Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 12.10.2022 | |
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Aktenzeichen | 4 U 182/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:1012.4U182.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19.08.2021, Az. 1 O 399/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Potsdam ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 9.133,80 € festgesetzt.
I.
Die Klägerin macht die Rückzahlung von an die Beklagte geleisteten Zahlungen nach dem Widerruf eines Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung geltend und begehrt darüber hinaus die Feststellung, infolge ihrer Widerrufserklärung keine Leasingraten mehr gegenüber der Beklagten zu schulden.
Die Parteien schlossen am 13.12.2017 in den Räumlichkeiten und unter Vermittlung des Autohauses … in Berlin einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung über ein Neufahrzeug der Marke … mit einer Vertragslaufzeit von 60 Monaten, einer monatlichen Leasingrate von 144,98 Euro sowie einer monatlichen Zahlung auf eine zusätzlich abgeschlossene Restraten-Versicherung von 7,25 Euro. Eine Leasingsonderzahlung wurde nicht vereinbart. Insgesamt sah der Vertrag vor, dass die Klägerin 9.133,80 Euro an die Beklagte zahlt. Der Vertrag enthält eine „Widerrufsinformation“ für entgeltliche Leasingverträge. Das Fahrzeug wurde der Klägerin am 11.01.2018 übergeben. Mit E-Mail vom 12.10.2020 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Widerruf des Leasingvertrages.
Bislang zahlte die Klägerin 5.328,05 Euro an die Beklagte.
Die Klägerin hat geltend gemacht, ihr stehe ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Leasingvertrag um eine „sonstige Finanzierungshilfe“ im Sinne von § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB handele, auf die im Wesentlichen die Regelungen des Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrages anwendbar seien. Sie hat gemeint, die Widerrufsinformation sei unter anderem in Bezug auf die Widerrufsfolgen sowie deshalb fehlerhaft, weil unklar sei, ob sie für sie gelte. Überdies werde über eine Vielzahl von Pflichtangaben fehlerhaft und unvollständig unterrichtet. Ihr stünde auch ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht gemäß §§ 312 g, 355 BGB zu, denn bei dem streitgegenständlichen Vertrag handele es sich um ein Fernabsatzgeschäft, weil die Klägerin - was unstreitig ist - keinen persönlichen Kontakt zur Beklagten gehabt habe, sondern vor Vertragsschluss in den Geschäftsräumen des den Leasingvertrag vermittelnden Autohauses lediglich zu einer Mitarbeiterin desselben. Es sei zudem keine fernabsatzrechtliche Widerrufsinformation erteilt worden. Das Autohaus sei im Verhältnis zur Beklagten nicht dazu befugt gewesen, verbindliche Erklärungen im Hinblick auf das Zustandekommen und die nähere Ausgestaltung des Leasingvertrages abzugeben und daher als Bote anzusehen.
Die Beklagte hat die fehlende örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam gerügt. Sie hat in der Sache geltend gemacht, dass die Regelungen zum Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften nicht anwendbar seien, weil die Mitarbeiterin des Autohauses J… T… – was unstreitig geblieben ist – aufgrund fachlicher Vorbildung und Kenntnisse sowie Instruktionen in der Lage gewesen sei, über Inhalt und Bedingungen des Leasingvertrages zu informieren und Fragen zu beantworten, was sie im konkreten Fall auch getan habe, indem sie mit der Klägerin die konkreten Konditionen des dann von der Klägerin unterzeichneten Leasingsantrages erörtert und den Leasingantrag entsprechend vorbereitet habe. Hiervon abgesehen greife die Ausschlussregel des § 312 g Abs. 2 S. 1 Nr. 9 BGB; der Widerruf sei zudem gemäß § 356 Abs. 3 S. 2 BGB erloschen. Im Übrigen stehe dem Widerruf der Klägerin der Einwand des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung entgegen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.08.2021, auf das wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen. Es hat sich als für den Antrag