu beanstanden. Die Abweisung des Feststellungsantrages auf Erledigung des Herausgabeantrages, den das Landgericht rechtsfehlerfrei mit 10.000 € bewertet hat, hat nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu keinen höheren Kosten geführt, als diejenigen, die angefallen wären, wenn die Klägerin den Rechtsstreit von Anfang an nur über den nicht erledigten Teil der Hauptsache geführt hätte. Die Berücksichtigung der Mehrkosten bedingt keinen Gebührensprung, so dass § 92 Abs. 2 ZPO zur Anwendung kommt.