Gericht | LG Potsdam 2. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 01.06.2022 | |
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Aktenzeichen | 2 O 133/20 | ECLI | ECLI:DE:LGPOTSD:2022:0601.2O133.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Es wird festgestellt, dass den Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche aus Urheberrecht auf Unterlassung bei Abriss des Gebäudes „Terrassenhaus“, …ring …, …., zum Zweck der Neubebauung des zugehörigen Grundstückes mit der Flurstücknummer 172 der Flur 19 in P., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Potsdam, Blatt 7255, zustehen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 30 % und tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 70 %.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zur Vollstreckung gelangenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 € festgesetzt.
Die Parteien streiten um den von der Klägerin beabsichtigten Abriss des sogenannten Terrassenhauses in P..
Die Klägerin, das größte kommunale Wohnungswirtschaftsunternehmen in P., ist alleinige Eigentümerin des auf dem im Tenor bezeichneten Grundstück belegenen Terrassenhauses. Die Anlage mit der offiziellen Bezeichnung „Zentrum Ost – Neubebauung der ….straße“ wurde im Zeitraum 1998 bis 2002 errichtet. Die Beklagten sind Architekten und haben die Wohnanlage für die Klägerin auf der Grundlage des Architektenvertrages vom 21.10.1996 sowie des ersten Nachtrages hierzu vom 27.11.1996 entworfen und geplant. Die Vertragsbedingungen sehen unter anderem zum Urheberrecht der Beklagten vor, dass diesen „alle Rechte, die“ ihnen „nach dem Urheberrechtsgesetz zustehen, verbleiben“ (auf Seite 6 der Klageschrift, Bl. 6 GA, wird Bezug genommen). Die Klägerin kündigte die Architektenverträge wegen Meinungsverschiedenheiten im Jahr 1999 fristlos. Die sich anschließende gerichtliche Auseinandersetzung beendeten die Parteien am 11.11.1999 durch einen vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht geschlossenen Vergleich, nach dem die Beklagten in der Leistungsphase 8 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. nur die sogenannte künstlerische Oberleitung bei dem Bauvorhaben übernahmen (für Einzelheiten wird auf Seite 6 der Klageschrift, Bl. 6 GA, Bezug genommen). Die in der Bevölkerung als „Nuthe-Schlange“ bekannte Anlage zieht sich am …ring entlang. Das erste Gebäude (Kopfgebäude) der Wohnanlage ist das streitbefangene Terrassenhaus. Das Terrassenhaus ist eine fünfgeschossig überbaute Tiefgarage; es enthält 38 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von ungefähr 2.700 m² (für weitere Einzelheiten wird auf Seiten 4 ff. der Klageschrift, Bl. 4 ff. GA, Bezug genommen). Es ist mit den sich anschließenden Gebäude durch eine Schallschutzwand und Versorgungsleitungen baulich verbunden. Ob es sich bei dieser Wohnanlage um ein Gesamtensemble handelt, oder das Terrassenhaus als von diesem zu trennendes Einzelgebäude angesehen werden kann, ist zwischen den Parteien streitig. Weitere Gebäude der Wohnanlage sind die sogenannten Angler- und Schmetterlingshäuser.
Im Jahr 2004 fand ein Rückbau und vollständige Neuherstellung der großen Dachterrasse des Terrassenhauses wegen Feuchtigkeitsschäden statt. Streitigkeiten der Parteien über das Urheberrecht der Beklagten in diesem Zusammenhang beendeten diese ebenfalls mit Prozessvergleich (auf Seiten 8 ff. Der Klageschrift, Bl. 8 ff. GA, wird Bezug genommen). Mitte des Jahres 2013 ereignete sich im Terrassenhaus ein schwerer Havariefall durch Undichtigkeit einer Frischwasserleitung, welche zu großflächigen Durchfeuchtungen der Fußbodenaufbauten im 2. Obergeschoss führte (auf Seite 10 ff. der Klageschrift, Bl. 10 ff. GA wird Bezug genommen). Die Verantwortlichkeiten sind insoweit ebenfalls streitig. Im Februar 2018 kündigte die Klägerin sämtlichen verbliebenen Mietern die laufenden Mietverträge wegen Hinderung der wirtschaftlichen Verwertung des Anwesens (auf Seite 10 der Klageschrift, Bl. 10 GA, wird Bezug genommen). Das Terrassenhaus ist in seinem derzeitigen Zustand nicht nutzbar. Es steht seit mehreren Jahren leer; die Angaben der Parteien über die Dauer des Leerstandes weichen ab. Über den Umfang sowie die Ursachen und Verantwortlichkeit hierfür besteht zwischen den Parteien ebenfalls Streit. Die Klägerin holte ein Gutachten der C. B. GmbH über den Bauzustand, welches diese unter dem 23.06.2016 erstatteten. Zeitgleich holte die Klägerin eine Bestands- und Fehleranalyse der E. T. GmbH vom September 2016 ein. Unter dem 06.07.2017 erstellte die C. B. GmbH im Auftrag der Klägerin ein weiteres Gutachten zur Beurteilung des Handlungsbedarfs und Einschätzung der Instandsetzungskosten für eine weitere Gebäudenutzung nach 2017.
