Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 08.11.2022 | |
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Aktenzeichen | 3 U 110/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:1108.3U110.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 23.9.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) – 13 O 81/21 – wird zurückgewiesen.
2. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird Ziff. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger Verzugszinsen in Höhe von 77,46 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Beklagten auferlegt.
4. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 8.810,44 € festgesetzt.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Der Kläger ist Träger der Freien Waldorfschule .... Die Freie Waldorfschule ... ist eine Ersatzschule, die der Kläger mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde betreibt. Unter dem 25.5.2011 und dem 1.5.2016 schlossen der Kläger und der Beklagte gemeinsam mit Frau S... F... einen Schulvertrag über die Aufnahme der gemeinsamen Kinder des Beklagten und der Frau F..., E... und N..., zum 1.8.2011 bzw. 1.8.2016.
Ziff. 3.1 der Verträge lautet wie folgt:
„Die Freie Waldorfschule ... ist ein gemeinnütziges Unternehmen. Außer einem Teilzuschuss des Landes zu den Personalkosten muss die Schule alle übrigen laufenden Kosten aus den Zahlungen der Erziehung-/Personberechtigten bestreiten. Dieser Schulkostenbeitrag wird als Jahressatz vom Vorstand des Waldorfschulverein Frankfurt/Main e. V. für ein Kalenderjahr festgelegt und in der Beitragsordnung bekannt gemacht.
Der Schulkostenbeitrag wird in zwölf monatlichen Abschlagszahlungen erhoben, die jeweils am Monatsanfang bis spätestens zum dritten eines jeden Monats fällig und zahlbar sind. Die/der Erziehung-/Personenberechtigte/n und zwar jeder einzeln wie auch der Schüler/die Schülerin haften als Gesamtschuldner gegenüber der Schule für den Schulkostenbeitrag, der Begleichung von Gebühren, Materialkosten oder sonstigen Auslagen ...“
Die Beitragsordnung des Klägers sieht feste Regelbeiträge pro Kind für ein Schuljahr sowie eine Geschwisterermäßigung vor. Der jährliche Regelbeitrag ohne Geschwisterermäßigung betrug pro Kind 3918 € ab dem 1.2.2018, 3978 € ab dem 1.2.2019 und 4020 € ab dem 1.2.2021. Für die beiden Kinder des Beklagten wurde unter Berücksichtigung der Geschwisterermäßigung ab dem 1.2.2018 der monatliche Regelbetrag für 2 Kinder auf insgesamt 546 € festgesetzt. Für die Zeit ab dem 1.2.2019 wurde der Schulbeitrag auf 554,00 € festgesetzt. Ab dem 1.2.2021 wurde ein Regelbeitrag von 560 € festgesetzt.
Die Beitragsordnung sieht vor, dass durch den Ermäßigungsausschuss der Schule auf Antrag Ermäßigungen des Schulbeitrags erfolgen können. Auf Antrag des Beklagten ermäßigte der Kläger den Schulgeldbeitrag für die beiden Kinder im Zeitraum vom Januar bis einschließlich Juli 2019 auf monatlich 200 €. Ab August 2019 zahlte Frau F... auf das Schulgeld monatlich jeweils 40 €. Der Beklagte zahlte seit August 2020 einen Schulgeldbeitrag von monatlich 40 €. Am 17.4.2020 zahlte der Beklagte an den Kläger einen Betrag von 440 € sowie am 4.5., 5.6. und 2.7.2020 Beträge in Höhe von jeweils 40 €.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 28.1.2020 zur Zahlung der rückständigen Schulgeldbeiträge in Höhe von 4484 € für den Zeitraum Juni 2019 bis einschließlich Januar 2020 an und forderte ihn auf, ab Februar 2020 die künftigen Beiträge in Höhe von 514 € künftig termingerecht monatlich im Voraus bis spätestens zum 3. eines jeden Monats zu zahlen. Auf Antrag des Beklagten gewährte der Kläger dem Beklagten rückwirkend eine weitere Beitragsermäßigung auch für den Zeitraum 1.8.2019 bis 1.7.2020 auf monatlich 200 € ein.
Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 5.3.2021 die Klage erweitert hat, indem er für den Zeitraum August 2020 bis Januar 2021 einen Betrag von 3324 € (6 × 554 €) abzüglich gezahlter 480 € sowie für die Zeit ab Februar 2021 bis einschließlich August 2021 einen Betrag von 3360 € (6 × 560 €) abzüglich gezahlter 80 € geltend gemacht hat, hat er zuletzt unter teilweiser Erledigungserklärung in Höhe von 960 € beantragt:
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8484 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2760 € seit dem 6.4.2020 und aus 5724 € seit Rechtshängigkeit des Erweiterungsantrages zu zahlen,
2. Verzugszinsen i.H.v. 77,46 € zu zahlen,
3. vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 795,18 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2020 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht eröffnet sei, weil der Kläger mit seinem Schulangebot als sogenannter Beliehener handele.
Der Beklagte könne aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse nur einen Monatsbeitrag von 40 € leisten. Die Berechnung des geltend gemachten Schulkostenbeitrags sei nicht nachvollziehbar, weil die Beitragsordnung des Klägers das Verbot der sozialen Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern (Art. 7 Abs. 4 GG) nicht beachte. Das Einkommen seiner neuen Lebensgefährtin sei bei der Berechnung des Schulkostenbeitrags nicht zu berücksichtigen, weil sie gegenüber den Kindern E... und N... nicht unterhaltsverpflichtet sei.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung der Schulkostenbeiträge verurteilt. Es hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten als gegeben angesehen, weil es sich bei dem Schulvertrag mit einer privaten Ersatzschule um einen Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff. BGB handele. Der Anspruch des Klägers ergebe sich mithin aus § 611 BGB i.V.m. mit der jeweils geltenden Beitragsordnung des Klägers. Der Beklagte könne sich nicht auf einen Verstoß gegen das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG berufen. Dieses Verbot regele lediglich eine Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung einer privaten Schule. Daraus folge für die Schüler oder die Eltern ein – auch mittelbarer – Anspruch auf Reduzierung des festgesetzten Regelbeitrags nicht.
Den Antrag des Klägers auf Erstattung ihm entstandener vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat das Landgericht zum Teil zurückgewiesen. Zum Zeitpunkt des anwaltlichen Mahnschreibens vom 28.1.2020 habe der Streitwert nur bis zu 5000 € zzgl. 20 € Postpauschale und Umsatzsteuer betragen, sodass lediglich Rechtsanwaltskosten i.H.v. 468,74 € entstanden sein.
Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 28.9.2021 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 28.10.2021 Berufung eingelegt und die Berufung am 29.11.2021 begründet.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass für die Klage der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei. Er rügt mit seiner Berufung, dass das Landgericht verkannt habe, dass dem Sonderungsverbot Drittwirkung zukomme. Die Beitragssatzung des Klägers sei auf ihre soziale Staffelung hin nicht überprüfbar. Das von dem Kläger erhobene Schulgeld liege deutlich über dem als verfassungsgemäß angesehenen Durchschnittsbetrag. Hierzu beruft der Kläger sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 11.4.2013 – 9 S 233/12 – BeckRS 2013, 5063), nach dem ein Schulgeld von höchstens 70 € je Kind und Monat zulässig sei, um eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu vermeiden.
Bei den Kosten des Besuchs einer Privatschule handele es sich um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf, der grundsätzlich vom Barunterhaltspflichtigen zu übernehmen sei. Ob die Voraussetzungen für die Übernahme des Mehrbedarfs hier vorliegen würden, sei ungeklärt, weil es an einem vergleichbaren staatlichen Schulangebot in F... nicht mangele und insoweit die Notwendigkeit der Finanzierung des Mehrbedarfs nicht gegeben sei. Der Beklagte könne gegenwärtig die Schulbeiträge nicht finanzieren, weil ihm von seinem Einkommen der Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts im Hinblick auf seine Unterhaltsverpflichtung nicht verbleibe. Es sei dem Kläger verwehrt, nach einem eigenen Rechenmodell zu entscheiden, welchen Anteil am unterhaltsrechtlichen Mehrbedarf die Mutter und der Vater jeweils zu tragen haben. Die Kindesmutter zahle ab August nur noch 40 € monatlich an den Kläger. Für den Restbetrag nehme sie den Beklagten in Anspruch. Das sei auch deshalb problematisch, weil die Schulverträge durch die Eltern nur gemeinsam gekündigt werden können und die Kindesmutter eine gemeinsame Kündigung ablehne.
