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Entscheidung 4 U 12/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 12.10.2022
Aktenzeichen 4 U 12/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:1012.4U12.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12.01.2022, Az. 11 O 45/21, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 11.429,52 € festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger ursprünglich die Feststellung, dass die Beklagte aufgrund seines am 16.06.2020 erfolgten Widerrufs aus dem zwischen den Parteien geschlossenen KFZ-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung vom 29.03.2019 keine Rechte – insbesondere keinen Anspruch auf Zahlung der Leasingraten – mehr herleiten kann.

Der Kläger recherchierte zu Konditionen von Leasingverträgen im Internet. Am 13.03.2019 nahm er per E-Mail Kontakt auf und bekundete sein Interesse an einem Leasingvertrag mit der Beklagten. Zwei Tage später fand sich der Kläger im Autohaus … in Potsdam, welche nicht über Vertretungsmacht der Beklagten verfügt, ein und nahm eine Probefahrt wahr. Sein Ansprechpartner war dabei der Verkäufer des Autohauses D… S… . Dieser richtete nach der Probefahrt und im Anschluss an ein mit dem Kläger in den Räumlichkeiten des Autohauses stattgefundenes Gespräch eine konkrete Leasinganfrage an die Beklagte, die dieser zustimmte. Der Zeuge S… übermittelte daraufhin die Unterlagen betreffend den Leasingvertrag mit E-Mail vom 28.03.2019 mit folgendem Begleittext an den Kläger: „... das Leasing würde bereits von der Bank angenommen. Im Anhang finden sie Ihre Vertragsdokumente. Diese bitte bei den gekennzeichneten Stellen unterschreiben und mir per Mail zusenden.“ Der Kläger antwortete hierauf wenige Stunden später: „… anbei die unterschriebenen Dokumente. Falls das morgen bei Ihnen bzgl. der Unterschrift klappen würde, wäre ich ca. um 12.30 Uhr bei Ihnen….“. Am 29.03.2019 fuhr der Kläger nochmals zum Autohaus und leistete jedenfalls eine Unterschrift auf dem Leasingantrag zur Legitimationsprüfung.

Der Vertrag sah eine Laufzeit von 24 Monaten bei Leasingraten von monatlich 351,23 Euro sowie eine Sonderzahlung in Höhe von 3.000,00 Euro für ein Neufahrzeug der Marke … vor. Der vom Kläger zu zahlende Gesamtbetrag bei vertragsgemäßer Erfüllung betrug 11.429,52 Euro. Nachdem der Kläger das Fahrzeug nach Beendigung des Leasingvertrages zurückgegeben hatte, stellte er die Klage auf die Rückzahlung aller von ihm an die Beklagte geleisteten Zahlungen um. Wegen der Einzelheiten des Leasingvertrages wird auf Anlagen K1 und B10 Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 16.06.2020 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Leasingvertrages gerichteten Willenserklärung.

Der Kläger hat geltend gemacht, ihm stehe ein Widerrufsrecht gemäß §§ 355, 495 BGB zu. Der Widerruf sei nicht verfristet, da verschiedene Pflichtangaben im Sinne des Art. 247 § 6 EGBGB, insbesondere die Widerrufsinformationen, nicht oder nicht ordnungsgemäß erteilt worden seien. Darüber hinaus sei nicht berücksichtigt, dass der vorliegende Leasingvertrag im Fernabsatz zustande gekommen sei, weswegen ihm auch ein Widerrufsrecht nach § 312 g BGB zustehe. Insofern hat er behauptet, er habe den Zeugen S… bezüglich des Leasingvertrages gefragt, warum er für zu viel gefahrene Kilometer mehr bezahlen müsste, als die Beklagte im Falle von weniger gefahrenen Kilometern an ihn zahlen müsste, was der Zeuge S… nicht habe beantworten können. Er bestreitet deswegen mit Nichtwissen, dass der Zeuge S… in der Lage war, Auskünfte zum Leasingvertrag zu erteilen. Er hat weiter behauptet, die ihm per E-Mail zugesandten Vertragsunterlagen zu Hause ausgedruckt und dort unterschrieben zu haben. Am Folgetag habe er im Autohaus lediglich eine Unterschrift auf dem Leasingantrag geleistet. Der Zeuge S… habe dabei lediglich – analog zu der Post-Ident-Prüfung – die Unterschriftsprüfung vorgenommen. Er habe insgesamt 11.429,52 Euro an die Beklagte gezahlt.