Die Klägerin möchte das Terrassenhaus abreißen und es durch einen Neubau, der ungefähr 90 zum Teil mietpreisgebundene Wohnungen enthalten soll, ersetzen (für Einzelheiten der Beschreibung des geplanten Neubaus durch die Klägerin wird auf Seiten 26 ff. der Klageschrift, Bl. 26 ff. GA, Bezug genommene). Der Klägerin liegt ein positiver Vorbescheid der unteren Bauaufsichtsbehörde der Stadt P. für das geplante Bauvorhaben vor. Von der Durchführung eines Auslobungsverfahrens für den geplanten Neubau sah die Klägerin bislang aus Kostengründen ab. Das Bestreben nicht verfahrensbeteiligter Dritter, das Terrassenhaus unter Denkmalschutz stellen zu lassen, blieb erfolglos.
Die Beklagten lehnten gegenüber der Klägerin eine Beteiligung an der Vorbereitung des Wettbewerbsverfahrens für den geplanten Neubau unter Berufung auf ihr Urheberrecht als Architekten ab. Mit anwaltlichem Schreiben forderte die Klägerin die Beklagten unter Fristsetzung bis zum 05.08.2019 ohne Erfolg auf, sich zu verpflichten, gegen die geplanten Abriss- und Neubaumaßnahmen keine Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin geltend zu machen. Der Beklagte Dr. H. B. äußerte in einem Interview mit der Tageszeitung Potsdamer Neueste Nachrichten am 23.11.2019, dass die Klägerin für den Abriss und Neubau des Terrassenhauses das urheberrechtliche Einverständnis der Beklagten niemals bekommen werde (Bl. 33 GA, Anlage K 25).
Die Klägerin trägt vor, die Planungs- und Bauüberwachungsleistungen der Beklagten für das Terrassenhaus sowie auch für die übrigen Gebäude entlang der Nuthestraße stellten sich für sie rückblickend als Fiasko dar. Bereits wenige Wochen nach der Abnahme der Hochbauarbeiten im Jahr 2001 seien erste Durchfeuchtungsschäden aufgetreten. Als Ursache seien Abdichtungsmängel auf den Dachterrassenflächen gutachterlich festgestellt worden (auf Seiten 7 ff. der Klageschrift, Bl. 7 ff. GA wird Bezug genommen). Im Zuge der gutachterlich begleiteten Sanierungsmaßnahmen wegen des Havariefalls im Jahr 2013 seien weitere erhebliche Mängel des Gebäudes zutage getreten. Diese gravierenden Mängel hätten zu der Entscheidung der Klägerin geführt, dass Terrassenhaus komplett abzureißen und durch ein neues Gebäude zu ersetzen. Darüber hinaus seien weitere wirtschaftliche und städtebauliche Aspekte hierfür maßgeblich gewesen. Die Feststellungen des Gutachtens der C. B. vom 23.06.2016 seien zutreffend, daraus ergebe sich, dass „die Planung und Ausführung des Bauvorhabens hinsichtlich der begutachteten wesentlichen Bauteile nicht den zum Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung anerkannten Regeln der Technik entspreche“ und „eine funktionsgerechte Nutzung des Gebäudes nicht gegeben sei“ (für Einzelheiten wird auf Seiten 11 ff. der Klageschrift, Bl. 11 ff. GA, wird Bezug genommen). Weiter ergebe sich hieraus, dass eine funktionsfähige Gebäudenutzung ausschließlich durch eine komplexe Gebäudesanierung durch einen vollständigen Rückbau der inneren Gebäudestruktur bis auf dessen Tragwerk zu erreichen sei. Die Bestands- und Fehleranalyse der Haustechnik sei zu den Ergebnissen gekommen, dass die Abwasserleitungen, die Heizungsanbindungsleitungen, die Trassenführung der Leitungen sowie die Verlegung der Kaltwasserleitung und Deckendurchführungen erhebliche Mängel aufwiesen (auf Seiten 15 ff. der Klageschrift, Bl. 15 ff. GA, wird Bezug genommen). Weiter lägen erhebliche Mängel der Statik, des Brand- und Schallschutzes, der Bauphysik sowie weitere sonstige gegen Regeln der Baukunst verstoßende Ausführungsmängel vor. Das Terrassenhaus befinde sich aktuell in dem durch jeweiligen die Gutachten dokumentierten Zustand. Eine Sanierung des Gebäudes sei unwirtschaftlich. Dies ergebe sich bereits aus den Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Sachverständigen Professor Dr. Ingenieur M. P. vom 26.01.2018 sowie auch aus ihren eigenen Berechnungen. Beide Untersuchungen ergäben, dass Abriss und Neubau gegenüber der Sanierung sowohl aus wirtschaftlichen als auch insbesondere aus bauordnungsrechtlichen und städtebaulichen Gründen vorzuziehen sei (für Einzelheiten wird auf Bl. 22 ff. der Klageschrift, Bl. 22 GA, Bezug genommen).
