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Einzelhandelsgeschäft; Spätverkauf (Späti); gemischter Betrieb; Schank- und Speisewirtschaft; Gaststätte; gaststättenrechtliche Erlaubnis; rechtliche Eigenständigkeit; kein bloßer Annex; Probleme der Überwachung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 21.01.2020
Aktenzeichen OVG 1 S 80.19 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2020:0121.1S80.19.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 80 Abs 5 S 1 VwGO, § 8 Abs 3 LÖG BE, § 6 Abs 1 LÖG BE

Leitsatz

1. Bei einem aus Einzelhandel und Gaststätte zusammengesetzen Betrieb (sog. Mischbetrieb) ist der Gaststättenbetrieb grundsätzlich nicht an die Verkaufszeiten des Einzelhandelsgeschäfts nach dem Berliner Ladenöffnungsgesetz gebunden, sondern unterliegt den gaststättenrechtlichen Regelungen. Dies gilt auch hinsichtlich des sog. Gassenschanks nach § 7 Abs. 2 GastG, wonach die Abgabe bestimmter Waren an jedermann über die Straße zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch außerhalb der Ladenschlusszeiten zulässig ist.

2. Obwohl der Einzelhandelsbetrieb dem Ladenöffnungsgesetz unterfällt, bedeutet dies nicht, dass ein gemischter Betrieb an Sonn- und Feiertagen insgesamt schließen muss mit der Folge, dass dadurch auch der nicht an die Ladenschlusszeiten gebundene Teil des Betriebes zum Erliegen kommt. Der nicht § 7 Abs. 2 GastG unterfallende Einzelhandelsbetrieb muss lediglich in einer für die Kundschaft erkennbaren Weise eingestellt werden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. August 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde werden dem Antragsgegner auferlegt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

I. Der Antragsteller betreibt einen angemeldeten Einzelhandel mit Backwaren, Lebensmitteln, verschlossenen alkoholischen Getränken, Tabakwaren, Schank- und Speisewirtschaft (sog. Spätverkaufsstelle) sowie in denselben Räumlichkeiten eine erlaubte Schankwirtschaft mit der besonderen Betriebsart „in Verbindung mit einem Einzelhandels-Geschäft“. Nachdem wiederholt festgestellt wurde, dass der Betrieb an Sonntagen für den geschäftlichen Verkehr geöffnet gewesen war, untersagte das Bezirksamt dem Antragsteller mit insoweit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 25. Juni 2019, die Betriebsstätte für den geschäftlichen Verkehr an allen Sonn- und Feiertagen sowie am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt, zu öffnen. Wenn der 24. Dezember auf einen Werktag fällt, sei die Betriebsstätte ab 14:00 Uhr zu schließen.

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des dagegen erhobenen Widerspruchs hinsichtlich der Schließungsverfügung für den Gaststättenbetrieb vollumfänglich wiederhergestellt; für den Einzelhandelsbetrieb gelte dies nur insoweit, als eine Ausnahme nach § 6 BerlLadÖffG vorliege. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung werde sich der auf § 8 Abs. 3 des Berliner Ladenöffnungsgesetzes (BerlLadÖffG) gestützte Bescheid mit hoher Wahrscheinlichkeit nur teilweise als rechtmäßig erweisen. § 3 Abs. 2 Nr. 1 BerlLadÖffG, wonach Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich geschlossen sein müssen, sei auf den Gaststättenbetrieb nicht anwendbar. Es sei nicht verboten, einen Einzelhandel sowie eine Schank- und Speisewirtschaft in denselben Räumen zu betreiben. Bei einem solchen Mischbetrieb behielten die Gewerbe trotz des teilweise identischen Warenangebots ihre rechtliche Eigenständigkeit und unterfielen dem jeweils für sie geltenden Regelungsregime. Dies gelte unabhängig davon, ob ein Betriebsteil den anderen überwiege. Anders verhalte es sich nur, wenn der Inhaber eines gemischten Betriebs das Gaststättengewerbe ernstlich nicht betreibe, sondern nur der Form halber angemeldet habe, um den Warenhandel außerhalb der Ladenöffnungszeiten in unzulässiger Weise fortzusetzen. Dasselbe könne gelten, wenn sich der Gaststättenbetrieb räumlich und nach seinem Zweck als bloß nebensächlicher Annex zu dem Ladengeschäft darstelle. Beide Ausnahmefälle seien hier nicht gegeben. Ohne gesetzliche Ermächtigung bestehe keine rechtliche Möglichkeit, den Ausschankbetrieb an die Verkaufszeiten des Einzelhandels zu binden. Daher müsse der Inhaber eines gemischten Betriebs die Räumlichkeiten nicht insgesamt abschließen mit der Folge, dass dadurch der nicht an die Ladenschlusszeiten gebundene Gaststättenbetrieb zum Erliegen komme. Während der Ladenschlusszeiten müsse der Einzelhandel lediglich in einer für die Kundschaft erkennbaren Weise eingestellt werden. Dass dies zu besonderen Problemen bei der Überwachung derartiger Betriebe führe, sei nicht zu verkennen, entspreche aber der Rechtslage. Auf den Einzelhandelsbetrieb sei das Öffnungsverbot an Sonn- und Feiertagen hingegen anwendbar. Hiergegen habe der Antragsteller auch verstoßen, indem er seinen Einzelhandel sonntags betrieben habe. Aber auch hinsichtlich des Einzelhandelsbetriebs gehe die Schließungsverfügung zu weit, als eine Öffnung an allen Sonn- und Feiertagen pauschal untersagt worden sei, denn bei Vorliegen der Ausnahmetatbestände nach § 6 Abs. 1 und 2 BerlLadÖffG dürfe der Einzelhandelsbetrieb auch sonn- oder feiertags öffnen.

