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Entscheidung 7 W 106/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 04.10.2022
Aktenzeichen 7 W 106/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:1004.7W106.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Standesamtsaufsicht wird der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 28.07.2021, Az. 7 UR III 15/19, dahin ergänzt, dass das Standesamt Eberswalde angewiesen wird, im Wege Folgebeurkundung auch den Familiennamen der Beteiligten zu 2. dahin zu berichtigen, dass er „…El…“ lautet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen begehren mit ihrem beim Amtsgericht gestellten Antrag die Berichtigung des Eintrages der Beteiligten zu 1. im Geburtenregister dahin, dass der Zusatz bei dem Familiennamen der Mutter „Identität nicht nachgewiesen“ und beim Kind „Namensführung nicht nachgewiesen“ entfällt, dass als Vater A…J…M… eingetragen und der Familienname der Beteiligten zu 1. in M… geändert wird.

Zur Begründung ihres Antrages beziehen sie sich auf die Geburtsurkunde der Beteiligten zu 2. und einen während des erstinstanzlichen Verfahrens am 11.11.2020 ausgestellten Pass der Republik Kamerun sowie die Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft vor der Geburt durch den Beteiligten zu 3.. Ferner hat die Beteiligte zu 2. auf Anforderung des Amtsgerichts die Geburtsurkunde ihrer älteren Tochter, die ebenfalls in Kamerun geboren wurde, vorgelegt.

Der Beteiligte zu 5. ist dem Antrag entgegengetreten und hat ausgeführt, dass die vorgelegten Urkunden nicht ausreichend seien, um die Identität der Mutter nachzuweisen und zu belegen, dass sie nicht verheiratet sei. Der Staat Kamerun sei ein sogenannter „Problemstaat“, der hohe Fälschungsraten aufweise. Ferner würden Personenstandsurkunden dort häufig nur nach den Angaben der Beteiligten erstellt und hätten daher einen geringeren Beweiswert. Anlass zu Zweifeln an der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit der vorgelegten Geburtsurkunde bestünden, weil die Beteiligte zu 2. im Asylverfahren unterschiedliche Angaben zum Datum der Geburt ihrer älteren Tochter und dem Datum des Verlassens ihres Heimatlandes gemacht habe. Da der Vater bei der Geburt der älteren Tochter nicht angegeben worden sei, müsse auch besonders geprüft werden, ob die Mutter ledig sei, da anderenfalls die Anerkennung der Vaterschaft durch den Beteiligten zu 3. keine Wirkung erlange.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 28.07.2021 angeordnet, dass die beantragten Streichungen der Zusätze „Namensführung nicht nachgewiesen“ sowie „Identität nicht nachgewiesen“ vorgenommen werden und dass der Beteiligte zu 3. in das Geburtenregister als Vater der Beteiligten zu 1. eingetragen werde. Es hat die Zweifel des Beteiligten zu 5. an der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit der Urkunde nicht geteilt.

Gegen den am 06.09.2021 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 5. als Beschwerdeführer mit seiner am 13.09.2021 eingelegten Beschwerde. Zur Begründung führt er aus, es bestünden Zweifel an der Identität der Beteiligten zu 2., da die hierzu vorhandenen Informationen ausschließlich auf ihren eigenen Angaben beruhten. Sie habe im Asylverfahren ihren Namen mit Ed…Nn…El…, geboren am …1989 in J… angegeben. Die Ausländerbehörde und das BAMF hätten außerdem die Namen Ed…El… oder Ew…El… als Aliasnamen gespeichert. Sie sei in Griechenland und Ungarn erkennungsdienstlich behandelt worden. Das Amtsgericht habe übersehen, dass bei einer Streichung des Zusatzes „Identität nicht nachgewiesen“ ein Widerspruch zwischen der im Geburtenregister eingetragenen Namensführung Ed…Nn…El… und der im Reisepass sowie der Geburtsurkunde aufgenommenen Namensführung Ed…N…El… bestehen bleibe, die nicht zulässig sei.

Ferner müsse die Geburtsurkunde der älteren Tochter der Antragstellerin überprüft werden hinsichtlich des Geburtsdatums und des Geburtsortes.

Das Amtsgericht hat dieser Beschwerde durch Beschluss vom 07.10.2021 nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß § 51 Abs. 2 PStG, § 58 Abs. 1, § 63 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde ist insoweit begründet, als der Beteiligte zu 5. geltend macht, die Berichtigung müsse mit den Angaben im Pass und der Geburtsurkunde der Beteiligten zu 2. übereinstimmen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

1.

Eine Berichtigung setzt gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 48 Abs. 1 Satz 2 PStG voraus, dass in einem abgeschlossenen Registereintrag sich die Registrierungsdaten eines Personenstandseintrages aufgrund von öffentlichen Urkunden oder eigenen Ermittlungen des Standesamtes als unrichtig darstellen. Der Anregung einer Berichtigung durch einen Beteiligten kann gegenüber der Behörde vorgetragen werden, § 47 PStG, die Beteiligten sind aber auch berechtigt, die Berichtigung unmittelbar gegenüber dem Gericht zu beantragen, § 48 Abs. 2 PStG.

