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Entscheidung 5 K 437/17.A


Metadaten

Gericht VG Cottbus 5. Kammer Entscheidungsdatum 30.06.2022
Aktenzeichen 5 K 437/17.A ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2022:0630.5K437.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Wegen der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der 1990 geborene Kläger begehrt Flüchtlingsschutz, hilfsweise subsidiären Schutz und weiterhin hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten.

Der Kläger ist tschadischer und sudanesischer Staatsangehöriger. Er hat jedoch bislang weder im Tschad, noch im Sudan, sondern in Libyen gelebt.

Am 18. oder 19.6.2014 reiste der Kläger in das Bundesgebiet ein. Beim Ausfüllen des Erstaufnahmebogens der Ausländerbehörde gab er am 23.6.2014 an, er sei tschadischer Staatsbürger.

Der Kläger stellte am 21.7.2014 einen Asylantrag.

Am 23.7.2014 wurde der Kläger zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates befragt. Darin gab er an, seine Mutter sei Tschaderin und der Vater Sudanese. Auf die Frage nach der Staatsangehörigkeit antwortete er, er habe die sudanesische Staatsangehörigkeit.

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (fortan: BAMF) am 26.3.2015 gab er an, Libyen am 5.6.2014 verlassen zu haben. Nach einem zweitägigen Aufenthalt in Italien sei er mit dem Auto nach Deutschland gereist.

In Libyen habe er 2011 gegen seinen Willen Militärdienst leisten müssen, nachdem die Regierung Gaddafi von Rebellentruppen angegriffen wurde. Nach drei Monaten sei er geflohen und habe sich zwei Monate lang zu Hause versteckt gehalten (in el-Agelat, einer Kleinstadt im Nordwesten Libyens). Am 8.8.2011 sei er festgenommen und eine Woche lang inhaftiert worden.

Seine Mutter sei Tschaderin, sein Vater Sudanese gewesen und 1991 verstorben. Er selber besitze die sudanesische Staatsangehörigkeit, da es hierfür auf den Vater ankomme.

Er habe weder die Schule besucht, noch einen Beruf erlernt, sondern als Kistenträger und Bauarbeiter bis zu seiner Ausreise gearbeitet.

Zur Begründung seines Schutzbegehrens führte der Kläger aus, er habe nie im Tschad oder dem Sudan gelebt und wisse daher nicht, wie das Leben dort ist. Seine Mutter habe – ihm nicht näher bekannte – Probleme im Tschad gehabt. Sie sei, wie seine Geschwister, ebenfalls in Deutschland aufhältig.

Mit Bescheid vom 7.2.2017 lehnte das BAMF den Antrag des Klägers ab. Es stellte ferner fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen. Weiter forderte es den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland binnen 30 Tagen zu verlassen. Widrigenfalls drohte das Bundesamt die Abschiebung in den Tschad oder in einen anderen Staat, in den der Kläger einreisen darf oder der zur Rückübernahme des Klägers verpflichtet ist, an. Die Behörde verhängte schließlich ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot von 30 Monaten Dauer.

Zur Begründung führte die Beklagte an, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor, da der Kläger kein Flüchtling im Sinne der Definition sei. Denn im Land seiner Staatsangehörigkeit drohe ihm keine Verfolgung. Dies sei nicht Libyen, sondern der Tschad. Denn nach dem tschadischen Staatsangehörigkeitsgesetz erwerbe man die tschadische Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil tschadischer Staatsangehöriger ist. Auf die fehlende persönliche Beziehung zum Tschad komme es nicht an. Auch die Voraussetzungen für subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG seien mit Blick auf den Tschad nicht erkennbar. Auch Abschiebungsverbote schieden aus, da keine Verletzung von Art. 3 EMRK zu besorgen sei.

