Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 26.09.2022 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 37/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:0926.13UF37.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 16.02.2022 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
Der Beschwerdewert wird auf 20.000 € festgesetzt.
I.
Die beschwerdeführende Antragstellerin wendet sich gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Rückzahlung von 20.000 €, die sie und ihr Ehemann der Antragsgegnerin, ihrer ehemaligen Schwiegertochter, aus Anlass der Eheschließung mit ihrem Sohn zuwandten, um die Eheleute bei der Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück der Antragsgegnerin zu unterstützen. Auf den am 24.11.2016 zugestellten Scheidungsantrag, von dem die Antragstellerin und ihr Mann spätestens Anfang 2017 erfuhren, wurde die Ehe des Sohnes mit der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 19.09.2017 rechtskräftig geschieden. Am 16.12.2020 trat der Ehemann der Antragstellerin seine Ansprüche gegen die Antragsgegnerin an die Antragstellerin ab.
Die Antragstellerin hat behauptet, mit der Zuwendung sei die Erwartung verbunden gewesen, dass das Grundstück Grundlage für ein langes gemeinsames Familienleben darstellen werde und dass ihr Sohn als Miteigentümer in das Grundbuch aufgenommen werde, was indes insgesamt nicht erfolgte.
Mit ihrem am 17.12.2020 beim Landgericht Frankfurt/Oder eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, an sie 20.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2020 aus einem Betrag von 18.900 € und im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Antragstellerin hat den streitgegenständlichen Anspruch zunächst durch eine am 17.12.2020 beim Landgericht Frankfurt (Oder) eingereichte Klage geltend gemacht. Unter dem 30.12.2020 hat sie den vom Landgericht Frankfurt/Oder am 18.12.2020 angeforderten Kostenvorschuss eingezahlt. Auf Hinweis des Landgerichts vom 12.01.2021 hat sie am selben Tag die formlose Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Strausberg beantragt, bei dem die Akten am 18.01.2021 eingegangen sind. Auf die Mitteilung der Landesjustizkasse vom 15.03.2021, wonach die Zahlung des Vorschusses bereits am 30.12.2020 erfolgt sei, ist der Antrag der Antragsgegnerin am 17.03.2021 durch das Amtsgericht zugestellt worden.
Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 121), auf den der Senat wegen des weiteren Sach- und Streitstandes verweist, hat das Amtsgericht den Antrag wegen Verjährung des Anspruchs abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verjährung habe bereits Ende 2016 begonnen, sodass sie Ende 2019 abgelaufen sei. Selbst wenn die Verjährung erst 2017 zu laufen begonnen hätte, wäre der Anspruch verjährt, denn die Antragstellerin hätte nicht für eine demnächstige Zustellung Sorge getragen.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie geltend macht, das Amtsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin noch im Jahr 2016 von der Zustellung des Scheidungsantrags erfahren habe. Auch habe das Amtsgericht verkannt, dass die Verjährung bereits mit dem Eingang beim unzuständigen Landgericht Frankfurt (Oder) gehemmt gewesen sei. Die Zustellung des Antrags sei sodann „demnächst“ im Sinne von §§ 113 FamFG, 167 ZPO erfolgt. Die Antragstellerin habe den Kostenvorschuss unverzüglich auf den Zugang der Aufforderung innerhalb von drei Werktagen eingezahlt.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß (Bl. 139),
unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Strausberg vom 16.02.2022, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an sie 20.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2020 aus einem Betrag von 18.900 € und im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung (Bl. 121 ff. der Akten) und auf die Korrespondenz im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt, ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Amtsgericht den Antrag der Antragstellerin wegen Verjährung abgewiesen.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht.
Es kann dahinstehen, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Antragstellerin bereits im Jahr 2016 vom Scheitern der Ehe ihres Sohnes erfahren hat, was jene in Abrede stellt. Auch ausgehend vom unstreitigen Sachverhalt wäre die Forderung ungeachtet ihres Bestehens verjährt (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
Unbestritten hat die Antragstellerin seit Mitte Januar 2017 Kenntnis vom Scheitern der Ehe ihres Sohnes, sodass die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2017 begann und am 31.12.2020 endete. Die gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung hemmende Zustellung der Antragsschrift erfolgte erst am 17.03.2021, mithin nach Ablauf der Verjährungsfrist.