Sie habe zwischenzeitlich ihre Wirtschaftlichkeitsberechnung auch überarbeitet und aktualisiert. Dabei habe sie berücksichtigt, dass sich durch das am 01.07.2021 eingeführte Gesetz zur Bundesförderung für effiziente Gebäude neue Möglichkeiten für die Finanzierung des geplanten neuen Vorhabens eröffnet haben. Die Grobkostenschätzung der e. GmbH vom 30.07.2021 ergebe für die Sanierung des Terrassenhauses inklusive Außenanlagen einen Nettokostenaufwand von 14.773.000,00 €. Demgegenüber schließe die Grobkostenschätzung der e. GmbH für die geplante Errichtung eines Ersatzwohngebäudes mit insgesamt 90 Wohnungen vom 30.08.2021 mit insgesamt 21.727.000,00 €. Unter der Prämisse, dass beide Maßnahmen in den Jahren 2022/2023 umgesetzt würden und die für die Finanzierung jeweils möglichen (Förder-) Darlehen und sonstigen Baukostenzuschüsse in Anspruch genommen werden könnte, sowie unter Ansetzung der zu erwartenden Mietzahlungen ergebe sich, dass die Klägerin im Falle des angestrebten Abrisses des Terrassenhauses und der anschließenden Errichtung des Neubaus mit einem positiven Ergebnis i.H.v. 524.034,00 € innerhalb der der Maßnahme folgenden 20 Jahre rechnen könne. Demgegenüber sei die Klägerin im Falle der Sanierung des Terrassenhauses mit nur 38 Wohneinheiten mit einem negativen Cash-Flow innerhalb der gleichen Zeitspanne i.H.v. 5.556.571,00 € belastet (für Einzelheiten wird auf Seiten 35 ff. der Replik, Bl. 302 ff. GA, sowie Anlagen K39, K40 und K41, Bl. 367 ff. GA, Bezug genommen). Die Ersetzung des Terrassenhauses durch den von ihr geplanten Neubau entspreche im Übrigen den satzungsgemäß vorgegebenen städtebaulichen und wohnungswirtschaftlichen Zielen, die die Klägerin zu erfüllen habe. Die Wohnraumsituation in Potsdam sei seit Jahren von einem erheblichen Unterangebot bezahlbarer Mietwohnungen geprägt. Das Neubauvorhaben würde darüber hinaus in Gestaltung und Ausstattung den aktuellen Vorgaben der Ökonomie, Energetik und Nachhaltigkeit entsprechen. Selbstverständlich werde der Neubau so konzipiert werden müssen, dass ausreichende PKW-Stellplätze zur Verfügung stehen. Die Fernwärmeanlage, Leitungen sowie Lüftungsanlagen für die Schmetterlings- und Anglerhäuser würden in dem Neubau untergebracht werden. Die Klägerin meint, ihr Eigentümerinteresse überwiege das Interesse der Beklagten am Schutz ihres Urheberrechtes. Sie habe als größtes kommunales Wohnungsunternehmen in P. ihre kommunale Aufgabe, den sozialen Wohnungsbau zu fördern, wahrzunehmen. Weder der geplante Abriss des Terrassenhauses noch die Neubebauung des Grundstücks stellte eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts der Beklagten dar. Das Bauwerk weise nur eine geringe schöpferische Gestaltungshöhe auf. Die Beklagten hätten die Mangelhaftigkeit des Terrassenhauses wegen Planungsfehlern und Defiziten verantworten, was Einfluss auf die Gestaltungshöhe habe. Das Terrassenhaus sei wegen dieser erheblichen Mängel unbewohnbar und könne seinen Zweck als sozialer Wohnungsbau nicht erfüllen. Das Terrassenhaus sei ein eigenständiges Gebäude, das nicht untrennbar mit den übrigen Gebäudeteilen der Wohnanlage verbunden sei. Auch wenn man das Terrassenhaus als Teil eines Gesamtwerkes der Baukunst gemeinsam mit den Angler- und Schmetterlingshäusern ansehen wollte, müssten die Beklagten den Abriss und Neubau hinnehmen, denn auch in diesem Falle überwiege das Eigentümerinteresse der Klägerin. Insgesamt handele es sich aber um eindeutig unterschiedliche und voneinander getrennte Gebäude. Darüber hinaus sei die Wohnanlage auch von völlig unterschiedlicher Bebauung umgeben (für Einzelheiten wird auf Seite 11 der Replik, Bl. 278 ff. GA, und die dortigen Abbildungen Bezug genommen).
Die Klägerin beantragt unter teilweiser Rücknahme der Klage,
festzustellen, dass den Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche aus Urheberrecht auf Unterlassung bei Abriss des Gebäudes „Terassenhaus“, ...ring …, …, zum Zweck der Neubebauung des zugehörigen Grundstückes mit der Flurstücknummer 172 der Flur 19 in P., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Potsdam, Blatt 7255, zustehen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten meinen, ein Abriss des Terrassenhauses stelle einen nicht hinzunehmenden Eingriff in ihr Urheberpersönlichkeitsrecht dar. Es handelt sich im Ergebnis nicht nur um die Vernichtung eines Baukunstwerkes mit besonderer Schöpfungshöhe, sondern um den rechtswidrigen Eingriff in das Gesamtensembles „Bebauung an der …straße“. Beides sei nicht hinnehmbar. Sie seien in die Entwicklung des Projektes Bebauung an der …straße, das nach dem Modell der Internationales Bauausstellung 1983/84 unter der Leitung von dessen Mitarbeiters C. van G. mit dem Sanierungsträger P., einer 1991 gegründeten GmbH, entwickelt worden sei, als Architekten des mittlerweile unter Denkmalsschutz stehenden Projektes Fraenkel-Ufer einbezogen worden. Es sei dem Sanierungsträger um eine behutsame Stadterneuerung mit Bürgerbeteiligung gegangen. Die Beklagten hätten architektonisch