auf Rückzahlung der erbrachten Leistungen nicht örtlich zuständig gesehen mit der Begründung, dass Erfüllungsort vorliegend der Sitz der Beklagten als Schuldnerin der Rückzahlung und ein nur ausnahmsweise anzunehmender gemeinsamer Erfüllungsort vorliegend zu verneinen sei, weswegen die allein in Frage kommende Zuständigkeit nach §§ 29 ZPO, 269 Abs. 1 BGB nicht vorliege. Der Feststellungsantrag sei unbegründet, denn der Klägerin stehe ein Widerrufsrecht nicht zu und der Widerruf sei auch nicht fristwahrend erfolgt. Ein Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung ohne Erwerbsverpflichtung wie er hier vorliege, erfülle die Voraussetzungen des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 BGB nicht. Eine analoge Anwendung dieser Vorschriften komme mangels Regelungslücke nicht in Betracht. In der Widerrufsinformation liege auch kein vertragliches Widerrufsrecht. Auch ein Widerrufsrecht nach §§ 312 g, 355 BGB bestehe nicht. Aus der Unterschriftsleistung im Autohaus ergäben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Fernabsatzvertrages oder eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Leasingvertrages im Sinne des § 312 b BGB. Für die Frage, ob ein Fernabsatzvertrag vorliege, sei nicht maßgeblich, ob der Vermittler von der Beklagten zum Abschluss des Leasingvertrages auch im technischen Sinn bevollmächtigt gewesen sei. Ohnehin greife die Bereichsausnahme des § 312 g Abs. 2 Nr. 9 BGB und es liege zudem keine Finanzdienstleistung nach § 356 Abs. 3 Satz 3 BGB vor.
Gegen dieses, ihr am 23.08.2021 zugestellte Urteil richtet sich die am 06.09.2021 eingelegte und am 15.10.2021 begründete Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Das Landgericht habe seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht verneint, da nach dem Widerruf eines Verbraucherleasingvertrages ein einheitlicher Erfüllungsort am Wohnsitz des Verbrauchers bestehe (§ 29 ZPO). Es habe außerdem zu Unrecht ein Widerrufsrecht der Klägerin verneint. Sie hält daran fest, dass es sich bei dem vorliegenden Leasingvertrag um eine entgeltliche Finanzierungshilfe handele, auf die die Regelungen des Verbraucherdarlehensvertrages jedenfalls entsprechende Anwendung fänden, und regt an, das Verfahren im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des LG Ravensburg zum Az. 2 O 238/20 vom 24.08.2021 bis zur Entscheidung des EuGH auszusetzen. Die Widerrufsbelehrung sei wegen des in ihr enthaltenen Kaskadenverweises fehlerhaft; der Beklagten sei es verwehrt, sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion zu berufen, denn für Leasingverträge gebe es kein gesondertes gesetzliches Muster und die Beklagte habe das verwendete Muster einer inhaltlichen Änderung unterzogen.
Nachdem die Beklagte die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit fallen gelassen hat, beantragt die Klägerin zuletzt, das am 19.08.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam – Az. 1 O 399/20 – abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.328,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, nach Rückgabe des Kraftfahrzeugs mit der Fahrzeugidentifikationsnummer …,
2. festzustellen, dass sie infolge und ab ihrer Widerrufserklärung vom 12.10.2020 aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Leasingvertrag mit der Nr. 1… keine Leasingraten mehr schuldet, und
3. die Beklagte zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Herrn A… H. P…, Im … 28a, … G…, in Höhe von 864,66 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Einer Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH über den Vorlagebeschluss des Landgerichts Ravensburg bedürfe es nicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
1. Die Klage ist insgesamt zulässig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 39 ZPO denn die Beklagte hat die Rüge der örtlichen Zuständigkeit fallen gelassen; in Bezug auf die Klage- und Berufungsanträge zu 2. und 3. war dem Senat ohnehin gemäß § 513 Abs. 2 ZPO eine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts entzogen.