Hierauf hat der Antragsgegner mit Änderungsbescheid vom 16. September 2019 die Öffnung der Betriebsstätte für den geschäftlichen Verkehr „an allen Sonn- und Feiertagen mit der Ausnahme der Sonn- und Feiertagsöffnung nach § 6 Abs. 1 und Abs. 2 BerlLadÖffG“ untersagt und im Übrigen Beschwerde erhoben.

II. Das für die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4Satz 3 und 6 VwGO maßgebliche Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Änderung des angegriffenen Beschlusses.

Dass der Regelungszweck der Schließungsverfügung ausschließlich in der Durchsetzung des Sonn- und Feiertagsöffnungsverbots im Einzelhandelszweig des Antragstellers liege, der gegen dieses Verbot bereits in den Jahren 2015, 2016 und 2018 anhaltend verstoßen habe und zur Beschränkung seines Betriebs auf den an Sonn- und Feiertagen zulässigen Gaststättenbetrieb nicht bereit sei; ferner, dass eine Beschränkung der Schließungsverfügung auf den Einzelhandelsbetrieb nicht möglich sei, weil die Ausübung der Gewerbezweige in denselben Räumlichkeiten stattfinde und der Antragsteller die Aussonderung der Einzelhandelswaren aus den Räumlichkeiten außerhalb der Ladenöffnungszeiten ablehne, stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage, dass sich das Öffnungsverbot an Sonn- und Feiertagen auch auf den Gaststättenbetrieb erstrecke, jedoch ohne besondere gesetzliche Ermächtigung nicht auf das Ladenöffnungsrecht gestützt werden könne.