eine grüne Brücke zum Babelsberger Park gestaltet, die die Trennung durch die „Autobahn“ sinnbildlich überwinde. Dies habe ohne die aktive Mitwirkung von C. van G. und der Direktion der Stiftung preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg nicht gelingen können. Es sei daher ein mit künstlerischen Mitteln geschaffenes Werk auf der Grundlage einer Bauidee ohne massive Gebäude in Gestalt eines leichten, bewohnbaren Bandes geschaffen worden (für Einzelheiten der Beschreibung wird auf Seite 13 ff. der Klageerwiderungsschrift, Bl. 122 GA, sowie auf das Anlagenkonvolut B1 bis B7, Bl. 152 ff. GA, Bezug genommen). Der Kopfbau, nämlich das streitbefangene Terrassenhaus, sei das zentrale Bauwerk im Ensemble. Über dem Terrassenhaus weise die Achse zum Babelsberger Park mit dem Flatowturm. So werde gedanklich die Trennung durch den Autobahnzubringer als grüne Idee übersprungen und der Anschluss gesucht an das Gedankengut von Hermann Pücklers Auen Idee. Der einheitliche Gedanke der Grundstruktur der Materialien und der daraus abgeleiteten Ästhetik und Formensprache sei bei allen Gebäuden eng verwandt (für weitere Einzelheiten wird auf Seite 15 ff. der Klageerwiderungsschrift, Bl. 125 ff. GA, Bezug genommen). Anders als die Klägerin meine, sei das Grundstück auf dem Flurstück 172, Flur 19 der Gemarkung P. nicht parzelliert und umfasse das gesamte Ensemble der Wohnbebauung an der …straße. Die Vorwürfe der Klägerin, die Beklagten hätten Planungs- und Bauausführung Mängel zu verantworten, seien ungerechtfertigt. Seit 1999 hätten die Beklagten auf der Baustelle keine Verantwortung mehr gehabt. Sämtliche Bauleistungsabnahmen seien ohne die Beteiligung der Beklagten, nämlich allein durch die Klägerin, vorgenommen worden. Die Klägerin sei allein verantwortlich für die Leistungsphase 8 der Bauüberwachung im Hochbau und auch hinsichtlich der Freianlagen. Die Beklagten seien daher für das, was die Klägerin als Fiasko bezeichnete, nicht verantwortlich. Die Darstellung der Klägerin der angeblichen Baumängel im Terrassenhaus werde bestritten. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten ergebe sich insbesondere in keiner Weise aus den von der Klägerin eingeholten Gutachten, deren Inhalte und Ergebnisse auch bestritten würden (für Einzelheiten wird auf Seiten 28 ff. der Klageerwiderungsschrift, Bl. 137 ff. GA, Bezug genommen). Die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Klägerin sei in mehrfacher Hinsicht unschlüssig und völlig willkürlich. Die Berechnung der jeweiligen Ergebnisse sei nicht nachzuvollziehen. Die Richtigkeit und Vollständigkeit aller der diesen Berechnungen zugrunde liegenden Zahlen werden daher vollumfänglich bestritten. Ein Neubaukonzept, das die Zahlen in irgendeiner Weise stütze, lege die Klägerin nicht vor. Es werden daher bestritten, dass der Neubau für die Klägerin wirtschaftlicher sei als die Sanierung (für weitere Einzelheiten wird auf Seiten 36 ff. der Klageerwiderungsschrift, Bl. 145 ff. GA, Bezug genommen). Die Klägerin lasse bei ihren Berechnungen im Übrigen unbeachtet, dass das Terrassenhaus seit dem Jahr 2013 leer stehe. Der bereits vorhandene Wohnungsbestand sei daher dem Wohnungsmarkt seit fast acht Jahren entzogen. Bei dieser Sachlage würde die Instandsetzung daher dem Wohnungsmarkt bereits 38 Wohnungen neu zu führen und somit bereits Wohnraum schaffen, anstatt ihn zu verdoppeln. Ein Abriss des Terrassenhauses und eine anschließende Neubebauung stelle eine ungleich höhere Umweltbelastung dar, als die Sanierung (für weitere Einzelheiten wird auf den Beklagtenschriftsatz vom 11.10.2021, Seiten 4 ff., Bl. 430 ff. GA, Bezug genommen). Umweltverträglichkeit sei aber ein maßgeblicher Faktor bei den der Klägerin durch die Kommunalverfassung übertragenen Aufgaben. Die Beklagten hätten einen Unterlassungsanspruch gegen den Teilabriss des Gebäudeteils Terrassenhaus des Gesamtensembles gegen die Klägerin. Die Nuthe-Schlange sei als Gesamtensemble ein Werk der Baukunst. Es bestehe aus untrennbar miteinander verbundenen Elementen, nämlich dem Kopf des Ensembles, das Terrassenhaus, der langen Häuserreihe aus Gartenhöfen, nämlich den 10 Schmetterlingshäusern entlang der Nuthe-Schnellstraße, den 25 Anglerhäusern, den integrierten Freiflächen und Gemeinschaftsgarten entlang der Spielstraße sowie dem künstlichen Teich, um den sich jeweils die Anglerhäuser und Freiflächen gruppierten. Das geschlossene Gesamtensemble würde durch einen Teilabriss aufgebrochen werden und die Siedlung wurde sich zur Schnellstraße öffnen. Der akustische Eindruck des Gesamtensembles wäre auf das Brutalste zerstört, wenn die Ruhe der grünen Wohnoase dem Verkehrslärm der Nuthestraße weichen müsste. Es sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei dem streitbefangenen Werk um das einzige Vervielfältigungsstück handelt und welche Gestaltungshöhe das Werk aufweise.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie im Übrigen auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klage ist zulässig.
Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, feststellen zu lassen, dass den Beklagten keine Ansprüche aus Urheberrecht wegen Abrisses des Terrassenhauses zum Zweck der Neubebauung des zugehörigen Grundstücks zustehen. Für die Rechtsposition der Klägerin besteht eine das Feststellungsinteresse begründete Unsicherheit. Die Beklagten berühmen sich, gegen die Klägerin einen Anspruch auf Unterlassung des Abrisses des streitgegenständlichen Terrassenhauses zu haben. Der Beklagte zu 2., Dr. H. B., hat öffentlich in einem Interview gegenüber der Tageszeitung Potsdamer Neueste Nachrichten am 23.11.2019 geäußert, einem Abriss des Terrassenhauses niemals zustimmen zu wollen. Darin liegt die Aussage, dass die Beklagten als Urheber das Recht hätten, den Abriss des Terrassenhauses zu verbieten, was mit einem entsprechenden Unterlassungsanspruch korrespondiert. Der Beklagte zu 2. hat diese Äußerung zur Überzeugung der Kammer für beide Beklagte getätigt. Im Falle der negativen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO besteht ein Feststellungsinteresse dann, wenn der Beklagte beziehungsweise die Beklagten sich eines Anspruches berühmen, denn daraus resultiert die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung weiter bestehende Unsicherheit für die Rechtsposition der Klägerin, da die Beklagten damit das Recht der Klägerin, mit ihrem Eigentum nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB) ernstlich bestreiten (vgl. MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, ZPO § 256 Rn. 42-46, beck-online).
Die Klage ist auch begründet.
Auf den Antrag der Klägerin war festzustellen, dass den Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche aus Urheberrecht auf Unterlassung bei Abriss des Gebäudes „Terassenhaus“, ...ring .., …, zum Zweck der Neubebauung des zugehörigen Grundstückes mit der Flurstücknummer 172 der Flur 19 in P., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Potsdam, Blatt 7255, zustehen.
Unstreitig sind die Beklagte als entwerfende und planende Architekten (Mit-) Urheber des streitgegenständlichen Gebäudes Terrassenhaus sowie der übrigen Wohnanlage Bebauung der …straße in P. (§§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 7, 8 UrhG). Soweit die Beklagten vorbringen, die Gestaltung habe ohne die aktive Mitwirkung von Conny van G. und der Direktion der Stiftung preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg nicht gelingen können, steht das ihrem Urheberpersönlichkeitsrecht nicht entgegen. Ob insoweit eine Miturheberschaft besteht, ist hier ohne Relevanz. Eine solche hat auf das Urheberpersönlichkeitsrecht der Beklagten gem. §§ 12 ff. UrhG keinen Einfluss (vgl. Wandtke/Bullinger/Thum, 5. Aufl. 2019, UrhG § 8 Rn. 75 ff., beck-online).
Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist aus einer Anzahl einzelner urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse gebildet. Zum Urheberpersönlichkeitsrecht im engeren Sinn gehört das Recht auf Schutz gegen Entstellung und Beeinträchtigung des Werkes gem. § 14 UrhG (vgl. Wandtke/Bullinger, UrhG vor § 12 Rn. 4, beck-online).
Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt als besonderes Persönlichkeitsrecht die enge Beziehung zwischen dem Urheber und seinem Werk. Das künstlerische Werk bringt das Wesen, die Wahrnehmung und Gefühle sowie die Einsichten seines Schöpfers in einer individuellen Form zum Ausdruck. Das Urheberpersönlichkeitsrecht bildet die Brücke zwischen dem Urheber und dem Werk, wenn dieses durch den Urheber aus seiner Sphäre entlassen wird und in den Verkehr gebracht wird, oder - wie hier bei einem Bauwerk - in die Außenwelt entlassen wird. Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt den Urheber dabei als Person in seinen persönlichen ideellen Interessen am Werk und dient nicht dem Schutz des Werkes um seiner selbst willen. Dies ergibt sich bereits aus § 11 Satz 1 UrhG, nach dem das Urheberrecht den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk schützt (vgl. Wandtke/Bullinger, 5. Aufl. 2019, UrhG vor § 12 Rn. 1-3, beck-online).
Gemäß § 14 UrhG hat der Urheber das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Gemäß § 97 Abs. 1 UrhG kann derjenige, der das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urhebergesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, von dem Verletzten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Dabei reicht es aus, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
Ein solcher Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin besteht hier indes nicht.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellt die Werkvernichtung, hier in Gestalt des Abrisses des Gebäudes, eine gravierende andere Beeinträchtigung im Sinne von § 14 Urhebergesetz dar. Danach handelt es sich bei der Entstellung nur um einen besonderen Fall der in § 14 UrhG weiter genannten Beeinträchtigung des Werks. Die in § 14 UrhG genannte andere Beeinträchtigung ist danach der tatbestandliche Oberbegriff und die gleichfalls genannte Entstellung lediglich ein Anwendungsfall dieses Oberbegriffs [BGH Urteil vom 21.02.2019 IZR 98/17 HHole (for Mannheim) Rn 31, juris; Wandtke/Bullinger/Bullinger, 5. Aufl. 2019, UrhG § 14 Rn. 25].
Ob hier der Abriss des Terrassenhauses geeignet ist, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen der Beklagten an ihrem Werk derart zu gefährden, dass die Beklagten diese Beeinträchtigung verbieten können, ist durch eine umfassende Abwägung der Interessen der Klägerin als kommunales Wohnungsunternehmen und Eigentümerin einerseits und derjenigen der Beklagten an der Integrität ihres Urheberpersönlichkeitsrechts andererseits zu ermitteln. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Das Verbietungsrecht des Urhebers auf § 14 UrhG unter dem ungeschriebenen Vorbehalt einer Abwägung der Interessen desjenigen, der in das Urheberrecht eingreifen will und den Interessen des Urhebers am Schutz seines Urheberpersönlichkeitsrechts [BGH Urteil vom 21.02.2019 IZR 98/17 HHole (for Mannheim) Rn 31 ff.].