Es sei auch vertragswidrig, dass der Kläger fortlaufend die Einkommensverhältnisse der neuen Lebensgefährtin des Beklagten, die nicht die Kindesmutter ist, anfordere. Das von dem Kläger verwendete Formular für den Ermäßigungsantrag treffe nicht auf den Beklagten zu, weil dieser und seine Lebensgefährtin nicht gemeinsam in einem Haushalt mit den Schulkindern leben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 23.8.2021 – Aktenzeichen 13 O 81/21 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger orientiere sich bei der Frage, ob und in welchem Umfang den jeweiligen Schülereltern eine Ermäßigung des Schulgeldbeitrags gewährt werden kann, an den Bedarfssätzen des Sozialgesetzbuchs. Die Ermäßigung hänge von der Mitwirkung des Beklagten ab. Die Einbeziehung der Einkünfte aller Mitglieder der Lebensgemeinschaft des Beklagten orientiere sich an den Kriterien der Bedürftigkeit im Sinne des SGB II. Der hierfür von dem Kläger entwickelte Fragebogen zur Erfassung der Einkommens- und Vermögens- sowie der Lebensverhältnisse der Antragstellenden suche die tatsächlichen Lebensverhältnisse der antragstellenden Eltern zu erfassen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 23.9.2021 den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger an vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten weitere 326,44 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus diesem Betrag seit dem 1.2.2020 zu bezahlen.
Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass für die Gebühr für das vorgerichtliche Mahnschreiben ein Gegenstandswert von 10.138 € zugrunde zu legen sei, weil Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit aus Verzug auch die Durchsetzung der für das restliche Kalenderjahr 2020 anfallenden Schulgeldbeiträge in Höhe von weiteren 5654 € war.
Der Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
II.
Die form – und fristgerecht eingelegt und begründete Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
1.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gemäß § 13 GVG gegeben. Der zwischen den Parteien geschlossene Privatschulvertrag ist ein Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung in der Schulkostenbeiträge beruht mithin auf einer zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen den Parteien. Dass eine private Ersatzschule im Hinblick auf Notengebung und Versetzungsentscheidungen mit hoheitlichen Befugnissen verliehen sein mag, berührt nicht den privatrechtlichen Charakter des Schulvertrages. Dies betrifft auch die Frage, ob und in welcher Höhe ein Schulgeld zwischen dem Schulträger und dem Schüler bzw. den Eltern vereinbart wird. Folgerichtig bestimmt § 6 EschFG, das privatrechtliche Vereinbarungen über eine Vergütung für den Besuch von Ersatzschulen durch das Ersatzschulfinanzierungsgesetz des Landes Hessens nicht ausgeschlossen sind.
2.
Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch in der vom Landgericht zuerkannten Höhe auf Zahlung der Schulkostenbeiträge aufgrund der zwischen den Parteien geschlossenen Schulverträge für die beiden Kinder des Beklagten gemäß § 611 Abs. 1 BGB zu.