2. Die Klage ist allerdings nicht begründet, denn der Klägerin stand bereits kein Widerrufsrecht zu, weswegen sie die geleisteten Leasingzahlungen nicht nach § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB oder aufgrund vertraglicher Abreden zurückverlangen kann, sie auch weiterhin zur Zahlung der Leasingraten verpflichtet ist und auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 4, 249 BGB) nicht besteht.
a) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, steht der Klägerin kein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß §§ 506 Abs. 1, 495 BGB in Verbindung mit § 506 Abs. 2 BGB (in der hier maßgeblichen, ab dem 10.06.2017 bis zum 14.06.2021 geltenden Fassung, im Folgenden: aF) zu.
aa) Leasingverträge mit Kilometerabrechnung ohne Erwerbsverpflichtung - wie der hier streitgegenständliche Vertrag - erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 506 Abs. 2 Nr. 1-3 BGB (in der hier maßgebenden, ab dem 10.06.2017 geltenden Fassung).
Auch eine Einordnung des vorliegenden Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung als außerhalb der Tatbestände des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusiedelnde Finanzierungshilfe im Sinne des § 506 Abs. 1 BGB kommt weder nach dem Wortlaut noch nach der erkennbaren Intention des Gesetzgebers in Betracht. Der Gesetzgeber hat durch die enumerative Aufzählung in § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB aF gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass er damit das Vorliegen einer „sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfe“ bei Nutzungsverträgen nur ausschnittsweise regeln wollte. Hätte er § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB aF einen abschließenden Regelungsgehalt nicht zubilligen wollen, hätte es nahegelegen, dies durch die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ oder ähnlicher Formulierungen zum Ausdruck zu bringen (BGH, Urteil vom 24.02.2021, Az.: VIII ZR 36/20, juris Rdn. 25 f. zu § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB in der im Vergleich zur Fassung ab dem 10.06.2017 unveränderten Fassung des § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB vom 20.09.2013). Wie der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 24.02.2021 überzeugend ausgeführt hat, ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien nicht, dass der Gesetzgeber mit § 506 Abs. 2 Satz 1 BGB (in der dortigen Entscheidung zu Grunde gelegenen, auch im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung) nur einzelne Fälle von Finanzierungshilfen bei entgeltlichen Gebrauchsüberlassungsverträgen erfassen wollte (BGH aaO, juris Rdn. 27 ff., auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird).
Aus diesen Ausführungen folgt zugleich, dass auch eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB aF bereits mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht kommt (BGH aaO, juris Rdn. 37 ff.). Darüber hinaus fehlt es bei Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung auch an einer vergleichbaren Interessenlage zu Leasingverträgen mit Restwertgarantie, denn der Verbraucher hat gerade nicht in jeder Hinsicht für die Vollamortisation einzustehen, da er nicht das Risiko trägt, dass sich der vom Leasinggeber bei vertragsgemäßem Zustand der zurückgegebenen Leasingsache kalkulierte Wert auch verwirklichen lässt (BGH aaO, juris Rdn. 64 ff.).
bb) Auch die richtlinienkonforme Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Regelungen des § 506 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB lehnen sich – auch in der hier maßgebenden, ab dem 10.06.2017 geltenden Fassung – an die Begriffsbestimmungen und an die Systematik der vom deutschen Gesetzgeber hierdurch umgesetzten RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2008 über Kreditverträge und zur Aufhebung RL 87/102/EWG des Rates (im Folgenden: Verbraucherkredit-RL) an. Nach der Legaldefinition in Art. 3 lit. c) der Verbraucherkredit-RL zählen zu den von ihrem Geltungsbereich erfassten Kreditverträgen (Art. 2 Abs. 1) Kredite in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe. Allerdings nimmt die Verbraucherkredit-RL in Art. 2 Abs. 2 lit. d) Miet- und Leasingverträge, bei denen weder in dem Vertrag selbst noch in einer gesonderten Vereinbarung eine – auch einseitig vom Vermieter/Leasinggeber auslösbare – Verpflichtung des Mieters/Leasingnehmers zum Erwerb des Miet- oder Leasinggegenstands vorgesehen ist, ausdrücklich aus. Die richtige Auslegung dieser Norm (Herausnahme von Leasingverträgen, die keine Erwerbspflicht auslösen, aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie) ist angesichts ihres Wortlauts und Regelungssystematik sowie des Regelungszwecks der Richtlinie derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt, „acte claire“ (BGH, Urteil vom 24.02.2021 aaO, juris Rdn. 22; Beschluss vom 10.05.2022, Az.: VIII ZR 149/21, juris Rdn. 27 ff.; so auch der Senat im Beschluss vom 15.03.2022, Az.: 4 U 63/21). Es besteht folglich auch kein Anlass, das Verfahren – wie von der Klägerin angeregt – im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des LG Ravensburg zum Az. 2 O 238/20 vom 24.08.2021 bis zur Entscheidung des EuGH auszusetzen.
