Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 29.09.2022 | |
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Aktenzeichen | OVG 4 B 13.19 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:0929.OVG4B13.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 44 BeamtStG, § 77 Abs 2 BG BB, § 13 Abs 1 S 1 EUrlV BB 2009, § 13 Abs 2 S 1 EUrlV BB 2009, § 66 Nr 4 PersVG BB |
Das in § 66 Nr. 4 PersVG BB geregelte Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Aufstellung des Urlaubsplans zeigt, dass Schließzeiten für die Dienststelle (Dienststellenferien) unter bestimmten Voraussetzungen angeordnet werden können.
Die Berufung des Beklagten gegen das ihm am 19. September 2019 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt die Rückbuchung von vier Urlaubstagen, die ihm der Beklagte wegen der Anordnung von vier Schließtagen im Jahr 2018 für das Dienstgebäude ohne Antrag von seinem Urlaubskonto abbuchte.
Der 19… geborene Kläger ist Oberamtsrat und im Ministerium Landes Brandenburg (Ministerium) tätig. Die Hausleitung des Ministeriums führte im Januar 2018 eine Befragung der Beschäftigten zur Einführung von Schließtagen an „geeigneten Brückentagen“ durch. An dieser Befragung nahmen 83 % der Beschäftigten teil, von denen sich rund 64 % grundsätzlich für und 36 % gegen die Einführung von Schließzeiten aussprachen. Mit Ausnahme von Abteilung 5 wurde kein dienstliches Bedürfnis für die Anwesenheit einer gewissen Anzahl von Mitarbeitern an den vorgesehenen Schließtagen geltend gemacht. Nach Zustimmung des Personalrates wurde im Intranet eine auf den 5. April 2018 datierte Hausmitteilung veröffentlicht, in der die Anordnung der Hausleitung bekannt gegeben wurde, dass das Ministerium am 30. April, 11. Mai sowie 27. und 28. Dezember 2018 geschlossen bleibe. Weiterhin wurde in der Hausmitteilung angekündigt, dass der durch die Anordnung notwendige Arbeitszeitausgleich durch das automatische Buchen von vier Urlaubstagen durch das Personalreferat abgedeckt werde. Ein gesonderter Urlaubsantrag sei hierfür nicht erforderlich. Ein Tausch des Urlaubs mit entsprechendem Zeitguthaben auf dem Arbeitskonto sei auf Antrag möglich.
Der Kläger erhielt mit Datum vom 17. April 2018 die Mitteilung zu seinem Urlaubskonto, dass dieses unter Abzug der für die Schließtage angerechneten Urlaubstage einen Restanspruch für das Jahr 2018 von 13 Tagen aufweise. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Ministerium mit Bescheid vom 9. August 2018 zurück und führte zur Begründung aus, die Anordnung von Schließtagen sowie die damit verbundene Buchung von Urlaubstagen finde ihre Grundlage im Direktions- bzw. Weisungsrecht des Dienstherrn. Ausnahmen von dem Grundsatz eines nur auf Antrag zu gewährenden (Erholungs-)Urlaubs kämen in Betracht, wenn ein gleichzeitiger Urlaubsantritt (sog. Betriebsurlaub) aller Beamten aus dienstlichen Gründen erforderlich sei. Die getroffene Anordnung gewährleiste eine urlaubsmäßige Gleichbehandlung der Beschäftigten.