a)
Der Einwand des Beklagten, die Beitragsordnung des Klägers verstoße gegen das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG, ist der Beurteilung des Senats grundsätzlich entzogen. Eine von der Entscheidung der zuständigen hessischen Schulaufsichtsbehörde über die Genehmigung zur Errichtung und dem Betrieb einer Ersatzschule abweichende Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der von dem Kläger betriebenen Ersatzschule ist einem Zivilgericht nicht möglich. Der Senat ist insoweit an die Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes gebunden, mit dem die hessische Schulaufsichtsaufsichtsbehörde die Genehmigung für die Ersatzschule des Klägers gemäß § 171 Abs. 1 HSchG erteilt hat. Verwaltungsakten kommt, sofern sie nicht nichtig sind, grundsätzlich eine sog. Tatbestandswirkung zu, aufgrund derer auch nicht am Verwaltungsverfahren beteiligte Behörden, Gerichte und öffentlich-rechtliche Rechtsträger die im Verwaltungsakt getroffene Regelung ohne inhaltliche Prüfung der Richtigkeit der darin getroffenen Regelung ihren eigenen Entscheidungen zugrunde zu legen haben (vgl. BGH DStR 2020, 2320; BGH NJW-RR 2021, 640 m.w.Nw.). Die Tatbestandswirkung gilt aber grundsätzlich nur für den verfügenden Teil des Verwaltungsakts und nicht für ihm zugrundeliegende Begründungselemente wie tatsächliche Feststellungen oder die Beurteilung vorgreiflicher rechtlicher Inzidentfragen (vgl. BGH DStR 2020, 2320; BVerwG, NVwZ 1987, 496, 497). Solchen Begründungselementen kommt nur dann und insoweit eine sog. bindende Feststellungswirkung zu, als dies durch besondere gesetzliche Vorschriften bestimmt ist. Allein der Umstand, dass der Erlass eines Verwaltungsakts die Beantwortung bestimmter Vorfragen voraussetzt, reicht dafür nicht aus (BGH DStR 2020,2320).
Die Einhaltung des Sonderungsverbots ist in Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG ausdrücklich als Voraussetzung für die Genehmigung hervorgehoben. Gemäß Art. 7 Abs. 4 S. 2 GG bedürfen private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen der Genehmigung des Staates. Nach Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Entsprechend dürfen nach § 171 Abs. 1 S. 1 HSchG Ersatzschulen nur mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde errichtet und betrieben werden. § 171 Abs. 3 S. 1 HSchG nennt – wie das Grundgesetz – als Genehmigungserfordernis ebenfalls, dass eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Ersatzschulgenehmigung ist nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, 171 Abs. 1 S. 1 HSchG daher zwingend zu versagen oder aufzuheben, wenn überhöhte Schulgelder zu einer Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern führen (vgl. zu dem gleichlautenden Art. 102 Abs. 3 SächsVerf. OVG Bautzen Urt. v. 2.3.2011 – 2 A 47/09, BeckRS 2011, 49425).
b)
Im Übrigen ergeben sich aus dem Sachvortrag des Beklagten im Hinblick auf das Sonderungsverbot auch keine erheblichen Einwände gegen den Anspruch des Klägers.
aa)
§ 3 der Schulverträge – Bemessung des Schulkostenbeitrags nach der Beitragsordnung - ist schon deshalb nicht nichtig gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen das Sonderungsverbot, weil Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG kein Verbotsgesetz ist. Aus dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes kann sich das Verbot eines Rechtsgeschäfts ergeben (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 134 Rn. 45). Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG entfaltet zugunsten des Beklagten aber keine unmittelbare Drittwirkung. Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG legt dem Staat zwar die Pflicht auf, das private Ersatzschulwesen zu schützen. Diese Schutzpflicht findet jedoch ihren Grund in der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Privatschulwesens, also in der Förderung individueller Freiheit der Ersatzschulträger, nicht aber in den Rechten der Eltern (vgl. BVerwG, NVwZ 1993, 691). Schutzsubjekt ist damit die private Ersatzschule, nicht aber Eltern oder Schüler (vgl. LAG Baden-Württemberg, NzA-RR 2016, 553).
bb)
Das Schulgeldmodell des Klägers entspricht – wie schon vom Landgericht zutreffend ausgeführt - auch nach dem Vortrag des Klägers dem Sonderungsverbot. Mit dem Sonderungsverbot als Fördergebot verträgt sich ein einheitliches Schulgeld für alle Schülerinnen und Schüler, das auf Antrag von Eltern, die das Schulgeld nach ihrem Einkommen und Vermögen nicht zahlen können, erlassen wird. Ein solches Schulgeldmodell stellt sicher, dass der Zugang von Kindern zu Ersatzschulen nicht an den Besitzverhältnissen der Eltern scheitert (vgl. Brosius-Gersdorf, dass Sonderungsverbot für Ersatzschulen, NVwZ 2018, 761; VG Potsdam, Urteil vom 16.05.2014 - VG 12 K 2304/13 -BeckRS 2014, 52657). Die von dem Beklagten angeführten Entscheidungen haben für das Schulgeldmodell des Klägers keine Aussagekraft. In diesen Entscheidungen wurde jeweils geprüft, wie hoch die staatliche Förderung (pro Schüler) sein musste, damit das Schulgeld (pro Schüler) für Familien in den verschiedenen wirtschaftlichen Situationen (noch) leistbar sei (vgl. VG Potsdam a. a. O.).
