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Grünordnungsplan; Ausfertigungsmangel; Bekanntmachungsmangel


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 22.11.2022
Aktenzeichen OVG 10 S 34/22 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2022:1122.OVG10S34.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 47 Abs 6 VwGO, Art 20 Abs 3 GG, § 3 Abs 3 KomVerf BB, § 3 Abs 4 KomVerf BB

Tenor

Die Satzung der Antragsgegnerin über den Grünordnungsplan „Trainierbahn Neuenhagen“ vom 29. Oktober 2020, bekanntgemacht im Amtsblatt für die Gemeinde Neuenhagen bei Berlin vom 25. März 2021, wird vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 35.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Außervollzugsetzung der im Tenor bezeichneten Satzung über einen Grünordnungsplan vom 29. Oktober 2020, die im Amtsblatt für die Gemeinde Neuenhagen bei Berlin vom 25. März 2021 bekannt gemacht worden ist.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke auf den F ..., die im Geltungsbereich des Grünordnungsplans liegen.

Die Antragsgegnerin beschloss am 29. Oktober 2020 den Grünordnungsplan „Trainierbahn Neuenhagen“ als Satzung. Die Planurkunde enthält Verfahrensvermerke zum Aufstellungsbeschluss, zur öffentlichen Auslegung und Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, zum Abwägungsbeschluss und zum Satzungsbeschluss, die alle unter dem Datum „19.10.20“ vom Bürgermeister der Antragsgegnerin unterzeichnet wurden. Ferner enthält sie einen Verfahrensvermerk zum Inkrafttreten, der am „26.03.2021“ vom Bürgermeister der Antragsgegnerin unterzeichnet wurde.

Am 14. September 2021 hat die R ... gegen die Satzung über den Grünordnungsplan vom 29. Oktober 2020 einen Normenkontrollantrag gestellt (OVG 10 A 12/21), über den noch nicht entschieden ist. Mit Schriftsatz vom 4. März 2022 hat die hiesige Antragstellerin erklärt, nunmehr anstelle der R ... als Antragstellerin den Normenkontrollantrag (OVG 10 A 12/21) gegen die Satzung über den Grünordnungsplan zu führen. Weiter erklärte die Antragstellerin, den Normenkontrollantrag vorsorglich inhaltsgleich zu stellen.

Am 2. Mai 2022 hat sie den vorläufigen Eilrechtsschutzantrag gestellt, mit dem sie die vorläufige Außervollzugsetzung der vorgenannten Satzung begehrt.

Die Antragstellerin macht im Wesentlichen geltend, bei summarischer Prüfung sei offenkundig und unzweifelhaft, dass der Normenkontrollantrag gegen die Satzung in der Sache Erfolg haben werde. Denn jedenfalls leide die Satzung an einem offensichtlichen Ausfertigungsmangel und sei bereits deshalb unwirksam. Ausweislich der jeweils vom 19. Oktober 2020 datierenden und durch den Bürgermeister unterschriebenen Verfahrensvermerke auf dem im Aufstellungsvorgang enthaltenen Satzungsexemplar seien in der Sitzung der Gemeindevertretung am 8. Oktober 2020 sowohl der Abwägungs- als auch der Satzungsbeschluss über den Grünordnungsplan gefasst worden. Entgegen dieser - falschen - Verfahrensvermerke habe jedoch die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin in ihrer Sitzung am 8. Oktober 2020 weder den Abwägungs- noch den Satzungsbeschluss zu dem GOP gefasst. Es sei dem Amtsblatt zu entnehmen, dass die fraglichen Beschlüsse tatsächlich erst in der Sitzung der Gemeindevertretung vom 29. Oktober 2020 gefasst worden seien. Der Bürgermeister habe damit die Ausfertigung zu einem Zeitpunkt erstellt, an dem die fraglichen Beschlüsse noch nicht gefasst gewesen seien. Es fehle zudem an einer Bekanntmachungsanordnung.

