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Verbot der Führung der Dienstgeschäfte - Lehrerin in öffentlichen Schulen - Ruhestand - Anfechtungsklage - Erledigter Verwaltungsakt - Hilfsantrag - Fortsetzungsfeststellungsinteresse - Darlegung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses -Rehabilitierungsinteresse


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 13.10.2022
Aktenzeichen OVG 4 B 5/20 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2022:1013.OVG4B5.20.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 39 S 1 BeamtStG, § 45 Abs 2 S 2 BG BB, § 67 Abs 4 VwGO, § 101 Abs 2 VwGO, § 109 VwGO, § 125 Abs 1 S 1 VwGO, § 113 Abs 1 S 4 VwGO

Leitsatz

1. Zu den Anforderungen an ein Rehabilitierungsinteresse i.S. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO für eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach Eintritt der Beamtin in den Ruhestand.
2. Ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wird mit Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses, insbesondere durch Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gegenstandslos.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 v.H. des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Lehrerin, die zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten ist. Sie begehrt die Aufhebung eines ihr gegenüber ausgesprochenen Verbots der Führung der Dienstgeschäfte, hilfsweise die Feststellung, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig gewesen ist.

Die 1955 geborene Klägerin war mit einer nach dem Recht der DDR erworbenen Befähigung als Lehrerin in öffentlichen Schulen zuletzt an der A...-Grundschule in T... tätig. Sie ist am 26. März 2002 unter Verleihung der Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit zur Lehrerin im Dienst des beklagten Landes ernannt worden.

Die Klägerin wurde im Jahre 2010 von der Grundschule in T... auch aufgrund eines dienstlichen Konflikts an eine Grundschule in P... umgesetzt, wogegen sie wegen der unterbliebenen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten erfolgreich gerichtlich vorging (vgl. VG Potsdam, Urteil vom 12. September 2012
– VG 2 K 1545/10 -).

Im Verlauf des Schuljahres 2014 / 2015 kam es an der A...-Grundschule in T... erneut zu dienstlichen Konflikten, an denen die Klägerin beteiligt war.

Mit Bescheid vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2016 verbot das staatliche Schulamt des Beklagten der Klägerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung bis auf Weiteres die Fortführung der Dienstgeschäfte als Lehrkraft. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen darauf, dass die Klägerin dienstliche Weisungen der Schulleiterin der Grundschule und des Schulaufsichtspersonals nicht befolgt habe. Aufgrund eines nach Ansicht der Schulleiterin pädagogisch unangemessenen Verhaltens der Klägerin gegenüber einer Schülerin wurde letztere einer anderen Lerngruppe zugeteilt und die Klägerin durch die Schulleitung angewiesen, jeglichen außerunterrichtlichen Kontakt zu der Schülerin zu unterlassen. Gleichwohl habe die Klägerin nochmals Kontakt mit der Schülerin aufgenommen. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten deutlich gemacht, dass sie auch weiterhin nicht gewillt sei, dienstliche Weisungen zu befolgen. In der Begründung des Widerspruchsbescheides wurde zudem ausgeführt, dass es an „dieser Stelle … dahinstehen“ könne, ob die Klägerin ihre Dienstpflichten schuldhaft verletzt habe. Es könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass die Beeinträchtigung der Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben Folge gesundheitlicher Beeinträchtigungen sei. Aufgrund des Konfliktverhaltens bestünden Zweifel daran, ob die Klägerin gesundheitlich in der Lage sei, ihre Dienstpflichten zu erfüllen, weshalb eine amtsärztliche Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit veranlasst worden sei.

Der Beklagte hat im Wesentlichen wegen des vorgenannten Sachverhalts den Verdacht eines Dienstvergehens angenommen und am 15. Januar 2016 gegen die Klägerin ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Dieses wurde auf Grundlage von § 23 Abs. 3 Satz 1 Landesdisziplinargesetz mit Verfügung vom 12. Mai 2017 ausgesetzt.

Die Klägerin wurde mit Bescheid vom 19. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2017 mit Ablauf des 30. April 2017 aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin gegen den Zurruhesetzungsbescheid mit Urteil vom 18. Oktober 2017 – VG 2 K 4177/17 – abgewiesen. Das auf Antrag der Klägerin geführte Berufungsverfahren ist beim Senat derzeit anhängig (OVG 4 B 6/20).