Die Beklagte hat die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Landgerichts gerügt. Sie hat bestritten, dass der Zeuge S… nicht in der Lage gewesen sein soll, Auskünfte zum Leasingvertrag zu erteilen. Sie trägt insofern - vom Kläger unbestritten - vor, der Kläger und der Zeuge S… hätten bei dem im Anschluss an die Probefahrt stattfindenden Gespräch sowohl über das vom Kläger gewünschte Fahrzeug als auch über die Details des Leasingvertrages gesprochen. Der Zeuge S… habe die Leasingkalkulation vorgenommen und diese auch mit dem Kläger hinsichtlich der Laufzeit, der Leasingsonderzahlung und der konkreten Ratenhöhe besprochen. Er habe dann die zuvor besprochenen Antragsunterlagen erstellt. Sie hat weiter behauptet, der Kläger habe den Leasingvertrag in den Räumen des Autohauses unterzeichnet, was sich bereits aus der Anlage K1 und insbesondere der Anlage B10 ergebe. Zwischen der Beklagten und der Autohaus … Potsdam GmbH bestehe ein Kreditvermittlungsvertrag, sie stünden in dauerhafter Geschäftsbeziehung. Sie meint, das diesbezügliche Bestreiten des Klägers sei angesichts der Bezeichnung des Autohauses als „Kreditvermittler“ nicht nur auf Seite 1 von 23 der Anlage K1, sondern auch auf Seite 5 von 23, unsubstantiiert. Sie bestreitet, dass der Kläger Zahlungen i.H.v. 11.429,52 € geleistet habe; der Kläger habe unberücksichtigt gelassen, dass vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 die Umsatzsteuer lediglich 16 % statt 19 % betragen habe und sich seine Zahlungen entsprechend für diesen Zeitraum reduziert hätten.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.01.2022, auf das wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen. Es hat seine auf § 29 Satz 1 ZPO gründende örtliche Zuständigkeit bejaht, die Begründetheit der Klage jedoch mit der Begründung verneint, dass ein Widerrufsrecht nach §§ 506 Abs. 1, 495, 355 BGB in Verbindung mit § 506 Abs. 2 BGB nicht bestanden habe, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung nicht um eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe im Sinne des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB handele und auch eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht in Betracht komme. Auch ein Widerrufsrecht nach §§ 312 g Abs. 1, 312 c Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB stehe dem Kläger schon deswegen nicht zu, da er jedenfalls die Widerrufsfrist nicht eingehalten habe. Denn zum Zeitpunkt des erfolgten Widerrufes am 16.06.2020 sei sowohl die 14-tägige Frist des § 355 Abs. 2 BGB als auch die Frist von 12 Monaten und 14 Tagen des § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB abgelaufen gewesen, weswegen es für den Streitfall auch unerheblich sei, ob eine den Anforderungen des Art. 246a EGBGB genügende Widerrufsbelehrung vorliege. Die in § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB bestimmte Widerrufsfrist sei auch nicht nach § 356 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen gewesen, da es sich bei dem streitgegenständlichen Leasingvertrag nicht um einen Vertrag über Finanzdienstleistungen handele. Aus der erteilten „Widerrufsinformation“ lasse sich auch kein vertragliches Widerrufsrecht ableiten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Das Landgericht habe zu Unrecht die Wirksamkeit des Widerrufs des Leasingvertrages verneint. Es habe sich hier tatsächlich um einen Fernabsatzvertrag gehandelt. Fragen rund um Finanzierungsdienstleistungen fielen ersichtlich nicht in die „Kernkompetenz“ eines Autohauses. Insgesamt sei das Geschehen jedenfalls nicht etwa mit einem Vertragsschluss in einer Bankfiliale vergleichbar; auch der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 27.02.2018, Az.: XI ZR 160/17) stelle zu Recht auf die körperliche Anwesenheit eines eigenen Mitarbeiters und/oder zumindest eines rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten des Unternehmers ab, woran es hier unstreitig gefehlt habe. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft verkannt, dass Leasingverträge wie der vorliegende Vertrag tatsächlich als Finanzdienstleistungen und nicht nur als atypische Mietverträge einzustufen seien. Schon wegen der den Großteil der Lebensdauer der Fahrzeuge umfassenden Laufzeit und der Tatsache, dass ein Leasingnehmer vertraglich verpflichtet sei, zur Meidung einer eigenen Haftung etwa Mängelrechte aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen und so de facto wie ein Eigentümer das Fahrzeug in Besitz nehme, sei das Einräumen eines Widerrufsrechts geboten. Der Vertrag sei - gemessen an Art. 2 Nr. 8 und 9 der RL 2011/83/EU - jedenfalls auch außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen worden. Das Landgericht Ravensburg habe zum Az. 2 O 238/20 zu diesen Fragen zu Recht ein Vorabentscheidungsverfahren eingeleitet. Insofern beantragt der Kläger, das Verfahren auszusetzen, da zu erwarten sei, dass der Europäische Gerichtshof die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs („acte claire“) kippen werde.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 12.01.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 11 O 45/21 wie folgt zu erkennen:

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.429,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.698,13 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Es liege weder ein Vertragsschluss im Fernabsatz noch außerhalb von Geschäftsräumen vor, da der Mitarbeiter des Autohauses unstreitig ein persönliches Gespräch mit dem Kläger geführt habe und dabei tatsächlich auch befugt und in der Lage gewesen sei, über Inhalt und Bedingungen des Leasingangebots der Beklagten zu informieren und Fragen zu beantworten; es sei also gerade nicht nur um eine reine Legitimationsprüfung gegangen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

1. Die Klage ist zulässig. Die noch in der ersten Instanz umstrittene Frage der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts ist gemäß § 513 Abs. 2 ZPO der Prüfung im Berufungsverfahren entzogen.

