Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 62. Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) | Entscheidungsdatum | 22.09.2022 | |
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Aktenzeichen | OVG 62 PV 3/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0922.OVG62PV3.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 75 Abs 1 Nr 4a BPersVG a.F., § 75 Abs 3 Nr 14 BPersVG a.F., § 77 Abs 2 BPersVG a.F. |
Hat der Personalrat in der Vergangenheit der Einführung einer verfahrenssteuernden Verwaltungsvorschrift zugestimmt, ist er bei einer Zuweisung nicht an die Regelung zum ausnahmsweisen Absehen von der Ausschreibung gebunden.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Februar 2022 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beteiligte durch den Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens betreffend die Zuweisung der Frau K... zum 1. September 2020 an das Jobcenter B... als Bereichsleiterin im Bereich SGB II - - und das Absehen von der Ausschreibung des zu besetzenden Dienstpostens das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt und die Beteiligte verpflichtet ist, das Mitbestimmungsverfahren unverzüglich fortzusetzen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Im Streit ist die unbefristete Zuweisung einer Tätigkeit einer Arbeitnehmerin der Bundesagentur für Arbeit in der Dienststelle unter Absehen von der Stellenausschreibung. Frau K... gehörte der Agentur für Arbeit M... an. Sie strebte aus familiären Gründen, wie die Beteiligte angibt, den Wechsel nach Berlin an. Sie war mit ihrer Tätigkeit der Dienststelle seit dem 1. November 2019 mit Wirkung bis zum 31. Januar 2021 vorübergehend zugewiesen. Der Antragsteller hatte der ihm im Juli 2019 zur Mitbestimmung unter der Nr. 244/19 vorgelegten Maßnahme zugestimmt.
Die Beteiligte legte dem Antragsteller unter dem 3. Juli 2020 den Vorgang Nr. 207/20 zur Mitbestimmung vor mit dem Ziel einer unbefristeten Zuweisung von Frau K... zum nächstmöglichen Zeitpunkt bei gleichbleibender Tätigkeit als Bereichsleiterin im Bereich SGB II, unveränderter Eingruppierung, Widerruf der bisherigen und gleichzeitiger Gewährung derselben Funktionsstufe sowie unter Verzicht auf eine Stellenausschreibung gemäß dem Hinweis, das Versetzungsgesuch diene – nicht näher erläuterten – familiären Gründen, Frau K... sei einverstanden. Die Vorlage benennt als Tatbestände, in denen nicht nur Kenntnis verschafft, sondern um Zustimmung nachgesucht wird, § 75 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4a, Abs. 3 Nr. 14 BPersVG (damaliger Fassung).
Der Antragsteller befasste sich am 6. Juli 2020 mit der Vorlage und beschloss, ihr nicht zuzustimmen. Er legte der Beteiligten seine schriftliche Begründung vom 8. Juli 2020 am selben Tag vor, unterschrieben vom stellvertretenden Vorsitzenden und einen Personalratsmitglied. Darin heißt es, die Beteiligte habe mit Schreiben vom 2. Juli 2020 abgelehnt, die Maßnahme schon im Stadium des Entwurfs zu erörtern, weshalb die Äußerungsfrist „nach § 72 Abs. 2“ nicht in Lauf gesetzt worden sei. Nach Zitaten einer Reihe von Gerichtsentscheidungen zur Erörterungspflicht, zur Vorlage von Unterlagen und zu den Kriterien der Beachtlichkeit einer Zustimmungsverweigerung berief sich der Antragsteller auf Art. 33 Abs. 2 GG, der bei jeder Personalauswahl zu beachten sei. Durch das Fehlen einer Stellenausschreibung bzw. eines Auswahlverfahrens würden alle Statusbeamten ab einer Besoldung A 11 benachteiligt. Weiterhin seien alle beauftragten und nicht beauftragten Bereichsleiter sowie Beförderungskandidaten der Teamleiterebene benachteiligt. Das HPG beinhalte beim Verzicht auf eine Dienstpostenausschreibung eine Sollregelung. Gerade wegen der Vielzahl der möglichen Potentialträger und Bewerbungskandidaten für diese Bereichsleiterstelle sei für den Antragsteller eine Besetzung mit einem qualifizierten Bewerberverfahren unabdingbar. Wegen des weiteren Inhalts des Verweigerungsschreibens wird auf Blatt 17 f. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Beteiligte erklärte dem Antragsteller mit Schreiben vom 16. Juli 2020, die Zustimmungsverweigerung sei unbeachtlich und die Maßnahme werde vollzogen. Es reiche in Bezug auf § 75 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4a BPersVG wegen des anzuwendenden Katalogs aus § 77 BPersVG nicht aus, die Benachteiligung der genannten Beschäftigten ohne konkrete Benennung und Tatsachenbelege zu rügen. Zum Absehen von der Stellenausschreibung liege eine Konstellation nach HPG 1.2 vor. Der Antragsteller habe der Anwendung des HPG 1.2 zugestimmt.