Das Verwaltungsgericht ist insofern der - soweit ersichtlich - ganz überwiegenden Rechtsansicht in Rechtsprechung und Literatur gefolgt (vgl. die Nachweise im angegriffenen Beschluss, juris Rn. 23). Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe sich nicht hinreichend mit der von ihm zitierten Kommentierung (Michel/Kienzle/ Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, § 1 Rn. 53 a.E.) auseinandergesetzt, worin ausgeführt werde, dass bei einem Mischbetrieb dem Ladenschlussrecht Vorrang vor der Sperrzeitreglung zukomme, wenn der Betrieb des einen Gewerbebetriebs notwendigerweise gegen ein für den anderen Gewerbezweig erlassenes Verbot verstoße, übergeht, dass das Gericht auf diese Kommentarstelle ausdrücklich eingegangen und sie in Richtung der sog. Annex-Rechtsprechung (siehe dazu I. und nachfolgend II.3.) interpretiert hat. Dies liegt angesichts des Schlusssatzes nahe, wonach „das Gaststättengewerbe … sich räumlich und nach seinem Zweck nicht als (bloßer) nebensächlicher Annex zum Verkaufsgeschäft darstellen darf.“ Damit setzt sich die Beschwerde entgegen § 146 Abs. 4Satz 3 VwGO nicht auseinander. Abgesehen davon folgt die Kommentierung an anderer Stelle der allgemeinen Ansicht. Es sei gerade die Ansicht des Gesetzgebers gewesen, diejenigen Betriebe, deren Hauptleistung im Warenverkauf besteht, in § 7 Abs. 2Nr. 2 GastG zu erfassen. Hierin liege eine zulässige Durchbrechung des Ladenschlussgesetzes (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, a.a.O., § 7 Rn. 10 m.w.N.). In dem von Pauly (a.a.O.,Fußn. 25 und 27) in Bezug genommenen Entwurf eines Gaststättengesetzes vom 21. Januar 1966 (BT-Drs. V/205, S. 15) heißt es hierzu, dass „der Gesetzgeber … die unter das Gaststättengesetz fallenden Betriebe nicht den Vorschriften über den Ladenschluß unterworfen hat“ (vgl. auch die Pressemitteilung des BGH Nr. 135/2019 vom 17. Oktober 2019 zur ähnlich gelagerten Problematik unter Wettbewerbsaspekten beim zulässigen Sonntagsverkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit Cafébetrieb).

Dass die Schließungsverfügung für die Verkaufsstelle zugleich die Öffnung der Gaststätte praktisch unmöglich mache, was nicht dazu führen könne, dass die erforderliche Maßnahme nach § 8 Abs. 3 BerlLadÖffG nicht getroffen werden könne, greift ebenfalls nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat nicht entschieden, dass eine rechtmäßige Schließungsverfügung für die Verkaufsstelle in einem Mischbetrieb generell nicht durchsetzbar sei, wenn dessen Inhaber durch das Anbieten von Waren beharrlich gegen das Sonntagsverkaufsverbot verstoße, sondern lediglich erkannt, dass die Schließung (auch) des Gaststättenbetriebs nicht auf § 8 Abs. 3 BerlLadÖffG gestützt werden könne. Dass die Durchsetzung der Ladenschlusszeiten bei Mischbetrieben auf faktische Probleme stoße, hat das Gericht gesehen. Dies ändert an der zu beachtenden Rechtslage jedoch nichts.

Bereits das Bundesverwaltungsgericht hatte in seiner Trinkhallenentscheidung vom 9. Juni 1960 - I C 41.56 - (NJW 1960, 2009 ff.) ausgeführt, dass die Frage, welches Warenangebot einem gemischten Betrieb das Gepräge verleihe oder überwiege, für die das Ladenschlussrecht verdrängende Anwendbarkeit des Gaststättengesetzes grundsätzlich keine Bedeutung habe. Die Sachlage wäre nur dann anders zu beurteilen, wenn der Inhaber den Getränkeausschank ernstlich nicht betreiben wolle, sondern nur der Form halber angemeldet habe, um seinen Warenhandel nach Ladenschluss auf diese Weise in unzulässiger Weise fortzusetzen. Diese Ausnahme, wonach der Getränkeausschank nicht ein bloßer Annex des Einzelhandelsbetriebs sein darf, hat das Verwaltungsgericht in den Blick genommen und mit zutreffenden Erwägungen verneint. Die Beschwerde überzeugt nicht damit, dass das Verwaltungsgericht die Grundsätze „der Gepräge-Rechtsprechung“ durchaus auf andere Mischbetriebe übertragen habe, in denen eine Gaststätte betrieben worden sei. Dem hierfür in Bezug genommenen Urteil der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. Mai 2019 - 4 K 357.18 - (juris Rn. 16 unter Hinweis auf eine parallel gelagerte Konstellation im Beschluss vom 21. Juli 2015 - VG 4 L 178.15 - BA S. 7 ff.) lag ein anderer und nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, wonach dem dortigen Gaststättenbetrieb „hinsichtlich seiner Größe im Verhältnis zum Einzelhandelsgeschäft lediglich (eine) untergeordnete Bedeutung“ zukam. Nach den Ausführungen im angegriffenen Beschluss (juris Rn. 22), auf die gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen werden kann, kann von einer solchen minimalen „Schein-Gaststätte“ hier keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht hat überzeugend herausgestellt, dass bereits die Existenz der Gaststättenerlaubnis, die der Antragsgegner zuletzt um eine Sperrzeitvorverlegung für den Schankvorgarten ergänzt und damit gezeigt habe, dass er selbst von einem tatsächlich stattfindenden Gaststättenbetrieb ausgehe, für die Existenz einer Gaststätte spreche. Entgegen der Beschwerde kann der Schankvorgarten mit immerhin ca. 72 Sitzmöglichkeiten sowie der damit ermöglichte Umsatz nicht ausgeblendet werden. Sofern die Benutzung des Schankvorgartens in der kalten Jahreszeit wegfällt oder eingeschränkt ist, wird das Sitzplatzangebot im Verkaufs- und Gastraum auf neun Plätze erhöht. Dass keine Getränke-/Speisekarten ausliegen und keine Gläser für den Ausschank bereitstehen sollen und stattdessen Preistafeln aushängen sowie Coffee-to-go- oder Einweg-Plastikbecher ausgegeben würden, steht der Annahme eines nicht nur vorgeschobenen Gaststättenbetriebs ebenso wenig entgegen wie die Selbstbedienung der Gäste und der Umstand, dass der Innenraum von Waren aller Art dominiert wird. Dass sich das Warenangebot auch an Kunden richte, die die Waren nicht sofort verzehrten, ist für die rechtliche Einstufung des Betriebs (auch) als Gaststätte ohne Belang. Im vorliegenden Fall kann ebenso wenig wie im Trinkhallenurteil des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) an der Ernstlichkeit des Willens des Antragstellers gezweifelt werden, seine Einnahmen mit Hilfe des Getränkeverkaufs zu vergrößern.