2. Die Klage ist allerdings nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stand bereits kein Widerrufsrecht zu, weswegen er die geleisteten Leasingzahlungen nicht nach § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB oder aufgrund vertraglicher Abreden zurückverlangen kann und auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 4, 249 BGB) nicht besteht.

a) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, steht dem Kläger kein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß §§ 506 Abs. 1, 495 BGB in Verbindung mit § 506 Abs. 2 BGB (in der hier maßgeblichen, ab dem 10.06.2017 geltenden Fassung) zu.

aa) Leasingverträge mit Kilometerabrechnung ohne Erwerbsverpflichtung - wie der hier streitgegenständliche Vertrag - erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 506 Abs. 2 Nr. 1-3 BGB (in der hier maßgebenden, ab dem 10.06.2017 geltenden Fassung).

Auch eine Einordnung des vorliegenden Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung als außerhalb der Tatbestände des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusiedelnde Finanzierungshilfe im Sinne des § 506 Abs. 1 BGB kommt weder nach dem Wortlaut noch nach der erkennbaren Intention des Gesetzgebers in Betracht. Der Gesetzgeber hat durch die enumerative Aufzählung in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB aF gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass er damit das Vorliegen einer „sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfe“ bei Nutzungsverträgen nur ausschnittsweise regeln wollte. Hätte er § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB einen abschließenden Regelungsgehalt nicht zubilligen wollen, hätte es nahegelegen, dies durch die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ oder ähnlicher Formulierungen zum Ausdruck zu bringen (BGH, Urteil vom 24.02.2021, Az.: VIII ZR 36/20, juris Rdn. 25 f. zu § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB in der im Vergleich zur Fassung ab dem 10.06.2017 unveränderten Fassung des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB vom 20.09.2013). Wie der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 24.02.2021 überzeugend ausgeführt hat, ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien nicht, dass der Gesetzgeber mit § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB (in der dortigen Entscheidung zu Grunde gelegenen, auch im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung) nur einzelne Fälle von Finanzierungshilfen bei entgeltlichen Gebrauchsüberlassungsverträgen erfassen wollte (BGH aaO, juris Rdn. 27 ff., auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird).

Aus diesen Ausführungen folgt zugleich, dass auch eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB aF bereits mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht kommt (BGH aaO, juris Rdn. 37 ff.). Darüber hinaus fehlt es bei Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung auch an einer vergleichbaren Interessenlage zu Leasingverträgen mit Restwertgarantie, denn der Verbraucher hat gerade nicht in jeder Hinsicht für die Vollamortisation einzustehen, da er nicht das Risiko trägt, dass sich der vom Leasinggeber bei vertragsgemäßem Zustand der zurückgegebenen Leasingsache kalkulierte Wert auch verwirklichen lässt (BGH aaO, juris Rdn. 64 ff.).

bb) Auch die richtlinienkonforme Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Regelungen des § 506 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB lehnen sich – auch in der hier maßgebenden, ab dem 10.06.2017 geltenden Fassung – an die Begriffsbestimmungen und an die Systematik der vom deutschen Gesetzgeber hierdurch umgesetzten RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2008 über Kreditverträge und zur Aufhebung RL 87/102/EWG des Rates (im Folgenden: Verbraucherkredit-RL) an. Nach der Legaldefinition in Art. 3 lit. c) der Verbraucherkredit-RL zählen zu den von ihrem Geltungsbereich erfassten Kreditverträgen (Art. 2 Abs. 1) Kredite in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe. Allerdings nimmt die Verbraucherkredit-RL in Art. 2 Abs. 2 lit. d) Miet- und Leasingverträge, bei denen weder in dem Vertrag selbst noch in einer gesonderten Vereinbarung eine – auch einseitig vom Vermieter/Leasinggeber auslösbare – Verpflichtung des Mieters/Leasingnehmers zum Erwerb des Miet- oder Leasinggegenstands vorgesehen ist, ausdrücklich aus. Die richtige Auslegung dieser Norm (Herausnahme von Leasingverträgen, die keine Erwerbspflicht auslösen, aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie) ist angesichts ihres Wortlauts und Regelungssystematik sowie des Regelungszwecks der Richtlinie derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt, „acte claire“ (BGH, Urteil vom 24.02.2021 aaO, juris Rdn. 22; Beschluss vom 10.05.2022, Az.: VIII ZR 149/21, juris Rdn. 27 ff.; so auch der Senat im Beschluss vom 15.03.2022, Az.: 4 U 63/21). Es besteht folglich auch kein Anlass, das Verfahren – wie vom Kläger beantragt – im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des LG Ravensburg zum Az. 2 O 238/20 vom 24.08.2021 bis zur Entscheidung des EuGH auszusetzen.

b) Der Kläger kann sich auch nicht auf ein gesetzliches Widerrufsrecht aus §§ 312 c, 312 g Abs. 1, 355 BGB stützen.

aa) Nach nationalem Recht ist das Vorliegen eines Fernabsatzvertrages zu verneinen. Gemäß § 312 c Abs. 1 BGB (in der hier maßgeblichen, ab dem 13.06.2014 geltenden Fassung) liegt ein Fernabsatzvertrag vor, wenn der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Nach § 312 c Abs. 2 BGB (in der hier maßgeblichen, ab dem 13.06.2014 geltenden Fassung) sind Fernkommunikationsmittel im Sinne dieses Gesetzes alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrages eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind.