Auf Seiten des Urhebers ist dabei zu berücksichtigen, ob es sich bei dem betroffenen Werk um das einzige Vervielfältigungsstück handelt; ferner fällt ins Gewicht, welche Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es sich um einen Gegenstand der zweckfreien Kunst handelt oder als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient.
Auf Seiten des Eigentümers fällt dabei, wenn wie hier ein Bauwerk betroffen ist, ins Gewicht, ob bautechnische Gründe oder das Interesse an einer Nutzungsänderung vorliegen. Bei Werken der Baukunst gehen die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstückes oder Gebäudes den Interessen der des Urhebers in der Regel vor, sofern sich aus den Umständen des Einzelfalls nichts anderes ergibt. Dabei kann sich im Rahmen der Abwägung auch auswirken, ob der Eigentümer dem Urheber Gelegenheit gegeben hat, das Werk zurückzunehmen, oder wenn dies nicht möglich ist, Vervielfältigungsstücke hiervon anzufertigen. Ist ein Bauwerk betroffen, so kommt im Rahmen der Interessenabwägung den Interessen des Eigentümers erhebliches Gewicht zu [BGH Urteil vom 21.02.2019 IZR 98/17 HHole (for Mannheim) Rn 39 ff.]. Grundsätzlich hat der Eigentümer das Recht, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB).
Die danach hier vorzunehmende Abwägung ergibt, dass die Interessen der Klägerin an dem Abriss des Terrassenhauses zum Zwecke eines Neubaus diejenigen der Beklagten überwiegen.
Das Terrassenhaus, das Bestandteil der Wohnanlage an der …straße ist, hat entgegen der Auffassung der Klägerin, zwar eine erhebliche Gestaltungshöhe. Es weist ein hohes Maß an individueller schöpferischer Eigenart auf. Es ist als „B.-Architektur“ erkennbar und auch als solche bekannt. Die von den Beklagten verwandten Gestaltungselemente sind als solche einzigartig und entstammen der individuellen architektonisch-künstlerischen Formensprache der Beklagten. Auch wenn das Terrassenhaus, so, wie aus den von den Parteien jeweils zu den Akten gereichten Abbildungen ersichtlich, sich gestalterische von den Schmetterlings- und Anglerhäusern abhebt, ist doch erkennbar, dass sich die Gestaltungselemente und die architektonische Formgebung als fließende und eine gewisse Leichtigkeit vermittelnde Bauweise sowohl bei dem Terrassenhaus als auch bei den übrigen Gebäuden der Wohnanlage wiederfindet. Dass die Wohnanlage als Spätwerk der Beklagten, wie die Klägerin vorträgt, möglicherweise eine künstlerisch nicht so große Bedeutung habe und auch nicht unter Denkmalschutz gestellt werden konnte, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen, hat dabei auf die individuelle Gestaltungshöhe keinen entscheidenden Einfluss. Nach der Rechtsprechung ist darauf abzustellen, ob ein solcher Grad an ästhetischem Gehalt erreicht wird, dass nach der im Leben herrschenden Anschauung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Verkehrskreise von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden kann (vgl. Wandtke/Bullinger/Bullinger, 5. Aufl. 2019, UrhG § 2 Rn. 6). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Werk der Beklagten ist kein Alltagsbau, der lediglich das bekannte architektonische Formenrepertoire wiederholt; es hebt sich vielmehr aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens heraus (vgl. Wandtke/Bullinger/Bullinger, 5. Aufl. 2019, UrhG § 2 Rn. 108, beck-online). Eine eventuelle Verantwortlichkeit der Beklagten für Baumängel des Terrassenhauses hätte allerdings, anders als die Klägerin meint, keinen Einfluss auf die Gestaltungshöhe. Diese ergibt sich allein aus den vorstehend aufgeführten Kriterien.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstückes, auf dem das Terrassenhaus errichtet ist. Sie hat als kommunales Wohnungsbauunternehmen die kommunale Aufgabe zu erfüllen, den sozialen Wohnungsbau zu fördern. Gem. § 2 Abs. 1. 2, Satz 1 BbgKVerf, hat die Gemeinde - hier die Stadt Potsdam - in ihrem Gebiet alle Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung wahrzunehmen; hierzu gehört die Verbesserung der Wohnungen der Einwohner durch den sozialen Wohnungsbau und die Förderung des privaten und genossenschaftlichen Bauens. Diese Verpflichtung der Klägerin zur Erfüllung ihrer kommunalen Aufgabe ist hier gegen das Interesse der Beklagten abzuwägen.
Das Interesse der Klägerin das streitbefangene Grundstück anderweitig zu nutzen, in dem sie das Terrassenhaus, ein Werk der Baukunst, das dem einem Gebrauchszweck sozialer Wohnungsbau dient, abreißt und einen Neubau errichtet, der den heutigen Anforderungen an einen sozialen Wohnungsbau und den Bedürfnissen des Wohnungsmarktes entspricht, geht hier den Interessen der Beklagten vor. Dabei fällt in erheblichem Maße ins Gewicht, dass das Terrassenhaus in seinem derzeitigen Zustand soweit jedenfalls unstreitig nicht nutzbar ist und für die Aufgabenerfüllung der Klägerin aus § 2 Abs. 1, 2, Satz 1 BbgKVerf derzeit nicht zur Verfügung steht. Die Klägerin hat nachvollziehbar und im Einzelnen vorgetragen, dass sie das Terrassenhaus durch einen modernen Neubau mit ca. 90 zum Teil mietpreisgebundenen Wohnungen ersetzen möchte. Aus der jedenfalls als solche nicht streitige Mangelhaftigkeit und Unbewohnbarkeit des Terrassenhauses ergibt sich für die Klägerin bereits die grundsätzliche Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, soll das Gebäude und das dazugehörige Grundstück nicht auf Dauer der Nutzung für den sozialen Wohnungsbau entzogen werden. Welche Maßnahmen die Klägerin für erforderlich hält, um ihre Aufgabe der Förderung des sozialen Wohnungsbaus nach der brandenburgischen Kommunalverfassung zu erfüllen und das in ihrem Eigentum stehende Grundstück für diese Aufgaben weiter zur Verfügung zu haben, fällt dabei in Ihren Verantwortungsbereich. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass die Klägerin mit der Abriss- und Neubaumaßnahme mehr Wohnungen schaffen möchte, als mit der Sanierung des Gebäudes. Sie trägt dazu weiter vor, dass der Zuschnitt der Wohnungen an die Bedürfnisse der Einwohner Potsdams (mehr Singlewohnungen) angepasst werden soll.