Der Antragsteller erwiderte darauf mit Schreiben vom 21. Juli 2020 unter anderem, der beauftragte Bereichsleiter M... sei konkret benachteiligt. Der Beteiligten seien die acht Bereichsleiter, darunter der eine beauftragte Bereichsleiter, bekannt. Es stimme, dass der Antragsteller der HPG 1.2 zugestimmt habe. Es handele sich um eine Sollvorschrift, bei der von der Bestenauslese abgesehen werden könne. Weiter heiße es in der Verwaltungsvorschrift, der Personalrat habe eine Richtigkeitskontrolle, ob ein genannter Ausnahmefall vorliege. Die Ermessensausübung (Interessenabwägung) sei nachvollziehbar zu dokumentieren und der Personalvertretung mitzuteilen.
Die Beteiligte bekräftigte in ihrer Antwort vom 30. Juli 2020, dass das Beteiligungsverfahren beendet sei, und erläuterte ihr Verständnis der HPG 1.2. Nach deren Ziffer 1.3 hätte sie bei dem Versetzungsgesuch aus familiären Gründen kein Ermessen gehabt. Auch gebe es in der Dienststelle keine Person, die eine vergleichbare Eignung mitbrächte.
Die Beteiligte vollzog mit Wirkung zum 1. September 2020, als die bisherige Stelleninhaberin dauerhaft ausschied, die Maßnahme. Frau K... ist mit ihrer Tätigkeit dem Arbeitsplatz der Bereichsleiterin im Bereich SGB II – – unverändert zugewiesen, auch wenn sie seit Monaten erkrankt ist.
Der Antragsteller hat aufgrund seines Beschlusses vom 4. August 2020 am 17. September 2020 beim Verwaltungsgericht Berlin ein Beschlussverfahren eingeleitet mit dem Ziel festzustellen, dass der Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens in Bezug auf die Zuweisung der Tätigkeit von Frau K... und das Absehen von der Stellenausschreibung dessen Mitbestimmungsrecht verletze und die Beteiligte verpflichtet sei, das Mitbestimmungsverfahren unverzüglich fortzusetzen.
Das Verwaltungsgericht hat die Anträge mit Beschluss aufgrund der mündlichen Anhörung vom 11. Februar 2022 zurückgewiesen. Wegen der Entscheidungsgründe wird auf die Veröffentlichung des Beschlusses – VG 72 K 12/20 PVB – in juris Bezug genommen.