Die Parteien haben nicht ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet.

(1) Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Kläger die Vertragsurkunde bei sich zu Hause (wofür jedenfalls der Wortlaut des E-Mail-Verkehrs zwischen dem Kläger und dem Zeugen S… vom 28.03.2019 spricht) oder in den Räumlichkeiten des Autohauses unterzeichnet hat, kommt es nicht an. Denn wie die Formulierung in § 312 c Abs. 2 BGB klarstellt, ist nicht nur der Vertragsschluss als solcher, sondern auch die Phase der Vertragsanbahnung, die hier in dem zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter des Autohauses S… anlässlich der Probefahrt am 15.03.2019 im Autohaus geführten persönlichen Gesprächs zu sehen ist, in die Beurteilung mit einzubeziehen.

(2) Auch die Tatsache, dass der Mitarbeiter des Autohauses nicht über Vertretungsmacht der Beklagten verfügte, führt im vorliegenden Fall nicht zur Annahme eines Fernabsatzvertrages.

Die vom Kläger für seine Argumentation bemühte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.02.2018 (Az.: XI ZR 160/17, juris Rdn. 20), wonach es an einem Vertragsschluss „unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln“ fehlt, wenn der Verbraucher während der Vertragsanbahnung persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter des Unternehmers oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dass es auf das Bestehen einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht jedenfalls nicht entscheidend ankommen kann, zeigt sich - wie ausgeführt - bereits im Wortlaut des § 312 c Abs. 1 BGB, der von einer im „Namen oder Auftrag“ handelnden Person ausgeht und damit neben dem mit einer Vollmacht verbundenen Auftreten im fremden Namen (§§ 164 ff. BGB) eindeutig auch anderweitige „Auftragsverhältnisse“ - die zudem auch nur die Vertragsanbahnungsphase betreffen können, bei der es auf eine rechtsgeschäftliche Abschlussvollmacht nicht zwingend ankommen muss - erfasst. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 27.02.2018 im Übrigen unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.10.2004 (Az.: III ZR 380/03, juris) festgestellt, dass nur in den Fällen, in denen der Verbraucher keine Möglichkeit hat, vor Vertragsschluss den Vertragsgegenstand persönlich in Augenschein zu nehmen oder im persönlichen Gespräch mit dem Unternehmer oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter Fragen zu stellen und Unklarheiten auszuräumen, ein Bedürfnis für ein zweiwöchiges Widerrufsrecht besteht (aaO, Rdn. 21). In der benannten Entscheidung kommt es allerdings gerade nicht auf eine Vertretungsmacht der im Auftrag des Leasinggebers tätigen Person an.

Der Bundesgerichtshof hat vielmehr in seinem Urteil vom 21.10.2004 erkannt, dass auch unter Berücksichtigung des europarechtlichen Hintergrundes bei der Auslegung des nationalen Rechts der Schutzzweck der Regelungen zwar gebietet, es als Einsatz von Fernkommunikationsmitteln zu bewerten, wenn bei Vertragsschluss oder -anbahnung nur ein solcher Bote beauftragt wird, der zwar dem Verbraucher in unmittelbarem persönlichen Kontakt gegenübertritt, jedoch über Vertragsinhalt und insbesondere über die Beschaffenheit der Vertragsleistung des Unternehmers keine Auskünfte geben kann. Denn in dieser Konstellation werden die zwei nach den Fernabsatzvorschriften auszugleichenden, für Distanzgeschäfte typischen Defizite, dass der Verbraucher die Ware oder Dienstleistung vor Abschluss des Vertrages nicht prüfen und sich nicht an eine natürliche Person wenden kann, um weitere Informationen zu erlangen, nicht ausgeglichen. Etwas anderes gilt aber, wenn die eingeschaltete Person gerade nicht darauf beschränkt war, nur Willenserklärungen zu überbringen und entgegenzunehmen, sondern sie vielmehr auch in der Lage und damit beauftragt war, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben, wie es zum Beispiel bei Vermittlern, Verhandlungsgehilfen oder sonstigen Repräsentanten des Unternehmens der Fall ist, die wegen der Einzelheiten der Leistung Rede und Antwort stehen. (BGH, Urteil vom 21.10.2004, Az.: III ZR 380/03, juris Rdn. 20 ff.)

