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Entscheidung 26 Ta (Kost) 6064/22


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer Entscheidungsdatum 23.11.2022
Aktenzeichen 26 Ta (Kost) 6064/22 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2022:1123.26TA.KOST6064.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 208 InsO, § 209 InsO, § 182 InsO

Leitsatz

1. Die Kammer geht bei der Bewertung eines Feststellungsantrags im Falle der Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten mit der Rechtsprechung des BGH (3. Februar 1988 – VIII ZR 276/87) davon aus, dass bei der Wertbemessung auf den Nominalbetrag der Forderung dann nicht mehr abgestellt werden kann, wenn sich der beklagte Insolvenzverwalter ausdrücklich auf (Neu-)Masseunzulänglichkeit beruft und der Massegläubiger dem im Rahmen des Verfahrens dadurch Rechnung trägt,
dass er seinen ursprünglichen Zahlungsantrag auf einen Feststellungsantrag umstellt.

2. Der Massegläubiger, der sich mit dem Übergang auf einen Feststellungsantrag im Ergebnis einem Insolvenzverfahren unterwirft, bringt damit zum Ausdruck, dass es ihm um den Bestand seiner Forderung nur noch im Rahmen der zu erreichenden Quote geht.

In diesem Fall orientiert sich der Gegenstandswert an der realisierbaren Quote (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 6. September 2019 – 26 Ta (Kost) 6012/19, Rn. 22).

3. Das gilt erst recht für den Fall, dass es – wie hier – von Anfang an lediglich um die Feststellung einer der Höhe nach unstreitigen Masseverbindlichkeit geht.

4. Kriterien zur Ermittlung der Quote.

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. Mai 2022 – 30 Ca 13220/21 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und der Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleich auf 5.549,92 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien haben über einen beim Arbeitsgericht am 30. Dezember 2021 eingegangenen Antrag des Klägers gestritten, mit dem dieser festgestellt wissen wollte, dass ihm „im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG (Amtsgericht Charlottenburg AZ. 36a IN 4295/17) Masseverbindlichkeiten iHv EUR 110.998,33 im Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO, hilfsweise im Rang des Abs. 1 Nr. 3 InsO, zustehen“. Es ging um Vergütungsansprüche für die Zeit von Dezember 2017 bis März 2018.

Am 1. November 2017 wurde über das Vermögen der A. Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG (im Folgenden Schuldnerin) das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet und der Beklagte als Sachwalter eingesetzt. Am selben Tag zeigte dieser beim Insolvenzgericht Charlottenburg (im Folgenden Insolvenzgericht) nach § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO drohende Masseunzulänglichkeit an. Am 16. Januar 2018 hob das Insolvenzgericht die Eigenverwaltung auf und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter.

Der Kläger war bei der Schuldnerin als Senior Vice President Commercial Planning & Strategy eingestellt. Die Schuldnerin stellte den Kläger für die Zeit ab dem 1. November 2017 frei. Mit Schreiben vom 23. November 2017 kündigte die Schuldnerin dem Kläger zum 31. März 2018. In dem sich anschließenden Kündigungsschutzprozess einigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2018.

Am 30. April 2019 zeigte der Beklagte dem Insolvenzgericht gegenüber Neumasseunzulänglichkeit und am 27. Mai 2020 „Neu-Neumasseunzulänglichkeit“ an. Alle Anzeigen wurden öffentlich bekannt gemacht, letztere am 28. Mai 2020. Das Insolvenzgericht ordnete mit Beschlüssen vom 30. April 2019 und 4. Juni 2020 an, dass die Zwangsvollstreckung von Massegläubigern wegen Masseverbindlichkeiten, die bis zum 30. April 2019 und bis zum 27. Mai 2020 begründet wurden (Neumasseverbindlichkeiten bzw. „Neu-Neumasseverbindlichkeiten“), unzulässig sei. Der gegen den Beschluss vom 4. Juni 2020 eingelegten sofortigen Beschwerde des Klägers half das Insolvenzgericht wegen mangelnder Beschwer nicht ab, da der Beschluss lediglich auf die Folgen des § 210 InsO hinweise, die auch für „Neu-Neumassegläubiger“ gelten würden.