Mit seiner am 5. September 2018 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und vorgetragen, es bestehe kein dringendes (betriebliches) Interesse zur Einführung von Schließtagen an den betreffenden vier „Brückentagen“. Eine Rechtsgrundlage ergebe sich weder aus dem Direktionsrecht noch könne diese aus anderen gesetzlichen Grundlagen hergeleitet werden. Eine Urlaubsgewährung könne nur auf Antrag und im Einverständnis mit dem Beamten erfolgen. Eine einseitige Anordnung von Urlaub sei nicht möglich.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit ihm am 19. September 2019 zugestellten Urteil unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2018 verurteilt, die vier für den 30. April, 11. Mai sowie 27. und 28. Dezember 2018 abgebuchten Urlaubstage dem Urlaubskonto des Klägers wieder gutzuschreiben. Dem Kläger stehe ein Folgenbeseitigungsanspruch zu. Danach habe der von einem hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht Betroffene Anspruch auf Beseitigung eines durch diesen Eingriff geschaffenen, noch andauernden rechtswidrigen Zustandes. Der Beklagte habe von dem Urlaubskonto des Klägers zu Unrecht die streitgegenständlichen vier Urlaubstage abgebucht. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Anordnung von Schließzeiten. Gemäß § 44 BeamtStG stehe den Beamtinnen und Beamten jährlicher Erholungsurlaub unter Fortgewährung der Bezüge zu. Die Genehmigung von Erholungsurlaub und Dienstbefreiung setze nach § 13 Abs. 1 Satz 1 EUrlDbV einen rechtzeitigen Antrag der Beamtin oder des Beamten voraus. Es obliege damit grundsätzlich der Dispositionsfreiheit des Beamten bzw. der Beamtin, für welche Zeit sie bzw. er Urlaub nehmen möchte. Gemeinsam sei allen beamtenrechtlichen Urlaubsarten einschließlich des Erholungsurlaubs, dass die Gewährung von Urlaub mitwirkungsbedürftig sei, der Urlaub also nur im Einverständnis mit der Beamtin bzw. dem Beamten erfolgen könne. Die einseitige Anordnung von Urlaub stehe außerhalb des § 44 BeamtStG und komme daher nur in gesetzlich speziell vorgesehenen Fällen in Betracht. Für die streitige Anordnung gebe es keine solche spezielle Regelung. Auf die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen solche Festlegungen arbeitsrechtlich getroffen werden könnten, komme es nicht an, weil der Kläger in keinem Arbeits-, sondern in einem Beamtenverhältnis zum Beklagten stehe. Selbst wenn man ausnahmsweise dienstliche Gründe für eine Erholungsurlaubsanordnung ausreichen lassen wollte, müssten diese jedenfalls für einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb erforderlich sein. Daran fehle es. Der Beklagte habe auch nicht geltend gemacht, die Dienstleistung durch „Urlaubsunwillige“ würde es für einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb erfordern, dass zugleich andere Beschäftigte, die Urlaub in Anspruch nehmen möchten, zur Dienstleistung herangezogen werden müssten. Dagegen spräche auch die in Ziffer 2 Abs. 2 der Dienstvereinbarung über die flexible Arbeitszeit im Ministerium vorgesehene Möglichkeit, am Samstag freiwillig Dienst zu verrichten.
Der Beklagte macht mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung geltend, dass dem Kläger kein Folgenbeseitigungsanspruch zustehe. Zwar werde durch Schließzeiten in die im Grundsatz dem Beamten zustehende Befugnis eingegriffen, selbst über die Lage des Urlaubs zu bestimmen. Dieser Eingriff sei jedoch nicht rechtswidrig, weil er durch dienstliche Gründe, die für einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb erforderlich seien, gedeckt sei. Solche Gründe lägen in der durch die Schließzeiten beabsichtigten urlaubsmäßigen Gleichbehandlung aller Beschäftigten. Angesichts des hohen Grades an Arbeitsteilung im Ministerium erfordere eine sinnvolle Arbeit einzelner Beamter die Anwesenheit weiterer Beschäftigter. Der Verweis des Verwaltungsgerichts auf die Regelung in der Dienstvereinbarung flexible Arbeitszeit zu der Möglichkeit, auch sonnabends Dienst zu leisten, sei kein Beleg für das Gegenteil. Arbeitstage seien grundsätzlich nur die Wochentage Montag bis Freitag. Samstage seien dienstfreie Tage, für die kein Urlaubstag in Anspruch genommen werden müsse. Hier könne sich nicht die Gefahr einer urlaubsmäßigen Ungleichbehandlung realisieren. Ferner begründe die Anordnung des Dienstherrn, die Dienststelle an einzelnen Tagen zu schließen und an diesen Tagen auf die Dienstleistung der Beschäftigten zu verzichten, selbst dringende betriebliche Belange. Dies sei in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt. Zwar stehe der Kläger nicht in einem Arbeits-, sondern in einem Beamtenverhältnis. Es sei jedoch kein Grund dafür ersichtlich, weshalb die Erwägungen, die bei Tarifbeschäftigten für eine Betriebsruhe bzw. Schließzeiten sprächen, auf Beamte keine Anwendung finden sollten. Selbst wenn ein Folgenbeseitigungsanspruch gegeben wäre, wäre dieser wegen Mitverschuldens des Klägers vollständig entfallen. Er hätte die Abbuchung von Urlaubstagen für die streitigen „Brückentage“ durch einen Tausch mit der Abbuchung eines entsprechenden Gleitzeitguthabens verhindern können.