Der Antragsteller hat gegen den ihm am 14. Februar 2022 zugestellten Beschluss beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 11. März 2022 Beschwerde eingelegt und diese am 11. April 2022 mit einer Begründung samt Antragstellung versehen. Der Antragsteller ist der Auffassung, die Zustimmungsverweigerung sei nicht unbeachtlich. Er meint, seine Zustimmung zum HPG im Jahr 2016 beziehe sich nach dessen Inhalt nur auf die Regelungen in dem die gemeinsamen Einrichtungen betreffenden Abschnitt 4. Der Abschnitt 1.2 gelte nur für die Agenturen für Arbeit. Wenn er der befristeten Zuweisung im Jahr 2019 zugestimmt habe, dürfe er der dauerhaften Zuweisung immer noch widersprechen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Februar 2022 aufzuheben und festzustellen, dass die Beteiligte durch den Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens betreffend die Zuweisung der Frau K... zum 1. September 2020 an das Jobcenter B... als Bereichsleiterin im Bereich SGB II - - und das Absehen von der Ausschreibung des zu besetzenden Dienstpostens das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt und die Beteiligte verpflichtet ist, das Mitbestimmungsverfahren unverzüglich fortzusetzen.
Die Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligte behauptet, der Antragsteller habe der Anwendung des HPG 1.2 in seiner Gesamtheit zugestimmt. Wie dessen Hinweis auf eine Sollregelung zeige, die im Abschnitt 4 fehle, sei er selbst davon ausgegangen. Die Beteiligte habe seit 2016 vielfach Stellenbesetzungen ohne Ausschreibung und Bestenauslese vorgenommen. Der Antragsteller habe sich in der Zustimmungsverweigerung ausdrücklich nur auf die Zuweisung bezogen und damit das Absehen von der Stellenausschreibung gebilligt. Mit Blick auf die gegen die Zuweisung angebrachten Einwände des Antragstellers seien die Voraussetzungen des § 77 BPersVG a.F. / § 78 BPersVG n.F. allesamt nicht erfüllt. Wird das Absehen von der Stellenausschreibung doch als vom Antragsteller thematisiert angesehen, dann verkenne dieser den Inhalt seiner Mitbestimmung, die auf die Einhaltung der selbst gesetzten Regeln der Dienststelle und die verbliebenen Ermessensspielräume bezogen sei. Der Antragsteller habe keine derartigen Gründe genannt. Maßgeblich sei HPG 1.2, 1.3 Abs. 3 Punkt 8 und Nr. 1.4. Danach solle von einer Dienstpostenausschreibung abgesehen werden, wenn ein Beschäftigter einen Antrag auf Zuweisung aus familiären Gründen gestellt habe. Die Hintergründe seien in der Vorlage 207/20 konkret beschrieben worden. Der Tatbestand sei erfüllt, was auch der Antragsteller nicht bezweifele.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Antragstellers und der Beteiligten sowie auf das Sitzungsprotokoll des Senats Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Der Antragsteller hat eine Beschwerde in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und rechtzeitig unter Beifügung eines Antrags mit Gründen versehen, wie es § 89 Abs. 2 ArbGG verlangt. Auf diese Bestimmung für das gerichtliche Verfahren verweist das Bundespersonalvertretungsgesetz, das wiederum gemäß § 44h Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SGB II auf gemeinsame Einrichtungen (nach § 6d SGB II als Jobcenter bezeichnet) anzuwenden ist.
Die Beschwerde des Antragstellers ist begründet, denn die Anträge des Antragstellers im gerichtlichen Beschlussverfahren sind zulässig und begründet.
Der auf eine Feststellung der konkreten Verletzung eines Mitbestimmungsrechts und – ebenfalls im Wege der Feststellung – auf die Fortführung der Mitbestimmung zielende Antrag ist in seiner konkreten Fassung zulässig. Dem Antragsteller fehlt nicht das Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) bzw. das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Tätigkeit der Arbeitnehmerin K... ist unverändert der Dienststelle zugewiesen. Der Zulässigkeit der Anträge steht auch nicht entgegen, dass die im Jahr 2020 womöglich zu Unrecht vorenthaltene weitere Mitbestimmung nach Maßgabe des Bundespersonalvertretungsgesetzes in der Fassung vom 9. Juni 2021 offensichtlich entfallen wäre (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. April 2022 – 5 P 8.20 – juris Rn. 9 und vom 3. Mai 2022 – 5 P 1.22 – juris Rn. 11). Denn die Zuweisung einer Tätigkeit und das Absehen von einer Stellenausschreibung bleiben mitbestimmungspflichtig (§ 78 Abs. 1 Nr. 7, Nr. 12 BPersVG n.F.).