Im streitgegenständlichen Fall war der Mitarbeiter des von der Beklagten beauftragten Autohauses nicht bloßer Bote der Beklagten. Auch wenn es nicht zur „Kernkompetenz“ eines Autohauses gehören mag, Fragen (auch) zu Leasingverträgen und zur Erbringung von Finanzdienstleistungen nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG zu beantworten, ist andererseits jedoch weder konkret vorgetragen noch ersichtlich, dass es nicht zumindest dennoch ausreichende Nachfrage- und Beratungsmöglichkeiten für den Kläger gab, zumal die Finanzierung von Fahrzeugen heute geradezu den Regelfall im Neuwagengeschäft darstellt und gerade im Leasinggeschäft ein konkretes Leasingangebot immer erst nach Ansprechen der möglichen Faktoren (Laufzeiten, Fahrleistungen, Anzahlung/Schlussrate, Absicherung von Vertragsrisiken etwa durch Zusatzversicherungen, Details der Mehr-/Minderkilometerausgleichs usw.) überhaupt konkret wird. Hiervon hängt insbesondere maßgeblich die für den Verbraucher so wichtige Ratenhöhe ab, diese wäre dann nach den Vorstellungen des Leasingnehmers und seinem wirtschaftlichen Leistungsvermögen jeweils anhand der multiplen Faktoren anzupassen (OLG Köln, Urteil vom 24.03.2022, Az. 15 U 195/21, BeckRS 2022, 9591 Rdn. 22). Leasinggeber bedienen sich im Leasinggeschäft mit Verbrauchern zur Anbahnung von Fahrzeugleasingverträgen nicht selten einer Vermittlung durch Fahrzeugverkäufer; dies insbesondere im Neuwagen- und Vorführwagengeschäft, wo die Fahrzeugfinanzierung zu einem hohen Prozentsatz durch Leasing- und Darlehensverträge erfolgt. Schon deswegen gehört aber die Anbahnung von Leasingverträgen de facto zum täglichen Geschäft einer Automobilverkäuferin und somit selbstverständlich zu den „Kernaufgaben“ der mit dem Fahrzeugverkauf betrauten Mitarbeiter, ohne dass die Autohäuser damit selbst auch im KWG-Kerngeschäft tätig und entsprechend überwacht sein müssten. Es versteht sich deswegen auch von selbst, dass Autohäuser zumindest grundsätzlich in der Lage sein müssen, dem Leasingnehmer verbindliche Informationen über den Vertragsgegenstand und dessen Finanzierung zu vermitteln, damit der Leasingnehmer in die Lage versetzt wird, das mit dem Vertragsschluss einhergehende Vertrags- und Kostenrisiko sachgerecht einzuordnen (OLG Köln, aaO Rdn. 22; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.10.2021, Az.: 17 U 80/21, BeckRS 2021, 37583 Rdn. 26).

Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat keine konkreten nachvollziehbaren Umstände dargelegt, die Anlass für die Annahme gegeben, dass hier nicht der vorbeschriebene Regelfall vorlag. Selbst wenn der Zeuge S… – wie der Kläger behauptet – die Frage des Klägers, warum er für zu viel gefahrene Kilometer mehr bezahlen müsste, als die Beklagte im Falle von weniger gefahrenen Kilometern an ihn zahlen müsste, nicht beantwortet haben sollte, ist dies kein Indiz dafür, dass der Zeuge S… (generell) nicht in der Lage war, Auskünfte zum Leasingvertrag zu erteilen. Denn die vom Kläger formulierte Frage betrifft die der Ausrichtung ihrer Verträge zu Grunde liegende marktwirtschaftliche Strategie der Beklagten. Auch bei vom Kläger vergleichsweise herangezogenen Bankmitarbeitern kommt es vor, dass Mitarbeiter Hintergrundfragen dazu, warum bestimmte Konditionen sind, wie sie sind, nicht beantworten können beziehungsweise – was im vorliegenden Fall näher liegt – dürfen. Aus dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten ergibt sich vielmehr die Kompetenz des Zeugen S…, den Kläger umfassend zu dem Leasingvertrag zu beraten. Danach besprach der Zeuge S… anlässlich des Besuches des Klägers im Autohaus am 15.03.2019 mit ihm die Details des Leasingvertrages. Der Zeuge S… nahm danach die Leasingkalkulation vor und besprach auch diese mit dem Kläger hinsichtlich der Laufzeit, der Leasingsonderzahlung und der konkreten Ratenhöhe. Hierbei handelt es sich um die essentialia negotii des vorliegenden Leasingvertrages. Durch den späteren Vertragsschluss wurden diese im persönlichen Gespräch erörterten wesentlichen Vertragsbestandteile lediglich von beiden Seiten bestätigt.