b) Die Klägerin kann sich auch nicht auf ein gesetzliches Widerrufsrecht aus §§ 312 c, 312 g Abs. 1, 355 BGB stützen.
aa) Nach nationalem Recht ist das Vorliegen eines Fernabsatzvertrages zu verneinen. Ein Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312 c Abs. 1 BGB (in der hier maßgeblichen, ab dem 13.06.2014 geltenden Fassung) liegt vor, wenn der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Nach § 312 c Abs. 2 BGB (in der hier maßgeblichen, ab dem 13.06.2014 geltenden Fassung) sind Fernkommunikationsmittel im Sinne dieses Gesetzes alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrages eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind.
Die Parteien haben nicht ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet.
(1) Soweit die Klägerin in erster Instanz mit Schriftsatz vom 03.03.2021 (dort Seite 1, Bl. 48 der Akte) behauptet hat, der Leasingvertrag sei „auf dem Fernabsatzweg unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen worden (Online-Vertragsschluss)“ ist dieses Vorbringen – wie im Senatstermin ausgeführt – mit der Unterschrift der Klägerin unter dem Vertragsdokument nicht in Einklang zu bringen und daher unbeachtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Klägerin im Anschluss an das von der Beklagten behauptete – und von der Klägerin nicht in Abrede gestellte – Gespräch im Autohaus ihre Vertragserklärung abgegeben hat.
(2) Auch die Tatsache, dass die Mitarbeiterin des Autohauses nicht über Vertretungsmacht der Beklagten in Bezug auf die Vertragsabschlusserklärung verfügte, führt im vorliegenden Fall nicht zur Annahme eines Fernabsatzvertrages.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.02.2018 (Az.: XI ZR 160/17, juris Rdn. 20), wonach es an einem Vertragsschluss „unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln“ fehlt, wenn der Verbraucher während der Vertragsanbahnung persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter des Unternehmers oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dass es auf das Bestehen einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht jedenfalls nicht entscheidend ankommen kann, zeigt sich - wie bereits ausgeführt - bereits im Wortlaut des § 312 c Abs. 1 BGB, der von einer im „Namen oder Auftrag“ handelnden Person ausgeht und damit neben dem mit einer Vollmacht verbundenen Auftreten im fremden Namen (§§ 164 ff. BGB) eindeutig auch anderweitige „Auftragsverhältnisse“ - die zudem auch nur die Vertragsanbahnungsphase betreffen können, bei der es auf eine rechtsgeschäftliche Abschlussvollmacht nicht zwingend ankommen muss - erfasst. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 27.02.2018 im Übrigen unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.10.2004 (Az.: III ZR 380/03, juris) festgestellt, dass nur in den Fällen, in denen der Verbraucher keine Möglichkeit hat, vor Vertragsschluss den Vertragsgegenstand persönlich in Augenschein zu nehmen oder im persönlichen Gespräch mit dem Unternehmer oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter Fragen zu stellen und Unklarheiten auszuräumen, ein Bedürfnis für ein zweiwöchiges Widerrufsrecht besteht (aaO, Rdn. 21). In der benannten Entscheidung kommt es allerdings gerade nicht auf eine Vertretungsmacht der im Auftrag des Leasinggebers tätigen Person an.