Der Feststellungsantrag ist begründet. Maßgeblich ist für die Fragen, ob der Antragsteller im Jahr 2020 zur Mitbestimmung berufen war und seine Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme beachtlich versagte, das damals geltende Bundespersonalvertretungsgesetz (BVerwG, Beschlüsse vom 27. April 2022 – 5 P 8.20 – juris Rn. 11 f. und vom 3. Mai 2022 – 5 P 1.22 – juris Rn. 14 f.). Wurde einer gemeinsamen Einrichtung die Tätigkeit einer Arbeitnehmerin zugewiesen, ist mithin § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG a.F. anzuwenden (BVerwG, Beschluss vom 24. September 2013 – 6 P 4.13 – juris Rn. 15 ff.). Das Absehen von einer Stellenausschreibung war nach Maßgabe von § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a.F. mitbestimmungspflichtig (vgl. näher BVerwG, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 – 6 P 10.09 – juris Rn. 12 und vom 4. Mai 2012 – 6 PB 1.12 – juris Rn. 4 ff.).
Der Antragsteller hat in seiner rechtzeitig innerhalb von zehn Arbeitstagen der Beteiligten schriftlich mitgeteilten Zustimmungsverweigerung hinreichende Gründe dargelegt, die es ausschließen, die Maßnahme unter den Gesichtspunkten der Zuweisung und des Absehens von einer Stellenausschreibung als gebilligt anzusehen (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 3, 5 BPersVG a.F.). Der Antragsteller hat allein die ihm von der Beteiligten ebenfalls zur Mitbestimmung unterbreiteten Entgeltfragen nicht behandelt.
Nach der Überzeugung des Senats befasste sich der Antragsteller in dem hier allein zu würdigenden Schreiben vom 8. Juli 2020 nicht nur mit dem Mitbestimmungstatbestand der Zuweisung. Darauf mag zwar der erste Absatz seines Schreibens hindeuten, der nach der Auflistung einer Reihe von Mitbestimmungsnormen weiter lautet: „… beschlossen, dass hinsichtlich der geplanten Maßnahme der Vorlage 207/2020 (Zuweisung von der Agentur für Arbeit B__ zum Jobcenter B... für Frau K...) die Zustimmung nicht erfolgt. [Absatz] Begründung: …“. Der Antragsteller charakterisiert mit seinem Klammerzusatz jedoch den Inhalt der Vorlage. Die dauerhafte „Zuweisung“ Frau K... erscheint als der Lebenssachverhalt, der verschiedene Mitbestimmungstatbestände berührt. Das entspricht einem verbreiteten Sprachgebrauch („bei einer Versetzung / Zuweisung muss neu eingruppiert werden“). Der Antragsteller spiegelt mit seiner Sichtweise auch die Mitbestimmungsvorlage der Beteiligten, die unter der Überschrift „vorgesehene Maßnahme“ die Zuweisung in einem ersten Formularkasten nennt. In einem davon abgesetzten Kasten fasst die Beteiligte drei Aspekte (Tätigkeitsübertragung, Zustimmung zur Eingruppierung, Zustimmung zum Verzicht auf Stellenausschreibung) zusammen und schließt zwei weitere Kästen zu Funktionsstufen an. Dabei heißt es in der Mitbestimmungsvorlage sogar „unter Verzicht auf Stellenausschreibung“. Die mit „unter“ einsetzende Formulierung erscheint wie ein Annex. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu einleuchtend ausgeführt, dass dieser Mitbestimmungstatbestand ausnahmsweise in einem Unterlassen zu sehen sei und die Mitbestimmungspflicht überhaupt erst durch eine beabsichtigte Handlung der Dienststellenleitung aktiviert werde müsse, wozu auch eine Zuweisung gehöre (BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 – 5 P 7.19 – juris Rn. 12, 14). Betrachtet man die Erwägungen im Schreiben vom 8. Juni 2020, soweit sie sich nicht im Zitieren von Gerichtsentscheidungen erschöpfen, geht es dem Antragsteller um Benachteiligungen von Beschäftigtengruppen, die mangels Stellenausschreibung und anschließendem Auswahlverfahren keine Chance erhalten. Das Fehlen der Ausschreibung ist der Kern der knappen Argumentation. Das musste auch der Beteiligten deutlich geworden sein. Eine sich dazu in Widerspruch setzende konkludente Erklärung des Antragstellers, er sei mit dem Absehen von der Ausschreibung einverstanden und begnüge sich damit, diesen Aspekt bei der Zuweisung geltend zu machen, liegt fern. Ein solches Erklärungsbewusstsein ist vom Empfängerhorizont der Beteiligten auszuschließen. Denn nach dem Gesamteindruck ist das Schreiben vom 8. Juli 2020 nicht durch einen derartigen Feinsinn geprägt. Allenfalls könnte ein Empfänger annehmen, der Erklärende habe aus Versehen einen notwendigen Teil der Äußerung unterlassen und nehme damit der Rüge, es fehle die Ausschreibung, unfreiwillig die Beachtlichkeit. Das liegt jedoch nicht nahe. Außerdem verbietet sich eine solche Deutung des empfangenen Schreibens wegen des Gebots vertrauensvoller Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BPersVG a.F.).
Behandelt die Zustimmungsverweigerung nach der schriftlichen Begründung sowohl die Zuweisungsabsicht als auch die ebenfalls zur Mitbestimmung unterbreitete Absicht, von der Stellenausschreibung abzusehen, so folgt die Feststellung, ob die Verweigerung jeweils mit beachtlichen Gründen erfolgte, unterschiedlichen Regeln. Für § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG a.F. ist § 77 Abs. 2 BPersVG a.F. maßgeblich, der ausdrücklich nur in den Fällen der §§ 75 Abs. 1, 76 Abs. 1 BPersVG a.F. anzuwenden ist. Wird die Zustimmung zur Zuweisung aus einem Grund verweigert, der außerhalb des Versagungskatalogs liegt, ist die Verweigerung unbeachtlich.
Für § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a.F. fehlt ein ausdrücklicher Versagungskatalog. Das hat nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Folge, dass die Personalvertretung mit ihren Gründen für eine Verweigerung nicht auf den genannten Versagungskatalog beschränkt ist, sondern auch andere Gründe beachtlich sein können, gleichwohl nicht jeder denkbare Grund die Verweigerung stützt. Unbeachtlich sind zumindest diejenigen Gründe, die offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung liegen (vgl. näher BVerwG, Beschluss vom 30. April 2001 – juris 6 P 9.00 – juris Rn. 21; Beschluss vom 17. September 2019 – 5 P 6.18 – juris Rn. 19 f.).
Es ist höchstrichterlich anerkannt, dass ein unter Verletzung des § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a.F. erfolgtes Absehen von der Ausschreibung einen Gesetzesverstoß im Sinn von § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG a.F. darstellt, der gegenüber der beabsichtigten Zuweisung geltend gemacht werden kann (BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 – 5 P 7.19 – juris Rn. 12). Wäre von demselben Personalrat dem Absehen von der Ausschreibung zugestimmt worden, läge keine Verletzung der genannten Vorschrift vor, wäre ein dahingehender Vortrag im Kontext der Zuweisung unbeachtlich. Dazu braucht nicht der Rechtsgedanke eines unzulässigen widersprüchlichen Verhaltens bemüht zu werden. Ist hingegen beim Absehen von der Ausschreibung ein Mitbestimmungsverfahren noch offen, ist der entsprechende Einwand bei der Zuweisung beachtlich.