Der Beklagte hatte bereits mit Schreiben vom 3. November 2017 darauf hingewiesen, dass Masseverbindlichkeiten von ihm anerkannt würden, allerdings ohne Angabe der Höhe. Mit Schreiben vom 13. Juni 2018 hatte der Beklagte um Mitteilung von Informationen zu Arbeitslosengeld und anderen Punkten gebeten. Der Kläger erteilte die Informationen, erhielt sodann aber keine Antwort mehr. Dem Kläger ging es mit dem Verfahren nach eigener Darstellung um eine „Titulierung“. Er regte die Abgabe eines Anerkenntnisses an.

Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2022 teilten die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass man sich geeinigt habe. Am 23. Februar 2022 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beklagte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit dem Hinweis, dass er sich in der finalen Endabstimmung mit seinem Mandanten befinde. Mit Beschluss vom 24. Februar 2022 bewilligte das Arbeitsgericht die beantragte Prozesskostenhilfe.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2022 beantragten die Klägervertreter Streitwertfestsetzung in Höhe von 50 vH der Klageforderung. Angesichts der durch den Beklagten angestrebten Verfahren könne ungeachtet der Masseunzulänglichkeitsanzeigen nicht von einer Wertlosigkeit der Forderung ausgegangen werden. Für den Vergleich sollten 93.921,66 Euro festgesetzt werden. Dieser Betrag errechne sich aus der Hälfte der Summe des Klageantrags und dem Verfrühungsschaden, den der Kläger dadurch erfahren habe, dass die Kündigungsfrist nicht eingehalten worden sei. Die Summe betrage 187.843,33 Euro.

Am 28. Februar 2022 teilte der Beklagte mit, dass man sich nach telefonischer Verhandlung auf einen Vergleich verständigt habe. Der mit dem Schriftsatz vorgelegte Vergleich entsprach inhaltlich dem, den der Klägervertreter bereits am 22. Februar 2022 vorgelegt hatte.

Am 7. März 2022 stellte das Arbeitsgericht einen Vergleich fest, in dem unter Nr. 1 festgestellt worden ist, dass Forderungen aus der Zeit bis zum 31. Januar 2021 als Altmasseverbindlichkeiten entsprechend § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren seien. Unter Nr. 2 des Vergleichs einigten sich die Parteien „vor diesem Hintergrund“ darauf, dass der Beklagte die zugunsten des Klägers bestehenden Entgeltansprüche für die Zeit von November 2017 bis März 2018 in Höhe von 102.460,00 Euro brutto nebst Urlaubsabgeltung in Höhe von 9.230,96 Euro brutto unter Berücksichtigung übergegangener Ansprüche als Altmasseforderung des jeweiligen Rangs ins Masseverzeichnis aufnehme. Das Gehalt für den Monat März solle in Bezug auf die Masseunzulänglichkeitsanzeige vom 1. November 2017 im Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO stehen. Unter Nr. 3 einigten sich die Parteien darauf, dass der Kläger berechtigt sei, einen etwaigen Verfrühungsschaden gem. § 113 InsO zur Insolvenztabelle anzumelden. Der Beklagte würden diesen Anspruch nach ordnungsgemäßer Anmeldung nicht bestreiten oder die Einrede der Verjährung erheben.

Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert nach § 33 RVG mit Beschluss vom 7. April 2022 auf 55.499,16 Euro festgesetzt. Hiergegen hat der Bezirksrevisor Beschwerde eingelegt und beantragt, den Wert auf 500 Euro zu begrenzen. Bei der Bemessung des Gegenstandswerts seien die zu § 182 InsO entwickelten Grundsätze entsprechend heranzuziehen. Da eine Quote nicht zu erwarten sei, müsse vom Wert der geringsten Gebührenstufe ausgegangen werden. Die Beklagtenvertreter berufen sich für ihre gegenteilige Auffassung auf eine Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 11. August 2014 (5 Ta 113/14). Der Normgehalt des § 182 InsO rechtfertige sich aus der beschränkten Stellung der Insolvenzgläubiger. Die angezeigte Neumasseunzulänglichkeit sei auf den Bescheid des Bundesumweltamtes zurückzuführen, mit dem dieses eine Zahlungsverpflichtung in Höhe von 82.806.161,24 Euro festgesetzt habe. Knapp zwei Jahre nach der Insolvenz sei das Darlehen der Bundesregierung in Höhe von 150 Mio Euro zurückgeführt. Dass die hier geltend gemachte Masseforderung eine auch nur teilweise Befriedigung erfahren könnte, sei nicht ausgeschlossen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 30. Mai 2022 abgeholfen und den Gegenstandswert auf 500 Euro unter entsprechender Anwendung des § 182 InsO festgesetzt. Hiergegen haben die Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 4. Juli 2022 Beschwerde erhoben. Auch das BAG habe bei Nachteilsausgleichsforderungen, die als Altmasseverbindlichkeiten geltend gemacht worden seien, nicht § 182 InsO angewandt, sondern 10 vH der geltend gemachten Forderung angesetzt. Hier hätten sich die Parteien aber gerade auf Differenzlohnansprüche aus der Zeit nach der Insolvenzeröffnung geeinigt. Daher sei insoweit ein geringerer Abschlag vorzunehmen. Der Streitwert sei anhand der Werthaltigkeit der Forderung zu bemessen. Die weitere Entwicklung der Masse sei nicht absehbar.

II.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

1) Die Kammer geht bei der Bewertung eines Feststellungsantrags im Falle der Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten mit der Rechtsprechung des BGH (3. Februar 1988 – VIII ZR 276/87) davon aus, dass bei der Wertbemessung auf den Nominalbetrag der Forderung dann nicht mehr abgestellt werden kann, wenn sich der beklagte Insolvenzverwalter ausdrücklich auf (Neu-)Masseunzulänglichkeit beruft und der Massegläubiger dem im Rahmen des Verfahrens dadurch Rechnung trägt, dass er seinen ursprünglichen Zahlungsantrag auf einen Feststellungsantrag umstellt. Der Massegläubiger, der sich mit dem Übergang auf einen Feststellungsantrag im Ergebnis einem Insolvenzverfahren unterwirft, bringt damit zum Ausdruck, dass es ihm um den Bestand seiner Forderung nur noch im Rahmen der zu erreichenden Quote geht. In diesem Fall orientiert sich der Gegenstandswert an der realisierbaren Quote (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 6. September 2019 – 26 Ta (Kost) 6012/19, Rn. 22).

Das gilt erst recht für den Fall, dass es – wie hier – von Anfang an lediglich um die Feststellung einer der Höhe nach unstreitigen Masseverbindlichkeit geht. Insoweit besteht hier zudem die Besonderheit, dass der Beklagte auch dagegen zu keinem Zeitpunkt Einwendungen erhoben hat. Der Kläger hat selbst dargelegt, dass der Beklagte bereits Anfang November 2017 darauf hingewiesen habe, dass er die Masseforderungen anerkennen werde.

2) Bezüglich der zu erwartenden Quote machen die Prozessbevollmächtigten des Beklagten keine konkreten Angaben. Sie berufen sich allerdings auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, wonach dieses bei der Ermittlung der Werthaltigkeit einer Nachteilsausgleichforderung von einer Quote in Höhe von zehn vH ausgegangen sei. Der Bezirksrevisor vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (ua BGH 16. Dezember 1999 - IX ZR 197/99; 25. September 2013 – VII ZR 340/12) demgegenüber die Ansicht, dass in den Fällen, in denen eine Quote nicht zu erwarten sei, der Wert der geringsten Gebührenstufe der Anlage 2 zum RVG festzusetzen sei.