Der Bundesgerichtshof hat vielmehr in seinem Urteil vom 21.10.2004 erkannt, dass auch unter Berücksichtigung des europarechtlichen Hintergrundes bei der Auslegung des nationalen Rechts der Schutzzweck der Regelungen zwar gebietet, es als Einsatz von Fernkommunikationsmitteln zu bewerten, wenn bei Vertragsschluss oder -anbahnung nur ein solcher Bote beauftragt wird, der zwar dem Verbraucher in unmittelbarem persönlichen Kontakt gegenübertritt, jedoch über Vertragsinhalt und insbesondere über die Beschaffenheit der Vertragsleistung des Unternehmers keine Auskünfte geben kann. Denn in dieser Konstellation werden die zwei nach den Fernabsatzvorschriften auszugleichenden, für Distanzgeschäfte typischen Defizite, dass der Verbraucher die Ware oder Dienstleistung vor Abschluss des Vertrages nicht prüfen und sich nicht an eine natürliche Person wenden kann, um weitere Informationen zu erlangen, nicht ausgeglichen. Etwas anderes gilt aber, wenn die eingeschaltete Person gerade nicht darauf beschränkt war, nur Willenserklärungen zu überbringen und entgegenzunehmen, sondern sie vielmehr auch in der Lage und damit beauftragt war, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben, wie es zum Beispiel bei Vermittlern, Verhandlungsgehilfen oder sonstigen Repräsentanten des Unternehmens der Fall ist, die wegen der Einzelheiten der Leistung Rede und Antwort stehen. (BGH, Urteil vom 21.10.2004, Az.: III ZR 380/03, juris Rdn. 20 ff.)
Im streitgegenständlichen Fall war die Mitarbeiterin des von der Beklagten beauftragten Autohauses – anders als die Klägerin meint – nicht bloße Botin der Beklagten. Auch wenn es nicht zur „Kernkompetenz“ eines Autohauses gehören mag, Fragen (auch) zu Leasingverträgen und zur Erbringung von Finanzdienstleistungen nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG zu beantworten, ist andererseits jedoch weder konkret vorgetragen noch ersichtlich, dass es nicht zumindest dennoch ausreichende Nachfrage- und Beratungsmöglichkeiten für die Klägerin gab, zumal die Finanzierung von Fahrzeugen heute geradezu den Regelfall im Neuwagengeschäft darstellt und gerade im Leasinggeschäft ein konkretes Leasingangebot immer erst nach Ansprechen der möglichen Faktoren (Laufzeiten, Fahrleistungen, Anzahlung/Schlussrate, Absicherung von Vertragsrisiken etwa durch Zusatzversicherungen, Details der Mehr-/Minderkilometerausgleichs usw.) überhaupt konkret wird. Hiervon hängt insbesondere maßgeblich die für den Verbraucher so wichtige Ratenhöhe ab, diese wäre dann nach den Vorstellungen des Leasingnehmers und seinem wirtschaftlichen Leistungsvermögen jeweils anhand der multiplen Faktoren anzupassen (OLG Köln, Urteil vom 24.03.2022, Az. 15 U 195/21, BeckRS 2022, 9591 Rdn. 22). Leasinggeber bedienen sich im Leasinggeschäft mit Verbrauchern zur Anbahnung von Fahrzeugleasingverträgen nicht selten einer Vermittlung durch Fahrzeugverkäufer; dies insbesondere im Neuwagen- und Vorführwagengeschäft, wo die Fahrzeugfinanzierung zu einem hohen Prozentsatz durch Leasing- und Darlehensverträge erfolgt. Schon deswegen gehört aber die Anbahnung von Leasingverträgen de facto zum täglichen Geschäft einer Automobilverkäuferin und somit selbstverständlich zu den „Kernaufgaben“ der mit dem Fahrzeugverkauf betrauten Mitarbeiter, ohne dass die Autohäuser damit selbst auch im KWG-Kerngeschäft tätig und entsprechend überwacht sein müssten. Es versteht sich deswegen auch von selbst, dass Autohäuser zumindest grundsätzlich in der Lage sein müssen, dem Leasingnehmer verbindliche Informationen über den Vertragsgegenstand und dessen Finanzierung zu vermitteln, damit der Leasingnehmer in die Lage versetzt wird, das mit dem Vertragsschluss einhergehende Vertrags- und Kostenrisiko sachgerecht einzuordnen (OLG Köln, aaO Rdn. 22; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.10.2021, Az.: 17 U 80/21, BeckRS 2021, 37583 Rdn. 26).
Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat keine konkreten nachvollziehbaren Umstände dargelegt, die Anlass für die Annahme geben, dass hier nicht der vorbeschriebene Regelfall vorlag. Aus dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten ergibt sich vielmehr, dass die Mitarbeiterin des Autohauses T… auf Grund fachlicher Vorbildung und Kenntnisse sowie Instruktionen in der Lage gewesen ist, über Inhalt und Bedingungen des Leasingvertrages zu informieren und Fragen zu beantworten, was sie im konkreten Fall auch getan hat, indem sie mit der Klägerin die konkreten Konditionen des Leasingsantrages erörtert und den Leasingantrag entsprechend vorbereitet hat. Durch den späteren Vertragsschluss wurden diese im persönlichen Gespräch erörterten wesentlichen Vertragsbestandteile lediglich von beiden Seiten bestätigt.
bb) Auch die richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts führt zu keinem anderen Ergebnis.
(1) Die RL 2011/83/EU (im weiteren Verbraucherechte-RL), die ohnehin gemäß Art. 3 Abs. 3 lit. d) keine Anwendung findet, wenn der Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung als Vertrag über Finanzdienstleistungen anzusehen wäre, verhilft der Klägerin nicht weiter. Denn ein etwaiges Widerrufsrecht der Klägerin wäre dann bei Ausübung des Widerrufs bereits gemäß § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB erloschen gewesen. Nach dieser Vorschrift, mit der Art. 10 der Verbraucherrechte-RL umgesetzt worden ist, erlischt das Widerrufsrecht – ungeachtet einer etwaig fehlerhaften Widerrufsinformation – 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. Der Widerruf der Klägerin am 12.10.2020 ist deutlich später als 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss (am 13.12.2017) erfolgt.
(2) Ist der vorliegende Leasingvertrag als Vertrag über Finanzdienstleistungen anzusehen, könnte er zwar in den Geltungsbereich der RL 2002/65/EG (im weiteren Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL) fallen; ein Fernabsatzgeschäft ist gleichwohl nicht anzunehmen.
Art. 2 lit. a) der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL definiert einen Fernabsatzvertrag als jeden zwischen einem Anbieter und einem Verbraucher geschlossenen, Finanzdienstleistungen betreffenden Vertrag, der im Rahmen eines für Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems des Anbieters geschlossen wird, wobei dieser für den Vertrag bis zu und einschließlich dessen Abschluss ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet. Anbieter ist nach Art. 2 lit. c) der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL jede natürliche oder juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts, die im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Dienstleistungen aufgrund von Fernabsatzverträgen erbringt. Nach Erwägungsgrund Nr. 19 der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL gilt als Anbieter die Person, die Leistungen auf Distanz erbringt. Die Richtlinie sollte danach aber gleichermaßen Anwendung finden, wenn sich eine der Absatzphasen unter Mitwirkung eines Vermittlers vollzieht. Bereits dies macht deutlich, dass es – ebenso wie im nationalen Recht – auch nach der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL nicht auf die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht des den Leasingvertrag vermittelnden Autohauses ankommen kann (so auch OLG München, EuGH-Vorlage vom 21.06.2022, Az. 32 U 557/22, juris Rdn. 31).