Die Antragstellerin beantragt,

die Satzung der Antragsgegnerin über den Grünordnungsplan „Trainierbahn Neuenhagen“ vom 29. Oktober 2020, bekanntgemacht im Amtsblatt für die Gemeinde Neuenhagen bei Berlin vom 25. März 2021, vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen und führt aus, die Identität der Antragstellerin sei bereits unklar. Aktuelle Eigentümerin des Grundstücks sei eine „T ... “. Den streitgegenständlichen Antrag habe ausweislich der Antragschrift die „T ... gestellt. Der Normenkontrollantrag sei ursprünglich namens der „R ... “ gestellt, die allerdings im Zeitpunkt der Einreichung des Normenkontrollantrags schon nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks gewesen sei. Ob sich die Rechtsnachfolgerin, die T ..., diesen unzulässigen Normenkontrollantrag zu eigen gemacht oder wirksam einen neuen Normenkontrollantrag gestellt habe, sei eine im Hauptsacheverfahren zu klärende prozessuale Frage. Der derzeitigen Eigentümerin, der T ..., fehle das Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag. Dass die Festsetzungen des Grünordnungsplan sie darin hinderten, den „Betrieb ihrer Trainierbahn nach ihren betrieblichen Notwendigkeiten zu organisieren“, werde nur behauptet, aber nicht näher belegt.

Der Antrag sei auch unbegründet. Die Satzung sei ausgefertigt worden. Die Ausfertigung mit dem Verfahrensvermerk finde sich in Lasche 30 der Verfahrensakte. Die Daten in dem vorbereiteten Verfahrensvermerk seien versehentlich nicht berichtigt worden. Tatsächlich aber sei die Ausfertigung nach der Beschlussfassung erfolgt. Nach § 11 Abs. 1 der Hauptsatzung erfolgten Bekanntmachungen durch den Bürgermeister. Durch die Zeichnung des bekanntzumachenden Textes habe der Bürgermeister die Bekanntmachung gem. § 1 der Bekanntmachungsverordnung angeordnet.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens OVG 10 A 12/21 sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin (zwei Aktenordner) verwiesen.

II.

Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat Erfolg.

1. Das Gericht entscheidet über den Antrag ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Beschluss (§ 47 Abs. 6 VwGO i.V.m. § 123 Abs. 4, § 101 Abs. 3 VwGO) in der Besetzung von drei Richterinnen und Richtern (§ 4 Abs. 3 S. 2 BbgVwGG). Bei dem Beschluss wirken die ehrenamtlichen Richterinnen bzw. Richter nicht mit (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss des Senats vom 25. Januar 2022 - OVG 10 S 17/21 -, juris Rn. 13).

2. Der Antrag ist zulässig.

a. Insbesondere ist der Normenkontrollantrag der hiesigen Antragstellerin in der Hauptsache zulässig. Dabei kann hier offenbleiben, ob die hiesige Antragstellerin – die T ... – im Rahmen einer subjektiven Antragsänderung anstatt der R ..., die ursprünglich den Antrag nach § 47 VwGO gestellt hat, der unter dem Aktenzeichen OVG 10 A 12/21 anhängig ist, Antragstellerin des Normenkontrollverfahrens OVG 10 A 12/21 geworden ist. Der Senat teilt insoweit indes nicht die Auffassung der Antragsgegnerin, dass diese subjektive Antragsänderung unzulässig sei, weil der Antrag der R ... von vorneherein mangels Antragsbefugnis unzulässig gewesen wäre und der Antragsänderung daher schutzwürdige Belange der Antragsgegnerin entgegenstünden. Eine Antragsänderung von einem unzulässigen in einen zulässigen Antrag ist vielmehr regelmäßig rechtlich unbedenklich. Die Antragsgegnerin erläutert auch nicht näher, warum der (subjektiven) Antragsänderung hier ihre schutzwürdigen Belange entgegenstehen sollten.

Im Übrigen hat die T ... mit Schriftsatz vom 4. März 2022 ausdrücklich den Normenkontrollantrag inhaltsgleich im eigenen Namen (noch einmal) gestellt. Insoweit teilt der Senat auch die Auffassung der Antragsgegnerin zu einer unzulässigen Bedingtheit dieser Antragstellung, weil diese „vorsorglich“ erfolgt ist, nicht. Ohne dass es darauf nach den obigen Ausführungen noch ankäme, spricht viel dafür, dass es sich dabei allenfalls um eine (zulässige) innerprozessuale Bedingung handelt.