Die Mitbestimmungspflicht aus § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG ist allerdings nicht in jedem Fall gegeben. Sie setzt nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass zu besetzende Stellen üblicherweise ausgeschrieben werden. Eine solche Übung kann einer grundsätzlichen Verpflichtung folgen, die sich aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften ergibt, oder auf ständiger Verwaltungspraxis beruhen (BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 6 P 10.09 – juris Rn. 12). Wie die Beteiligte in ihrer Beschwerdeerwiderung selbst äußert, sieht das HPG 1.2 eine generelle Ausschreibungspflicht vor.
Ist eine Ausschreibung nach Rechts- oder Verwaltungsvorschriften grundsätzlich verpflichtend, greift die Mitbestimmung auch dann ein, wenn die Dienststellenleitung von einem Ausnahmefall ausgeht. Das ist unabhängig davon,ob die Nichtvornahme der Ausschreibung nach dem zugrundeliegenden Regelwerk auf einer zwingenden Ausnahme beruht oder in das Ermessen der Dienststellenleitung gestellt wird. Die Beteiligung des Personalrats im Zusammenhang mit der Stellenausschreibung rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass die Auswahl der Person, mit der eine freie Stelle besetzt wird, in der Regel das berufliche Fortkommen oder sonstige berufsbezogene Belange und Vorstellungen anderer in der Dienststelle Beschäftigter berührt und deswegen ein schutzwürdiges kollektives Interesse daran besteht, sicherzustellen, dass sich nach Möglichkeit jeder interessierte Beschäftigte an der Bewerberkonkurrenz beteiligen kann. Diesem Schutzgedanken wird am ehesten entsprochen, wenn sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats auch auf die Frage erstreckt, ob die beabsichtigte Nichtvornahme der Ausschreibung als eine zwingende Ausnahme nach dem zugrundeliegenden Regelwerk berechtigt ist. Die Beteiligung des Personalrats bleibt unvollständig, wenn ihm eine entsprechende Richtigkeitskontrolle vorenthalten wird (wie vorstehend BVerwG, Beschluss vom 4. Mai 2012 – 6 PB 1.12 – juris Rn. 6). Steht die Ausnahme sogar im Ermessen der Dienststellenleitung, darf die Personalvertretung darauf achten, dass verbleibende Ermessensspielräume sachgerecht genutzt werden (BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 6 P 10.09 – juris Rn. 26).
Der Senat kann nicht erkennen, dass der Antragsteller sich mit seiner Begründung für die Weigerung, der Maßnahme gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG zuzustimmen, außerhalb des Schutzzwecks der Mitbestimmung bewegte. In Rede steht eine Ermessensvorschrift. Die Beteiligte meint in der Beschwerdeerwiderung, sie habe sich an die Ausnahmeregelung im HPG 1.2, Nr. 1.3 Abs. 3 Punkt 8 und Nr. 1.4 gehalten. Danach solle zur Realisierung von Versetzungs- und Umsetzungsanträgen von sogenannten Statusbewerberinnen bzw. -bewerbern auf eine Ausschreibung und damit auf eine Bestenauslese verzichtet werden. Wenn etwas unterbleiben soll, bleibt eine Ausnahme nach Ermessen möglich. Darauf zielte der Antragsteller mit seiner Begründung vom 8. Juli 2020, in welcher er die Sollregelung nach dem HPG ausdrücklich ansprach. Er argumentierte zugunsten der Statusbeamten ab der Besoldungsgruppe A 11, mithin für avancierte Beamte des gehobenen Dienstes. Er verwendete sich weiter für beauftragte und nicht beauftragte Bereichsleiter sowie Beförderungskandidaten der Teamleiterebene, schrieb von Potenzialträgern. Der Antragsteller nannte in diesem Zusammenhang ein qualifiziertes Bewerberverfahren für unabdingbar. Er hielt erkennbar eine Ausnahme von der Ausnahme für sachgerecht bei Führungspositionen. Das ist nicht unbeachtlich. Ob es im konkreten Fall sachgerecht erscheint, wird im weiteren Mitbestimmungsverfahren zu entscheiden sein.