Am 24.2.2017 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren vor, er sei zwar tschadischer und sudanesischer Staatsangehöriger, der Bescheid sei aber dennoch rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Februar 2017 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes zuzuerkennen,

2. hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylgesetz zuzuerkennen,

3. weiter hilfsweise, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten, zu Gunsten des Klägers Abschiebungsverbote hinsichtlich des Tschads festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte auf den Inhalt der angefochtenen Verwaltungsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 30.6.2022 persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der Sitzung vom 30.6.2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Ablehnung der begehrten Schutzformen ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Schutzformen oder ein Abschiebungsverbot.

1. Die Voraussetzungen des Flüchtlingsschutzes gem. § 3 AsylG liegen nicht vor. Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist nach dessen wortgetreuer Übernahme der Definition von Art. 2 der Qualifikations-Richtlinie 2011/95/EU, wer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes ist. Eine Verfolgungsfurcht ist nur dann begründet, wenn eine Verfolgung bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände des Falles tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, droht. Unter Verfolgung ist eine Verfolgungshandlung (§ 3a AsylG) durch einen Verfolgungsakteur (§ 3c AsylG) wegen eines Verfolgungsgrundes (§ 3b AsylG) zu verstehen. Von diesen Elementen und dem Vorliegen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit hat sich das Tatsachengericht die nach § 108 Abs. 1 VwGO erforderliche Überzeugungsgewissheit zu verschaffen (BVerwG, Urteil v. 4.7.2019 – BVerwG 1 C 31.18 – Buchholz 402.251 § 3 AsylG Nr. 3). Dabei darf das Tatsachengericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern darf sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (ebenda, Rn. 21).

Im Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 30.6.2022 steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest (§ 108 Abs. 1 S. 1 VwGO), dass der Kläger aus begründeter Furcht vor Verfolgung um Schutz ersucht.

Aus zutreffenden Erwägungen hat die Beklagte im Falle des Klägers nicht auf Libyen, sondern auf den Tschad abgestellt. Denn maßgeblich ist das Herkunftsland. Herkunftsland im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist nach lit. a) jenes Land, dessen Staatsangehörigkeit man besitzt.

Es regen sich keine Zweifel daran, dass der Kläger jedenfalls die tschadische Staatsangehörigkeit besitzt, zumal er bereits nach seinem eigenen Vortrag im Verwaltungsprozess tschadischer und sudanesischer Staatsangehöriger ist. Soweit der Kläger im Rahmen der Befragung zur Bestimmung des Mitgliedstaates – abweichend von seinen Angaben im Erstaufnahmebogen, die ebenfalls auf den Tschad lauteten – die sudanesische Staatsangehörigkeit angab, beruht dies womöglich auf einem Rechtsirrtum. Die Mutter des in Libyen geborenen Klägers war Tschaderin, sein Vater Sudanese. Für diesen Fall bestimmt Art. 9 Abs. 3 des tschadischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (Journal Officiel de la République du Tchad, 1er Septembre 1962, S. 667 ff.), dass ein im Ausland geborenes Kind eines tschadischen Staatsbürgers die tschadische Staatsangehörigkeit erwirbt. Es ist dann möglich, im Alter von 18 Jahren für die Staatsangehörigkeit desjenigen Landes zu optieren, indem man geboren wurde, wenn das dortige Recht dies zulässt. Dafür bestehen im Falle des Klägers weder Anhaltspunkte, noch hat der Kläger dies vorgetragen.

Auch kommt ein Abstellen auf die Erlebnisse des Klägers in Libyen als Ort des gewöhnlichen Aufenthalts nicht in Betracht. Dies scheidet schon deshalb aus, weil es nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) AsylG die Staatenlosigkeit voraussetzt. Der Kläger hat jedoch zwei Staatsbürgerschaften, u.a. die tschadische.

Der Vortrag des Klägers bezüglich des Tschad ist nicht geeignet, eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung zu begründen. Als einziger Anhaltspunkt kämen die vom Kläger angeführten Schwierigkeiten seiner Mutter im Tschad in Betracht. Dies blieb jedoch vollständig unsubstantiiert, zumal die Mutter den Tschad vor langer Zeit verlassen hat und ferner überhaupt nicht ersichtlich ist, wie sich etwaige Schwierigkeiten der Mutter im Tschad als Verfolgung des Klägers auswirken sollten.

Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, er habe mangels Lebenserfahrung im Tschad keine Beziehung zu diesem Land, da dies kein Sachverhalt ist, der internationalen Schutz begründen könnte.

2. Aus den identischen Gründen scheidet subsidiärer Schutz gem. § 4 AsylG aus. Denn der Kläger hat keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Dabei gilt aufgrund obiger Erwägungen auch im Rahmen des § 4 AsylG der Tschad als Herkunftsland.

4. Der zulässige Hilfsantrag auf Verpflichtung der Beklagten auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG ist unbegründet, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Ein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 AufenthG besteht nicht.

a) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG ist eine Abschiebung unzulässig, wenn sich dies aus der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergibt. Diese sog. zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse folgen aus Gefahren, die dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen.

Vorliegend ist eine Verletzung des in Betracht kommenden Art. 3 EMRK nicht ersichtlich. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Eine Bejahung dieser Voraussetzungen erfordert ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu werden (BVerwG, Urteil vom 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12-31, Rn. 23 mit Verweis auf den EGMR, siehe auch Rn. 25 und 26). Dabei ist mit dem EGMR und dem Bundesverwaltungsgericht auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen (ebenda, Rn. 26, m. w. N.).

Die humanitäre Lage bzw. die sozio-ökonomischen Verhältnisse können nur ganz ausnahmsweise eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.1.2013, 10 C 15.12, BVerwGE 146, 12-31, LS 3). Denn die EMRK schützt hauptsächlich bürgerliche und politische Rechte, nicht aber die sozialen Voraussetzungen zur Wahrnehmung dieser Rechte (BVerwG, Urteil vom 31.1.2013, 10 C 15.12, BVerwGE 146, 12-31, Juris Rn. 25). Die humanitäre Lage kommt deshalb nur unter einer einschränkenden Voraussetzung als relevant in Betracht, nämlich wenn die allgemeinen Lebensbedingungen derart schlecht sind, dass sie ein sehr hohes Gefährdungsniveau herbeiführen (BVerwG, Beschluss vom 13.2.2019 – 1 B 2.19, Juris Rn. 10). Dies ist im Wege einer Abwägung zu ermitteln, in die alle dafür relevanten Aspekte einzubeziehen sind, um festzustellen, ob das notwendige Mindestmaß an Schwere gegeben ist. Das Mindestmaß an Schwere ist dann erreicht, wenn der Rückkehrer sich seinen existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern kann oder keinen Zugang zu medizinischer Behandlung hat (so jüngst BVerwG, Beschluss v. 17.1.2022, 1 B 48.21, Rn. 6). Dies muss den gesamten Zielstaat betreffen, nicht bloß einen Teil. Der Kläger kann also auf eine andere Region des Landes verwiesen werden, die nicht seiner Herkunftsregion entspricht.

Dies gilt auch für die Sicherung des existenziellen Grundbedürfnisses Wohnen und dort insbesondere den Schutz vor schlechter Witterung. Wenn durch den Zugang zu wechselnden Unterkünften Obdachlosigkeit hinreichend sicher vermieden werden kann, ist eine eigene, dauerhaft zur alleinigen Verfügung stehende Wohnung nicht erforderlich (siehe BVerwG, Urteil vom 18. Februar 2021 – 1 C 4.20 – Rn. 37, Buchholz 402.251, § 3e AsylG Nr. 1).