Der Beklagte beantragt,
das ihm am 19. September 2019 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, die von dem Beklagten zitierte arbeitsgerichtliche Rechtsprechung dürfte schon deshalb nicht anwendbar sein, weil diese zivilrechtlich von der Vertragsfreiheit gedeckt sei. Auch die Feststellungen des Beklagten zum „mitwirkenden Verschulden“ gingen fehl. Bei einem Tausch mit der Abbuchung eines entsprechenden Gleitzeitguthabens werde gleichfalls sein Dispositionsrecht, das des Klägers, beschnitten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen ist.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
Die Klage ist zulässig, insbesondere als allgemeine Leistungsklage (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Juni 2020 – 2 C 8.19 – und – 2 C 20.19 –, jeweils juris Rn. 9 ff. m.w.N.) in Verbindung mit einer auf den ablehnenden Widerspruchsbescheid bezogenen Anfechtungsklage statthaft (vgl. auch Urteil des Senats vom 12. November 2020 – OVG 4 B 21.17 – juris Rn. 13). Es ist unschädlich, dass sich die begehrte Gutschrift von vier antragslos abgebuchten Urlaubstagen auf das Jahr 2018 bezieht. Ein Beamter kann die Rechtswirkungen zu Unrecht abgebuchter und damit vorenthaltener Urlaubstage aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes auch dann noch beseitigen lassen, wenn eine gesetzliche Frist für die Bewilligung von Erholungsurlaub für das Kalenderjahr zwischenzeitlich abgelaufen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 2 C 4.05 – juris Rn. 9 f. m.w.N.). Bei – wie hier – fristgerechter Einlegung des zulässigen Rechtsbehelfs gilt der Erholungsurlaub als nicht verfallen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Mai 1981 – 1 WB 14.79 – juris LS 2, Rn. 41).
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist der Folgenbeseitigungsanspruch, gerichtet auf Gutschrift der vier abgebuchten Urlaubstage (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 2 C 4.05 – juris Rn. 10; Beschlüsse des Senats vom 9. November 2012 – OVG 4 N 6.11 – BA S. 7 und vom 18. März 2014 – OVG 4 N 61.12 – BA S. 2; OVG Münster, Urteil vom 18. März 2019 – 6 A 2122/17 – juris Rn. 98 ff.). Danach hat der von einem hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht Betroffene Anspruch auf Beseitigung eines durch diesen Eingriff geschaffenen, noch andauernden rechtswidrigen Zustandes. Der Anspruch ist auf Wiederherstellung des früheren, rechtmäßigen oder eines gleichwertigen Zustandes gerichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Juli 2015 – 6 C 35.14 – juris Rn. 8 und vom 27. Mai 2020 – 6 C 1.19 – juris Rn. 66; OVG Münster, Urteil vom 18. März 2019 – 6 A 2122/17 – juris Rn. 99 f., jeweils m.w.N.).
Die Anspruchsvoraussetzungen liegen vor. Der Beklagte hat die streitgegenständlichen vier Urlaubstage zu Unrecht von dem Urlaubskonto des Klägers abgebucht. Der rechtswidrige Zustand dauert an.