Die Forderung der Beschwerde, dass für einen Mischbetrieb aus Verkaufsstelle und Schankwirtschaft nicht andere Grundsätze als bei einer reinen Verkaufsstelle mit wechselndem Warenangebot gelten könnten (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 30. April 2012 - OVG 1 S 67.12 - und vom 16. Mai 2019 - OVG 1 S 26.19 - jeweils juris), verfängt nicht. Dies folgt bereits daraus, dass das Gaststättengesetz, welches das Berliner Ladenöffnungsgesetz in seinem Anwendungsbereich verdrängt, auf reine Verkaufsstellen nicht anwendbar ist. Hinzu kommt, dass das an einem Sonn- oder Feiertag ausnahmsweise zulässige Warenangebot nach §§ 4 bis 6 BerlLadÖffG in der Regel enumerativ beschränkt ist (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 BerlLadÖffG sowie Senatsurteil vom 19. April 2018 - OVG 1 B 17.17 - juris). Zusätzlich zu dieser Beschränkung dürfen - etwa in § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BerlLadÖffG - nur Artikel verkauft werden, die dem in der Ausnahmebestimmung genannten Bedarf entsprechen, so dass der Betrieb insgesamt auf diesen Bedarf ausgerichtet sein muss (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Mai 2019, a.a.O., juris Rn. 8 ff.). Von daher handelt es sich um nicht miteinander vergleichbare Regelungen unterschiedlicher Sachverhalte.

Der Beschwerde kann nicht darin gefolgt werden, dass sich die Konzeption von Gaststätten und die Inanspruchnahme von Angeboten des Einzelhandels heute grundlegend geändert hätten, weshalb sich eine unveränderte Übernahme der Rechtsprechungsgrundsätze aus dem Jahr 1960 verbiete. Schon der mehrfach erwähnten Trinkhallenentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juni 1960 (NJW 1960, 2009 <2010>) lag die auch hier gegebene Problematik der Durchsetzung von Ladenschlusszeiten bei räumlich zusammenhängenden Mischbetrieben zugrunde. Der dortige Kläger hatte in seinem Kiosk ebenfalls einen Schankbetrieb und einen Einzelhandel betrieben, in dem er Tabak-, Süß- und Backwaren, Obst, Eis, Flaschenbier, Zeitungen und Zeitschriften nicht nur an Gäste seiner Schankwirtschaft und nicht nur in kleinen Mengen, sondern in unbeschränktem Umfang an jedermann zum Mitnehmen verkaufte. Zu diesem vergleichbaren Sachverhalt hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der Verkauf an jedermann selbstverständlich dem Ladenschlussgesetz unterliege. Dies bedeute aber nicht, dass der Inhaber seinen Gesamtbetrieb nach Ladenschluss völlig stilllegen müsse. Der Verkaufsraum müsse nicht abgeschlossen werden mit der Folge, dass dadurch auch der nicht an die Ladenschlusszeiten gebundene Teil des Betriebes zum Erliegen komme. Der Einzelhandel müsse lediglich in einer für die Kundschaft erkennbaren Weise eingestellt werden. Die Schließung des Schankbetriebes richte sich hingegen ausschließlich nach dem Schankstättenrecht. Da der gemischte Betrieb von Ausschank und Einzelhandel in demselben Raum während der Ladenöffnungszeiten zulässig sei, könnten keine Einwendungen dagegen erhoben werden, dass der Ausschank einschließlich des erlaubten Zubehörhandels aus einem Raum, in dem bis zum Ladenschluss Einzelhandel betrieben wurde, nach diesem Zeitpunkt allein erfolge. Hiernach ergäben sich zwar besondere Probleme der Überwachung von mit dem Einzelhandel verbundener Ausschankbetriebe. Diese Probleme seien jedoch für die Frage, wann der Schankbetrieb offengehalten werden dürfe, ohne Bedeutung.

