Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 26. Beschwerdekammer | Entscheidungsdatum | 05.08.2022 | |
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Aktenzeichen | 26 Ta 331/22 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2022:0805.26TA331.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 320 ZPO |
1. Die Anfechtung eines Tatbestandsberichtigungsbeschlusses findet zwar nach § 320 Abs. 3 Satz 4 ZPO an sich nicht statt.
Ist aber eine sachliche Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag von den Richtern der Ausgangsentscheidung nicht getroffen worden, darf das Rechtsmittelgericht die dagegen gerichtete Beschwerde nicht als unzulässig verwerfen (vgl. BVerfG 1. Oktober 2004 – 1 BvR 786/04, Rn. 20).
2. Einer einschränkenden Auslegung des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn die behauptete Fehlerhaftigkeit des Tatbestands letztlich nicht der Grund für eine andere Entscheidung sein kann, weil der Beschwerdeführer gegen das Urteil Berufung eingelegt hat, in deren Rahmen er den aus seiner Sicht zutreffenden Sachverhalt umfassend vorträgt.
Dieser in der Berufungsinstanz vorgebrachte Sachverhalt wird Gegenstand der Entscheidung durch das Berufungsgericht sein. Der Kläger wird angesichts seiner im Rahmen der zweitinstanzlichen Tatsacheninstanz vor dem Landesarbeitsgericht bestehenden Möglichkeiten in seinen Rechten nicht eingeschränkt. Insbesondere besteht nicht das Risiko, dass er aufgrund des Fristablaufs letztlich eine Entscheidung hinnehmen müsste, die auf einem unzutreffenden Sachverhalt beruht.
3. Auf die Konsequenzen der Ansicht des BGH in seiner Entscheidung vom 25.Januar 1960 (II ZR 22/59, zu II 2 der Gründe), wonach jedenfalls nicht angenommen werden könne, dass die Ausschlussfrist des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO überhaupt nicht ablaufe, wenn die durch das Urteil beschwerte Partei mangels Vorliegens des schriftlichen Urteils gar nicht den der Entscheidung zugrunde gelegten Tatbestand kennen könne, kommt es im Ergebnis nicht an.
Die Rechtsprechung löst das Problem im Übrigen regelmäßig über sich im Rechtsmittelverfahren ergebende Möglichkeiten.
1. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. Januar 2022 - 60 Ca 14553/20 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Die Parteien streiten in der Sache über die Wirksamkeit mehrere Kündigungen. Das Arbeitsgericht Berlin hat hierüber mit Urteil vom 30. August 2021 entschieden, welches dem Kläger am 20. Dezember 2021 zugestellt worden ist.
Der Kläger hat mit einem am 21. Dezember 2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz – und damit nach Ablauf von drei Monaten nach Verkündung der Entscheidung - einen Tatbestandsberichtigungsantrag eingereicht. Das Arbeitsgericht hat diesen mit Beschluss vom 11. Januar 2022 zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Kläger am 20. Januar 2022 zugegangen. Er hat hiergegen mit einem am 17. Januar 2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, entscheidend sei nicht der Wortlaut des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO, abzustellen sei auf Sinn und Zweck der Regelung. Danach gelte die Frist als entsprechend verlängert.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1) Die Beschwerde ist zulässig. Die Anfechtung eines Tatbestandsberichtigungsbeschlusses findet zwar nach § 320 Abs. 3 Satz 4 ZPO an sich nicht statt. Ist aber eine sachliche Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag von den Richtern der Ausgangsentscheidung nicht getroffen worden, darf das Rechtsmittelgericht die dagegen gerichtete Beschwerde nicht als unzulässig verwerfen (vgl. BVerfG 1. Oktober 2004 – 1 BvR 786/04, Rn. 20).
2) Die Beschwerde ist aber unbegründet.
a) Die Frist des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO war zum Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde abgelaufen. Dem Kläger war durch die verspätete Zustellung der Entscheidung auch die Möglichkeit genommen, den Tatbestandsberichtigungsantrag innerhalb der Frist von drei Monaten vorzubringen.
b) Einer einschränkenden Auslegung des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO iSd. durch den Kläger vertretenen Auffassung bedarf es für die vorliegende Konstellation aber schon deshalb nicht, weil die behauptete Fehlerhaftigkeit des Tatbestands letztlich nicht der Grund für eine andere Entscheidung sein kann. Der Kläger hat gegen die Entscheidung vom 30. August 2021 Berufung eingelegt. Er trägt den aus seiner Sicht zutreffenden Sachverhalt umfassend vor. Dieser in der Berufungsinstanz vorgebrachte Sachverhalt wird Gegenstand der Entscheidung durch das Berufungsgericht sein. Der Kläger wird angesichts seiner im Rahmen der zweitinstanzlichen Tatsacheninstanz vor dem Landesarbeitsgericht bestehenden Möglichkeiten in seinen Rechten nicht eingeschränkt. Insbesondere besteht nicht das Risiko, dass er aufgrund des Fristablaufs letztlich eine Entscheidung hinnehmen müsste, die auf einem unzutreffenden Sachverhalt beruht.
Auf die Konsequenzen der Ansicht des BGH in seiner Entscheidung vom 25.Januar 1960 (II ZR 22/59, zu II 2 der Gründe), wonach jedenfalls nicht angenommen werden könne, dass die Ausschlussfrist des § 320 Abs. 2 Satz 3 ZPO überhaupt nicht ablaufe, wenn die durch das Urteil beschwerte Partei mangels Vorliegens des schriftlichen Urteils gar nicht den der Entscheidung zugrunde gelegten Tatbestand kennen könne, kommt es daher im Ergebnis hier nicht an. Die Rechtsprechung löst das Problem im Übrigen regelmäßig über sich im Rechtsmittelverfahren ergebende Möglichkeiten.
3) Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.