Gemäß § 44 BeamtStG steht den Beamtinnen und Beamten jährlicher Erholungsurlaub unter Fortgewährung der Bezüge zu. Der Erholungsurlaub ist als Rechtsanspruch ausgestaltet und dient der Erhaltung der Gesundheit und Leistungskraft für die dienstliche Tätigkeit. Das Recht auf Erholungsurlaub konkretisiert die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. Günther, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand August 2022, § 89 BBG 2009 Rn. 6; v. Roetteken, in: v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand September 2022, § 44 Erholungsurlaub Rn. 45 ff. m.w.N.). Das Nähere zum Erholungsurlaub regelt nach § 77 Abs. 2 LBG die Landesregierung durch Rechtsverordnung. Auf dieser Grundlage ist die Erholungsurlaubs- und Dienstbefreiungsverordnung erlassen worden. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 EUrlDbV setzt die Genehmigung von Erholungsurlaub und Dienstbefreiung einen rechtzeitigen Antrag der Beamtin oder des Beamten voraus. Der beantragte Erholungsurlaub ist zu genehmigen, sofern die ordnungsgemäße Erledigung der Dienstgeschäfte beziehungsweise der geordnete Ablauf der Ausbildung gewährleistet sind (§ 13 Abs. 2 Satz 1 EUrlDbV). Danach obliegt es grundsätzlich der Dispositionsfreiheit der Beamtin bzw. des Beamten, für welche Zeit sie bzw. er Urlaub nehmen möchte. Sämtlichen beamtenrechtlichen Urlaubsarten einschließlich des Erholungsurlaubs ist gemeinsam, dass die Gewährung von Urlaub nach beamtenrechtlichen Grundsätzen nur im Einverständnis mit der Beamtin bzw. dem Beamten erfolgen kann (vgl. Corsmeyer, in: GKÖD, Stand August 2022, § 89 BBG 2009 Rn. 13; v. Roetteken, in: v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand September 2022, § 44 Erholungsurlaub Rn. 25 m.w.N.). Hieraus folgert die überwiegende beamtenrechtliche Kommentarliteratur, dass Erholungsurlaub nicht einseitig verordnet oder aufgezwungen werden könne, die einseitige Anordnung von Urlaub außerhalb des § 44 BeamtStG stehe und nur in gesetzlich speziell vorgesehenen Fällen in Betracht komme (vgl. etwa Badenhausen-Fähnle, in: BeckOK Beamtenrecht Bund, Stand 1. April 2020, § 44 BeamtStG Rn. 12; Baßlsperger, in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand Oktober 2020, Art. 93 BayBG Rn. 48; Günther, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand August 2022, § 89 BBG 2009 Rn. 3, § 90 BBG 2009 Rn. 8 f.; v. Roetteken, in: v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand September 2022, § 44 Erholungsurlaub Rn. 25 f., 47; vgl. auch VG Ansbach, Beschluss vom 31. August 2000 – AN 12 S 00.01189 – juris Rn. 20 ff.).
Eine kraft Gesetzes eintretende Zwangsbeurlaubung regelt etwa § 9 Abs. 1 ArbPlSchG. Ferner gibt es einige gesetzliche Sonderregelungen, die Vorgaben zum Zeitraum der Urlaubsgewährung treffen, etwa für Hochschulbedienstete (§ 44 Abs. 1 BbgHG), für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (§ 4 Abs. 1 EUrlDbV) und für den Vorbereitungsdienst (§ 4 Abs. 2 EUrlDbV). Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass sich die streitige Anordnung von Schließzeiten im Ministerium auf keine gesetzliche Grundlage stützen lässt. Anders als das Verwaltungsgericht hält der Senat es aber auch außerhalb gesetzlicher Sonderregelungen für möglich, dass der Dienstherr unter bestimmten Voraussetzungen Urlaubszeiten vorgibt.
Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der Dienstherr bei unabweisbarer dienstlicher Notwendigkeit eine Urlaubssperre für bestimmte Zeiträume anordnen darf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 1993 – 6 P 19.90 – juris Rn. 8). Ebenso kann es dienstliche Notwendigkeiten geben, die es erfordern, die Dienststelle zeitweise zu schließen mit der Folge, dass die Beschäftigten in dieser Zeit Urlaub nehmen müssen, etwa im Bereich einer kommunalen Musikschule (vgl. hierzu VGH Mannheim, Beschluss vom 20. Juni 2000 – PL 15 S 2134/99 – juris) oder Kindertagesstätte (vgl. VGH München, Beschluss vom 25. November 1992 – 17 P 92.3068 – juris). Das in § 66 Nr. 4 PersVG geregelte Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Aufstellung des Urlaubsplans zeigt, dass Schließzeiten für die Dienststelle bzw. Dienststellenferien grundsätzlich angeordnet werden können.