Dass der Kläger bei der Beurteilung der Ermäßigungsanträge sich an den Regelungen des SGB II orientiert, ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidungen über die Ermäßigung von Beiträgen finden damit in einem überprüfbaren Rahmen anhand gesetzlich bestimmter Kriterien statt. Dass der Kläger bei der Beurteilung der Bedürftigkeit entsprechend § 11 Abs. 2 S. 1 SGB II das Einkommen und Vermögen des Partners berücksichtigt, der in Lebensgemeinschaft mit dem Antragsteller lebt, ist letztlich folgerichtig. Eine gesetzliche Verpflichtung der Eltern zur Offenbarung ihrer finanziellen Situation gegenüber der Ersatzschule besteht nicht. Die Ersatzschule darf aber die Ermäßigung der Beiträge davon abhängig machen, dass die Voraussetzungen für einen ermäßigten Beitrag nachgewiesen sind (vgl. Brosius-Gersdorf a.a.O.). Dazu gehört es auch, Angaben über Vermögen und Einkommen des Lebenspartners, der in der gemeinsamen Wohnung wohnt, abzufragen. Werden diese Angaben nicht gemacht, dann darf der Kläger die beantragte Ermäßigung des Regelbeitrags ablehnen.
cc)
Der Beklagte kann gegenüber seiner vertraglichen Verpflichtung aus dem Schulvertrag auch nicht einwenden, er könne den Mehrbedarf (§ 1610 Abs. 2 BGB) für den Besuch der Privatschule aus seinem Einkommen nicht mehr aufbringen. Ob, und in welchem Umfang der Unterhaltsschuldner für den Mehrbedarf aufkommen muss, betrifft den erweiterten Unterhaltsanspruch der Kinder. Die vertragliche Verpflichtung des Beklagten gegenüber dem Kläger wird hiervon nicht berührt. Dem Kläger steht es gemäß § 421 BGB frei, welchen der beiden Gesamtschuldner er in Anspruch nimmt. Die Inanspruchnahme des Beklagten durch den Kläger ist auch nicht treuwidrig, weil der Beklagte den Schulvertrag, den beide Eltern gemeinsam abgeschlossen haben, nicht allein kündigen kann. Dem Beklagten steht es offen, wenn sich die Eltern nicht auf einen Schulwechsel einigen, ein Verfahren gemäß § 1628 BGB bei dem Familiengericht einzuleiten (vgl. Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage 2019 Rn. 455).
3.
Die Anschlussberufung des Klägers ist nur zu einem geringen Teil begründet. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten folgt aus §§ 286, 288 BGB. Der Beklagte war zum Zeitpunkt der Mahnung vom 28.1.2020 mit den Schulkostenbeiträgen in Höhe von insgesamt 4484 € gemäß § 286 Abs. 2 S. 1 BGB in Verzug geraten. Dieser Betrag ist für die Berechnung der vorgerichtlichen Mahntätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers maßgeblich. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Beklagten in diesem Schreiben auch aufgefordert, die künftig fällig werdenden Monatsbeiträge pünktlich zu zahlen. Hinsichtlich dieser Beträge lag aber noch kein Verzug vor, weil sie nach der vertraglichen Vereinbarung erst künftig monatlich fällig wurden. Der Ausspruch des Landgerichts war gleichwohl geringfügig zu ändern, weil in der erstinstanzlichen Entscheidung zwar in den Gründen die Postpauschale genannt ist, aber nicht in die Berechnung des zugesprochenen Betrages eingeflossen ist.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.