Auf die Argumentation des Landgerichts, dass der Widerruf jedenfalls nach § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB verfristet sei und es sich bei dem Leasingvertrag auch nicht um eine Finanzdienstleistung im Sinne des § 356 Abs. 3 Satz 3 BGB handele, kommt es danach nicht an.

bb) Auch die richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts führt zu keinem anderen Ergebnis. Dabei kann die Frage, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Leasingvertrag um einen Vertrag über Finanzdienstleistungen handelt, dahinstehen. Denn sowohl die Auslegung des Begriffs „Fernabsatzvertrag“ in Art. 2 lit. a) der RL 2002/65/EG (im weiteren Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-Rl), die gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie anzuwenden wäre, wenn der streitgegenständliche Leasingvertrag als Vertrag über Finanzdienstleistungen anzusehen wäre, als auch die Auslegung des identischen Begriffs in Art. 2 Nr. 7 RL 2011/83/EU (im weiteren Verbraucherechte-Rl), die gemäß Art. 3 Abs. 3 lit. d) Verbraucherechte-Rl auf Verträge über Finanzdienstleistungen keine Anwendung findet, dahin, dass ein Fernabsatzvertrag nicht vorliegt, wenn bei den Vertragsverhandlungen persönlicher Kontakt (nur) mit einem den Verbraucher beratenden Vermittler bestand, unterliegt keinem vernünftigen Zweifel, so dass von einem „acte clair“ (vgl. grdl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81 -, juris) auszugehen ist (anders offenbar BGH, Beschluss vom 10.05.2022, Az.: VIII ZR 149/21, juris Rdn. 7 ff., zur Auslegung des Art. 2 lit. a) der RL 2002/65/EG, jedoch ohne Begründung).

(1) Art. 2 Nr. 7 Verbraucherechte-RL definiert einen Fernabsatzvertrag als einen Vertrag, der „zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers (...)“ geschlossen wird. Gemäß Art. 2 Nr. 2 dieser Richtlinie stehen dem „Unternehmer“ Personen gleich, die in dessen Namen oder Auftrag handeln. „Unternehmer“ ist danach nicht nur eine natürliche oder juristische Person, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken tätig wird, die ihrer eigenen gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, sondern auch eine natürliche oder juristische Person, die – wie hier – als Vermittler im Namen oder Auftrag des betreffenden Unternehmers handelt (EuGH, Urteil vom 24.02.2022, Az. C-536/20, juris Rdn. 31), ohne dass ihr (schon) Abschlussvollmacht erteilt worden sein muss (OLG Köln, aaO Rdn. 25, OLG Frankfurt a.a.O., Rn. 36). Daraus ergibt sich, dass bei persönlichem Kontakt mit einem Vermittler kein Fernabsatzvertrag vorliegt. Das vorliegend tätig gewordene Autohaus ist trotz des diesbezüglichen Bestreitens des Klägers auch als Vermittler der Beklagten anzusehen. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass das Bestreiten des Klägers angesichts der Bezeichnung des Autohauses als „Kreditvermittler“ nicht nur auf Seite 1 von 23 der Anlage K1, sondern auch auf Seite 5 von 23, unsubstantiiert ist. Zudem konnte der Zeuge S… ersichtlich auch Zugriff auf den Formularapparat der Beklagten nehmen, was ebenfalls die (regelmäßige) Zusammenarbeit belegt.

Nach dem Schutzzweck der Verbraucherrechte-RL soll verhindert werden, dass der Verbraucher an einen Vertrag gebunden ist, dessen Gegenstand er vorher nicht persönlich untersuchen konnte und von dem er sich daher womöglich von der Realität abweichende Vorstellungen gemacht hat. In Erwägungsgrund Nr. 37 der Verbraucherrechte-RL heißt es, dem Verbraucher soll, da er im Versandhandel die Waren nicht sehen kann, bevor er den Vertrag abschließt, ein Widerrufsrecht zustehen. Ihm soll danach gestattet werden, die Waren, die er gekauft hat, zu prüfen und zu untersuchen, um die Beschaffenheit, die Eigenschaften und die Funktionsweise der Waren festzustellen. Die Gefahr einer möglichen Fehlvorstellung des Verbrauchers vom Vertragsgegenstand besteht aber in der hier vorliegenden Konstellation gerade nicht. Denn der Kläger hatte durch das Aufsuchen des den Leasingvertrag vermittelnden Autohauses sowohl die Gelegenheit, das zu leasende Fahrzeug in Augenschein zu nehmen, als auch die Details zu den Leasingkonditionen mit dem Mitarbeiter des Autohauses zu besprechen. Dass das Autohaus nicht über eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zum Abschluss des streitgegenständlichen Leasingvertrages verfügte, hatte auf Grund der Auskunftsfähigkeit des Mitarbeiters des Autohauses keinen Einfluss auf die vorvertraglichen Informationsmöglichkeiten des Klägers; diese unterscheiden sich nicht von denjenigen, die der Kläger in einem Gespräch mit Mitarbeitern der Beklagten hätte haben können.