Seit diesen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, denen das Verwaltungsgericht gefolgt ist, hat sich weder an der Rechtslage noch an den praktischen Problemen einer Kontrolle von gemischten Betrieben etwas Wesentliches geändert. Auch der historische Gesetzgeber hatte diese Problematik erkannt, aber nichts Abweichendes geregelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1960, a.a.O., unter den Hinweis auf den vom Bundesrat zum Entwurf des Gesetzes über die sechste Änderung des Gaststättengesetzes vorgeschlagenen, aber nicht ins Gesetz übernommenen § 15 a, BT-Drs. 2/2128, S. 34 f., sowie den ebenfalls nicht in das Gesetz über den Ladenschluß übernommenen § 19 Abs. 2 des Entwurfs, BT-Drs. 2/1461, S. 6; vgl. auch die Begründung zu § 7 Abs. 2 des Entwurfs eines Gaststättengesetzes vom 21. Januar 1966, BT-Drs. V/205, S. 15).

Soweit die Beschwerde meint, mit dieser Rechtsprechung (auch) des Verwaltungsgerichts würde für die „Spätis", aber auch für andere Handels- und Dienstleistungsunternehmen die Grundlage dafür geschaffen, allein durch das Implementieren eines Getränkeausschanks ein sonn- und feiertägliches Öffnen zu ermöglichen, dessen Zulässigkeit erst durch Kontrollen im Einzelfall ordnungsrechtlich zu unterbinden wäre, wodurch der „Vollzugsproblematik“ eine völlig andere Bedeutung beizumessen sei, ist ergänzend auf die Ermächtigung der Landesregierung in § 18 Abs. 2 GastG hinzuweisen, wonach die Möglichkeit einer Sperrzeitverlängerung auch für einzelne Gaststättenbetriebe besteht.

An der Notwendigkeit, etwaige Verstöße im Einzelhandel gegen die insoweit geltenden Ladenschlusszeiten oder die Beschränkungen des Gaststättengesetzes (vgl. § 7 Abs. 2 GastG) im Einzelfall festzustellen und zu ahnden, hat sich danach nichts geändert. Dass der Antragsgegner hierzu auch in der Lage ist, zeigen die zahlreichen gegen den Antragsteller ergangenen Bußgeldbescheide. Deshalb geht der Hinweis der Beschwerde auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats fehl, wonach das Verbot der sonntäglichen Ladenöffnung bei reinen Einzelhandelsbetrieben und einer bloß sonntäglichen Reduzierung des Warenangebots nicht mehr effektiv zu kontrollieren wäre (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 30. April 2012 - OVG 1 S 67.12 - juris Rn. 5). Ob wegen permanenter Rechtsverstöße gegebenenfalls auch in Bezug auf den Gaststättenbetrieb weitere Maßnahmen (vgl. etwa § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG bzw. § 35 Abs. 1 GewO) zu ergreifen sein werden, die letztlich zur Schließung des Gesamtbetriebs führen, allerdings nicht unmittelbar auf das Berliner Ladenöffnungsgesetz gestützt werden könnten, ist hier nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben worden sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).