2.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Streichung des Zusatzes „Identität nicht nachgewiesen“ bei der Eintragung der Antragstellerin als Mutter der Beteiligten zu 1. angeordnet. Voraussetzung für die Anordnung einer Berichtigung durch das Gericht ist dessen Überzeugung davon, dass die vorhandene Eintragung von Anfang an unrichtig ist, und weiter davon, dass die beantragte Eintragung richtig ist. An den Nachweis beider Voraussetzungen sind strenge Anforderungen zu stellen; es ist der volle Beweis erforderlich, eine bloße Glaubhaftmachung genügt nicht. Nach Aufklärung des Sachverhaltes von Amts wegen verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Antragstellers (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. März 2019, Az.: I-3 Wx 209/18; OLG Hamm, StAZ 2015, 110 ff.)

Der gemäß § 35 Abs. 1 PStV, Ziffer 21.4.7 PStG-VwV aufgenommene Zusatz ist zu berichtigen, wenn geeignete Nachweise zu den Angaben über die Eltern des Kindes vorliegen. Gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG sind in das Geburtenregister die Vornamen und Familiennamen der Eltern, ihr Geschlecht und auf Wunsch eines Elternteils seine rechtliche Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft aufzunehmen. Zudem sind in den Hinweisteil des Geburtenregisters die Staatsangehörigkeit der Eltern, sofern sie nicht Deutsche sind und ihre ausländische Staatsangehörigkeit nachgewiesen ist, die Eheschließung, sofern die Eltern verheiratet sind und das Geburtsdatum der Eltern aufzunehmen, § 3 Abs. 1 Satz 2, § 21 Abs. 3 Nr. 1, 2, 3 PStG.

Geeignete Nachweise für die Folgebeurkundung, die voraussetzt, dass die Identität der Mutter festgestellt ist, liegen hier vor. Die Antragstellerin hat mit ihrem Antrag das Original ihrer Geburtsurkunde vorgelegt und eine Kopie zu den Akten gereicht. Daraus ergibt sich, dass ihr Name Ed…N…El… lautet und dass sie am …1989 in Y… in Kamerun geboren ist. Zudem hat sie im Verfahren einen am 25.11.2020 in Berlin von der Botschaft der Republik Kamerun ausgestellten Pass vorgelegt, der hinsichtlich der Schreibweise des Namens und hinsichtlich des Geburtsdatums mit den Angaben in der Geburtsurkunde übereinstimmt. Die Angaben zur Schreibweise des Namens der Antragstellerin und zu ihrem Geburtsdatum finden sich entsprechend auch in der Geburtsurkunde der älteren Tochter T…A…C… (Bl. 37).

Regelmäßig ist der Pass wegen des Lichtbildes, der Registrierung bei der Passbehörde und seiner durch die zeitliche Begrenzung seiner Gültigkeit bedingten regelmäßigen Überprüfung ein besonders geeignetes Mittel zum Nachweis der Identität (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.10.2019 – I-3 Wx 191/18; OLG Düsseldorf, StAZ 2012, 49; OLG Hamm, StAZ 2018, 123; OLG). Nach Vorlage eines Passes bedarf es daher zum Nachweis der Identität des Inhabers nicht noch zwingend weiterer Nachweise. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn weitere Urkunden vorliegen oder sonstige Tatsachen bekannt sind, die Zweifel an der Richtigkeit der durch den Pass dokumentierten Identität rechtfertigen könnten (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 30. Mai 2017, a.a.O.).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die abweichende Angabe der Schreibweise des Nachnamens „Nn…“ in der im Verfahren über die Anerkennung der Vaterschaft vorgelegten Aufenthaltsgestattung (J 2715703) entkräftet die Angaben im Reisepass nicht. Der von der Beteiligten zu 2. vorgelegte Aufenthaltstitel setzt zwar vor seiner Erteilung eine Klärung der Identität im aufenthaltsrechtlichen Erlaubnisverfahren, § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG voraus. Die dort getroffene Identitätsfeststellung entfaltet aber keine Bindungswirkung für nachfolgende Verfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.09.2011 - 5 C 27/10, BVerwGE 140, 311, juris Rn 14). Der hier vorgelegte Pass ist auch kein sogenannter „Proxy-Pass“, der auf Antrag von anderen Personen als der Passinhaberin ohne ihre persönliche Anwesenheit vor der ausstellenden Behörde erstellt worden ist. Der Pass ist in der Botschaft der Republik Kamerun in Berlin ausgestellt. Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligte zu 2. den Antrag nicht selbst gestellt und die im Pass wiedergegebene Unterschrift nicht vor dem Konsularbeamten geleistet hat, sind nicht dargelegt.