Auch bei der Auslegung des Art. 2 lit. a) der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL kommt es entscheidend auf den im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.10.2004 herausgearbeiteten (BGH, aaO juris Rdn. 20 ff.) wesentlichen Schutzzweck der Vermeidung einer „Informationsasymmetrie“ zu Lasten des Verbrauchers an. Dafür spricht Erwägungsgrund Nr. 21 der Richtlinie, der den mit der Richtlinie beabsichtigten Zweck des Verbraucherschutzes ersichtlich macht. Danach soll der Einsatz eines Fernkommunikationsmittels nicht zu einer ungerechtfertigten Einschränkung der dem Verbraucher vermittelten Information führen; dem Verbraucher sollten vor Abschluss eines Vertrages die erforderlichen Vorabinformationen zugehen, damit er die ihm angebotene Finanzdienstleistung entsprechend beurteilen und folglich seine Entscheidung in Kenntnis aller Umstände treffen kann. Diese Formulierung macht deutlich, dass das Europäische Parlament und der Rat bei Erlass der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL ersichtlich nicht den Fall regeln wollten, dass sich der Verbraucher – wie hier – bei einem vom Anbieter beauftragten und entsprechend auskunftsfähigen Dritten vor Vertragsschluss persönlich über den Vertrag informieren und Rückfragen stellen kann. Denn im Fall des persönlichen Kontakts mit einer im Auftrag des zukünftigen Vertragspartners handelnden auskunftsfähigen Person besteht für ein an den Zugang von Vorabinformationen anknüpfendes Widerrufsrecht gar keine Notwendigkeit. Diese besteht nur bei gar keinem persönlichen Kontakt bzw. bei Kontakt mit einer Person, die nicht in der Lage und damit beauftragt war, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben. Aus Sicht des Verbrauchers macht es für sein mit der Richtlinie geschütztes Informationsbedürfnis vor Vertragsschluss keinen Unterschied, ob die Person, mit der er persönlichen Kontakt hat und die ihm alle Informationen zu beschaffen in der Lage ist, über Vertretungsmacht des Vertragspartners verfügt oder ob diese Person „nur“ vom Vertragspartner zur Vertragsvermittlung beauftragt wurde.
Es besteht mithin im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs „Fernabsatzvertrag“ in Art. 2 lit. a) der Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL ebenfalls kein Anlass, das Verfahren – wie von der Klägerin angeregt – hinsichtlich des Vorlagebeschlusses des LG Ravensburg zum Az. 2 O 238/20 vom 24.08.2021 bis zur Entscheidung des EuGH auszusetzen.
c) Die Klägerin vermag ein gesetzliches Widerrufsrecht mangels Vorliegens eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags auch nicht aus §§ 312 b, 312 g Abs. 1, 355 BGB herzuleiten.
aa) Gemäß § 312 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB (in der hier maßgeblichen, ab dem 13.06.2014 geltenden Fassung) fallen hierunter Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Nach § 312 b Abs. 1 Satz 2 BGB stehen dem Unternehmer Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen nach § 312 b Abs. 2 Satz 2 BGB Räumen des Unternehmers gleich. Danach sind die Räumlichkeiten des den Leasingvertrag im Auftrag der Beklagten vermittelnden Autohauses als Geschäftsraum des Unternehmers anzusehen und der vorliegende Leasingvertrag, den die Klägerin im Autohaus unterzeichnete, nicht ein als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag anzusehen.
bb) Auch insoweit führt eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts zu keinem anderen Ergebnis. Die Legaldefinitionen in §§ 312 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3, Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB setzen Art. 2 Nr. 2, Nr. 7, Nr. 9 lit. a) in Verbindung mit Erwägungsgründen Nr. 21 und 37 der Verbraucherrechte-RL zutreffend um.
Gemäß Art. 2 Nr. 2 Verbraucherrechte-RL stehen dem „Unternehmer“ Personen gleich, die in dessen Namen oder Auftrag handeln. „Unternehmer“ ist danach nicht nur eine natürliche oder juristische Person, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken tätig wird, die ihrer eigenen gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, sondern auch eine natürliche oder juristische Person, die – wie hier – als Vermittler im Namen oder Auftrag des betreffenden Unternehmers handelt (EuGH, Urteil vom 24.02.2022, Az. C-536/20, juris Rdn. 31), ohne dass ihr (schon) Abschlussvollmacht erteilt worden sein muss (OLG Köln, aaO Rdn. 25, OLG Frankfurt a.a.O., Rn. 36) Nach Art. 9 lit. a) der Verbraucherrechte-RL sind Geschäftsräume unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt. Wird aber der Vermittler des Geschäfts dem Unternehmer gleichgestellt, muss dies auch in Bezug auf die Geschäftsräume des Vermittlers gelten (OLG Frankfurt a.M. aaO Rdn. 35).