Dieser Normenkontrollantrag wahrt auch die Frist des § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO. Denn der angegriffene Grünordnungsplan ist am 25. März 2021 bekannt gemacht worden.

Der Senat hat auch keine Zweifel an der Identität der Antragstellerin, nachdem die Antragstellerin klargestellt hat, dass der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO durch die T ... gestellt wird.

b. Der Antragstellerin steht – entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin – auch ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Mit dem Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO soll vermieden werden, dass das Gericht in eine Normprüfung eintreten muss, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2020 - BVerwG 4 CN 3.19 -, juris Rn. 17). Maßgeblich ist daher, ob die Antragstellerin durch die von ihr angestrebte Unwirksamkeitserklärung des Grünordnungsplans ihre Rechtsstellung verbessern kann, wobei es ausreicht, dass sich ein Nutzen durch die gerichtliche Entscheidung jedenfalls nicht ausschließen lässt. Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur in Anspruch genommen, wenn ein Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2002 - BVerwG 4 CN 3.01 -, juris Rn. 10).

Nach diesem Maßstab ist ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin zu bejahen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die angegriffene Satzung über den Grünordnungsplan verschiedene, die Antragstellerin als Grundstückseigentümerin belastende Festsetzungen enthält. Insbesondere enthält der Grünordnungsplan eine Verpflichtung zu Erhalt und Entwicklung von Waldflächen (Festsetzung M2). Die Antragstellerin hat etwa nachvollziehbar dargelegt, dass die Bewaldung jedenfalls beim Trainingsbetrieb hinderlich sei, da sie den ungehinderten Blick auf die Trainierbahn einschränke.

Damit stehen jedenfalls grundrechtsrelevante Eingriffe in nicht völlig irrelevante Rechtspositionen der Antragstellerin in Form der Ausübung ihres Betriebes im Raum. Dass diese Rechtspositionen auch noch aus anderen Gründen geschmälert sein könnten, ist für die Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses ohne Belang. Denn insoweit kann die Antragstellerin ihre rechtliche Position durch die Aufhebung der Satzung über den Grünordnungsplan jedenfalls verbessern.

3. Der Antrag ist begründet.

Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen vor. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Dabei ist im Hinblick auf die in der Regel weitreichenden Folgen einer vorläufigen Außervollzugsetzung einer Rechtsvorschrift wie hier der Satzung über den Grünordnungsplan und des damit verbundenen Eingriffs in die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. näher OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 25. Januar 2022 - OVG 10 S 17.21 -, juris Rn. 19 m.w.N.).

Der Umstand, dass der Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben wird, ist bereits ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der Satzung bis zur Hauptsachenentscheidung suspendiert werden muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 - BVerwG 4 VR 5.14 -, BauR 2015, 968, juris Rn. 12 und Beschluss vom 16. September 2015 - BVerwG 4 VR 2.15 -, juris Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann in diesem Fall eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Satzung vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, jeweils a.a.O.). Dem liegt die zutreffende Erwägung zugrunde, dass die in § 47 Abs. 6 VwGO geforderte Dringlichkeit voraussetzt, dass Umstände vorliegen, die ein Tätigwerden des Gerichts bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verlangen. Die vorläufige Suspendierung einer Satzung im Vorgriff auf die zu erwartende Hauptsachenentscheidung ist auch im Falle eines voraussichtlichen Erfolgs in der Hauptsache nur dann gerechtfertigt und im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten, wenn im Falle des Abwartens bis zu einer Entscheidung über den Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren konkrete Beeinträchtigungen oder Nachteile drohen, die eine vorläufige Weitergeltung der Festsetzungen des Bebauungsplans nicht zumutbar erscheinen lassen(vgl. bereits OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 26. Januar 2016 – OVG 10 S 10.15 –, juris Rn. 13).

