Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 05.10.2022 | |
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Aktenzeichen | 13 WF 166/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:1005.13WF166.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 18.08.2022 - 21 F 30/22 - wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
I.
Die Antragstellerin beanstandet die Abweisung ihres gegen die erkennende Richterin gerichteten Ablehnungsgesuchs.
Mit Schriftsatz vom 22.07.2022 (Bl. 63) hat sie die zuständige Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und sich dabei auf zwei Ausführungen in der richterlichen Verfügung vom 05.07.2022 (Bl. 61) gestützt. Aufgrund des Hinweises der Richterin, den Vorschlag der Antragstellerin, ihre Drogenabstinenz nicht mittels Haaranalyse, sondern mittels Urintests zu beweisen, als Versuch der Verschleierung eines andauernden Drogenkonsums zu bewerten, weil die - nach mehrmaligen Versuchen gescheiterte - Beweisaufnahme mittels Haaranalyse die zuverlässigeren Feststellungen ermöglicht hätte, fühle sie sich vorverurteilt. Die Ankündigung eines Umgangsausschlusses für den Fall der Nichtrücknahme des verfahrenseinleitenden Umgangsantrags der Antragstellerin empfinde sie als unverhohlene Drohung.
Die Richterin hat zum Ablehnungsgesuch unter dem 25.07.2022 (Bl. 66) Stellung genommen.
Durch die angefochtene Entscheidung vom 18.08.2022 (Bl. 70) hat das Amtsgericht das Ablehnungsgesuch als unbegründet abgelehnt, der hiergegen gerichteten Beschwerde der Antragstellerin vom 05.09.2022 (Bl. 76, 82) mit Beschluss vom 20.09.2022 (Bl. 86) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß §§ 6 Abs. 2 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet.
Die beanstandeten Äußerungen der abgelehnten Richterin in ihrer Verfügung vom 05.07.2022 sind auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 28.07.2022 (Bl. 67) und ihrer Beschwerdebegründung (Bl. 82) nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.
Die Beanstandung, dass sich die Richterin in ihrer Verfügung vom 05.07.2022 gegenüber dem Vorschlag der Antragstellerin, anstelle einer Haaranalyse einen Urintest zum Nachweis der Drogenfreiheit durchzuführen, mit unzutreffender Begründung ablehnend positioniert habe, betrifft die Art und Weise der amtswegigen Tatsachenermittlung des Gerichts (§ 26 FamFG) und damit die richterliche Verfahrensführung. Bei dem das Umgangsverfahren beherrschenden Amtsermittlungsgrundsatz hat das Gericht die für erforderlich gehaltenen Beweise gemäß §§ 29, 30 FamFG zu erheben und daraus im Wege der freien Beweiswürdigung (§ 37 FamFG) die entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen (BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel, 43. Ed. 1.7.2022, FamFG § 26 Rn. 34).
Richterliche Hinweise - zu denen die in der Verfügung vom 05.07.2022 mitgeteilte Absicht der abgelehnten Richterin, dem Vorschlag der Antragstellerin, mittels Urintests ihre Drogenabstinenz zu beweisen, nicht nachzugehen, zählt (§§ 28, 37 Abs. 2 FamFG), sind grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, auch wenn ihr Inhalt für den Rechtsstandpunkt einer Partei nachteilig sein mag. Die mutmaßlich oder tatsächlich fehlerhafte Rechtsauffassung des Richters - auch in Ansehung der Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen - ist Gegenstand der hierfür vorgesehenen Rechtsmittel in der Sache (BeckOK ZPO/Vossler, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 42 Rn. 23). Ein Ablehnungsgesuch kann deshalb grundsätzlich nicht erfolgreich auf die Verfahrensweise oder die Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden (BVerfGE 42, 64; OLG Brandenburg, 1.Zivilsenat, BeckRS 2019, 13894; BGH NJW-RR 2012, 61; OLG Dresden BeckRS 2020, 16869; BeckOK ZPO/Vossler, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 42 Rn. 22, 23). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur in den Fällen in Betracht, in denen die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidung des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen Grundsätzen entfernen, dass sie aus der Sicht der Partei nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch jedenfalls sachfremden Einstellung des Richters erwecken (OLG Dresden BeckRS 2020, 16869; OLG Hamm BeckRS 2019, 8631; KG NJW-RR 2006, 1577; BeckOK ZPO/Vossler ZPO § 42 Rn. 17). Dies lässt sich vorliegend nicht feststellen.
Die Auffassung der Richterin, aus der Bereitschaft der Antragstellerin, Urintests durchzuführen, auf ein Andauern ihres Drogenkonsums zu schließen und aufgrund dessen keine weiteren Feststellungen zur Kindeswohlschädlichkeit des in Rede stehenden Umgangs treffen zu müssen, ist vor dem Hintergrund des unstreitigen vorangegangenen mehrfachen Fehlschlagens einer Beweisaufnahme mittels Haaranalyse, die die Richterin nachvollziehbarerweise für beweiskräftiger hält als Urintests, ungeachtet der Gründe für das mehrmalige Fehlschlagen der Haaranalyse nicht vollkommen fernliegend und daher weder sachfremd noch willkürlich. Die Richterin hat in ihrer Verfügung vom 05.07.2022 die für beachtlich gehaltenen Umstände, deretwegen sie die Antragstellerin für das Fehlschlagen der Haaranalyse verantwortlich macht, ausführlich dargelegt und dadurch - zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - der Stellungnahme der Antragstellerin anheimgestellt. Sachfremde Erwägungen sind dabei nicht zu erkennen.
Auch die sich daran anschließende Ankündigung der Richterin, bei Ausbleiben einer Antragsrücknahme einen Umgangsausschluss anzuordnen, lässt eine auf Willkür beruhende Benachteiligung der Antragstellerin nicht erkennen. Eine Empfehlung zur Antragsrücknahme zählt zur materiellen Prozessleitung und rechtfertigt grundsätzlich nicht den Vorwurf einseitiger Parteinahme (OLG Stuttgart MDR 2000, 50; MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 42 Rn. 59). Die daran geknüpfte Ankündigung einer nachteiligen instanzbeendenden Entscheidung ist jedenfalls im Fall der anwaltlich vertretenen Antragstellerin, die sich unverzüglich über die Möglichkeiten, dagegen Rechtsmittel einzulegen, informieren kann, schon nicht geeignet, den Vorwurf einer unsachgemäßen Unterdrucksetzung zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.