Die Klägerin hat dabei ihre Entscheidung, das Gebäude nicht weiter zu nutzen, sondern wegen erheblicher Baumängel abzureißen und einen Neubau zu errichten, auf einer objektiven Grundlage gefällt. Sie hat sich hierzu, wie sie im Einzelnen unter Vorlage der entsprechenden Gutachten ausführlich vorträgt, umfassend gutachterlich beraten lassen. Weiter hat die Klägerin umfassende und aktualisierte Wirtschaftlichkeitsberechnungen angestellt, aus denen nachvollziehbar hervorgeht, dass ein Neubau für die Klägerin wirtschaftlicher ist als eine Sanierung des Terrassenhauses.
Umstände, die gegen den Vorrang des Interesses der Klägerin an einer Nutzungsänderung des streitbefangenen Grundstückes und eines damit einhergehenden Abrisses des Terrassenhauses sprechen, liegen hier entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vor. Soweit die Beklagten gegen die Abrisspläne der Klägerin einwenden, sie hätten die Baumängel, deren Vorliegen auch teilweise bestritten werde, nicht zu verantworten, kommt es hierauf nicht an.
Grundsätzlich muss ein Eigentümer eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks, der sich zu Änderungen genötigt sieht, eine den betroffenen Urheber in seinen persönlichkeitsrechtlichen Interessen möglichst wenig berührende Lösung suchen. Hat sich der Eigentümer jedoch für eine bestimmte Planung oder Maßnahme entschieden, so ist im Rahmen der Interessenabwägung nur noch zu ermitteln, ob dem Betroffenen Urheber diese Maßnahme zuzumuten ist (BGH, Beschluss vom 09.11.2021, I ZR 216/10 – Stuttgart 21, Rn. 6, juris). Danach ist hier allein entscheidend, wie die Klägerin als Eigentümerin und kommunales Wohnungsunternehmen den Zustand des Terrassenhauses anhand der Kriterien des sozialen Wohnungsbaus und der Wirtschaftlichkeit aus ihrer Sicht einschätzt. Kommt die Klägerin danach, wie sie nachvollziehbar vorträgt, mit vernünftigen Überlegungen und hier auch umfassender gutachterlicher Beratung zu dem Schluss, dass eine Werkvernichtung als andere Beeinträchtigung gemäß § 14 UrhG für sie die richtige und einzig wirtschaftliche Maßnahme ist, um ihre kommunale Aufgabe zu erfüllen, ist nur noch zu prüfen, ob diese Maßnahme für die Beklagten zumutbar ist.
Dies ist hier der Fall.
Die Beklagten können nicht einwenden, dass eine Sanierung des Gebäudes nach ihrer Auffassung wirtschaftlicher wäre und einen geringeren Eingriff in ihr Urheberrecht darstellte. Das Risiko, dass die Maßnahme, für die sich die Klägerin hier entschieden hat, nämlich Abriss und Neubau, unwirtschaftlicher ist, als die von den Beklagten bevorzugte Sanierung, trägt hier dabei allein die Klägerin. Eine mögliche Unwirtschaftlichkeit dieser Maßnahme berührt das Urheberrecht der Beklagten nicht.
Soweit die Beklagten hiergegen weiter einwenden, die Klägerin habe ihr Plansoll längst erreicht und die Zahl der neu zu schaffenden Wohnungen falle nicht ins Gewicht, mit der Sanierung würden immerhin 38 Wohnungen geschaffen, die zur Zeit dem sozialen Wohnungsbau nicht zur Verfügung stünden, können sie damit nicht gehört werden. In welcher Weise die Klägerin ihre kommunalen Aufgaben erfüllt, liegt auch insoweit in ihrer Entscheidung. Gerichts bekannt ist, dass sich die Bedürfnisse des Wohnungsmarktes und die Anforderungen an einen sozialen und nachhaltigen Wohnungsbau seit der Errichtung der Wohnanlage an der …straße verändert haben. Dem entsprechenden Vortrag der Klägerin treten die Beklagten auch nicht entgegen. Die Beklagten müssen daher auch damit rechnen, dass sich aus den geänderten Bedürfnissen der Gesellschaft auch ein Bedürfnis nach Veränderung des Zuschnitts des sozialen Wohnungsbaus ergeben kann. Bei einem Werk der Baukunst ist im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere der Gebrauchszweck des Bauwerks zu berücksichtigen. Der Urheber eines Bauwerks weiß, dass der Eigentümer das Bauwerk für einen bestimmten Zweck verwenden möchte. Er muss daher damit rechnen, dass sich aus wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers ein Bedarf nach Veränderung des Bauwerkes ergeben kann. Danach sind öffentliche Interessen an der Veränderung eines öffentlichen Zwecken dienenden Bauwerks in die Interessenabwägung einzubeziehen, wenn diese öffentlichen Interessen zugleich eigene Interessen des Eigentümers sind (BGH, Beschluss vom 09.11.2021, I ZR 216/10 – Stuttgart 21, Rn. 7, juris).