Allerdings wäre die die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmende Wirkung der Zustellung des Antrags nach Maßgabe von § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 167 ZPO bereits mit Eingang des Antrags bei Gericht eingetreten, wenn die Zustellung noch demnächst erfolgt wäre.
Ob die Voraussetzungen dieser Rechtsfolge des § 167 ZPO den Eingang des Antrags beim zuständigen Gericht erfordern (so wohl BeckOK ZPO/Dörndorfer, 45. Ed., § 167 ZPO Rn. 1) oder aber der Eingang auch bei einem – wie hier – sachlich unzuständigen Gericht genügt (so Stein/Jonas/Roth, 23. Aufl., § 167 ZPO Rn. 8; Wieczorek/Schütze/Rohe, 4. Aufl. § 167 ZPO Rn. 1), bedarf im Rechtsstreit keiner abschließenden Entscheidung; auch im letztgenannten Fall würde die erst am 17.03.2021 erfolgte Zustellung des dann am 17.12.2020 eingegangenen Antrags nicht mehr als noch „demnächst“ im Sinne der Bestimmung gelten können.
Nach Sinn und Zweck der Regelungen in § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 167 ZPO soll der Antragsteller nur vor solchen Nachteilen bewahrt werden, die durch Verzögerungen aufgrund des gerichtsinternen Geschäftsablaufs eintreten, auf die er selbst keinen Einfluss hat (BGH NJW-RR 2003, 599, 600; MünchKommZPO/Häublein/Müller, 6. Aufl. § 167 ZPO Rn. 1; Musielak/Voit/Wittschier, 19. Aufl., § 167 ZPO Rn. 1). Erfolgt eine nicht nur geringfügige (BGH NJW-RR 2006, 1436, 1437) Verzögerung hingegen aufgrund von Umständen, die der Antragsteller selbst oder sein Verfahrensbevollmächtigter (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 85 Abs. 2 ZPO) zu vertreten hat, liegen die Voraussetzungen für eine Rückwirkung nach § 167 ZPO nicht vor (vgl. BGH NJW-RR 2003, 599, 600).
Auch der Antragsteller, der zunächst alles getan hat, um die sofortige Zustellung zu veranlassen, hat einer späteren Verzögerung entgegenzutreten. Verzögert sich die Zustellung aus Gründen, die ihm bzw. seinem Bevollmächtigten (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 85 Abs. 2 ZPO) nicht bekannt sind, muss dieser sich beim Gericht nach den Ursachen erkundigen (BGH NJW-RR 2004, 1574, 1576; NJW-RR 2006, 1436, 1437; NJW 2009, 984, 985) und gegebenenfalls in ihm möglicher und zumutbarer Weise auf eine sofortige Zustellung hinwirken. Unterlässt er das und trägt eine solche zumindest leicht fahrlässige (MünchKommZPO/Häublein/Müller, aaO., § 167 ZPO Rn. 13) Nachlässigkeit zu einer nicht nur geringfügigen Verzögerung der Zustellung bei, ist die hiernach erfolgte Zustellung nicht mehr als demnächst im Sinne von § 167 ZPO anzusehen (BGH NJW-RR 2006, 1436, 1437).