Die Prüfung der Voraussetzungen erfolgt unter Berücksichtigung der allgemeinen Gegebenheiten, insbesondere der wirtschaftlichen und humanitären Verhältnisse einschließlich der Gesundheitsversorgung, sowie der persönlichen Umstände des Klägers. Maßgebliche Faktoren sind dabei Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die familiäre Situation und Verwandtschaftsverhältnisse, soziale oder andere Schwächen, ethnische, kulturelle oder religiöse Überlegungen, politische und soziale Verbindungen und Vereinbarkeiten, Sprachkenntnisse, Bildungs-, Berufs- und Arbeitshintergrund und -möglichkeiten sowie ggf. erlittene Verfolgung und deren psychische Auswirkungen (ebenda, Rn. 31). Einzubeziehen sind auch Zuwendungen Dritter, etwa von Hilfswerken (BVerwG, Beschluss v. 17.1.2022, 1 B 48.21, Rn. 7) oder Rückkehrhilfen (BVerwG, Urteil vom 21.4.2022 – 1 C 10.21 –). Die menschenrechtswidrige Beeinträchtigung muss in einem derart engen zeitlichen Zusammenhang eintreten, dass bei wertender Betrachtung noch eine Zurechnung zur Rückkehr – in Abgrenzung zu späteren Entwicklungen im Zielstaat oder Verhaltensweisen des Ausländers – gerechtfertigt ist (BVerwG, Urteil vom 2.4.2022 – 1 C 10.21).

Dies anerkennend droht dem Kläger keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im gesamten Zielstaat der Abschiebung. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der tschadischen Besonderheiten (dazu auch VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 1. Dezember 2021 – VG 10 K 198/19.A – S. 13 ff.).

Da ein Großteil seiner Familie – die Mutter, sechs Brüder und zwei Schwestern – in Deutschland weilen und der Kläger nur drei Onkel und eine Tante im Sudan hat, leben zwar derzeit im Tschad keine Verwandten. Der Kläger ist aber ein junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann, so dass grundsätzliche Hindernisse beim Zugang zum Arbeitsmarkt nicht bestehen. Er hat in Deutschland in einem Restaurant gearbeitet und war vor dem Verlassen Libyens als Bauarbeiter und Träger tätig. Ferner hat er nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung zwei Jahre lang eine französische Schule besucht und spricht auch Französisch. Dies rechtfertigt die Prognose, dass ihm die Sicherung des Existenzminimums gelingen wird, zumal durch Ersparnisse von ca. 2.000 € finanzielle Ressourcen besitzt, die als Einstiegshilfe dienen können. Zu den zumutbaren Arbeiten, auf die er verwiesen werden kann, gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt und die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, ausgeübt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2007 - 1 C 24.06 - juris Rn. 11; BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3.17 - juris Rn. 119). Derartige Arbeitsmöglichkeiten existieren auch im Tschad. Personen, die keine Möglichkeit finden, in der Landwirtschaft zu arbeiten, keine Nomaden sind oder nicht im Handel arbeiten, verdingen sich oftmals als unqualifizierte Tagelöhner. Da im Tschad Niederlassungsfreiheit herrscht, lassen sich dementsprechend viele Tschader in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen in der Hauptstadt N`Djamena oder auch in der Goldgräberregion im Dreiländereck Libyen-Niger-Tschad nieder (Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Düsseldorf vom 27. Oktober 2020). Im informellen Sektor oder als Selbständige arbeiten mehr als 80 % der berufstätigen Tschader (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 23. Mai 2016, S. 17).

In der Zusammenschau aller Umstände kann der junge, gesunde und arbeitsfähige Kläger der Prognose nach seinen notwendigsten Lebensunterhalt bestreiten und die – nach der Rechtsprechung allein erforderlichen – elementarsten Bedürfnisse befriedigen.

Auch Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung scheiden mangels jeglicher Anknüpfungspunkte aus.

Ferner war auch die Abschiebungsandrohung gem. § 34 Abs. 1 AsylG nicht zu beanstanden.

Auch die Ausreisefrist gem. § 38 AufenthG begegnet keinen rechtlichen Bedenken, da sie im Falle der Klageerhebung an den unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens gekoppelt war.

Schließlich erging auch das Aufenthaltsverbot rechtmäßig.

II.

Die Kostenentscheidung für das kostenfreie Verfahren aus §§ 154 S. 1 VwGO, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.