(2) Art. 2 lit. a) der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL definiert einen Fernabsatzvertrag als jeden zwischen einem Anbieter und einem Verbraucher geschlossenen, Finanzdienstleistungen betreffenden Vertrag, der im Rahmen eines für Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems des Anbieters geschlossen wird, wobei dieser für den Vertrag bis zu und einschließlich dessen Abschluss ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet. Anbieter ist nach Art. 2 lit. c) der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL jede natürliche oder juristische Person, des öffentlichen oder privaten Rechts, die im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Dienstleistungen aufgrund von Fernabsatzverträgen erbringt. Nach Erwägungsgrund Nr. 19 der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL gilt als Anbieter die Person, die Leistungen auf Distanz erbringt. Die Richtlinie sollte danach aber gleichermaßen Anwendung finden, wenn sich eine der Absatzphasen unter Mitwirkung eines Vermittlers vollzieht. Bereits dies macht deutlich, dass es – ebenso wie im nationalen Recht – auch nach der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL nicht auf die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht des den Leasingvertrag vermittelnden Autohauses ankommen kann (so auch OLG München, EuGH-Vorlage vom 21.06.2022, Az. 32 U 557/22, juris Rdn. 31).

Auch bei der Auslegung des Art. 2 lit. a) der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL kommt es entscheidend auf den im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.10.2004 herausgearbeiteten (BGH, aaO juris Rdn. 20 ff.) und auch in der Verbraucherrechte-RL für Fernabsatzverträge – bereits soeben dargestellten – wesentlichen Schutzzweck der Vermeidung einer „Informationsasymmetrie“ zu Lasten des Verbrauchers an. Dafür spricht Erwägungsgrund Nr. 21 der Richtlinie, der den mit der Richtlinie beabsichtigten Zweck des Verbraucherschutzes ersichtlich macht. Danach soll der Einsatz eines Fernkommunikationsmittels nicht zu einer ungerechtfertigten Einschränkung der dem Verbraucher vermittelten Information führen; dem Verbraucher sollten vor Abschluss eines Vertrages die erforderlichen Vorabinformationen zugehen, damit er die ihm angebotene Finanzdienstleistung entsprechend beurteilen und folglich seine Entscheidung in Kenntnis aller Umstände treffen kann. Diese Formulierung macht deutlich, dass das Europäische Parlament und der Rat bei Erlass der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL ersichtlich nicht den Fall regeln wollten, dass sich der Verbraucher – wie hier – bei einem vom Anbieter beauftragten und entsprechend auskunftsfähigen Dritten vor Vertragsschluss persönlich über den Vertrag informieren und Rückfragen stellen kann. Denn im Fall des persönlichen Kontakts mit einer im Auftrag des zukünftigen Vertragspartners handelnden auskunftsfähigen Person besteht für ein an den Zugang von Vorabinformationen anknüpfendes Widerrufsrecht gar keine Notwendigkeit. Diese besteht nur bei gar keinem persönlichen Kontakt bzw. bei Kontakt mit einer Person, die nicht in der Lage und damit beauftragt war, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben. Aus Sicht des Verbrauchers macht es für sein mit der Richtlinie geschütztes Informationsbedürfnis vor Vertragsschluss keinen Unterschied, ob die Person, mit der er persönlichen Kontakt hat und die ihm alle Informationen zu beschaffen in der Lage ist, über Vertretungsmacht des Vertragspartners verfügt oder ob diese Person „nur“ vom Vertragspartner zur Vertragsvermittlung beauftragt wurde.

(3) Es besteht mithin im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs „Fernabsatzvertrag“ in Art. 2 lit. a) der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL und in Art. 2 Nr. 7 der Verbraucherrechte-RL ebenfalls kein Anlass, das Verfahren – wie vom Kläger beantragt – hinsichtlich des Vorlagebeschlusses des LG Ravensburg zum Az. 2 O 238/20 vom 24.08.2021 bis zur Entscheidung des EuGH auszusetzen.

c) Der Kläger vermag ein gesetzliches Widerrufsrecht schließlich mangels Vorliegens eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags auch nicht aus §§ 312 b, 312 g Abs. 1, 355 BGB herzuleiten.

aa) Gemäß § 312 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB (in der hier maßgeblichen, ab dem 13.06.2014 geltenden Fassung) fallen hierunter Verträge, die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde. Nach § 312 b Abs. 1 Satz 2 BGB stehen dem Unternehmer Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen nach § 312 b Abs. 2 Satz 2 BGB Räumen des Unternehmers gleich. Danach sind die Räumlichkeiten des den Leasingvertrag vermittelnden Autohauses als Geschäftsraum des Unternehmers anzusehen und der vorliegende Leasingvertrag, der nach dem im Autohaus stattgefundenen Vertragsanbahnungsgespräch am 15.03.2019 geschlossen worden ist, nicht als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag anzusehen.

bb) Auch insoweit führt eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts zu keinem anderen Ergebnis. Die Legaldefinitionen in §§ 312 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB setzen Art. 2 Nr. 2, Nr. 7, Nr. 9 lit. a) in Verbindung mit Erwägungsgründen Nr. 21 und 37 der Verbraucherrechte-RL zutreffend um.

