Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 22.09.2022 | |
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Aktenzeichen | 1 KE 11/22 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2022:0922.1KE11.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Erinnerung wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 09. September 2022 geändert.
Die von der Beklagten an den Kläger auf die Anträge vom 02. Juni 2022 zu erstattenden Kosten beider Rechtszüge werden antragsgemäß auf 1.584,97 € nebst jährlichen Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 02. Juni 2022 festgesetzt.
Die Erinnerungsgegnerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
I. Die nach § 165 i. V. m. § 151 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Erinnerung ist begründet.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. September 2022 hat die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Ziffer 2300 des Vergütungsverzeichnisses [VV] zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz [RVG]) zu Unrecht nach der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 S. 3 RVG (Gebührentabelle) in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586) berechnet; maßgeblich war vielmehr die Gebührentabelle in der Fassung des Kostenrechtsänderungsgesetzes 2021 vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3229), die bei einem Streitwert in Höhe von 5.000,00 € eine einfache Gebühr in Höhe von 334,00 € vorsieht.
Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG in der ab dem 30. Dezember 2020 geltenden Fassung ist für die Vergütung das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist.
Es lässt sich hier nicht feststellen, dass der Kläger und Erinnerungsführer seiner Prozessbevollmächtigten bereits vor dem 01. Januar 2021 den unbedingten Auftrag erteilt hat, ein eventuell den Klageanspruch versagendes Urteil der 1. Instanz im Wege des Berufungszulassungs- und Berufungsverfahrens anzugreifen. Zwar deckt die vom Kläger am 21. März 2019 unterzeichnete Vollmacht, wie bei Rechtsanwaltsvollmachten üblich, auch eine rechtsanwaltliche Vertretung in Rechtsmittelverfahren. Hierauf kommt es jedoch nicht (allein-) entscheidend an.
Die Frage der schriftlichen Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts im Außenverhältnis ist von der Frage des Anwaltauftrags (vgl. BGH, Urt. v. 15. August 2019 – III ZR 205/17 –, juris Rn. 43) zu trennen, die sich nicht nach der Vollmacht, sondern nach den konkreten zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten beurteilt (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 27. Oktober 1995 – 6 WF 74/95 –, zit nach beck.online [nur LS]; Klees in: Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. 2021, § 60 RVG Rn. 9; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, Vorbemerkg. 3 Rn. 12/13; Enders in: Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl. 2017, § 1 RVG Rn. 12 ff.; zur Unterscheidung zwischen Vollmacht und Auftrag auch: OLG Hamm, Beschl. v. 26. Januar 1996 – 23 W 266/95 –, juris Rn. 5). Maßgeblich ist die im Rahmen eines bestehenden Anwaltsvertrages erteilte (unbedingte) Einzelweisung zur Erledigung einer Angelegenheit (Toussaint in: Toussaint, Kostenrecht, 52. Aufl. 2022, § 60 Rn. 8/9). So kann zwar der unbedingte Auftrag an den Rechtsanwalt schon bei Abschluss des Anwaltsvertrages dahin gehen, über die Vertretung in dem Klageverfahren 1. Instanz hinaus sämtliche in Betracht kommenden Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen. Dieser Fall, bei dem sich der Auftrag und die dem Rechtsanwalt erteilte Vollmacht decken mögen, erscheint allerdings schon aus Kostengründen nicht naheliegend, vielmehr hat die Annahme, dass der Mandant dem Rechtsanwalt (lediglich) einzelne Aufträge zur Vertretung in den gerichtlichen Instanzen oder aber allenfalls einen (durch den Misserfolg in dem Verfahren 1. Instanz) aufschiebend bedingten, § 158 Abs. 1 BGB, Auftrag erteilt hat (vgl. dazu: Klees in: Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. 2021, § 60 RVG Rn. 12), deutlich mehr für sich. Die einem Rechtsanwalt in der Regel bei Abschluss des Anwaltsvertrages erteilte schriftliche Vollmacht – die in der Praxis sämtliche in Betracht kommenden Tätigkeiten des Vertreters abdeckt – kann danach nur ein Indiz für den Inhalt des jeweiligen Auftrags sein (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, Vorbemerklung 3 Rn 12/13 [schwaches Indiz]; Klees in: Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. 2021, § 60 RVG Rn. 9).
Dieses Indiz trägt hier nicht. Vielmehr hat die Verfahrensbevollmächtigte des Klägers hinreichend dargelegt, dass der Kläger erst auf ihr Schreiben vom 18. November 2021 den Auftrag erteilt habe, das Berufungs(zulassungs-)verfahren einzuleiten, und auch die Zeitspanne zwischen der Zustellung des Urteils 1. Instanz an die Verfahrensbevollmächtigte am 17. November 2011 und dem rechtsanwaltlichen Antrag auf Zulassung der Berufung vom 16. Dezember 2021 spricht dagegen, dass der Kläger schon im März 2019 den unbedingten Auftrag erteilt hatte, ein Berufungszulassungsverfahren einzuleiten. Lediglich ergänzend ist darauf zu verweisen, dass die Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers das Mandat in der 2. Instanz, wenn auch erst nach Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, unter einem neuen Aktenzeichen (8/22 statt 32/19) geführt hat (Schriftsatz vom 23. Februar 2022, Band II, Blatt 325 des Ausgangsverfahrens).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
III. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.