So liegt der Fall hier. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin ist am 07.01.2021 durch das Landgericht Frankfurt (Oder) telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass er ein sachlich unzuständiges Gericht angerufen hatte (Bl. 30a), woraufhin er – auf entsprechenden weiteren Hinweis – am 12.01.2021 die formlose Abgabe an das zuständige Amtsgericht Strausberg beantragt hat (Bl. 25), wo die Akten am 18.01.2021 eingegangen sind (Bl. 1). Bei dieser Sachlage hätte dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin unter Einhaltung der ihm obliegenden standesüblichen Sorgfaltspflichten jedenfalls spätestens nach Ablauf eines Monats (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1575, 1576; NJW-RR 2006, 1436, 1437) ab der von ihm beantragten Abgabe an das zuständige aber bis dahin erkennbar untätig gebliebene Amtsgericht Veranlassung zu sehen gehabt, sich dort nach dem ordnungsgemäßen Eingang der Akten und nach den Gründen für die Unterlassung der bis dahin nicht erfolgten Zustellung zu erkundigen. Hätte er dies getan, hätte er unter Hinweis darauf, dass er den erforderlichen Kostenvorschuss bereits am 30.12.2020 auf Anforderung durch das Landgericht zum dortigen Kassenzeichen entrichtet hatte, ohne weiteres auf eine hierauf gerichtete Nachfrage des Amtsgerichts bei der Landesjustizkasse und damit auf eine Zustellung des Antrags innerhalb von weiteren 8 Tagen (vgl. Bl. 31 bis 38R) hinwirken können. Bei einer solchen gebotenen Vorgehensweise wäre die Zustellung – gemessen an den im konkreten Fall tatsächlich erfolgten Zeitabläufen (vgl. Bl. 31 bis 38R) – jedenfalls spätestens noch in der letzten Februarwoche 2021 erfolgt. Tatsächlich ist der Antrag aber am 17.03.2021 zugestellt worden (Bl. 38R); mithin erst nach einer der Antragstellerin zuzurechnenden (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 85 Abs. 2 ZPO) Verzögerung von deutlich mehr als zwei Wochen und damit nicht mehr „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO. Denn als „geringfügig“ hingenommen werden können regelmäßig nur von der Partei zu vertretende Verzögerungen von bis zu 14 Tagen (vgl. BGH NJW 2015, 2666; NJW 2008, 1672, 1672; MünchKommZPO/Häublein/Müller, aaO., § 167 ZPO Rn. 11; Prütting/Gehrlein/Marx, 14. Aufl., § 167 ZPO Rn. 10; Anders/Gehle/Vogt-Beheim, 80. Aufl., § 167 ZPO Rn. 13).
Umstritten ist zwar, ob darüber hinaus auch von der Partei zu vertretende Verzögerungen von bis zu einem Monat als unschädlich für eine noch „demnächst“ erfolgende Zustellung hinzunehmen sind. Für die Zustellung eines Mahnbescheids hat der BGH auf die Monatsfrist des § 691 Abs. 2 ZPO abgestellt (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1436, 1437). Das soll nach teilweise vertretener Auffassung für die Rückwirkungsregelung des § 167 ZPO generell gelten (vgl. Zöller/Greger § 167 ZPO Rn. 11; Wieczorek/Schütze/Rohe, aaO., § 167 ZPO Rn. 46.), was außerhalb des Mahnverfahrens aber nicht überzeugt (so auch BGH NJW 2008, 1672, 1673; MünchKommZPO/Häublein/Müller, aaO., § 167 ZPO Rn. 12), weil die Monatsfrist des § 691 Abs. 2 ZPO schon nach dem Wortlaut jener Bestimmung nicht mit der Zustellung „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO identisch ist, sondern neben diese tritt (MünchKommZPO/Häublein/Müller, aaO., § 167 ZPO Rn. 12).
Weil nach alledem die Voraussetzungen für das Eingreifen der Rückwirkungsregelung des § 167 ZPO nicht vorliegen, ist für die Beantwortung der Frage nach einer Hemmung der für den streitgegenständlichen Anspruch laufenden Verjährungsfrist nach Maßgabe von § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht auf den Tag des Antragseingangs bei Gericht (17.12.2020), sondern auf den der erst 3 Monate später (17.03.2021), mithin nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 195 BGB erfolgten Zustellung abzustellen. Damit wäre der Anspruch der Antragstellerin, was das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zu Recht festgestellt hat, im Zeitpunkt ihrer Rechtshängigkeit bereits mit der Rechtsfolge des § 214 Abs. 1 BGB verjährt, sodass die Antragsgegnerin nach der von ihr erhobenen Verjährungseinrede ungeachtet des tatsächlichen Bestehens der geltend gemachten Forderung jedenfalls berechtigt ist, eine entsprechende Leistung zu verweigern.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 55 Abs.2, 35 FamGKG.
Anlass die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht (§ 70 Abs. 2 FamFG).