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18. Oktober 2017 die Klage der Klägerin gegen das streitgegenständliche Verbot der Führung der Dienstgeschäfte abgewiesen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die angefochtene Verfügung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für die Frage der Rechtmäßigkeit des Verbots komme es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts an. Zu diesem Zeitpunkt sei wegen der Weigerung der Klägerin, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, von ihrer Dienstunfähigkeit aufgrund einer mit der Ausübung der Tätigkeit als Lehrerin nicht vereinbaren Erkrankung auszugehen, welche auch eine weitere Dienstausübung ausschließe.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Zulassung der Berufung beantragt, die der Senat mit Beschluss vom 24. April 2020, der der Klägerin am 7. Mai 2020 zugestellt wurde, zugelassen hat. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere auch mit einem am 26. Mai 2020 eingegangenen Schriftsatz im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klage sei zulässig. Sofern das Oberverwaltungsgericht der Auffassung sei, dass mit der Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze durch die Klägerin ein das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte erledigendes Ereignis eingetreten sei, werde zu dem Anfechtungsantrag hilfsweise beantragt, festzustellen, dass der angegriffene Bescheid rechtswidrig gewesen sei. Die Klage sei dann als Fortsetzungsfeststellungsantrag zulässig. Das besondere Feststellungsinteresse liege darin, dass ein Verbot der Amtsausübung im vorliegenden Fall rechtswidrig in die geschützte Sphäre der Klägerin auf jederzeitige Ausübung ihrer beamtenrechtlichen Tätigkeit eingegriffen habe. Die Klägerin habe ein Rehabilitierungsinteresse daran, dass festgestellt werde, dass die seinerseits durch den Beklagten ergriffenen Maßnahmen rechtswidrig gewesen seien. Der Klägerin gehe es in erster Linie um die Wiederherstellung ihres Rufes. Ein insofern gegebenes Wiederherstellungsinteresse habe sie, auch nachdem sie die Altersgrenze erreicht habe.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Klage auch begründet, da das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig gewesen sei und die Klägerin in ihren Rechten verletzt habe. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass das Zurruhesetzungsverfahren der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen einen zwingenden dienstlichen Grund für den Beklagten liefere, der Klägerin gegenüber ein Verbot der Dienstausübung auszusprechen. Der Beklagte habe das Verbot nämlich selbst gar nicht damit begründet. Sowohl der angegriffene Bescheid als auch der Widerspruchsbescheid nähmen ausschließlich auf Vorkommnisse Bezug, die Gegenstand eines Disziplinarverfahrens seien, nämlich, dass die Klägerin sich einer Schülerin gegenüber unangemessen verhalten habe. Bei der Anfechtungsklage sei das Verwaltungsgericht nicht befugt, einen nicht gegebenen zwingenden Grund durch einen neuen zwingenden Grund zu ersetzen, über den die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung noch gar nicht befunden habe. Damit setze das Verwaltungsgericht die eigene Entscheidung anstelle der Ermessensentscheidung des Beklagten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Oktober 2017 den Bescheid des Beklagten vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2016 aufzuheben,

2. hilfsweise unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Oktober 2017 festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2016 rechtswidrig gewesen ist,

3. die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Beklagte hat während des Berufungsverfahrens mitgeteilt, dass die Klägerin zwischenzeitlich am 31. Dezember 2020 die Regelaltersgrenze erreicht habe und damit als Lehrkraft an einer öffentlichen Schule zum Ende des Schulhalbjahres am 31. Januar 2021 in den Ruhestand getreten wäre; mittlerweile dürfte sich das Verfahren wegen des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte erledigt haben. Die Klägerin hat auf gerichtliche Anfrage vom 27. Mai 2021 mitgeteilt, dass sie den Rechtsstreit nicht für erledigt erkläre.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis erklärt, dass der Senat über die Frage der Zulässigkeit der Klage (Anfechtungsklage und hilfsweise Fortsetzungsfeststellungsklage) im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung durch (Zwischen-) Urteil entscheidet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Personalakte der Klägerin Bezug genommen, die vorgelegen haben und – soweit wesentlich – Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die vom Senat zugelassene Berufung (vgl. §§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO) der Klägerin ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden. Die Berufung bleibt aber ohne Erfolg.