Die im aufenthaltsrechtlichen Verfahren aufgenommenen Daten beruhen auf den Angaben der Beteiligten zu 2.. Sie hat in ihrer Anhörung im Asylverfahren vom 31.08.2016 bereits gegenüber der Niederlassung Frankfurt (Oder) des BAMF angegeben, dass die in der Aufenthaltsgestattung aufgenommenen Angaben unzutreffend seien und die Namensführung korrigiert, ferner hat sie klargestellt, dass ihre Tochter am 14.06.2014 in Kamerun, nicht am 12.08.2014 in Istanbul geboren sei (vgl. Protokoll der Anhörung vom 31.08.2016, S. 1, 2, Bl. 85, 86). Beides konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht urkundlich belegen. Ihre Angaben stimmen aber überein mit den später vorgelegten Urkunden, die sie sich ausweislich der Anhörung aus Kamerun hat nachschicken lassen (Anhörung vom 31.08.2016, S. 2, Bl. 86), insbesondere auch hinsichtlich der Namen ihrer Eltern. Auch trägt die ältere Tochter der Beteiligten zu 2. einen der Namen der Mutter (T…), was ebenfalls dafür spricht, dass die Angaben der Beteiligten zu 2., so, wie sie in der Anhörung am 31.08.2016 angegeben wurden, hinsichtlich ihrer Eltern zutreffend sind.

Dass die Ausländerbehörde die in der Anhörung vom 31.08.2016 angegebene Schreibweise des Namens der Beteiligten zu 2. nicht in die Aufenthaltsgestattung aufgenommen hat, die die Beteiligte zu 2. gegenüber dem Jugendamt vorgelegt hat (vgl. Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft vom 16.04.2019, Bl. 7), ist damit zu erklären, dass die Geburtsurkunde der Beteiligten zu 2. in übersetzter Fassung erst nach der Anerkennung der Vaterschaft am 19.06.2019 vorlag (Bl. 5). Dieser Umstand spricht daher nicht dafür, dass der Ausländerbehörde andere Erkenntnisse vorlagen.

Soweit zunächst die Schreibweise des Namens in die Aufenthaltsgestattung unzutreffend übernommen worden ist, spricht die geringe Abweichung (Nn… statt N…) eher für ein Versehen sowohl bei der Aufnahme der Daten, als auch bei der Unterzeichnung der eigenen Angaben durch die Beteiligte zu 2. als dafür, dass sie ihre Identität unrichtig angeben oder verschleiern wollte.

Die sich aus den vorgelegten Dokumenten ergebene Schreibweise „N…El…“ ist bei der Berichtigung, wie der Beschwerdeführer geltend macht, ebenfalls zu berücksichtigen.

3.

Die Beschwerde bleibt auch ohne Erfolg, soweit das Amtsgericht angeordnet hat, dass der Beteiligte zu 3. als Vater der Beteiligten zu 1. einzutragen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligte zu 2. entgegen ihrer Angaben verheiratet ist, ergeben sich aus den Unterlagen und dem Asylverfahren nicht. Die Beteiligte zu 2. hat seit der ersten Registrierung ihren Familienstand mit ledig angegeben. Die Tatsache, dass bei der Geburt der Tochter T…A…C… in die Geburtsurkunde der Republik Kamerun (Bl. 37) der Vater nicht aufgenommen worden ist, spricht weder für noch gegen eine Ehe der Beteiligten zu 2. Sie kann, sofern der Vater des Kindes ihr bekannt war, verschiedene Gründe dafür gehabt haben, seinen Namen nicht anzugeben, etwa, weil sie mit ihm nicht verbunden bleiben wollte oder weil er verheiratet war oder sie ihn sonst vor dem Bekanntwerden seiner Vaterschaft schützen wollte. Dass der Geburtstag und der Geburtsort der Tochter T…A…C… bei der Einreise nach Deutschland zunächst falsch angegeben wurden, lässt sich aufgrund der Erfahrungen des Senats in anderen Verfahren damit erklären, dass die Beteiligte zu 2. hoffte, ihrer Tochter aufgrund der angeblichen Geburt in Europa einen besseren Aufenthaltsstatus zu verschaffen. Die Urkunde ist im Weg der Erstbeurkundung erstellt worden, wie sich aus dem Ausstellungsdatum 02.07.2014 zeitnah nach der Geburt am …2014 ergibt.

Ausgehend von der Richtigkeit der Angaben der Beteiligten zu 2., dass sie unverheiratet ist, ist die Anerkennung der Vaterschaft vor der Geburt durch den Beteiligten zu 3. gemäß § 1592 Nr. 2, § 1594 BGB wirksam. Der Beteiligte zu 3. ist als Vater einzutragen und die Wahl des Familiennamens der Beteiligten zu 1. ist, wie das Amtsgericht erkannt hat, zu berücksichtigen.

4.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 84 Abs. 1 FamFG. Die Beschwerde ist überwiegend ohne Erfolg.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde, § 70 Abs. 2 FamFG, liegen nicht vor.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt, § 36 abs. 1, 3 GNotKG.