3) Die Kammer orientiert sich insoweit bei Masseforderungen am Betrag der Masseverbindlichkeit, verbunden mit einem angemessenen Abschlag im Hinblick auf eine eventuell zu realisierende Quote.

a) Bei der zu erwartenden Quote ist hier zu berücksichtigen, dass das durch den Beklagten praktizierte Vorgehen im Zusammenhang mit der Bildung zusätzlicher im Gesetz nicht vorgesehener Ränge durch das Bundesarbeitsgericht nicht akzeptiert wird. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 25. August 2022 (6 AZR 441/21) dem durch den Beklagten praktizierten Prinzip der Bildung von Zwischenrängen eine Absage erteilt. Der Gesetzgeber habe dem Eintritt der Neumasseunzulänglichkeit im Unterschied zur Masseunzulänglichkeit keine rangändernden Folgen beigemessen. Neumasseverbindlichkeiten sind danach auch bei Vorliegen einer Neumasseunzulänglichkeit gleichmäßig und im selben Rang zu befriedigen. Damit bedarf es weder einer Anzeige der Neumasseunzulänglichkeit, noch kann einer etwaig doch erfolgten und veröffentlichten „Anzeige“ Wirkung erga omnes zukommen (vgl. BAG 25. August 2022 – 6 AZR 441/21, Rn. 51).

Das wertet die hier in Rede stehenden Masseverbindlichkeiten im Ergebnis auf, da sie nicht in einen niedrigeren, durch das Gesetz nicht vorgesehenen Rang abgedrängt werden können.

b) Allerdings können wiederholte neue Anzeigen der Masseunzulänglichkeit dafürsprechen, dass die Werthaltigkeit der Forderungen sich nicht zum Positiven entwickelt. Hier kann es angesichts der wirtschaftlichen Situation nach Eintritt der Neumasseunzulänglichkeit – so das BAG in seiner Entscheidung vom 25. August 2022 (6 AZR 441/21) - nur noch um eine geordnete Abwicklung gehen. § 208 Abs. 3 InsO decke eine verzögerte Abwicklung nicht, sodass sich die Pflichten des Insolvenzverwalters je nach den Umständen des Einzelfalls auf eine selektive Notverwertung beschränken können, also auf die Pflicht, das Insolvenzverfahren schnellstmöglich zur Einstellung zu bringen. Für komplexe Verfahren wie das vorliegende hat das Bundesarbeitsgericht dem Beklagten insoweit allerdings zugestanden, dass allein die Abwicklung erhebliche Zeit in Anspruch nimmt und diese auch das Eingehen neuer Verbindlichkeiten erforderlich machen könne, etwa für die Verteidigung in Kündigungsschutzverfahren oder für die Heranziehung von Dritten zur Erfüllung steuerrechtlicher oder anderer öffentlich-rechtlicher Pflichten (vgl. BAG 25. August 2022 – 6 AZR 441/21, Rn. 53).

4) Hier kommt hinzu, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass unter den Parteien überhaupt Streit darüber bestanden hat, ob für die Zeit des Annahmeverzugs eine Masseverbindlichkeit begründet worden ist. Das kann auch nicht ernsthaft bezweifelt werden (vgl. dazu zB BAG 4. Juni 2003 – 10 AZR 586/02, Rn. 30). Nach dem Antrag könnte allerdings streitig gewesen sein, ob es sich insoweit um eine Verbindlichkeit nach dem Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 2 oder InsO handelte. Es spricht jedoch mehr dafür, dass es dem Kläger mit seinem so formulierten Antrag nur darum ging, die aus Sicht des Beklagten rechtlich zutreffende Einordnung zu erhalten, er also nicht eine solche nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO erzwingen wollte, es ihm also nicht um eine Begünstigung als Gläubiger ging. Insoweit haben die Parteien dann in dem Vergleich auch eine differenzierte Regelung getroffen und sind für den Monat März 2018 vom Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO ausgegangen, was dadurch bedingt sein mag, dass dem Kläger schon zum Ablauf des 28. Februar 2018 hätte gekündigt werden können (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 iVm Abs. 2 Nr. 2 InsO). Der Kläger hat insoweit auch in der Klageschrift ausgeführt, dass es ihm im Wesentlichen um die Hemmung der Verjährung gehe und im Schriftsatz vom 7. Februar 2022 zudem auch noch betont, dass der Beklagte bereits mit Schreiben vom 3. November 2017 darauf hingewiesen habe, dass Masseverbindlichkeiten von ihm anerkannt würden.

5) Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es, für den konkreten Fall insgesamt von einem Bruchteil in Höhe von fünf vH der zur Feststellung gestellten Forderung auszugehen.

6) Der Inhalt des Vergleichs rechtfertigt einen Vergleichsmehrwert nicht.

a) Die anwaltliche Einigungsgebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Nr. 1000 Abs. 1 der Anlage 1 zum RVG). In den Wert eines Vergleichs sind daher die Werte aller rechtshängigen oder nichtrechtshängigen Ansprüche einzubeziehen, die zwischen den Parteien streitig oder ungewiss waren und die mit dem Vergleich geregelt wurden. Demgegenüber ist die bloße Begründung einer Leistungspflicht in dem Vergleich für den Vergleichsmehrwert ohne Bedeutung; denn es kommt für die Wertfestsetzung darauf an, worüber – und nicht worauf – die Parteien sich geeinigt haben. Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass durch den Vergleich ein Streit vermieden wurde. Ein Titulierungsinteresse kann nur dann berücksichtigt werden, wenn der geregelte Anspruch zwar unstreitig und gewiss, seine Durchsetzung aber ungewiss war (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 8. März 2017 – 17 Ta (Kost) 6013/17, Rn. 2).

Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts ist danach nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die Parteien während ihrer Vergleichsverhandlungen über die gerichtlich anhängigen Gegenstände weitere Ansprüche ansprechen und auch sie eine Regelung in dem Vergleich erfahren. Zwar wird eine Einigung der Parteien häufig nur zu erreichen sein, wenn derartige Vereinbarungen getroffen werden; denn die Parteien sind nicht selten nur dann zum Abschluss eines Vergleichs bereit, wenn weitere Fragen geregelt werden und ein diesbezüglicher zukünftiger Streit vermieden wird. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts, die zum Abschluss eines Vergleichs führt, ist jedoch mit der Einigungsgebühr als solcher abgegolten. Für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts und die damit verbundene Gebührenerhöhung muss darüber hinaus festgestellt werden, dass die geregelten Gegenstände vor Abschluss des Vergleichs streitig oder ungewiss waren. Hierzu genügen weder die Vergleichsverhandlungen als solche noch Regelungen, durch die Leistungspflichten erstmals begründet oder beseitigt werden, die Rechtsverhältnisse lediglich klarstellen oder auf sonstige Weise ausschließlich einen künftigen Streit der Parteien vermeiden. Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass eine der Parteien in den Vergleichsverhandlungen Forderungen aufstellt, um dann im Wege des Nachgebens einen Vergleich zu erreichen; für einen Vergleichsmehrwert muss vielmehr der potentielle Streitgegenstand eines künftigen Verfahrens eine Regelung erfahren (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 8. März 2017 – 17 Ta (Kost) 6013/17, Rn. 3).

b) Bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte liegen die Voraussetzungen für den Ansatz eines Vergleichsmehrwerts nicht vor. Die Parteien haben im Rahmen der Regelungen unter Nr. 2 und 3 des Vergleichs Abwicklungsregelungen getroffen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dabei etwas geregelt worden ist, was ein Streitpotential in sich getragen hat.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 33 Abs. 9 RVG. Die angefallene Gebühr wird angesichts des teilweisen Erfolgs der Beschwerde auf ½ reduziert.

IV.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.