I. Die allein auf die Frage der Zulässigkeit der Klage (Anfechtungsantrag und hilfsweise Fortsetzungsfeststellungsantrag) beschränkte Entscheidung kann gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO, § 109 VwGO im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben. Über die Zulässigkeit der Klage kann nach §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 109 VwGO auch im Berufungsverfahren durch Zwischenurteil vorab entschieden werden. Eine Entscheidung ist grundsätzlich sowohl im positiven Sinne als auch im negativen Sinne denkbar. Hält das Gericht die Klage für unzulässig, muss es - wie hier erfolgt - die Klage mit einem (End-) Urteil abweisen, denn hinsichtlich einer unzulässigen Klage kommt eine Sachentscheidung nicht mehr in Betracht (Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5 Aufl. 2018, § 109 Rn. 11 u. 17; vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Rn. 11).

II. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen. Sowohl die Anfechtungsklage der Klägerin gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte in Form des Aufhebungsantrages (vgl. 1.) als auch der als Fortsetzungsfeststellungsantrag formulierte Hilfsantrag (vgl. 2.) sind unzulässig. Für das Vorliegen oder Fehlen einer Prozessvoraussetzung der Klage ist der Zeitpunkt der Entscheidung in der jeweiligen Instanz, hier im Berufungsverfahren maßgeblich (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 2. November 1994 – 6 P 39.93 – juris Rn. 21).

1. Die Anfechtungsklage, mit der die Klägerin die Aufhebung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte (vgl. § 39 Satz 1 BeamtStG) mit Bescheid vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2016 beantragt hat, ist unzulässig. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte stellt zwar einen beamtenrechtlichen Verwaltungsakt dar, gegen den die Anfechtungsklage erhoben werden kann (Hampel, GKÖD, Stand 2021, L § 66 BBG, Rn. 12). Voraussetzung für die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) ist aber, dass der Verwaltungsakt noch rechtlich existent ist. Hat sich der Verwaltungsakt bereits erledigt, so kann dessen Aufhebung nicht mehr begehrt werden; die Anfechtungsklage ist nicht statthaft (Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42 Rn. 24; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 11. Auf. 2019, S. 211). Das im Bescheid vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2016 ausgesprochene, an die Klägerin gerichtete Verbot der Führung der Dienstgeschäfte hat sich erledigt, worauf die Klägerin mit gerichtlicher Verfügung vom 27. Mai 2021 hingewiesen worden ist. Die Klägerin ist jedenfalls nach Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze kraft Gesetzes in den Ruhestand getreten, wodurch das Verbot gegenstandslos geworden ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist anerkannt, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte mit der Beendigung des (aktiven) Beamtenverhältnisses, insbesondere durch Versetzung in den Ruhestand oder das Erreichen einer gesetzlichen Altersgrenze gegenstandslos wird. Eine gesonderte Aufhebung ist nicht erforderlich (vgl. Hampel, GKÖD, Stand 2021, L § 66 BBG, Rn. 52). Nach Erreichung der Regelaltersgrenze und dem Eintritt in den Ruhestand gehen nämlich von der Anordnung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte keine Regelungswirkungen mehr aus. Die Anordnung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG suspendiert lediglich die mit dem konkreten Amt verbundene Dienstleistungspflicht in der Weise, dass ein Beamter für die Dauer des Verbots zur Dienstleistung weder berechtigt noch verpflichtet ist. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte lässt aber die Rechtsstellung der betroffenen Beamten im Übrigen unberührt. Dies gilt auch für den beamtenrechtlichen Status im Amt im statusrechtlichen und im abstrakt-funktionellen Sinne. Die Beamten erhalten weiterhin die vollen Dienstbezüge. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte steht auch einem Eintritt in den Ruhestand nicht entgegen (Hampel, GKÖD, Stand 2021, L § 66 BBG, Rn. 6, 39 ff.). Da die Klägerin jedenfalls als Beamtin mit der Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze kraft Gesetzes in den Ruhestand getreten ist, ist sie ohnehin zur Dienstleistung weder berechtigt noch verpflichtet mit der Folge, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte im Bescheid vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2016 mit Ablauf des 31. Januar 2021 gegenstandslos geworden ist und sich damit erledigt hat. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die am ___ 1955 geborene Klägerin gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 LBG die in ihrem Geburtsjahrgang um neun Monate angehobene reguläre Regelaltersgrenze erreicht hat und damit als Lehrkraft in einer öffentlichen Schule am Ende des Schulhalbjahres, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wird und damit am 31. Januar 2021 kraft Gesetzes gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 LBG in den Ruhestand getreten ist bzw. wäre.