Unter der Aufstellung des Urlaubsplans ist die (vollständige oder teilweise) Feststellung der zeitlichen Lage des Urlaubs der Beschäftigten einer Dienststelle, gegebenenfalls nach Abstimmung sich überschneidender Urlaubswünsche und Berücksichtigung dienstlicher Belange, zu verstehen. Der Urlaubsplan ist das Programm für die zeitliche Reihenfolge, in der den einzelnen Beschäftigten Urlaub erteilt werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 1993 – 6 P 19.90 – juris Rn. 7; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. April 2021 – OVG 60 PV 12/20 – juris Rn. 15; VGH Kassel, Beschluss vom 9. Juli 2020 – 22 B 347/20.PV – juris Rn. 33; OVG Magdeburg, Beschluss vom 28. Januar 2020 – 6 L 2/18 – juris Rn. 40). Ein Urlaubsplan kann bereits dann vorliegen, wenn lediglich allgemeine Regelungen getroffen werden, mit denen die zeitliche Lage des Urlaubs für eine Gruppe von Beschäftigten im Voraus für das Urlaubsjahr festgelegt wird. Möglich ist aber auch, die Regelungen im Urlaubsplan soweit zu konkretisieren, das damit die zeitliche Lage des gesamten Urlaubs oder eines wesentlichen Teils verbindlich festgesetzt wird (vgl. Keilhold, in: Eylert/Förster/Keilhold/Klapproth, Personalvertretungsrecht in Brandenburg, Stand Juni 2022, § 66 PersVG Rn. 76b).
Die vom Beklagten angeordnete Schließung der Dienststelle ist die Aufstellung eines Urlaubsplans im Sinne des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsrechts (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. April 2021 – OVG 60 PV 12/20 – juris Rn. 18; VGH Mannheim, Beschluss vom 20. Juni 2000 – PL 15 S 2134/99 – juris Rn. 34 f.; Berg, in: Altvater/Baden/Baunack u.a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 75 Rn. 140; Kaiser/Annuß, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 75 BPersVG Rn. 283, 289; Keilhold, in: Eylert/Förster/Keilhold/Klapproth, Personalvertretungsrecht in Brandenburg, Stand Juni 2022, § 66 PersVG Rn. 77b). Dementsprechend erteilte der Personalrat auch nach § 66 Nr. 4 PersVG seine Zustimmung zu den vom Beklagten angeordneten Schließzeiten.
Mit Blick auf die beamtenrechtlichen Regelungen, nach denen die Urlaubsgewährung einen Antrag der betreffenden Beamtin oder des Beamten voraussetzt und ein Urlaubswunsch nur abgelehnt werden darf, wenn die ordnungsgemäße Erledigung der Dienstgeschäfte beziehungsweise der geordnete Ablauf der Ausbildung nicht gewährleistet ist, kann die Anordnung von Dienststellenferien nicht voraussetzungslos zulässig sein. Vielmehr müssen für die Anordnung einer zeitweiligen Schließung der Dienststelle dienstliche Gründe von zumindest erheblichem Gewicht vorliegen (vgl. auch Corsmeyer, in: GKÖD, Stand August 2022, § 89 BBG 2009 Rn. 13; Kaiser/Annuß, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 75 BPersVG Rn. 285). Welche Anforderungen im Einzelnen an diese Gründe zu stellen sind und von welcher Dringlichkeit sie sein müssen, insbesondere ob – wie bei Urlaubssperren – unabweisbare dienstliche Notwendigkeiten vorliegen müssen, bedarf keiner Entscheidung. Der Beklagte hat keine plausiblen dienstlichen Gründe von zumindest erheblichem Gewicht aufgezeigt.