Gemäß Art. 2 Nr. 2 Verbraucherrechte-RL stehen dem „Unternehmer“ Personen gleich, die in dessen Namen oder Auftrag handeln. „Unternehmer“ ist danach nicht nur eine natürliche oder juristische Person, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken tätig wird, die ihrer eigenen gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, sondern auch eine natürliche oder juristische Person, die – wie hier – als Vermittler im Namen oder Auftrag des betreffenden Unternehmers handelt (EuGH, Urteil vom 24.02.2022, Az. C-536/20, juris Rdn. 31), ohne dass ihr (schon) Abschlussvollmacht erteilt worden sein muss (OLG Köln, aaO Rdn. 25, OLG Frankfurt a.a.O., Rn. 36) Nach Art. 9 lit. a) der Verbraucherrechte-RL sind Geschäftsräume unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt. Wird aber der Vermittler des Geschäfts dem Unternehmer gleichgestellt, muss dies auch in Bezug auf die Geschäftsräume des Vermittlers gelten (OLG Frankfurt a.M. aaO Rdn. 35).

Erwägungsgrund Nr. 21 der Verbraucherrechte-RL zufolge sollte ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag definiert werden als ein Vertrag, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort, der nicht zu den Geschäftsräumen des Unternehmers gehört, geschlossen wird, also beispielsweise in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Verbrauchers. Außerhalb von Geschäftsräumen steht der Verbraucher möglicherweise psychisch unter Druck oder ist einem Überraschungsmoment ausgesetzt, wobei es keine Rolle spielt, ob der Verbraucher den Besuch des Unternehmers herbeigeführt hat oder nicht. Nach Erwägungsgrund Nr. 37 der Verbraucherrechte-RL sollte dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen auf Grund des möglichen Überraschungsmoments und/oder psychologischen Drucks das Recht auf Widerruf zustehen. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Verbraucher in Situationen, in denen er sich – wie hier – freiwillig in Geschäftsräume eines Unternehmers begibt, bereits auf die Verhandlungs- und Vertragsschlusssituation vorbereitet ist und mit keiner unerwarteten Tatsachenlage konfrontiert wird, weswegen er nicht des mit der Verbraucherrechte-RL bezweckten Schutzes bedarf.

In Fällen, in denen wie hier der Verbraucher von sich aus bei Kontaktaufnahme Interesse an einem Leasingvertrag bekundet und seine eigentliche Vertragserklärung erst knapp zwei Wochen später abgibt, wird dieser weder einem psychischen (Vertrags-)Druck ausgesetzt noch wird er mit einem Vertragsangebot der Fahrzeugverkäuferin „überrascht“, so dass die Voraussetzungen eines Vertragsschlusses oder eines Vertragsangebots außerhalb von Geschäftsräumen auch nach der ratio legis der Richtlinie in einem solchen Fall nicht vorliegen (so auch OLG Köln, aaO Rdn. 27).

Die Auslegung der Verbraucherechte-RL mit Blick auf den Ausschluss eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages unterliegt mithin keinem vernünftigen Zweifel, so dass von einem „acte clair“ (vgl. grdl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81 -, juris) auszugehen ist (ebenso der Senat im Beschluss vom 15.03.2022 zum Az. 4 U 63/21; OLG Frankfurt a.M. aao Rdn. 54). Insofern bestand auch hinsichtlich dieser Frage kein Anlass, das Verfahren auszusetzen.

d) Der Kläger kann sich auch auf kein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht stützen. Die Erteilung der mit "Widerrufsinformation" überschriebenen vorformulierten Widerrufsbelehrung stellt – unabhängig davon, ob man die „Widerrufsinformation“ als Allgemeine Geschäftsbedingung ansieht oder nicht – kein Angebot der Beklagten auf Gewährung eines (vorbehaltlosen) vertraglichen Widerrufsrechts dar, das der Kläger mit Vertragsabschluss hätte annehmen können (BGH, Urteil vom 24.02.2021, aaO, juris Rn. 68), weil allein der Erteilung einer Widerrufsinformation bereits der auf die Einräumung eines Widerrufsrechts gerichtete Erklärungsinhalt fehlt, ihr jedenfalls aber – wenn man der "Widerrufsinformation" gleichwohl einen rechtsgeschäftlichen Erklärungsinhalt nicht absprechen und sie als Allgemeine Geschäftsbedingung behandeln wollte - nicht der Inhalt zukommt, dem Kläger ein vertragliches Widerrufsrecht einzuräumen (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2021, aaO juris Rn. 70 ff.). Vielmehr erschöpft sich die Widerrufsinformation darin, dem Verbraucher ein (tatsächlich) gesetzlich vorgesehenes Widerrufsrecht (bestätigend) zuzugestehen und die hierfür erforderlichen Voraussetzungen und sich daraus ergebenden Rechtsfolgen anzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2021, aaO, juris Rn. 72).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

5. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.