2. Auch der Hilfsantrag auf Feststellung, dass das im Bescheid des Beklagten vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2016 geregelte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig gewesen ist, ist unzulässig. Denn die in den Ruhestand getretene Klägerin hat mit ihrem Berufungsvorbringen das für den Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

Der Erledigung des Anfechtungsbegehrens hat die Klägerin im Berufungsverfahren dadurch Rechnung getragen, dass sie hilfsweise auch eine Fortsetzungsfeststellung beantragt hat. Da das Rechtsschutzziel und der Prozessstoff im Wesentlichen unverändert geblieben sind, ist der Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht als eine Änderung der Klage im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO anzusehen, sondern gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 12). Der Antrag kann hilfsweise neben dem Anfechtungsantrag gestellt werden (Bamberger, in: Wysk, VwGO, 3 Aufl. 2020, § 113 Rn. 59 m.w.N.).

Hat sich das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte erledigt, kann eine Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verbots im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz. 4 VwGO in Betracht kommen (Kohde, in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 20. Update April 2021, XIII. Rechtsschutz, Rn. 71). Zulässig ist diese Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO allerdings nur, wenn ein Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung und nicht nur einen abstrakten Klärungsbedarf hat. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein und ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position der Kläger zu verbessern (BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 13; vgl. Beschluss vom 28. Januar 2021 – 1 WB 14.20 – juris Rn. 38 m.w.N.; Bamberger, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 113 Rn 78 ff. m.w.N.). Ein Feststellungsinteresse gegen ein erledigtes Verbot der Führung der Dienstgeschäfte kann nicht schlechthin vorausgesetzt werden, sondern bedarf besonderer Darlegung durch den Beamten (Kohde in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 20. Update April 2021, XIII. Rechtsschutz, Rn. 71). Er muss das Feststellungsinteresse substantiiert geltend machen (stRspr.; BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2021
– 1 WB 14.20 – juris Rn. 38 m.w.N.), insbesondere Umstände vortragen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 267).

Die Klägerin hat mit ihrem Vorbringen ein im Zeitpunkt dieser gerichtlichen Entscheidung im Berufungsverfahren bestehendes berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, dass das im Bescheid vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2016 geregelte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig gewesen ist, nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse hat die Klägerin bei vernünftiger Würdigung der Umstände des Einzelfalles nicht mit einem Rehabilitierungsinteresse substantiiert dargelegt. Ihr Vorbringen, das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sei „rechtswidrig gewesen“ und ihr ginge es „in erster Linie um die Wiederherstellung ihres Rufes“, reicht dazu nicht aus.

Für die Annahme eines berechtigten Feststellungsinteresses im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO genügt mit Blick auf eine angestrebte Rehabilitierung kein bloßes ideelles Interesse an der endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Verwaltungshandelns ohne Rücksicht darauf, ob abträgliche Nachwirkungen dieses Handelns fortbestehen, denen durch eine gerichtliche
Sachentscheidung wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1998 – 2 B 130.97 – juris Rn. 2 m.w.N.). Ein schützenswertes Interesse an Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus dem in Rede stehenden behördlichen Handeln eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 25; Urteil vom 17. November 2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 21). Gleiches gilt, wenn die Maßnahme diskriminierendes Verwaltungshandeln darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. März 2005 – 2 B 111.04 – juris Rn. 15; Beschluss vom 28. Januar 2021 –1 WB 14.20 – juris Rn. 40). Das sogenannte Rehabilitierungsinteresse begründet ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalles als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin das gegen sie gerichtete Verbot als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob abträgliche Nachwirkungen dieser Maßnahme fortbestehen und ihnen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2000 – A 3.99 – juris Rn. 14 m.w.N.). Dementsprechend wird im Beamtenrecht z.B. das Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer dienstlichen Beurteilung bei Beamten nach Eintritt in den Ruhestand verneint. Ein Rehabilitierungsinteresse kann nur noch daraus hergeleitet werden, dass die streitige dienstliche Beurteilung den Beamten unabhängig von seinem Berufsleben in seinen Rechten verletzt hat, etwa durch Ehrverletzung oder Verletzung der Menschenwürde (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1982 – 2 C 33.79 – juris Rn. 24; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 276).

Die inzwischen in den Ruhestand getretene Klägerin hat im Berufungsverfahren nicht substantiiert dargetan, dass die vorgenannten Voraussetzungen eines berechtigten Feststellungsinteresses aus Gründen der Rehabilitierung nach Erledigung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte zum Zeitpunkt dieser gerichtlichen Entscheidung erfüllt sind.

Soweit die Klägerin ein Rehabilitierungsinteresse daraus ableiten will, dass die in den Jahren 2015 / 2016 durch den Beklagten ergriffene Maßnahme des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte „rechtswidrig gewesen sei“ und rechtswidrig in die geschützte Sphäre der Klägerin auf die Ausübung ihrer beamtenrechtlichen Tätigkeit eingegriffen habe, legt sie das Rehabilitierungsinteresse nicht substantiiert dar. Wie ausgeführt, reicht das bloße ideelle oder abstrakte Interesse an der endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des verhängten, aber mit Eintritt in den Ruhestand erledigten Verbots der Führung der Dienstgeschäfte für die Begründung eines berechtigten Feststellungsinteresses nicht aus. Gegenwärtig ist die Klägerin nach Erreichung der gesetzlichen Regelaltersgrenze als Ruhestandsbeamtin ohnehin nicht mehr berechtigt, Dienstgeschäfte als Lehrerin in öffentlichen Schulen zu leisten.

Die Klägerin hat bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalles bereits nicht hinreichend dargetan, dass das im Bescheid des Beklagten vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2016 ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ein stigmatisierendes oder diskriminierendes Verwaltungshandeln gewesen sein soll und eine Außenwirkung erlangt hat, die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung trotz Eintritts in den Ruhestand noch in der Gegenwart andauert. Dass die Klägerin das an sie gerichtete Verbot als ihren Ruf beeinträchtigend empfindet, reicht als solches nicht aus. Die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles bieten bereits keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass das der Klägerin gegenüber ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte stigmatisierende oder diskriminierende Wirkung hatte. Das ausgesprochene Verbot war keine diskriminierende Sanktion, sondern im Kern eine zukunftsbezogene Reaktion aus dienstlichen Gründen, um in einer Konfliktsituation zwischen der Klägerin und einer schulpflichtigen Schülerin weiteren Kontakt zwischen beiden im Schulverhältnis vorläufig zu unterbinden, indem die Klägerin für die Dauer des Verbots zur Dienstleistung weder berechtigt noch verpflichtet war. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Satz 1 BeamtStG muss nicht auf einen unstrittig festgestellten Sachverhalt beruhen, sondern kann auf einen Verdacht gestützt sein (Hampel, GKÖD, Stand 2021, L § 66 BBG Rn. 31, vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Juni 2021 – OVG 4 S 19/21 – juris Rn. 7).

Hinzu kommt, dass die Klägerin sich mit ihrem Vorbringen, ihr „Ruf“ solle durch eine richterliche Sachentscheidung auf den Fortsetzungsfeststellungsantrag hin wiederhergestellt werden, bei genauer Betrachtung im Kern gegen Begründungselemente des Bescheides des Beklagten vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2016 wendet. Dass aber die Begründung dieses Bescheides zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gegenwärtige noch abträgliche Nachwirkungen hat, die fortbestehen und denen durch die begehrte gerichtliche Feststellung begegnet werden kann, hat sie nicht substantiiert dargetan. Die Klägerin ist inzwischen nach Erreichung der Regelaltersgrenze jedenfalls kraft Gesetzes nach § 45 Abs. 2 Satz 2 BBG in den Ruhestand getreten, so dass sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht feststellen lässt, dass das in den Jahren 2015 / 2016 ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte noch Auswirkungen auf das berufliche Fortkommen oder sonstige dienstliche Nachteile für die Ruhestandsbeamtin haben kann. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin zwischenzeitlich ohnehin aus dem Berufsleben als Lehrerin an Schulen ausgeschieden ist, wäre ein berufsbezogenes Rehabilitierungsinteresse, sofern es je bestanden hat, jedenfalls entfallen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 9. August 1990 – 1 B 94.90 – juris Rn. 6 zum Gewerberecht).