Der Beklagte meint, seine Anordnung von Schließzeiten sei durch dienstliche Gründe gedeckt, die für einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb erforderlich seien, weil sie eine urlaubsmäßige „Gleichbehandlung aller Beschäftigen“ gewährleiste. Vor allem an „Brückentagen“ bestehe die Gefahr, dass sich einzelne Beschäftigte durch frühzeitige Urlaubsanträge auf Kosten anderer die besten Urlaubszeiten oder „Brückentage“ sicherten, weshalb zur Gewährleistung eines positiven Arbeitsklimas eine solche Ungleichbehandlung vermieden werden solle. Hiermit ist keine dienstliche Notwendigkeit für die Anordnung von Schließzeiten dargelegt. Der vom Beklagten aufgezeigten Gefahr kann in anderer, weniger einschneidender Weise begegnet werden. Hierfür bietet sich etwa die Erfassung von Urlaubswünschen (z.B. durch Verwendung einer Urlaubsliste) und die Festlegung von Kriterien an, nach denen diese Wünsche zu berücksichtigen sind und nach denen bei gleichgelagerten Wünschen bestimmte Personengruppen Vorrang erhalten (vgl. Berg, in: Altvater/Baden/Baunack u.a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 75 Rn. 139; Keilhold, in: Eylert/Förster/Keilhold/Klapproth, Personalvertretungsrecht in Brandenburg, Stand Juni 2022, § 66 PersVG Rn. 77a). Zudem ist nicht ersichtlich, dass zur urlaubsmäßigen „Gleichbehandlung aller Beschäftigen“ auch diejenigen Beamtinnen und Beamten gegen ihren Willen beurlaubt werden müssten, die an den durch die Schließzeiten betroffenen Tagen Dienst verrichten möchten.
Abgesehen davon ist das Vorbringen des Beklagten nicht überzeugend, das Ergebnis der Mitarbeiterbefragung belege, dass es in der Vergangenheit zur urlaubsmäßigen Ungleichbehandlung gekommen sei. Denn es hätte sich „der weit überwiegende Anteil der Beschäftigten (64 %)“ für Schließzeiten an den genannten Tagen ausgesprochen. Hierbei übergeht der Beklagte, dass an der Befragung nicht alle Beschäftigten, sondern rund 83 % teilgenommen haben. Der Anteil der Zustimmung beträgt damit bezogen auf die gesamte Belegschaft nur etwas mehr als die Hälfte (rund 53 %).
Der Beklagte macht im Berufungsverfahren weiter geltend, angesichts des hohen Grades an Arbeitsteilung im Ministerium erfordere eine sinnvolle Arbeit einzelner Beamter notwendigerweise die Anwesenheit weiterer Beschäftigter. Seine Ausführungen hierzu sind jedoch nicht schlüssig, insbesondere seine Argumentation zu der in Ziffer 2 Abs. 2 der Dienstvereinbarung über die flexible Arbeitszeit im Ministerium vorgesehenen Möglichkeit, auch sonnabends freiwillig Dienst zu leisten. Es mag sein, dass sich die Gefahr einer urlaubsmäßigen Ungleichbehandlung an Samstagen nicht realisieren kann, weil diese (grundsätzlich) dienstfreie Tage sind, für die keine Urlaubstage in Anspruch genommen werden müssen. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Entscheidend ist, dass die Möglichkeit zur Dienstleistung an Samstagen zwischen 6.00 bis 18.00 Uhr besteht und damit an Tagen, an denen kaum jemand im Dienst ist. Damit ist der Einwand des Beklagten hinfällig, eine sinnvolle Tätigkeit einzelner Beamter erfordere zwingend die Anwesenheit weiterer Beschäftigter. Letztlich belässt es der Beklagte bei seiner pauschalen Behauptung, ohne diese zu belegen.
Der Beklagte kann sich ferner nicht darauf berufen, die Anordnung des Dienstherrn, die Dienststelle an einzelnen Tagen zu schließen und an diesen Tagen auf die Dienstleistung der Beschäftigten zu verzichten, begründe selbst „dringende betriebliche Belange“. Sein Hinweis, dies sei in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, greift nicht. Der von ihm zitierte Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juli 1981 – 1 ABR 79/79 – (juris) stützt seine Auffassung nicht. Das Bundesarbeitsgericht führte in jenem Verfahren aus, der Arbeitgeber habe dargelegt, dass Betriebsferien erhebliche organisatorische und finanzielle Vorteile böten. Das liege „auf der Hand“ und ergebe sich aus den Berechnungen zum Effizienzverlust durch urlaubsbedingte Erschwernisse (vgl. BAG, Beschluss vom 28. Juli 1981 – 1 ABR 79/79 – juris Rn. 53). Die mit Betriebsferien verbundenen organisatorischen und finanziellen Vorteile begründeten auch dann ein berechtigtes Interesse und seien auch dann zu berücksichtigen, wenn der Arbeitgeber an sich in der Lage wäre, die bei einem freien Urlaub auftretenden höheren Effizienzverluste zu tragen. Entschließe er sich, aus betriebstechnischen, betriebswirtschaftlichen oder sonstigen Gründen den Betrieb für eine gewisse Zeit stillzulegen und den Arbeitnehmern des Betriebes während dieser Zeit Urlaub zu gewähren, so bedürfe er zu einer solchen Maßnahme zwar der Zustimmung des Betriebsrates, in dieser Maßnahme lägen dann aber die dringenden betrieblichen Belange begründet (vgl. BAG, Beschluss vom 28. Juli 1981 – 1 ABR 79/79 – juris Rn. 57 f.). Diese Aussagen beziehen sich erkennbar auf den privatwirtschaftlichen Bereich, bei dem wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen. Sie zeigen aber, dass auch nach dieser arbeitsgerichtlichen Entscheidung eine Anordnung von Betriebsferien nicht voraussetzungslos zulässig ist, sondern durch nachvollziehbar dargestellte betriebstechnische, betriebswirtschaftliche oder sonstige (vergleichbare) Gründe gedeckt sein muss. Entsprechende Formulierungen finden sich in der ebenfalls vom Beklagten angeführten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2002 – 11 Sa 378/02 – (juris Rn. 52).
Die Anmerkung des Beklagten, der örtliche Personalrat habe die Betriebsruhe für die vier in Rede stehenden Tage gebilligt, führt nicht weiter. Das Mitbestimmungsverfahren bindet die Beschäftigten nicht. Werden ihre Urlaubswünsche nicht ausreichend berücksichtigt, können sie eine gerichtliche Klärung herbeiführen (vgl. Berg, in: Altvater/Baden/Baunack u.a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 75 Rn. 142; Keilhold, in: Eylert/Förster/Keilhold/Klapproth, Personalvertretungsrecht in Brandenburg, Stand Juni 2022, § 66 PersVG Rn. 87; Sommer, in: Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 14. Aufl. 2018, § 75 Rn. 102).
Im Grunde bestätigt die „Regelung zur Betriebsruhe“ selbst, dass dienstliche Gründe von zumindest erheblichem Gewicht für die angeordnete zeitweilige Schließung des Ministeriums fehlen. Dort werden (gewichtige) dienstliche Gründe nicht für die Anordnung, sondern für die Ausnahmen von der Betriebsruhe gefordert (Nr. 4). Die Anordnung greift also nur, soweit keine gewichtigen Gründe für eine Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs sprechen (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. April 2021 – OVG 60 PV 12/20 – juris Rn. 24).
Schließlich führt der Beklagte ohne Erfolg aus, selbst wenn ein Folgenbeseitigungsanspruch gegeben wäre, wäre dieser wegen Mitverschuldens des Klägers vollständig entfallen. Bei einem Folgenbeseitigungsanspruch ist zwar die Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Anspruchsberechtigten möglich (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 14. April 1989 – 4 C 34.88 – juris Rn. 14 ff. und vom 28. Januar 2010 – 3 C 17.09 – juris Rn. 28). Ein gänzlicher Ausschluss des Folgenbeseitigungsanspruches bei überwiegender Mitverantwortung ist aber nur dann billigenswert, wenn sich seine Verwirklichung als unzulässige Rechtsausübung darstellt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 – 4 C 34.88 – juris Rn. 21 m.w.N.). Den Kläger trifft jedoch kein Mitverschulden. Ihm kann keine Verletzung einer durch ihn erfüllbaren Obliegenheit zum Zwecke der Schadensvermeidung oder -minderung vorgehalten werden. Bei seinem Vortrag, der Kläger hätte die Abbuchung von Urlaubstagen durch einen Tausch mit der Abbuchung eines entsprechenden Gleitzeitguthabens verhindern können, lässt der Beklagte außer Acht, dass in beiden Konstellationen in die Dispositionsfreiheit des Klägers eingegriffen wird. Ihm wird die Möglichkeit genommen, selbst darüber zu bestimmen, wann und für welchen Zeitraum er Dienstbefreiung beanspruchen möchte. Die zwangsweise Anrechnung von Gleitzeitguthaben ist nach den Regelungen der Arbeitszeitverordnung (vgl. § 12 AZV) nicht vorgesehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG genannten Gründe vorliegt.