Die Satzung über den Grünordnungsplan erweist sich schon nach der allein veranlassten summarischen Prüfung als offensichtlich formell rechtswidrig.

a. Der Grünordnungsplan leidet an einem Ausfertigungsmangel. Denn eine Ausfertigung ist überhaupt nicht erfolgt. Gemeindliche Satzungen bedürfen nach dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) einer Ausfertigung. Dies ist auch nach dem Rechtsstaatsprinzip der Verfassung des Landes Brandenburg (Art. 2 Abs. 1 LV) geboten (Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Urteil vom 19. August 1999 – 2 D 17/98.NE –, juris Rn. 54). Mit der Ausfertigung wird beurkundet, dass der Inhalt der Satzung mit dem von der Gemeindevertretung Beschlossenen übereinstimmt (Identitätsfunktion) und das Satzungsgebungsverfahren mit allen Erfordernissen bis zur Einleitung des Bekanntmachungsverfahrens ordnungsgemäß abgelaufen ist (Legalitätsfunktion). Aus der Legalitätsfunktion folgt, dass die Unterzeichnung unter Angabe eines Datums erfolgen muss. Denn nur so lässt sich verlässlich feststellen, dass die Ausfertigung erst nach Eintritt der „Ausfertigungsreife“, also zeitlich nach den der Bekanntmachung vorausgehenden Verfahrensschritten zum Satzungserlass erfolgt ist, deren Legalität sie gerade beurkunden soll (vgl. OVG Bbg, Urteil vom 19. August 1999 - 2 D 17/98.NE -, juris Rn. 53 f. m.w.N.).

Voraussetzung für eine Ausfertigung ist, dass der Hauptverwaltungsbeamte die Identität des Beschlusses der Gemeindevertretung mit der ausgefertigten Satzung bestätigt. Dies geschieht durch einen entsprechenden, vom Hauptverwaltungsbeamten zu unterschreibenden (§ 3 Abs. 3 S. 1 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg [BbgKVerf]) Ausfertigungsvermerk.

Auf der hier relevanten Planurkunde fehlt ein entsprechender Ausfertigungsvermerk indes gänzlich. Ein solcher ist auch nicht anderweitig aus den Satzungsunterlagen ersichtlich. Damit lässt sich eine dem Rechtsstaatsgebot entsprechende Ausfertigung nicht feststellen.

Soweit das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahre 1998 nichts dagegen einzuwenden hatte, dass das Normenkontrollgericht den von dem Bürgermeister in dem dortigen Fall unterzeichneten Vermerk des Inhalts, dass der Bebauungsplan von der Gemeindevertretung als Satzung beschlossen worden sei und die Gemeindevertretung gleichzeitig die Planbegründung gebilligt habe, als Ausfertigung des Plans gewertet habe (BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 1998 - BVerwG 4 BN 46.98 -, juris Rn. 3), greift eine solche Betrachtung für den vorliegenden Fall nicht. Ein entsprechender, den Anforderungen an eine Ausfertigung genügender Vermerk des Bürgermeisters der Antragsgegnerin, der analog § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BVerwG, a.a.O., Rn. 5) als Ausfertigung ausgelegt werden könnte, ist vorliegend nicht gegeben.

Eine Ausfertigung lässt sich nicht aus den übrigen auf der Planurkunde enthaltenen Verfahrensvermerken entnehmen. Insoweit enthält die Planurkunde unter der Überschrift „Satzungsbeschluss“ folgenden Verfahrensvermerk:

„Der Grünordnungsplan in der Fassung vom 09/2020 bestehend aus der Planzeichnung und den textlichen Festsetzungen, wurde am 08.10.20 von der Gemeindevertretung als Satzung beschlossen. Die Begründung zum Grünordnungsplan wurde mit Beschluss der Gemeindevertretung am 08.10.20 gebilligt.“ (Daten und Fassung jeweils handschriftlich auf der Planurkunde eingefügt, Anm. des Senats)

Daran schließt in der Planurkunde der Passus „Neuenhagen, den 19.10.20“ (Datum wieder handschriftlich eingefügt, Anm. des Senats) und die Unterschrift des Bürgermeisters der Antragsgegnerin an.