Soweit die Beklagten die Umweltunverträglichkeit eines Abrisses vorbringen, ist dies hier nicht erheblich. Hierbei handelt es sich um Allgemeininteressen, die bei der vorzunehmenden Abwägung hier keine Berücksichtigung finden.
Letztlich kommt es hier auch nicht darauf an, ob das Gebäude Terrassenhaus auf einem separaten Grundstück steht, oder das Gesamtensemble „Bebauung an der Nuthestraße“ auf einem einzigen Grundstück steht. Wie die Klägerin ihr Bauvorhaben realisieren kann, ob die Grundstücke teilbar sind oder nicht, fällt in ihren Risikobereich und berührt das Urheberrecht der Beklagten hier nicht. Im Übrigen kommt es hierauf schon deshalb nicht an, weil die Klägerin unstreitig Eigentümerin ist.
Auch, soweit die Beklagten darauf abstellen, dass ihr mit der Sichtachse auf den Park Babelsberg korrespondiert und es sich bei diesem um ein UNESCO-Weltkulturerbe handelt, liegt darin kein Umstand, der gegen die Interessen der Klägerin spricht. Das Urheberrecht erfasst nicht die kulturlandschaftliche Einbettung des Werkes der Beklagten.
Letztlich führt es auch nicht zu einem anderen Ergebnis, wenn das Terrassenhaus nicht als separates Werk der Beklagte zu werten, sondern als Teil des Gesamtwerkes Wohnanlage an der …straße betrachtet wird. Für diesen Fall stellt der Abriss des Terrassenhauses eine Werkveränderung dar, die als Entstellung des Werkes unter § 14 UrhG zu fassen ist. Eine solche Werkveränderung müssen die Beklagte mit derselben Begründung hinnehmen, wie die Vernichtung des Terrassenhauses als Einzelwerk. Dass der Gesamteindruck der Wohnanlage durch den Abriss des Terrassenhauses (und einen Neubau wie von der Klägerin geplant) derartig verfälscht würde, dass das restliche Werk in nicht hinnehmbarer Weise entstellt würde, ist nicht anzunehmen. Die Angler- und Schmetterlingshäuser bilden bereits für sich genommen ein einheitliches Ensemble, das auch ohne das Gebäude des Terrassenhauses ein ästhetisches Gesamtbild ergibt. Dieses ist von dem Terrassenhaus deutlich abgegrenzt. Dies ergibt sich zum einen aus den zu den Akten gereichten Abbildungen. Diese zeigen, dass das Terrassenhaus bereits räumlich von den Schmetterling- und Anglerhäuser abtrennbar ist (auf Bl. 310 GA wird Bezug genommen). letztlich ergibt sich dies auch aus der zwar ähnlichen Gestaltung unter Verwendung von sich gleichenden Gestaltungselementen. Es ist aber deutlich erkennbar, dass die Gestaltung des Terrassenhauses und diejenigen der Schmetterling- und Anglerhäusern nicht dieselbe ist, sondern diese sich deutlich voneinander abheben. Eine Beeinträchtigung des Gesamteindrucks durch Abriss und Ersetzung des Terrassenhauses durch einen Neubau ist darüber hinaus auch deshalb nicht anzunehmen, weil das gesamte Ensemble von sich deutlich unterscheidender Bebauung umgeben ist (auf die Abbildung Bl. 311 GA wird Bezug genommen). Die Abtrennung des Terrassenhauses und dessen Ersetzung durch eine nach aller Wahrscheinlichkeit in der Gestaltung ebenfalls erheblich unterschiedlichen Neubau hätte daher auf den Gesamteindruck keinen entscheidenden Einfluss.
Auch, dass das Terrassenhaus über eine Schallschutzwand aus Glas sowie mit Versorgungsleitungen mit den übrigen Schmetterlingshäusern verbunden ist, ändert nichts. Die Klägerin hat nachvollziehbar vorgetragen, dass die Versorgung der Schmetterlings- und Anglerhäuser sowie auch der Schallschutz durch den Neubau weiter sichergestellt werden wird.
Das Argument der Beklagten, durch den Abriss des Terrassenhauses öffne sich die Wohnanlage zur …straße und sei daher in unzumutbarer Weise dem Verkehrslärm ausgesetzt, ist ebenfalls nicht überzeugend. Das Terrassenhaus soll durch einen Neubau ersetzt werden, sodass sich eine Öffnung nicht ergebe.
Letztlich führt auch nicht der Umstand, dass von dem Werk der Beklagten nur ein Vervielfältigungsstück existiert, dazu, dass das Interesse der Beklagten hier überwiegt. Es handelt sich hier um ein Werk der Baukunst, dass nicht zu Alltagsbauwerken, bei denen eine Vielzahl von Verrichtungen möglich und auch üblich ist, gehört. Demgemäß existiert dieses Werk der Baukunst nur einmal. Diese führt aber bei interessengerechter Abwägung nicht zu einem Unterlassungsanspruch der Beklagten. Wie sich aus den Akten ergibt, existieren zahlreiche Fotografien des Werkes der Beklagte. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Beklagten als Architekten weiter über die Pläne für Ihr Bauwerk verfügen.
Der Vortrag der Beklagten mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22.02.2022 bot keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3, 709 ZPO. Die Entscheidung zum Streitwert folgt aus §§ 3 ZPO, 48 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG.