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Entscheidung 11 U 60/17


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 14.09.2022
Aktenzeichen 11 U 60/17 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:0914.11U60.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das am 19. Mai 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 11 O 284/16 – teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägern Schadensersatz dafür zu leisten, dass ihnen der im Feststellung-Tenor des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.07.2014 - VG 4 K 470/10 - bezeichnete Grundstücksteil nicht zurückübertragen worden ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu 34 % und die Beklagten zu 66 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 110.000,00 € festgesetzt (Berufungsantrag zu 1. 34.200,00 € + Berufungsantrag zu 2. bis zu 66.000,00 €).

Gründe

I.

Die Kläger als Erben- und Rechtsnachfolger der Frau E… K… verlangen noch die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz hinsichtlich des Grundstückes …, …. .

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Vorlage des Rechtsstreits an die Kammer lägen nicht vor. Die Klage sei unbegründet, weil die Ansprüche auf Erlösauskehr bzw. auf Feststellung verjährt seien. Die Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) habe nach § 229 Art. 6 EGBGB mit dem 1.1.2002 zu laufen begonnen. Die Ansprüche seien daher mit Ablauf des Jahres 2005 verjährt gewesen. Die Klage sei erst am 25.10.2016 erhoben worden.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit der Berufung.

Der Rechtsvorgänger der Beklagten und seine Ehefrau seien am gesamten Verwaltungsverfahren beim Landkreis Oder-Spree über die Restitutionsansprüche der Kläger beteiligt gewesen. Das sei erstinstanzlich unstreitig gewesen. Die Kläger hätten mit nachgelassenem Schriftsatz vom 24.4.2017 umfassend zum Entstehen von Ansprüchen nach dem Vermögensgesetz und deren Verjährung Stellung genommen. Das Landgericht habe die Klage wegen Verjährung abgewiesen, ohne festzustellen, wann eigentlich die Verjährung begonnen habe. Es habe offen gelassen, wann genau der Anspruch entstanden sei, obwohl gleich mehrere Zeitpunkte für den Beginn der Verjährung infrage gekommen wären. Zudem könnten mehrere Ansprüche mit unterschiedlichen rechtlichen Begründungen geltend gemacht werden wie der Erlösauskehranspruch aus § 3 Abs. 4 S. 3 VermG sowie ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 ff. BGB. Auch hätten die Ansprüche ihren Ursprung im Vermögensgesetz, so dass sie grundsätzlich erst dann entstehen könnten, wenn es eine unanfechtbare Behördenentscheidung über diese Ansprüche gebe (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 VermG) und Verjährungsbeginn erst damit eintreten könne.

Die Kläger rügen die Versagung rechtlichen Gehörs, weil das Landgericht im angefochtenen Urteil auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 24.4.2017 nicht eingegangen sei. Auch die Rechtsprechung des BGH, wonach auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes für die durch die Behörden zur Regelung offener Vermögensfragen festgestellten Ansprüche in entsprechender Anwendung des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB eine 30-jährige Verjährungsfrist laufe, habe das Landgericht unbeachtet gelassen.

Unrichtig sei das Landgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte am Verwaltungsverfahren nicht beteiligt gewesen sei; dies sei erstinstanzlich unstreitig gewesen.

Das Landgericht habe den Klägern den gesetzlichen Richter entzogen, weil die Voraussetzungen für eine - angeregte - Vorlage an die Kammer vorgelegen hätten.

Die Klägerin haben zunächst beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 34.200,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 28.500,00 € seit dem 10.8.2013 zu zahlen und von Ansprüchen des Unterzeichners für dessen außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 1.016,02 € freizustellen, sowie

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern Schadensersatz dafür zu leisten, dass ihnen der im Feststellungstenor des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.07.2013 - VG 4 K 470/10 - bezeichnete Grundstücksteil nicht zurückübertragen worden ist. Der Schadensersatz bemisst sich nach dem Verkehrswert dieses Grundstücksteils zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtsverfahrens abzüglich des nach § 3 Abs. 4 S. 3 VermG auszukehrenden Erlöses (Antrag zu 1.) und der nach § 1 Abs. 1 S. EntschG insoweit noch durch die zuständige Behörde festzusetzenden Entschädigung.

Die Kläger haben die Berufung hinsichtlich des Berufungsantrages zu 1) sowie hinsichtlich des zweiten Satzes des Berufungsantrages zu 2) zurückgenommen und zuletzt als Berufungsantrag nur noch den Satz 1 des ursprünglichen Berufungsantrages zu 2) gestellt.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung.

Der Senat hat durch Beschlüsse vom 27.11.2019 und vom 30.11.2021 rechtliche Hinweise erteilt, zu denen die Parteien Stellung genommen haben.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist im aufrechterhaltenen Umfang begründet.

Die Kläger als Rechtsnachfolger der E... S... haben einen Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung der gesamtschuldnerisch gemäß § 2058 BGB haftenden Beklagten als Rechtsnachfolger des ursprünglichen Beklagten S… K… zur Leistung von Schadensersatz sowohl aus § 280 Abs. 1 BGB als auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 VermG.

1. Der Feststellungsanspruch ist zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit des Feststellungsanspruches nicht die Rechtskraft des angefochtenen Urteils hinsichtlich der Abweisung des mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Zahlungsanspruches nach der Rücknahme der Berufung durch die Kläger insoweit entgegen.

Zwar ist damit der ursprünglich gestellte Zahlungsantrag rechtskräftig abgewiesen. Richtig ist auch, dass ein klagabweisendes Urteil gemeinhin das Nichtbestehen der Leistungspflicht feststellt, insoweit also ein Feststellungsurteil ist (MüKo, ZPO, 6. A., Rn. 178 zu § 322; BGH, Urteil vom 24.6.1993, III ZR 43/92, Rn. 16). Eine solche Feststellung ist auch bindend, wenn in einem neuen - oder wie hier weitergeführten - Prozess der Parteien die Entscheidung über einen anderen Anspruch, z.B. einen Feststellungsanspruch wie hier, von dem Bestehen oder Nichtbestehen des Zahlungsanspruches abhängt (BGH, a.a.O., a.E.).

Eine solche Abhängigkeit der noch ausstehenden Entscheidung über den Feststellungsanspruch von dem wegen der Berufungsrücknahme rechtskräftig abgewiesenen Zahlungsanspruch besteht hier allerdings nicht. Das ergibt sich aus Folgendem:

Das Landgericht hat den auf Zahlung gerichteten Klageantrag zu 1) - ausschließlich - wegen Verjährung abgewiesen, also nicht mit der Begründung, der Erlösauskehranspruch bestehe nicht. Die materielle Rechtskraft des Urteils reicht jedoch (nur) so weit, wie das Gericht über den geltend gemachten Anspruch, d.h. über den unmittelbaren Streitgegenstand, wirklich entschieden hat. Sie reicht, anders ausgedrückt, so weit, wie der in der Urteilsformel nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO enthaltene Gedanke. Dieser ist grundsätzlich eng zu fassen. Er besteht im Urteilsausspruch zum Anspruchs- oder Klagegrund als dem Kernsatz der Entscheidung. Anteil an der Rechtskraft hat nur der Schluss, auf den dieser Kernsatz unmittelbar aufbaut (Anders/Gehle, ZPO, 80. A., Rn. 13 zu § 322 m.w.N.). Für den Umfang der Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils kommt es deshalb auch auf den nach den Entscheidungsgründen tragenden Urteilsinhalt an, also den ausschlaggebenden Abweisungsgrund (Albers/Hartmann, a.a.O., Rn. 39; BGH, Urteil vom 14.5.2002, X ZR 144/00, Rn. 12; BAG, Urteil vom 15.6.2016, 4 AZR 485/14, Rn. 40; BAG, Urteil vom 10.4.2014, 2 AZR 812/12, Rn. 29).

Hier hat das Landgericht den auf Zahlung gerichteten Klageanspruch zu 1) ausschließlich wegen Verjährung abgewiesen, also ausschließlich deshalb, weil der Anspruch, dessen Bestehen vorausgesetzt, nicht gerichtlich durchsetzbar ist, nachdem der Schuldner berechtigt die Leistung verweigert hat (§ 214 Abs. 1 BGB). Das Landgericht hat damit nicht entschieden, dass der Anspruch nicht besteht. Aus dem materiell-rechtlichen Institut der Verjährung können jedoch keine Rückschlüsse auf den Streitgegenstand gezogen werden (Anders/Gehle, a.a.O., Rn. 40 zu § 322, „Verjährung“; BGH, Urteil vom 22.10.2013, XI ZR 42/12, Rn. 25). Nur die Entscheidung über die Verjährung der Forderung erwächst daher in Rechtskraft.

Der Senat ist danach bei seiner Entscheidung über das Bestehen des Feststellungsanspruches schon deshalb nicht durch die rechtskräftig gewordene Abweisung des Zahlungsanspruches gebunden, unabhängig von der streitigen Frage, ob überhaupt die Streitgegenstände des Zahlungsanspruches und des Feststellungsanspruches identisch sind.

2. Den Klägern steht ein Feststellungsinteresse zur Seite, weil die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen bzw. die Höhe des Schadens noch nicht feststellbar ist. Die Kläger können den Schadensersatzanspruch bis zur Entscheidung des Landkreises über die Höhe der zu gewährenden Entscheidung nicht beziffern.

3. Den Klägern steht der Feststellungsanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu.

a) Zwischen dem Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen vorverstorbener Ehefrau, die vom Rechtsvorgänger der Beklagten allein beerbt wurde, und der Rechtsvorgängerin der Kläger bestand ein gesetzliches Schuldverhältnis aus § 3 VermG, nachdem die Rechtsvorgängerin der Kläger einen Restitutionsantrag hinsichtlich des in Grünheide, Am Reiherhorst 6 belegenen Grundstücks gestellt hatte.

b) Aus diesem gesetzlichen Schuldverhältnis oblag dem Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau u.a. eine Unterlassungspflicht hinsichtlich Verfügungen über das restitutionsbefangene Grundstück aus § 3 Abs. 3 S. 1 VermG. Gegen dieses Verfügungsverbot haben der Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau objektiv verstoßen, indem sie durch notariellen Vertrag vom 29.8.1994, UR-Nr. … für 1994 des Notars B… W… in H… das restitutionsbefangene Grundstück an ihre Tochter K… H… veräußert haben.

c) Der Rechtsvorgänger der Beklagten und seine Ehefrau haben wirksam über das in … …, … belegene Grundstück durch die aufgrund des Grundstückskaufvertrages vom 29.8.1994, URNr. … für 1994 der Notarin B… W…, auf Seite 8 des Vertrages erklärte Auflassung verfügt, so dass der Rechtsvorgänger der Beklagten in eigener Person und als Rechtsnachfolger für dessen Ehefrau für die Geltendmachung eines Anspruches aus § 3 Abs. 4 S. 3 VermG passivlegitimiert war bzw. die Beklagten als Rechtsnachfolger des ursprünglichen Beklagten passivlegitimiert sind.

aa) Der Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau haben als Verfügungsberechtigte i.S.d. § 3 Abs. 4 S. 3 VermG über das Grundstück verfügt.

(1) Nach § 2 Abs. 3 VermG ist Verfügungsberechtigter diejenige Person, in deren Eigentum oder Verfügungsmacht der Vermögenswert steht. Das streitgegenständliche Grundstück stand zwar erst mit der Eintragung des Rechtsvorgängers des Beklagten und dessen Ehefrau im Jahr 1998 in deren Eigentum. Dennoch waren der Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau Verfügungsberechtigte im Sinne des § 2 Abs. 3 VermG. Hierfür war nach § 2 Abs. 3 VermG nicht die Eigentümerstellung des Rechtsvorgängers der Beklagten und dessen Ehefrau Voraussetzung. Denn das streitgegenständliche Grundstück stand im Zeitpunkt der Verfügung in der Verfügungsmacht des Rechtsvorgängers der Beklagten und dessen Ehefrau. Nach der in § 2 Abs. 3 S. 1 VermG vorgenommenen Begriffsbestimmung, die für die Anwendung der materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Vermögensgesetzes maßgeblich ist, ist Verfügungsberechtigter bei der Rückübertragung von anderen Vermögenswerten - wie hier bei einem Grundstück - diejenige Person, in deren Eigentum oder Verfügungsmacht der Vermögenswert steht. In Rechtsprechung und Literatur wird insoweit einhellig zugrunde gelegt, dass die Begriffe Eigentum oder Verfügungsmacht auf die formale Inhaberschaft eines Rechts abstellen (BGH, Urteil vom 8.4.2004, III ZR 432/02, Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 15.11.2000, 8 C 27/99, Rn. 36). Eine Verfügungsmacht i.S.v. § 2 Abs. 2 S. 1 VermG steht demjenigen zu, der zivilrechtlich zum Abschluss von Rechtsgeschäften berechtigt ist, die unmittelbar darauf gerichtet sind, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, nämlich es zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben (VG Cottbus, Urteil vom 27.2.2013, 1 K 299/05, Rn. 181). Ausreichend ist hierfür, dass der Verfügende faktisch eine Rechtsstellung inne hatte, die ihn zu Verfügungen über den Vermögenswert berechtigte (BGH, Urteil vom 8.4.2004, III ZR 432/02, Rn. 11).

(2) Das ist bei dem Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau der Fall gewesen. Der Umstand, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau mangels Grundbucheintragung der Rechtsänderung laut Kaufvertrag vom 30.6.1990 noch nicht Eigentümer des Grundstücks waren, steht dem nicht entgegen. Das zeigt bereits der Umstand, dass das Gesetz in § 2 Abs. 3 S. 2 VermG sowohl auf das Eigentum, als auch auf die Verfügungsmacht der betreffenden Person abstellt. Die Verfügungsmacht des Rechtsvorgängers der Beklagten und dessen Ehefrau ergibt sich jedoch zwanglos aus dem Umstand, dass sie nicht nur 1989 das auf dem Grundstück aufstehende Einfamilienhaus erworben hatten und ihnen an dem Grundstück ein Nutzungsrecht verliehen worden war. Sie ergibt sich insbesondere daraus, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau nach den damals geltenden DDR-Rechtsvorschriften am 30.6.1990 einen Vertrag zum Erwerb des Grundstücks im Rahmen eines sogenannten Komplettierungskaufes abschlossen. Damit war dem Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau vom Rechtsträger des Grundstücks die Verfügungsmacht bereits eingeräumt worden, nachdem diese zuvor ohnehin bereits nach den DDR-Vorschriften Eigentümer des aufstehenden Hauses waren. Diese vertraglich eingeräumte Rechtsposition konnte ihnen weder vom DDR-Rechtsträger des Grundstücks noch von dessen Rechtsnachfolger streitig gemacht werden, es sei denn durch einen Rückübertragungsantrag und eine drauf folgende bestands- oder rechtskräftige Entscheidung der zuständigen Behörden oder Gerichte. Ausdruck der Verfügungsmacht des Rechtsvorgängers des Beklagten und dessen Ehefrau und auch Ausdruck dessen, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau dies auch so verstanden haben, ist der Umstand, dass sie durch Vertrag vom 29.8.1994 das streitgegenständliche Grundstück an ihre Tochter Karin Hillmann übertragen haben. Bestätigt werden diese Erwägungen dadurch, dass im Übrigen nicht ersichtlich ist, wer sonst Verfügungsberechtigter hätte sein sollen. Der Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau hatten danach jedenfalls faktisch die Verfügungsmacht und haben sie auch ausgeübt. Das reicht für die Begründung ihrer Stellung als Verfügungsberechtigte im Sinne des § 2 Abs. 3 S. 1 VermG aus.

bb) Dass der Übertragungsvertrag zu seiner Wirksamkeit einer staatlichen Genehmigung bedurfte, steht dem nicht entgegen. Die staatliche Genehmigung ist lediglich eine Rechtsbedingung für die Wirksamkeit des Vertrages, ändert aber nichts an der Verfügungsmacht des Rechtsvorgängers der Beklagten und dessen Ehefrau sowie der Wirksamkeit der entsprechenden Verfügung durch Abgabe der für die Auflassungserklärung erforderlichen Willenserklärungen. Rechtsbedingungen sind lediglich die gesetzlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen und die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts (Grüneberg, BGB, 81. A., Einf. vor § 158, Rn. 5).

b) Die Kläger sind Berechtigte im Sinne des § 3 Abs. 4 S. 3 VermG.

aa) Berechtigte im Sinne des § 3 Abs. 4 S. 3 VermG sind gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 VermG natürliche und juristische Personen sowie Personenhandelsgesellschaften, deren Vermögenswerte von Maßnahmen gemäß § 1 VermG betroffen sind sowie ihre Rechtsnachfolger.

bb) Die Kläger sind als Erben von E... S..., die als Erbin und Rechtsnachfolgerin der im Jahr 1974 verstorbenen E... K... am 19.9.1990 Rückübertragungsansprüche angemeldet hatte, wiederum Rechtsnachfolger der E... S... und damit der E... K.... Das ergibt sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.7.2013, VG K 470/10, in dem auf Seite 9 des Urteils auf die nicht angegriffene Feststellung im Bescheid des Landrates des Landkreises Oder-Spree - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, Az. 12024 00263392 ANr.: 4983, dass die - auch hiesigen - Kläger Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 VermG seien.

c) Streitgegenstand des Verfahrens ist ein Vermögenswert i.S.d. § 2 Abs. 1 VermG betroffen, nämlich ein bebautes Grundstück.

d) Das streitgegenständliche Grundstück war von einer Maßnahme gemäß § 1 VermG betroffen. Das ergibt sich ebenfalls aus den Feststellungen des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.8.2913, 4 K 74/10. Danach wäre den Klägern der im Tenor des Urteils des Verwaltungsgerichts näher bezeichnete Teil des Grundstücks am Reiherhorst 6 in Grünheide (Flurstück 13/1 der Flur 6) unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des dortigen Beklagten vom 25.11.1996 und des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 28.11.1998 zurückübertragen worden, wenn das Grundstück nicht durch mit dem am 29.8.1994 geschlossenen und am 1.12.1997 genehmigten Grundstückskaufvertrag veräußert worden wäre. Die Kläger hatten insoweit einen Anspruch auf Rückübertragung des Flurstücks 13/1 der Flur 6, als diese nicht wegen des redlichen Erwerbs des dinglichen Nutzungsrechts und des Eigentums am Wohnhaus sowie von der Natur der Sache her ausgeschlossen war (§ 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VermG). Aus diesen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ergibt sich, dass das streitgegenständliche Grundstück von einer Maßnahme gemäß § 1 VermG betroffen war, weil anderenfalls nicht die Rückübertragungsberechtigung der Kläger, für die die Betroffenheit des Grundstücks von einer Maßnahme nach § 1 VermG Voraussetzung ist, hätte festgestellt werden können.

e) Dem Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau fällt auch ein Verschulden zur Last, weil sie nicht ihrer Vergewisserungspflicht aus § 3 Abs. 3 S. 1 VermG genügt haben, sich vor der Veräußerung bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, in dessen Bezirk das veräußerte Grundstück belegen ist, zu vergewissern, dass keine Anmeldung i.S.d. § 3 Abs. 3 VermG hinsichtlich dieses Grundstücks vorliegt. Hätten der Rechtsvorgänger der Beklagten und dessen Ehefrau dies getan, hätten sie von dem am 19.9.1990 von der Rechtsvorgängerin der Kläger E... S... angemeldeten Rückübertragungsanspruch erfahren. Im Übrigen hätten sie sich nicht exculpiert.

f) Der Feststellungsanspruch der Kläger ist nicht verjährt.

aa) Der den Gegenstand des Feststellungsanspruches bildende Schadensersatzanspruch verjährt in der Regelfrist von drei Jahren gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

bb) Die Verjährungsfrist beginnt erst mit Entstehung des Anspruchs zu laufen. Entstanden ist der Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs (Palandt, BGB, Rn. 3 zu § 199).

cc) Im vorliegenden Fall konnte der Schadensersatzanspruch bzw. der Feststellungsanspruch von den Klägern erst mit Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.7.2013, 4 K 74/10, gerichtlich - mit Aussicht auf Erfolg - geltend gemacht werden. Zuvor fehlte es an der Aktivlegitimation der Kläger (vgl. für das Investitionsvorranggesetz OLG Brandenburg, Urteil vom 5.10.2011, 4 U 85/09, Rn. 35). Zudem war es den Klägern vorher auch nicht zumutbar, Klage auf Erlösauskehr zu erheben, weil bis zur Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.7.2013, 4 K 74/10, eine Prozessniederlage unausweichlich war.

4. Aus vorstehenden Gründen haben die Kläger auch den zuerkannten Feststellungsanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Abs. 1 S.1 Abs. 5 VermG.

a) § 3 Abs. 3, 5 VermG sind Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.

b) Auch dieser Anspruch ist aus bereits vorstehend ausgeführten Gründen nicht verjährt.

5. Der Senat hat den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 26.8.2022 berücksichtigt. Aus vorgenannten Gründen gibt dieser Schriftsatz keinen Anlass, die Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.