Anhaltspunkte dafür, dass der Hauptverwaltungsbeamte der Antragsgegnerin mit seiner – ausweislich der Planurkunde - am 19. Oktober 2020 geleisteten Unterschrift auch für die Legalität des Satzungsgebungsverfahrens und die Authentizität des Beschlossenen mit dem später bekannt Gemachten hat einstehen wollen, sind hier nicht erkennbar. Zwar kommt es auf die Verwendung des Wortes „Ausfertigung“ nicht an (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 19. August 1999 - 2 D 17/98.NE -, juris Rn. 53). Indes ist eine Satzung nur dann ordnungsgemäß ausgefertigt, wenn sie von der zuständigen Person – hier dem Bürgermeister als Hauptverwaltungsbeamten der (amtsfreien) Gemeinde Neuenhagen bei Berlin, § 3 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 1 Satz 1 BbgKVerf – zeitlich nach dem Satzungsbeschluss, aber vor der Bekanntmachung unterzeichnet wird (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Januar 2021 – OVG 10 A 10.13 –, juris Rn. 90).

Diese Reihenfolge von Satzungsbeschluss, Ausfertigung und Bekanntmachung ergibt sich auch aus dem Landesrecht, dem die im Übrigen an die Ausfertigung von Satzungen zu stellenden Anforderungen zu entnehmen sind (zu einem Bebauungsplan: BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 1996 – BVerwG 4 B 60.96 –, juris Rn. 3). Insoweit regelt § 3 Abs. 3 Satz 1 BbgKVerf, dass Satzungen vom Hauptverwaltungsbeamten „zu unterzeichnen und öffentlich bekannt zu machen“ sind. Hieraus ergibt sich nicht nur die Authentizitätsfunktion der Ausfertigung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil des Senats vom 27. Oktober 2011 - OVG 10 A 11.08 -, juris Rn. 32), sondern insbesondere auch die Legalitätsfunktion der Ausfertigung, wonach diese also beurkundet, dass das Satzungsgebungsverfahren, wie es mit allen Erfordernissen bis zur Einleitung des Bekanntmachungsverfahrens durchzuführen ist, ordnungsgemäß abgelaufen ist (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 19. August 1999 - 2 D 17/98.NE -, juris Rn. 53).

Daran gebricht es hier. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Satzung über den Grünordnungsplan tatsächlich am 29. Oktober 2020 beschlossen und am 25. März 2021 bekannt gemacht wurde. Die auf der Planurkunde enthaltenen vorstehend teilweise zitierten Verfahrensvermerke benennen indes als Datum des Satzungsbeschlusses den „08.10.2020“. Erschwerend hinzu kommt, dass die Unterschrift des Hauptverwaltungsbeamten unter sämtliche Verfahrensvermerke, mit Ausnahme des Verfahrensvermerks zum Inkrafttreten, ausweislich der Planurkunde bereits am „19.10.2020“ geleistet wurde. Dieses Datum liegt indes zeitlich vor dem – unstreitigen – Tag des eigentlichen Satzungsbeschlusses. Selbst wenn man also in dem Verfahrensvermerk zum „Satzungsbeschluss“ eine Ausfertigung sehen wollen würde, wäre diese nicht ordnungsgemäß. Sie könnte weder die Identitätsfunktion erfüllen, da sie sich auf einen Beschluss einer Satzung am „08.10.2020“ bezieht, der unstreitig nicht erfolgt ist und somit insoweit ins Leere gehen würde. Noch könnte sie die Legalitätsfunktion erfüllen, da sie einen – unstreitig – falschen Verfahrensablauf „bestätigt“. Schließlich kommt auch eine (ordnungsgemäße) Ausfertigung vor Satzungsbeschluss denklogisch nicht in Betracht, da zu diesem Zeitpunkt eine Bestätigung des Übereinstimmens von Beschlossenem und Ausgefertigten schlechterdings unmöglich gewesen ist.

Die von der Antragsgegnerin hierzu angeführte Verteidigung, es handele sich um ein Redaktionsversehen, führt insoweit selbstredend nicht weiter. Unabhängig davon, dass es einigermaßen unwahrscheinlich erscheint, dass es sich um ein Redaktionsversehen handelt, wenn nicht nur der Vermerk zum „Satzungsbeschluss“, sondern auch die davor stehenden Vermerke zum „Aufstellungsbeschluss“, zur öffentlichen Auslegung und Beteiligung und zum „Abwägungsbeschluss“ allesamt mit dem Datum „19.10.2020“ unterzeichnet wurden und es sich ferner dabei auch nicht um das einzige angebliche Redaktionsversehen handelt, da auch das Datum des Satzungsbeschlusses mehrfach mit „08.10.2020“ angegeben wurde, obwohl dieser unstreitig am 29. Oktober 2020 erfolgte, scheitert eine ordnungsgemäße Ausfertigung auch bei Annahme mehrerer Redaktionsversehen, weil sie auch dann wie dargestellt ihre Funktion nicht mehr erfüllen kann. Sinn der Ausfertigung ist es gerade, ein ordnungsgemäßes Verfahren zu bestätigen. Ist die „Ausfertigung“ selbst voller Fehler, kann sie diese Funktion offensichtlich nicht erfüllen. Vielmehr müsste dann der ordnungsgemäße Verfahrensablauf, den sie bestätigen soll, gerade erst aufwendig ermittelt werden. Die Ausfertigung würde sich mithin als völlig sinnlos erweisen und – wie hier – sogar einen völlig falschen Verfahrensablauf „bestätigen“, der erst zu widerlegen wäre.

Eine Ausfertigung kann auch nicht in der mit „Beschlussausfertigung“ überschriebenen Niederschrift zur Sitzung der Gemeindevertretung vom 29. Oktober 2020 gesehen werden. Mit dieser hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin lediglich die Tatsache festgehalten, dass der darin wiedergegebene Satzungsbeschluss gefasst worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass er darüber hinaus mit seiner – nicht datierten - Unterschrift auch für die Legalität des Satzungsgebungsverfahrens und die Authentizität des Beschlossenen mit dem später bekannt Gemachten hat einstehen wollen, sind hier nicht erkennbar. Eine Sitzungsniederschrift stellt – selbst, wenn sie als „Beschlussausfertigung“ bezeichnet wird - gegenüber einer Ausfertigung schon grundsätzlich ein Aliud dar (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 19. August 1999 - 2 D 17/98.NE -, juris Rn. 56). Denn die Niederschrift über die Sitzung gibt – wie auch im vorliegenden Fall – lediglich den Umstand des Beschlusses selbst wieder, wird aber nicht ohne Weiteres auch die Legalität eines Rechtssetzungsverfahrens bezeugen wollen. Auszufertigen ist im Übrigen die Satzung selbst, nicht hingegen der Wortlaut des Beschlusses über die Satzung; dementsprechend wird einer der beiden Hauptzwecke der Ausfertigung, nämlich die mit dem Beschlossenen übereinstimmende Originalurkunde der Norm herzustellen, mit der Unterschrift auf der Sitzungsniederschrift nicht erreicht (vgl. schon OVG Bln-Bbg, Urteil vom 12. Januar 2021 – OVG 10 A 10.13 –, juris Rn. 105). Schließlich ist auch das Datum der Unterschrift des Bürgermeisters der Antragsgegnerin auf dieser „Beschlussausfertigung“ nicht enthalten, was ebenfalls eine ordnungsgemäße Ausfertigung ausschließt.

Dementsprechend verfängt auch der Verweis der Antragsgegnerin auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 2001 (7a D 20/99) nicht. Schon die von der Antragsgegnerin zitierte Passage (juris Rn. 3) weist darauf hin, dass ein Mangel der Ausfertigung anders zu beurteilen sei als ein mangelhafter Vermerk über einen bestimmten Verfahrensablauf. Hier ist indes – wie gesehen – die Ausfertigung selbst mangelhaft, so man eine solche überhaupt bejahen will.

Der vorstehend dargestellte Ausfertigungsmangel führt zur Unwirksamkeit der Satzung über den Grünordnungsplan. Darauf, ob er gegenüber der Gemeinde gerügt worden ist, kommt es nicht an. Denn bei der Ausfertigung von Satzungen handelt es sich um ein grundlegendes Element jeglichen Rechtsetzungsverfahrens, da zur Rechtsstaatlichkeit gehört, dass Rechtsnormen nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber gewollten Inhalt erlassen werden dürfen. Auf ihn findet die Unbeachtlichkeitsregelung des § 3 Abs. 4 BbgKVerf keine Anwendung (vgl. OVG Bln-Bbg, Urteil vom 12. Januar 2021 – OVG 10 A 10.13 –, juris Rn. 107 m.w.N.). Im Übrigen ist eine solche Rüge mit Schriftsatz vom 4. März 2022 gegenüber der Gemeinde erfolgt.

b. Aus der Fehlerhaftigkeit der Ausfertigung der Satzung über den Grünordnungsplan folgt zugleich ein Bekanntmachungsfehler. Denn erst wenn eine Satzungsurkunde vorliegt, kann die Bekanntmachung erfolgen. Die Satzungsurkunde wird aber erst durch die ordnungsgemäße Ausfertigung geschaffen. Vorher fehlt es am veröffentlichungsfähigen Gegenstand der Satzung. Erfolgt die Bekanntmachung dennoch, so ist dies nicht anders zu bewerten, als wenn die Satzung ohne jeglichen Ausfertigungsansatz oder etwa abweichend vom ausgefertigten Text bekannt gemacht worden wäre (vgl. zu alledem OVG Brandenburg, Urteil vom 19. August 1999 - 2 D 17/98.NE -, juris Rn. 60 f.; OVG Bln-Bbg, Urteil vom 12. Januar 2021 – OVG 10 A 10.13 –, juris Rn. 108 m.w.N.).

c. Entsprechend dem dargestellten Maßstab besteht damit schon aufgrund der offensichtlichen Unwirksamkeit des angegriffenen Grünordnungsplans ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der Satzung bis zur Hauptsachenentscheidung suspendiert werden muss. Dieses Indiz wird durch den nachvollziehbaren Vortrag der Antragstellerin erhärtet, dass der Grünordnungsplan eine Verpflichtung zum Erhalt und Entwicklung von Waldflächen (Festsetzung M2) enthält und dass die Bewaldung jedenfalls beim Trainingsbetrieb hinderlich ist, da sie den ungehinderten Blick auf die Trainierbahn einschränkt. Da dieser Trainingsbetrieb eine der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeiten der Antragstellerin ist, geht der Senat davon aus, dass sie auch entsprechende Nachteile i.S.d. § 47 Abs. 6 VwGO durch den Grünordnungsplan hat. Erforderlich ist nämlich lediglich, dass der weitere Vollzug des Grünordnungsplans bereits vor der Entscheidung im Hauptsache-verfahren Nachteile – gleich welcher Art – befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 - BVerwG 4 VR 5.14 –, juris Rn. 12). So liegt es hier. Denn jedenfalls ist damit die grundrechtliche Position der Antragstellerin im Hinblick auf ihre Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) neben ihrer Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG als Eigentümerin des Grundstücks angesprochen. Damit werden gewichtige grundrechtliche Positionen durch den Grünordnungsplan beeinträchtigt, die angesichts der Wirtschaftskraft der Rennbahn und des Reitsports, auch von hinreichender Schwere sind. Wird der Trainings- und Rennbetrieb auf dem Grundstück beeinträchtigt oder gar verunmöglicht, handelt es sich bei dem Grundstück nur noch um ein wirtschaftlich kaum weiter verwertbares Grundstück im Außenbereich. Die Wirkung des Grünordnungsplans und seiner Festsetzungen ist damit – selbst, wenn sie für sich genommen nicht einschneidend sind – aufgrund der konkreten Grundstücks- und Nutzungssituation für die Antragstellerin erheblich belastend. Hinzu kommt, dass nicht nur die Antragstellerin, sondern auch ihre Pächter durch den Grünordnungsplan betroffen sind und damit die gewichtigen grundrechtlichen Positionen mehrerer Betroffenen in Rede stehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei sich der Senat an den Empfehlungen in Nr. 9.8.4 i.V.m. Nr. 9.8.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).