Erwägungsgrund Nr. 21 der Verbraucherrechte-RL zufolge sollte ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag definiert werden als ein Vertrag, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort, der nicht zu den Geschäftsräumen des Unternehmers gehört, geschlossen wird, also beispielsweise in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Verbrauchers. Außerhalb von Geschäftsräumen steht der Verbraucher möglicherweise psychisch unter Druck oder ist einem Überraschungsmoment ausgesetzt, wobei es keine Rolle spielt, ob der Verbraucher den Besuch des Unternehmers herbeigeführt hat oder nicht. Nach Erwägungsgrund Nr. 37 der Verbraucherrechte-RL sollte dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen auf Grund des möglichen Überraschungsmoments und/oder psychologischen Drucks das Recht auf Widerruf zustehen. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Verbraucher in Situationen, in denen er sich – wie hier – freiwillig in die Geschäftsräume eines Unternehmers begibt, bereits auf die Verhandlungs- und Vertragsschlusssituation vorbereitet ist und mit keiner unerwarteten Tatsachenlage konfrontiert wird, weswegen er nicht des mit der Verbraucherrechte-RL bezweckten Schutzes bedarf.
Die Auslegung der Verbraucherechte-RL mit Blick auf den Ausschluss eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages unterliegt mithin keinem vernünftigen Zweifel, so dass von einem „acte clair“ (vgl. grdl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81 -, juris) auszugehen ist (ebenso der Senat im Beschluss vom 15.03.2022 zum Az. 4 U 63/21; OLG Frankfurt a.M. aao Rdn. 54). Insofern bestand auch hinsichtlich dieser Frage kein Anlass, das Verfahren auszusetzen.
cc) Selbst wenn es sich um einen bei richtlinienkonformer Auslegung „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag“ handelte, wäre das Widerrufsrecht der Klägerin, wie bereits dargestellt, gemäß der in Umsetzung der Verbraucherrechte-RL gefassten Vorschrift des § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB erloschen gewesen, es sei denn, ein solcher Vertrag wäre als Vertrag über Finanzdienstleistungen anzusehen. In diesem Fall verbliebe es aber bei der Auslegung des Begriffs „außerhalb von Geschäftsräumen“ nach nationalem Recht; eine richtlinienkonforme Auslegung anhand der Finanzdienstleistung-Fernabsatz-RL scheidet aus, weil diese nur Fernabsatzgeschäfte erfasst.
d) Die Klägerin kann sich auch auf kein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht stützen. Die Erteilung der mit "Widerrufsinformation" überschriebenen vorformulierten Widerrufsbelehrung stellt – unabhängig davon, ob man die „Widerrufsinformation“ als Allgemeine Geschäftsbedingung ansieht oder nicht – kein Angebot der Beklagten auf Gewährung eines (vorbehaltlosen) vertraglichen Widerrufsrechts dar, das die Klägerin mit Vertragsabschluss hätte annehmen können (BGH, Urteil vom 24.02.2021, aaO, juris Rn. 68), weil allein der Erteilung einer Widerrufsinformation bereits der auf die Einräumung eines Widerrufsrechts gerichtete Erklärungsinhalt fehlt, ihr jedenfalls aber – wenn man der "Widerrufsinformation" gleichwohl einen rechtsgeschäftlichen Erklärungsinhalt nicht absprechen und sie als Allgemeine Geschäftsbedingung behandeln wollte – nicht der Inhalt zukommt, der Klägerin ein vertragliches Widerrufsrecht einzuräumen (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2021, aaO juris Rn. 70 ff.). Vielmehr erschöpft sich die Widerrufsinformation darin, dem Verbraucher ein (tatsächlich) gesetzlich vorgesehenes Widerrufsrecht (bestätigend) zuzugestehen und die hierfür erforderlichen Voraussetzungen und sich daraus ergebenden Rechtsfolgen anzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2021, aaO, juris Rn. 72).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
5. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.