Darüber hinaus hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan, dass die von ihr behaupteten abträglichen Nachteile des Verbots für ihren Ruf derzeit fortbestehen. Sie hat bereits nicht dargelegt, dass die interne Unstimmigkeit zwischen ihr und der Schulleiterin der Grundschule sowie dem Schulaufsichtspersonal, die ausweislich der Begründung des Bescheides zu dem Verdacht geführt hat, dass sie deren dienstliche Weisung nicht befolge, Außenwirkungen erlangt hat, die noch in der Gegenwart andauern. Die Klägerin hat bereits nicht geltend gemacht, dass diese Vorgänge außerhalb der Grundschule in die Öffentlichkeit gelangt sind oder die im Bescheid enthaltenen Gründe für das Verbot der Dienstgeschäfte, die vertraulich zu behandeln sind (vgl. § 50 Satz 3 BeamtStG), im Kreis der Kolleginnen und Kollegen als soziales berufliches Umfeld der Lehrerin bekannt geworden sind. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die etwaige Auswirkung nach Eintritt der Klägerin in den Ruhestand gegenwärtig noch andauert. Vor dem Hintergrund, dass der Sitz der Schule, an der die Klägerin bis zum Ausspruch des Verbots eingesetzt war, und der Wohnsitz der Klägerin verschiedenen Gemeinden zugehörig sind, ist weder dargetan noch ersichtlich, dass ehemalige Lehrerkolleginnen und -kollegen in der Gegenwart nach Eintritt in den Ruhestand andauernd zum sozialen Umfeld der Klägerin gehören.

Der Beklagte hat, worauf die Klägerin in dem Berufungsverfahren selbst hingewiesen hat, das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auch nicht auf eine Erkrankung oder sonstige gesundheitliche Beeinträchtigung der Klägerin gestützt, so dass auch insoweit eine von der Begründung des Bescheides hervorgehende stigmatisierende Auswirkung, die in der Gegenwart andauert, nicht ersichtlich ist. In dem Bescheid wird ausdrücklich ausgeführt, dass es „an dieser Stelle … dahinstehen“ könne, ob die Klägerin ihre dienstliche Verpflichtung infolge gesundheitlicher Beeinträchtigung schuldhaft verletzt habe. Damit wurde letztlich offengelassen, ob die Klägerin erkrankt war.

Ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte rechtswidrig gewesen ist, kann auch nicht aus dem von der Klägerin persönlich verfassten und von ihr selbst angebrachten Vortrag in dem beim Oberverwaltungsgericht abgegebenen Schriftsatz vom 16. Mai 2022 abgeleitet werden. Dieser Vortrag ist unerheblich und der Senat darf ihm nicht nachgehen. Er genügt nicht dem für die Beteiligten eines Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht nach § 67 Abs. 4 VwGO bestehenden Erfordernis, sich durch einen Rechtsanwalt oder eine andere postulationsfähige Person vertreten zu lassen (u.a. BVerwG, Beschluss vom 2. März 2010 – 6 B 72.09 – juris Rn. 2). Auf diese Rechtslage ist die Klägerin bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 12. Dezember 2020 und nochmals mit gerichtlicher Verfügung vom 17. Mai 2022 hingewiesen worden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat sich den von der Klägerin persönlich angebrachten Vortrag ersichtlich nicht zu eigen gemacht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der ZPO.

Für den Antrag der Klägerin, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, fehlt das Bescheidungsinteresse, weil eine Kostenerstattung an die Klägerin nicht in Betracht kommt, da ihr kein Kostenerstattungsanspruch zusteht, da sie im Berufungsverfahren vollständig unterliegt (Wysk, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 162 Rn. 47a).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 1 BRRG genannten Gründe vorliegt.

BESCHLUSS

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.1.4, 1.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 (im Internet abrufbar unter http://www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. April 2013 – OVG 4 S 25.13 – juris Rn. 11), wobei der als Fortsetzungsfeststellungsantrag gestellte Hilfsantrag sich nicht streitwerterhöhend auswirkt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).