Das Recht zur Mitbestimmung über das Absehen von der Ausschreibung hat der Antragsteller in dem von der Beteiligten angenommenen Ausnahmefall nicht etwa dadurch verloren, dass er im Jahr 2016 der Anwendung des Handbuchs Personalrecht / Gremien in der Dienststelle zustimmte. Der Senat kann den Streit zwischen dem Antragsteller und der Beteiligten offenlassen, in welchem Umfang der Personalrat der Anwendung damals zustimmte und ob die Zustimmung nur die damalige Fassung betraf oder nachfolgende Änderungen einschloss. Denn sogar eine umfassende Zustimmung bindet den Personalrat nicht.
Eine Bindung müsste normativ zu begründen sein. Fehlt es daran, ist das Gremium in der Beschlussfassung frei, selbst wenn keine Personalratswahl inmitten läge. Gemäß § 75 Abs. 3 BPersVG a.F. hat der Personalrat in jedem Einzelfall dieses Absatzes oder aber „gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen“ mitzubestimmen. Mit dem Abschluss einer Dienstvereinbarung ist die Mitbestimmung des Personalrats nach den einschlägigen Mitbestimmungstatbeständen abgegolten (vgl. Berg, in: Altvater/Baden/Baunack u.a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 73 Rn. 12; Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 14. Aufl. 2018, § 75 Rn. 78). Dazu kam es hier nicht (vgl. § 73 Abs. 1 BPersVG a.F.). Die (von Rechts wegen geboten gewesene oder nur faktisch eingeräumte) Mitwirkung oder Mitbestimmung bei der Einführung einer Verwaltungsvorschrift hat nicht dieselbe Wirkung.
Das Ergebnis wäre nicht anders, wenn der Antragsteller das Handbuch Personalrecht / Gremien als bindend hinnehmen müsste. Denn im vorliegenden Fall lehnte sich der Antragsteller nicht gegen dessen Anwendung auf, sondern berief sich umgekehrt auf die danach einschlägige Bestimmung und hielt lediglich eine andere Ermessensentscheidung für sachgerecht als die Beteiligte.
Da die Beteiligte das Recht des Antragstellers aus § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a.F. verletzt hat, ist auch die Verweigerung der Zustimmung zur Zuweisung aus dem oben genannten Grund beachtlich.
Ein Antrag des Antragstellers, die Beteiligte zu verpflichten, das Mitbestimmungsverfahren unverzüglich fortzusetzen, wäre statthaft und wegen der Außerachtlassung der Zustimmungsverweigerung begründet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2011 – 6 P 4.10 – juris Rn. 36; Gronimus, Das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren, 2017, § 80 ArbGG Rn. 299 f.). Es ist ebenso möglich, die Verpflichtung zur unverzüglichen Fortsetzung der Mitbestimmung zum Gegenstand eines Feststellungsantrags zu machen (wie BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2022 – 5 P 1.22 – juris Rn. 16; enger Gronimus, a.a.O. Rn. 299). Der hier gestellte Feststellungsantrag ist aus den oben genannten Erwägungen begründet. Die Beteiligte wird die Angelegenheit der Trägerversammlung vorzulegen haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. September 2013 – 6 P 4.13 – juris Rn. 31). Maßgeblich ist nunmehr das Bundespersonalvertretungsgesetz in der Fassung vom 9. Juni 2021 (BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2022 – 5 P 1.22 – juris Rn. 16).
Die Rechtsbeschwerde ist mangels eines Grunds (§ 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG) nicht zuzulassen. Die Behauptung der Beteiligten, die in der mündlichen Anhörung erörterte Lösung weiche von der ganz verbreiteten Praxis in den gemeinsamen Einrichtungen Deutschlands ab, zeigt eine grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend auf. Hat das Bundesverwaltungsgericht die fallentscheidenden Rechtsfragen – wie hier – bereits beantwortet, liegt die von der Beteiligten erhoffte grundsätzliche Klärung bereits vor.